[Alaneya] Den Wolken bin ich gefolgt

  • In seinen Augenwinkeln den Blick, folgte er ihrem Spiel ... denn von dieser Art schien ihm ihr Tun. Ihr Verlangen war es, dem sie nachgeben musste, anscheinend ohne dass sie sich zu entziehen vermochte. Ihre Berührung schmerzte Mallalai nicht, so hauchzart war sie, aber er fühlte sich unangenehm begutachtet und betrachtet. Seine Muskeln waren angespannt, bebten die harten Stränge unter der blauen Haut, als er entschied dem nun ein Ende zu setzen.
    Violet hatte berührt, sie hatte gefühlt, so dass sie nun um diese eine Erfahrung reicher war, die so gut wie nie einem Trockenen geschenkt wurde. Er staunte nicht über sich selbst, dass er nichts dabei empfunden hatte, als Ungeduld.


    Seine Hand würde ihr Handgelenk ergreifen, so dass sie die Finger öffnen würde müssen, außer sie war schneller und entzog sich seinem Zugriff. Erst dann richtete er den schlanken Körper ein wenig mehr auf und wich aus ihrer Reichweite. Es lag ihm fern sie mehr zu berühren; ein nur schwacher Abdruck auf seinen Fingerkuppen wäre es, denn Leben bliebe Leben und Berührung eben nur das.
    Das Schweigen würde schwerer werden, die Stille schon jetzt laut … der Mira'Tanar wandte den Blick von dem Windwesen ab und sah wieder auf den grenzenlosen Horizont hinaus, der ganz klare Himmel spiegelte die Pracht von Rosa und Gold wider.


    Mallalai legte die Hand auf seine Brust und wies mit lang gestrecktem Arm und grazilen Fingern hinaus: sie sollte verstehen, dass er nun gehen würde müssen. Seine Heimat war dort und ihre hier. An den trockenen Orten fühlte er nur seine Unfähigkeit tief einzuatmen.
    Zum Abschied ein Nicken, zu dem in den Mundwinkeln ein Lächeln lauerte, bevor der Mira’Tanar sich umwandte, um wieder zwischen die Wellen zu tauchen.
    So schwer ihm seine Bewegungen an Land auch erschienen, empfand er sich im salzigen Nass geborgen und so leicht, wie ihre Feder es gewesen war, bevor er sie berührte. Lang gestreckt glitt sein Körper am flachen Ufer dahin, silbrige Schuppen glänzten noch im Sonnenlicht und berührte seine Brust fast den nahen Sand, bevor er dem Boden folgte, dessen stetig abfallende Linie Tiefe anstrebte.

  • Violet betrachtete Mallalai. Sanft berührte sie seine Haare. Sie fühlten sich weich und fremdartig an, fast wie nasser Sand so weich. Sie war fasziniert von dem Wesen. Als er ihr Handgelenk berührte und umfasste wusste sie nicht recht, was sie getan hatte. Für sie kam diese Bewegung sehr unerwartet. Verdutzt sah sie auf ihr Handgelenk dann auf seine langen Finger. Langsam öffnete sie ihre Hand und lies seine Haare zwischen ihren Fingern entgleiten. Zu ihrer totalen Verwirrung entfernte er sich auch noch. Ziemlich verwirrt betrachtete Violet das Meerwesen, sie verstand nicht, was sie falsch gemacht haben sollte. Nun sah er an ihr vorbei, zum Horizont hin. Sie drehte den Kopf und sah das weite Meer. Dann verstand sie.


    "Das Meer ruft dich?" fragte sie vorsichtig. Violet sah, dass Mallalai sie anlächelte und das berührte ihr Herz, sein Gesicht war so sanft so filigran und dieses Lächeln gab ihm etwas warmes, etwas nahbares. "Darf ich dich begleiten?" fragte sie dann. Sie, Violet Nissa, wollte ihr Land verlassen und reisen, wollte dem fremden Meerwesen folgen, wollte sehen, wo und wie er lebte, wollte ihn begleiten.


    Violet sah Mallalai nach, wie er durch die Wellen glitt. Sie richtete sich auf, breitete ihre Schwingen aus, schüttelte die lila Pracht aus, dass der Sand herunterfiel. Violet erhob sich in die Luft, ihre Schwingen trugen sie leicht in die Lüfte und sie flog zu ihrer Ziege, die sie schnell noch nach oben trieb, dass sie auf den saftigen Wiesen grasen konnte. Ihre Nachbarn würden sich sicher des Tieres annehmen.
    Dann durchschnitten Violets Flügel die Lüfte erneut und sie flog dem Meerwesen hinterher. Er war noch zu erkennen, jedoch nur noch sehr schwach. So flog sie etwas tiefer, dass sie ihn besser sehen konnte, besser vermuten konnte, wo Mallalai schwamm. Nun flog sie etwas über der Meeresoberfläche. Immerwieder musste sie etwas an Höhe gewinnen, damit die Wellen sie nicht erwischten, doch dann flog sie wieder tiefer, sie wollte ihn nicht verlieren. Viele Flügelschläge brauchte sie nicht, sie glitt mehr auf den Winden entlang. Wie er auf den Wellen glitt, glitt sie in der Luft. So verbrauchte sie auch nicht viel Energie.

  • Über der Fülle nur Leere, bis ein Schatten fiel und die gerade Linie der Lichtstrahlen durchbrach, durch deren enges Gitter er sich bewegte. Dachte man an einen Kreise ziehenden Raubvogel, so fürchtete dieses wehrhafte Meerwesen solches nicht. Mallalai wand den Körper in eine Drehung und erkannte die mächtigen Schwingen – wie töricht war dieses Geschöpf? Über sein Gesicht lief eine Welle von ungläubigen Regungen. Sie folgte ihm auf das offene Meer hinaus? – denn der Mira Tanar hegte nicht die Absicht sich nach der Küstenlinie zu richten.
    Zuerst tauchte er tiefer und schneller, ein rasantes Spiel für die Beherrschung der Strömungen, um sie von ihrem Vorhaben abzubringen, sie zur Einsicht zu zwingen. Er konnte kaum erahnen, was sie sich davon versprach, noch was sie von ihm wollte.
    Aller Zweifel sollte seinem Wesen fremd sein, kein Schwanken in ihm stecken; musste er jenseits aller Gedanken sein und nichts gab es mehr zu denken. In einer Blase aus Luftperlen schoss Mallalai voran, brachte er zuerst den Sturm in seine Glieder, um einem silbernen Pfeil gleich durch die Fülle zu schießen, bis er jäh diesen Schwung nutzte, um senkrecht die Oberfläche zu teilen. Er hielt inne in seinem Antrieb, ein ganz irritierter Ausdruck über Nase und Mund. Er lauschte dem Donner nach, spürte den Sturm durch seine Glieder laufen und hielt sich dennoch ruhig aufrecht.


    Sein Arm wies sie streng zurück, indem sein Finger zum Land wies. Folge mir nicht, es sei dein Unglück. „Flieg zurück“, sagte seine Zunge, die sie ohnehin nicht verstehen würde, sein Tonfall doch eindringlich, während ein Fischschwarm ihn funkelnd umschwärmte.
    Hier gab es keine trockene Fläche, auf der sie ruhen könnte, ihre Schwingen hatten gewiss nicht unendliche Kraft für Tage und Nächte, sie in der Leere zu halten und schlafen musste sie bestimmt ebenso, während Mallalai nicht einmal sein Bett unter den vielen Pflanzengärten wählen brauchte: er könnte ruhen, während er sich treiben ließ, sich geschlossenen Auges den Strömungen übergeben, die Fische würden ihn warnen, wäre Gefahr in Sicht. Und fühlte er erschöpft, so würde einer der Delphine ihn ziehen, einer der Wale ihn tragen.
    Seine Brauen zogen sich unwillig über der Nasenwurzel zusammen. In seinem Gesicht sah man ihm keine Regung an, lag in seinen Augen dennoch eine tiefe Würde, die sich aufbäumend wand und zeigte, wie sehr es ihn erregte, dass sie ihm folgte. Darin vermischt lag gewiss auch die Sorge um das wunderbare Geschöpf der Leere, dessen Federn so schillernd waren, wie der Sonnenuntergang am Horizont: dass ihr etwas zustoßen könnte, denn er hatte gesehen, was die Fülle ihr anzutun fähig war. Stürme waren keine Seltenheit in der Weite der Ozeane, unberechenbare Winde, die zwar ihr Element, aber in dieser Größenordnung ihr möglicherweise unbekannt waren. Mallalai wollte nicht die Erfahrung machen, es auf diese Art herauszufinden. „Verlasse ihn“, flüsterte er.

  • Violet glitt über das Meer, über die Wellen, wie Mallalai die Wellen teilte, teilte sie die Luft. Sanft lächelte sie, als sie sah, dass er sich umdrehte in der Hoffnung, dass er sie nicht davon jagen würde. Nein, das würde sie nicht mit sich machen lassen. Sie würde ihn weiter folgen, so weit sie ihre Schwingen tragen würden und sie vor Erschöpfung in das Nass sinken würde.


    Auch als das Meerwesen abtauchte konnte sie noch seinen Schatten von weit oben erkennen und ihm so folgen. Mit zügigen Flügelschlägen blieb sie auf einer Höhe mit ihm. Ihre Schwingen waren weit ausgebreitet und die Sonnenstrahlen drangen hindurch und liesen sie in verschiedenen Tönen erscheinen. Ihr langes Haar hing über den Schultern hinunter in Richtung Meer. Fragend blickte sie Mallalai an, als er sie ansah. Blickte er sie wütend an? Sie wusste es nicht. War da überhaupt eine Regung in seinem Gesicht zu erkennen. Sie vermag es nicht zu sagen.


    Immer weiter und weiter folgte sie ihm auf das Meer hinaus. Der Wind trug sie wie die Wellen ihn trugen. Sie hatte noch immer ihre Schwingen ausgebreitet, nur wenige Schläge brauchte sie um auf den Luftströmungen entlang zu gleiten. Sie folgte ihm weiter und weiter. Er wirkte eine Anziehungskraft auf sie aus, die sie sich noch immer nicht erklären konnte. Also folgte sie ihrem Gefühl und so mit ihm, tief unter ihr.


    Etwas tiefer flog sie, aber noch in genügend Abstand zur Oberfläche des Meeres. Sie schüttelte ihren Kopf als er flüsterte. "Nein, ich möchte das sehen, wo du lebst" flüsterte sie zurück. Syreniae´ waren normalerweise nicht reiselustig, sie zog es nicht in die Ferne, doch bei Violet war es anders, sie wurde von der Fremde angezogen, vor allem das Meer zog sie an mehr als alles andere. Deswegen lebte sie auch alleine an der Klippe. Schon immer hatte das Meer eine Faszination auf sie und jetzt konnte sie dieser Faszination nachgehen. Hier, so knapp über der Meeroberfläche brauchte sie allerdings mehr Schwingenschläge und es ermüdete sie doch zusehns, also flog sie wieder etwas höher um auf den Windströmungen gleiten zu können und ihm folgen.

  • Sie war auf einer Höhe mit ihm geblieben, mit kräftigem Flügelschlag ihm gefolgt, noch. Mallalai sah sie bereits fallen, auch wenn es erst in naher Zukunft so sein würde, sie würde ihre Kräfte einbüßen, davon war er überzeugt. Zu erwartungsvoll erschien ihm ihr Blick, während er die Verantwortung – nein eine Bürde, von sich wies. Die Anziehungskraft mochte aus dem Unbekannten heraus geboren sein, die unbekannte Welt, die sich unter ihr auftat. Eine Welt, von der man lediglich die Oberfläche lockend glänzen sah, aber deren Tiefe sich so weit streckte, wie der Himmel über ihr. Endlich gab es einen Anlass, ein allerletzter Grund, möglich für die eigene Rechtfertigung.


    Mit Unbehagen sah er ihr Kopfschütteln.
    „Violet“, sprach er ihren Namen aus, scheiterte dann aber an der Barriere, die ihre Sprachen ihnen vorgaben. Womöglich hörte man für kurze Zeit nur noch die Stimme des Meeres flüstern. Seine hellen Augen begegneten der Sonne, indem er die Lider zu einem Schlitz verengte, während sein Blick der Küstenlinie folgte.
    In einem Atemholen gab er nach.
    Er könnte eine Weile dem trockenen Land nah bleiben. Dessen Kurven folgen … seine Hoffnung bestand darin, dass sie es leid werden würde, dass das Heimweh sie erfasste, dass ihre Kraft versiegte und ihre Schwingen schmerzten.


    Mallalai nickte knapp. Seine Kiemen öffneten sich und entließen einen letzten Schwall Leere, gesprenkelt mit Wassertropfen, bevor er wieder tauchte. Sein schlanker Körper beschrieb einen Bogen, als er sich von der Weite abwandte, um einem neuen Weg zu folgen, der parallel zur Küste entlangführte.
    Nah der Oberfläche könnte sie den, vom Wasser verzerrten, Umriss seines Körpers deutlich erkennen; der Mira’Tanar hatte zwar beschlossen ihr nicht mehr zu entgehen, doch das bedeutete keineswegs, dass er seine Geschwindigkeit drosselte. Er war ziemlich schnell, doch seine neu beschlossene Absicht erkennbar.

  • Der Wind war ihr wohl gesonnen und er sorgte immer wieder für kurze Verschnaufpausen, dass sie einfach nur gleiten musste auf der Luft, die sie so liebte. Doch dann kamen wieder Phasen, in denen Violet kräftig mit ihren Schwingen schlagen musste um ihm zu folgen. Doch sie wollte nicht aufgeben, sie war zu neugierig, zu interessiert an diesem Wesen des Meere. Sie wollte ihm folgen, egal wie weit und lange es gehen würde.


    Was hatte er geflüstert? Hatte er überhaupt etwas geflüstert? Sie wusste nicht, ihr war so, als habe sie etwas gehört. Violets Blick senkte sich und blickte hinunter auf das Meer. Dort konnte sie Mallalai sehen, wie er einen Bogen schwamm. Sie flog ihm hinterher. Wusste nicht, was er vorhatte, doch sie folgte ihm. Immer darauf bedacht ihn zu sehen, über ihm zu bleiben, egal wie schwer ihre Schwingen wurden.


    Nach einigen Flügelschlägen konnte sie erkennten, dass er in Richtung Küstenlinie flog. Leicht lächelte sie. Sie war sich sicher, er würde es für sie tun, denn dort war der Wind und die Windströmungen anders als auf dem offenen Meer, hier würde sie gleiten können und ihre Schwingen ausruhen. Er wurde schneller unter der Wasseroberfläche, doch das war hier nun einfacher ihr zu folgen. Dankbar lächelte sie in seine Richtung. Violet wusste nicht, ob er es sehen konnte, sie hoffte es. "Danke" sagte sie wirklich sehr dankbar in seine Richtung und flog weiter über ihm. Hier konnte sie sich auch etwas die Küstenlandschaft aus der Luft ansehen, konnte fremde Wesen sehen, doch keines war so interessant wie Mallalai, dem sie stetig weiter folgte.


    Sie wusste nicht, wie lange sie ihm schon folgte, sie wusste nur, dass sie es nicht bereute. Etwas tiefer flog sie nun, da hier die Wellen nicht so hoch waren. Nun war sie knapp über der Wasseroberfläche, allerdings immer darauf bedacht, nicht in die Nässe zu tauchen oder sie zu berühren.

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