Eine fremde Welt

  • Der Morgen war bereits angebrochen, auch wenn sich erst noch langsam das Morgenlicht durch den Schleier der Nacht seinen Weg zu bahnen begann. Genau diese Zeit der Dämmerung war es immer schon welche Tári lockte ihren Schlafplatz, zu verlassen. Auch diesen Morgen war es die gleiche Stunde wie jeden Tag. Die ersten Vögel begannen ihr Lied zu trällern und hießen so den erwachenden Tag willkommen. Die Halbelfe rekelte sich ausgiebig unter der Decke, als auch Celeb mit einem Gähnen signalisierte erwacht zu sein.
    Leisen Fußes erhob sie sich, jeder Handgriff saß und ihr Bett war schnell gerichtet, wie es sich gehörte. Im Bad ließ sie ebenso viel Sorgfalt walten und richtete sich aber wie es ihr ihre Tante erklärte stadtgemäß her. Also keine wilden Zöpfe, welche kreuz und quer geflochten waren. Nein es war ein Zopf, vom Haaransatz bis in die langen Spitzen hinunter geflochten. Mit einem abfälligen Schnauben wandte sie dem Spiegel ihren Rücken zu und fand sich vor dem Kleiderschrank ein. Jeden Morgen das Gleiche… Der erste Impuls ging zu ihrer bequemen Kleidung, welcher von dem Versprechen welches sie ihrem Mütterchen gab und dem Genörgel der Tante abgeschwächt wurde. Wie oft hatte diese ihr nun erzählt sie solle sich doch lieber für gehobenere Kleidung interessieren...? ABER ihre Tante war gerade ein paar Tage verreist und so würde sie ihr auch nicht über den Weg laufen. So griff Tári also nach ihrer Bluse, Hose und dem Lederüberwurf, den sie so gern trug. Socken, Stiefel, Gürtel, Tasche... Oft kam die junge Frau noch nicht dazu sich die Umgebung außerhalb der Mauern anzusehen, zu oft war ihr ihre Tante auf den Fersen welche verlangte sie solle sich möglichst innerhalb der Stadtgrenzen aufhalten. Aber auch hier, wer nicht da war, konnte ihr nicht an den Fersen haften. Sollte ihre Tante danach fragen, würde sie ihr natürlich der Wahrheit entsprechend antworten. Aber ihre Tante fragte eher selten, wo sich die Halbelfe den ganzen Tag rum getrieben hatte, wenn sie ihr Mal wieder entwischt war. Und auch Tári vermied es ihre Tante nach ihren Angelegenheiten, zu fragen.
    Für heute hatte sie sich vorgenommen die westliche Umgebung außerhalb der Mauer zu erkunden. Mal wieder so richtig ihrem Naturell nachkommen, den ganzen Tag an der frischen Luft in der Natur. Celeb regte sich nun auch und streckte sich erst nach hinten und dann nach vorne, um daraus neben die Halbelfe zu treten, um ihr seine Bereitschaft zu ­signalisieren… Aus Gewohnheit mittlerweile, verließen die beiden auf leisen Sohlen das Haus und bewegten sich durch die Straßen der Stadt. Der ein oder andere der Bewohner war bereits auf den Beinen und man begnügte sich mit einem kurzen Nicken um einander zu grüßen. Immer weiter ging es dem Tor im Westen entgegen, bis sie schlussendlich durch dieses trat, um eilig die letzten Häuser hinter sich zu lassen. Tief durchatmend, mit geschlossenen Augen und ausgestreckten Armen drehte sie sich einmal um sich selbst, ehe sie zu laufen begann – immer dem Wald entgegen. Dort angekommen bewegte sie sich fast lautlos und anmutig durch das Unterholz. Lauschte den Gesprächen der Tierwelt. Ein zankendes Vogelpärchen oder einem Eichhörnchen, welches hinter einem großen Falken her schimpfte. Sie genoss es in vollen Zügen und auch Celeb war sehr beschäftigt und sog immer tief die Luft ein. Je später der Morgen wurde um so mehr meldete sich Táris Magen und gegen den späteren Vormittag suchte sie sich einen netten Platz am Waldrand, welcher die Sicht auf die Straße welche in die Stadt führt und auf den doch nun weiter entfernten Anblick der Stadt freigab. Ihre Schwester hätte diesen Anblick herrlich oder wunderschön geheißen aber die junge Frau kommentierte diesen nur mit einer verächtlich verzogenen Oberlippe…

  • Regungslos stand der junge Mann da und sah zu den Mauern der Stadt in der Ferne hinüber.
    Gut – Ferne war relativ, es war ein Fußweg von etwa einer Stunde, so schätzte er.
    Und so langsam mischte sich in die Euphorie des Neuen, Aufregenden auch das Gefühl der Nervosität. Sein Blick senkte sich auf das weiße Haar in seiner Hand. Die letzte Brücke zu allem, was ihm bekannt und vertraut war. Sei kein Narr ! schalt er sich innerlich, auch wenn Du noch niemanden kennst – es sind hier genau so Personen, wie sie es dort sind.
    Und dennoch beneidete er für eine Sekunde seinen Vater um dessen übermenschliche Selbstbeherrschung. Immer noch etwas verärgert über sich selbst, wandte er sich seinen Sachen zu und öffnete den sorgfältig gegerbten ledernen Tragesack, mit den kleinen Fächern darin – seine gesamte Habe.


    Eine Phiole holte er daraus hervor und entkorkte sie, um das weiße Haar hinein zu tun. Es waren bereits Haare darin – kurze schwarze Haare, sorgfältig mit einem Haar verknotet und ein schmaler Zopf aus schwarzen und weißen Haaren. Fast übertrieben sorgfältig verkorkte Tamrin das Fläschchen wieder und steckte es in eine der gepolsterten Falten seines Umhangs. Sein Abschiedsgeschenk. Ein Umhang mit zahllosen zum Teil gepolsterten Täschchen und Falten, in denen ein Alchemist seine geheimnisvollen Mischungen ohne Gefahr transportieren konnte. Eine Spezialanfertigung für den Orden seines Vaters. Ansonsten hatte sein Tragesack nicht viel Spannenderes zu bieten als Wäsche und ein paar Kleinigkeiten.


    Aus der Hocke heraus ließ Tamrin den Blick über seine Umgebung wandern. Leise rauschte der Wind in den Wipfel der Bäume. Es klang vertraut und auch die vereinzelten Vogelstimmen hörten sich bekannt an, selbst wenn Tamrin sich nicht wirklich für Vögel interessierte und nicht hätte sagen können, welche es waren, die ihn da ganz unbeabsichtigt mit ihrem Gezwitscher willkommen hießen. Seiner Mutter hätte der lichte Waldrand gefallen und unwillkürlich fühlte er sich gleich besser auch wenn er selber darüber schmunzeln musste. Nein – auch die Bäume waren ihm bekannt. Neugierig erhob er sich und schulterte den Rucksack, um ein paar Schritte auf den Waldrand zu zu gehen. Unmittelbar vor ihm erblickte er eine wohlbekannte Pflanze und hielt nachdenklich inne. Schafgarbe...... Nun, vielleicht keine schlechte Idee, wisperte es in seinen Gedanken. Falls Du Dich an die Nahrungszubereitung hier erst gewöhnen musst. Kurzentschlossen kniete er sich abermals nieder, um mit seinem Dolch einige der Blütenstengel zu ernten, die sich mit bloßen Händen so schlecht abpflücken ließen, und steckte sie in einen der Beutel an seinem Gürtel. Mit leiser Selbstironie spürte Tamrin das Jagdfieber des Alchemisten in sich erwachen – gab es denn noch etwas, was Nützlich sein könnte ? Ja, beantwortete er sich die eigene Frage sofort. Die Zusammenstellung eines kleinen Notfallbeutels konnte eigentlich nicht schaden, auch wenn er es in seiner selbstgewählten neuen Heimat bestimmt nicht heraus fordern würde, ein solches zu benötigen. Sich langsam wieder erhebend, ließ der junge Mann seine Augen über den Pflanzenwuchs vor dem lichten Wald schweifen. Lockerer Boden, frühlingshafte Temperaturen aber nicht trocken – er nickte langsam, es sollte Huflattich in der Nähe zu finden geben …..

    .................


    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Den Blick von der Stadt abwendend suchte Tári in ihrer Tasche, welche sie mit etwas Proviant gefüllt hatte, neben anderen Dingen welche sie immer mit sich trug. Noch konnte sie sich nicht so recht entscheiden was sie sich hervorholen sollte. Als Celeb die Nase in die Luft reckte und zu wittern begann, tat sie es ihm gleich. Nur kurz nach ihm vernahm sie mit einem leichten Windstoß einen fremden Geruch. Rasch und fast geräuschlos zog sie sich hinter die ersten Baumreihen zurück, um dann dem fremden Geruch auf den Grund zu gehen. Der große Hund, welcher eigentlich immer an Táris Seite zu finden war, wusste ohne ein Kommando was die Halbelfe nun vorhatte. Ebenso leise wie sie verschwand er aus ihrem Blickfeld um sich der Spur auf seine Art und Weise zu nähern.
    Sehr darauf bedacht sich geräuschlos zu bewegen und nicht in Erscheinung zu treten betrachtete sie eine Gestalt wie sie auf die Stadt blickte. Anschließend schien es als würde er etwas verstauen. Aus der fünften Baumreihe wurden vier und aus der Vierten, zwei. Dann regte sich die Gestalt und trat näher an den Waldrand heran, was sie verharren lies. Je näher sie kam umso genauer erkannte sie die kurz gehaltenen Haare, sowie eine recht hochgewachsene Statur. Ein Mann, auch wenn er noch sehr jung wirkte. Auch wirkte er fremd und je länger sie ihn betrachtete immer fremder doch konnte sie es nicht benennen. Auch den Geruch welchen sie immer wieder über den Wind aufnahm konnte sie nicht zuordnen und doch war es ihr in der Zeit in der Stadt mittlerweile recht gut gelungen die Herkunft der Leute auch daran ausmachen zu können. Verwirrt legte sie den Kopf schief, weil sie es nicht verstand. Sollte sie ihn danach fragen? Nein, sie beschloss ihn erst einmal noch etwas beobachten. Er kniete sich vor weißen Pflanzen nieder, um sie mit sich zu nehmen. Schafsgabe? Dieses wurde auf dem Markt als Tee für Frauen an bestimmten Tagen verkauft, um es ihnen leichter zu machen oder aber auch wenn man mit seinem Magen Probleme hat. Was wenn er wirklich nicht von hier ist...? Erneut legte sie den Kopf schief. Nun erhob sich der Fremde und seine Augen suchten weiter über die Pflanzen. Was er wohl nun suchte, fragte sie sich stumm. Ob es ihm nicht gut geht? Obwohl es nicht danach aussah. Sie spürte Celebs Nähe und auch, dass er ob der Anwesenheit dieser Fremden Person nicht aufgeregt war sondern sich mittlerweile einer anderen Spur widmete. So trat sie nun nicht mehr so leise wie zuvor aus dem Wald hinaus. "Seid gegrüßt.", begann sie distanziert mit der Floskel in der Sprache der Insel. "Kann man Euch behilflich sein? Fehlt Euch etwas?"

  • Es war ein Spiel. Dastehen, das Erlernte oder Herausgefundene abrufen, die Umgebung darauf untersuchen – und dann zu Wissen, wo das Gesuchte zu finden sein muss. Versetze dich in das, was du suchst, dann kannst Du es mit Deinem Verstand finden und musst es nicht mühsam mit den Beinen suchen. Ein leises Lächeln umspielte Tamrin's Mundwinkel bei dem Gedanken an diese Lehre, während sein Blick hochkonzentriert die Umgebung sondierte, um den wahrscheinlichsten Standort der begehrten Pflanze heraus zu finden. Der Nachteil an dem Spiel, wie er nur wenige Sekunden später mit leichtem Schrecken feststellen musste, war, dass man Gefahr lief, nicht mehr auf das zu achten, was sich sonst so in der Umgebung zutrug. Tamrin's Hand fuhr unwillkürlich zum Griff des Dolches am Gürtel als er Worte vernahm und im gleichen Moment eine Gestalt zwischen den Bäumen des Waldrands hervor trat. Eine Frau, wie er gleich darauf feststellte, als sie aus dem Schatten in die Mittagssonne trat. Dennoch entspannte er sich kein bisschen und seine Hand blieb auf dem Dolchgriff liegen, obwohl sie sich bei näherer Betrachtung als sehr jung und eher zierlich entpuppte. Aber dafür kannte er einfach zu viele Frauen, die hervorragende Kämpfer waren. Und diese hier sah schon auf den ersten Blick so aus als ob das Erlernen von Gesellschaftstänzen in prachtvollen Kleidern nicht zu ihren bevorzugten Geschäftigkeiten gehörte. Tatsächlich sah sie eher aus wie ein Waldläufer in ihrer Hose, dem Lederwamps und den hohen Stiefeln. Und sie lächelte auch nicht, also sollte sie ruhig sehen, dass er gegebenenfalls bereit war, sich zur Wehr zu setzen.


    Die Sekunden verstrichen und mit jeder kam er sich ein wenig alberner vor, wie er sie so wachsam belauerte. Viel schlimmer war – es wurde ihm bewust, dass er nicht eines ihrer Worte verstanden hatte. In fieberhafter Eile jagten sich die Gedanken in seinem Kopf, bis er endlich einen Entschluss fasste. Langsam nahm er die Hand vom Griff des Dolches und hielt beide Hände geöffnet ein wenig seitlich von sich weg gestreckt, um der Frau begreiflich zu machen, dass er nichts im Schilde führte. Nur seine Augen verengten sich in dem Maße, wie sein übriger Körper eine entspannte Haltung einnahm, und fixierten die Blonde unablässig, damit ihm keine Regung ihrerseits entging. Immerhin – zierlich war sie und die Natur ihr offenbar nicht fremd. Vielleicht hatte er Glück und sie war eine Elfe, die es hier angeblich in größerer Zahl geben sollte. Ihre Ohren hast Du aber gesehen, ja ?, fragte sein Verstand fast überheblich gelangweilt nach, aber er wischte den Gedanken trotz seiner Zweifel beiseite. Und wehe, der weißhaarige Magier hat mir da etwas Falsches erzählt, grollte es leise in ihm. Nun, er würde es darauf ankommen lassen müssen. "Verzeiht, dass ich Euch nicht in Eurer Sprache antworten kann.", begann er langsam und übertrieben deutlich in elfischer Sprache zu sprechen. "Mein Name ist Tamrin Farepoynt. Ich war auf dem Weg in die Stadt, die gleich dort hinten liegt. Aber unterwegs fiel mir ein, dass meine Notfallapotheke vorher noch eine Aufstockung ihres Bestandes vertragen könnte." Dass diese Apotheke bis gerade eben noch gar nicht existiert hatte, ließ er wohlweislich unter den Tisch fallen. Wer weiß, ob sie ihn überhaupt verstehen würde.....

    .................


    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Táris Augen lagen aufmerksam auf der Gestalt. Ein Zucken in ihrer Oberlippe, kaum sichtbar, tat ihre Missbilligung kund, dass der junge Mann seine Hand auf einen Waffengriff gelegt hatte. So verharrte sie in reichlichem Abstand zu ihm, in einer gelassenen aber aufmerksamen Haltung. Er sagte nichts und so starrte sie ihn unablässig an ohne auch nur etwas an ihrer Pose zu verändern.
    Die Hände ihres Gegenübers wanderten langsam seitwärts und zeigten seine leeren Handflächen. Was wollte er ihr damit offerieren, überlegte sie kurz was ihren Kopf für den Bruchteil einer Sekunde andeutungsweise schief werden lies. Sie tat es ihm gleich und ebenfalls für einen kurzen Moment huschte eine dezente Belustigung über ihr Gesicht, welche so schnell wieder verschwunden war, als dass man sich gar nicht sicher sein konnte ob sie wirklich gelächelt hatte. Trotz dieser Geste - über welche sie sich noch nicht sicher war, was sie bedeuten sollte, auch wenn sie wirkte als wolle er sagen: 'Ich werde dir nichts tun' - veränderte sich ihr aufmerksames Wesen nicht.
    Nun begann der Mund des Fremden sich zu öffnen und Worte zu bilden. Stärker als zuvor legte sie nun ihren Kopf schief. Es dauerte einen Moment bis sie zuordnen konnte, was er zu ihr sprach. Einige Zeit war es nun her, dass man sich mit ihr in der Sprache der Elfen unterhalten hatte, denn ihre Tante sprach sie nicht. Dieser Fremde legte eine andere Betonung an den Tag, fand sie. Erneut ein Windhauch mit dem fremdartigen Geruch. Wer war er nur? So fremd...
    Sie ließ die Hände sinken, denn sie sah keinen Sinn darin diese weiterhin in dieser Position zu halten. Mit ein paar wenigen Schritten deutete sei einen Kreis an, als wolle sie ihn umrunden. Hielt dann aber doch inne und sah dem Mann wieder musternd entgegen. Nur einen Hauch der Zeit blickte sie ihm direkt in die Augen, ehe sie sich wieder auf seine Statur konzentrierte.
    "Mein Name ist Tári.", stellte sie sich ihm in der Sprache, welche er scheinbar verstand vor, als würde sie sich ihren Tieren vorstellen. "Tári Amandil", fügte sie leicht genervt an. Ihre Tante bestand darauf wie ihre Eltern auch, dass sie sich in ihrem vollen Namen vorstellte. Innerlich rollte sie jedes Mal darüber mit den Augen, weil sie es als unnötig empfand. Aber ihr Versprechen an ihr Mütterchen lies sie immer wieder die Gepflogenheiten ihrer 'menschlichen' Umgebung aufgreifen. Auf dem Weg in die Stadt? Und von wo war er gekommen? Sie konnte keinerlei Spur ausmachen, aus der er gekommen wäre, nein nur hier um diesen Fleck herum konnte sie ihn wittern. "Ihr kommt nicht von hier?", fragte sie sachlich ob ihrer Feststellung.

  • Noch während Tamrin seine sorgfältig artikulierten Worte hervorbrachte, breitete die Fremde ebenfalls die Arme etwas aus und erwiderte seine Geste. Allerdings – seine Augenbrauen zogen sich beim Sprechen leicht in Höhe – wirkte sie dabei irgendwie …........ unüberzeugt von dem, was sie da tat. Hatte sie gerade gelächelt ? Er war sich nicht sicher, obgleich er sie ohne Unterlass anstarrte, so flüchtig war die Regung ihrer Gesichtszüge gewesen. Tamrin's Hoffnung sank in sich zusammen. Eine große Stadt, voller normaler, gewöhnlicher Leute angeblich – und er stand hier vor einer …... Wilden ? Der entmutigende Gedanke hielt sich hartnäckig, als sie auch noch ihren Kopf zur Seite neigte und ihn ansah wie ein neugieriger Vogel es tun würde. Immerhin keine Schwachsinnige, beruhigte er sich eilig selbst, dafür ist sie nicht verwahrlost genug. Der Eindruck verstärkte sich, als sie die Hände zurück zog und paar Schritte machte als wolle sie ihn umrunden. Wie ein Tier, schoss es Tamrin durch den Kopf und dazu passte auch, dass sie ihn ebenfalls keine Sekunde aus den Augen ließ, aber seinen direkten Blickkontakt stets vermied. Aber was tun ? Tamrin erwog für eine Sekunde ernsthaft, sich einfach behutsam auf die Brust zu klopfen und zuerst einmal nur seinen Namen zu wiederholen. Zumindest hatte sie ja ein paar Laute hervor gebracht. Vielleicht könnte er sich mit einfachen Gesten ….. die Augen der Fremden trafen die seinen für einen winzigen Moment. Und dann begann sie zu sprechen.


    Wie ein Blitzschlag durchfuhr unbändige Erleichterung Tamrins Körper. Sie sprach – und er verstand was sie da sagte, auch wenn es sich ungewohnt anhörte in seinen Ohren, ein Akzent, den er so noch nie gehört hatte. Die Entladung erreichte seine Gesichtszüge und mit fröhlichem Lächeln und "Ihr könnt sprechen!" fiel er der Fremden ungeachtet ihres leicht gereizten Tonfalls unbekümmert ins Wort. Arme und Hände ließ er ebenfalls sinken. Beim immer noch etwas unwirschen, nüchternen Tons der Frau fing er sich jedoch wieder – der und auch die Frage hätten von seinem Vater stammen können. "Verzeiht meine …. äh … Ungehörigkeit, Tári Amandil.", deutete er eine ehrerbietige Verneigung an und bemühte sich redlich, den angebrachten Ernst in seine Stimme zu legen, was ihm nicht so ganz gelingen wollte. Dafür strahlten seine Augen sie um so offener an. In seiner Erleichterung kam er gar nicht auf den Gedanken, dass ihre Frage einen anderen Hintergrund haben könnte als den, dass er aus einem anderen Teil dieses Landes stammen musste. "Ihr habt völlig Recht.", bekannte er deshalb freimütig. "Ich hörte, dass man es in Nir'alenar zu etwas bringen könnte, wenn man geschickte Hände hat und Arbeit nicht scheut. Deshalb bin ich hergekommen." Mühsam kratzte Tamrin seine Höflichkeit zusammen und schluckte all die Fragen herunter, die aus seinem Mund heraus sprudeln wollten und sah die blonde Frau nur erwartungsvoll an.

    .................


    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

    Einmal editiert, zuletzt von Tamrin ()

  • Als er ihr ins Wort viel, quittierte sie es nur mit einer tiefgezogeneren Augenbraue. Wie kam dieser Fremde nur darauf sie könne nicht sprechen? Innerlich den Kopf schüttelnd betrachtete sie ihn weiterhin in stoischer Ruhe. Nun endlich lies auch er diese seltsam anmutende Haltung seiner Hände fallen und auch griff er nicht mehr nach seinem Dolch. Dieses nahm sie wohlwollend zur Kenntnis, aber ohne es groß zu zeigen. Ob seiner Höflichkeit sah sie sich gezwungen seine Verneigung zumindest leicht zu erwidern. Seine Augen blickten sie offener an, soweit sie es sehen konnte denn immer noch mied sie den direkten Blickkontakt. Er stimmte zu nicht von hier zu stammen und sie straffte sich leicht ob ihrer richtigen Vermutung. Aber woher kam er denn nun? Er ist ausgezogen um in einer ihm fremden Stadt Arbeit zu finden und etwas aus sich zu machen, um zu lernen was es zu lernen gab? 'Er ist wie ein junger Wolf, den es von seinem Rudel davon treibt.', sagte sie zu sich selbst. Kurz darauf spürte sie Celeb in ihren Gedanken. 'Ja wie ein Halbstarker, keine Angst, kein Unwohlsein obwohl er hier fremd ist. Neugierig... Von dem könntest du vielleicht noch was lernen...' Klang er vergnügt? Tári spürte ihn in der Nähe und doch war er noch mit Fährtenlesen beschäftigt. Sie schüttelte seinen Kommentar ab und musste dennoch leicht lächeln. Sie musterte den jungen Mann erneut. Sie hatte ihr Handwerk fast von Geburt an gelernt. Es gab nicht viel was ihr Vater ihr hätte beibringen müssen, zumindest was die Tiere betraf. Aber wenn es um Ihresgleichen ging, hing Tári um Welten ihren Altersgenossinnen hinterher. Sich ungezwungen zu geben gab es für sie so gut wie nicht wenn sie sich unter Menschen, Elfen oder dergleichen befand.
    Der Vergleich mit einem halbwüchsigen Wolf gefiel ihr dennoch und wurde sie selbst etwas offener? "Bitte nennt mich Tári.", bat sie Tamrin nicht mehr ganz so distanziert. "Ihr habt schon richtig gehört, denke ich. Also ist die Stadt Euer Ziel...Ihr ward schon mal dort?"

  • Sie antwortete nicht und es kam Tamrin unendlich lange vor, wie sie ihn immer noch von oben bis unten mit unbewegter Miene musterte und die einzige Unterbrechung war eine Verneigung, bei der er schon genau hinsehen musste, um sie überhaupt wahrzunehmen. Nur seine Augen, die suchte sie hartnäckig nicht ein einziges Mal. Ihr Verhalten war Tamrin ein Rätsel. Dies war eine große Stadt – es mussten doch eigentlich ständig Fremde hier auftauchen – Händler, Schausteller, Reisende aller Art, die ein Lager für die Nacht suchten. Oder neue Reittiere. Kurz wandte er den Blick von der Frau ab und sah an sich herunter soweit das möglich war. Nein, er konnte nichts augenscheinlich Auffälliges oder Sonderbares an sich feststellen. Was auch ? Es gab ja nichts Sonderbares. Und nach Gesindel sah er ja wohl auch nicht aus. Wobei er sich im selben Moment eingestand, dass man diese Gesinnung keineswegs an den reinen Äußerlichkeiten erkennen konnte. Bestimmt sprachen auch längst nicht alle diese Fremden die hiesige Sprache. Auch das konnte ihn nicht irgendwie verdächtig machen. Aber zwickte es ihn etwas unangenehm in seinem Verstand Du findest ihre Aussprache ungewöhnlich – was wird sie wohl über Deine denken ? Ein Dialekt, beharrte er eigensinnig. Aus irgendeinem Winkel irgendwo auf dieser Welt.


    Oder war sie etwa doch verärgert darüber, dass er ihr so ins Wort gefallen war ? Wieder sah er der Blonden direkt ins Gesicht, dieses Mal auf der Suche nach irgendeinem Anzeichen, dass auf Verstimmung hindeuten könnte, eine kleine Falte auf der Stirn oder ein kaum merklich herabgezogener Mundwinkel. Stattdessen lächelte sie. Wie ein Lichtfleck am Ende eines finsteren Stollens. Es machte sie augenblicklich anziehender in Tamrin's Augen und auch seine Lippen verzogen sich unwillkürlich zu dem sympathischen Lächeln, das so häufig auf seinem Gesicht zu finden war. "Wenn es Euer Wunsch ist, Tári Amandil …... Tári.", antwortete er artig. "Nein, ich kenne niemanden hier. Und ich hatte auch noch nie zuvor die Gelegenheit, Eure …." die Frage in dem einzelnen Wort war nicht zu überhören "..... Stadt zu besuchen. Aber … " Tamrin's Lächeln vertiefte sich. ".... nun kenne ich Euch schon einmal." auch wenn er inständig hoffte, dass diese misstrauische und eigenartige junge Frau nicht das typische Naturell der Einwohner dieser Stadt repräsentierte - es war ein Anfang. Und Tamrin konnte die freudige Aufregung darüber nicht länger bezähmen. "Darf ich Euch einige Fragen stellen ? Wenn es Euch keine Umstände bereitet, natürlich nur. Man sagte mir, dass es in Nir'alenar viele Elfen gäbe und ich mit Elfisch keine Probeme haben sollte, mich verständlich zu machen. Aber mit welcher Sprache habt Ihr mich angesprochen, Tári ? Und was habt Ihr gesagt ?"

    .................


    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Einen Moment blieb Táris Blick an dem Lächeln hängen welches Tamrins Gesicht nun zeigte. Warum lächelte er? Konnte er ahnen worüber Celeb und sie gerade sprachen? Sie schüttelte den Gedanken ab, noch nie hatte sie jemanden getroffen der ähnlich veranlagt war wie sie. Es musste einen anderen Grund geben...
    Willkommen vernahm sie dass er es bei ihrem Vornamen belassen würde und lauschte weiter seinen Worten. Immer noch klangen sie so anders in ihren Ohren, auch wenn sie genau verstand was er ihr sagte. Auf diese hin, konnte sie nicht anders und musterte ihn erneut. Der fremde Geruch, der fremde Klang seiner elfischen Worte und dass er nichts zu der allgemeinen Sprache der Insel wusste. Auch war es ihm nicht möglich gewesen die Stadt aufzusuchen? Ihr Blick wurde wieder misstrauisch und sie blickte ihm erneut kurz in die Augen. Sie waren freundlich und warm. Auch ging so nichts bedrohliches von ihm aus, dass sie beschloss den Dingen genauer auf den Grund zu gehen. Außerdem musste sie erneut lächeln, 'Gerade ist er eher ein Welpe...'
    "Tamrin Farepoynt...", begann sie ruhig. "...ich sagte: 'Seid gegrüßt. Kann man Euch behilflich sein? Fehlt Euch etwas?' Ihr hattet Schafgarbe geerntet und suchtet wohl noch nach anderen Kräutern... Nun wie ich weiß für eure Notfallapotheke...", erklärte sie. "Ich wohne seit einigen Wochen in Nir'alenar und sicher nicht auf Dauer.", wurde ihre Stimme wieder etwas kühler, denn noch hing es nicht von ihr ab ihren Aufenthalt hier zu beenden. Jungwolf rief sie sich wieder ins Gedächtnis und wurde gleich wieder freundlicher. "Ihr seid nicht von hier...", wiederholte sie ihre Äußerung von vorhin noch einmal. "Und mit nicht von hier, meine ich von keiner der Ländereien...", sagte sie neutral ohne ihn darum zu bitten es aufzuklären. "Die Sprache mit welcher ich Euch angesprochen hatte ist die weit verbreitete Sprache der Insel Beleriar, mit ihr kommt man soweit sehr gut zurecht... Mit der Sprache der Elfen...", sie legte erneut den Kopf kurz schief. "...es gibt Elfen in der Stadt. Aber auch reichlich Personen anderer Völker. Manch einer von ihnen spricht nur ihre eigene Sprache viele von ihnen Belerianai - die Sprache der Insel. Ob ihr Euch so problemlos mit Shar’ylai verständigen könnt kommt drauf an wem ihr begegnet würde ich sagen." Abwartend blickte sie dem jungen Mann entgegen wieder ohne ihm in die Augen zu sehen.

  • Sieh an, sie hat doch Muskeln im Gesicht, dachte Tamrin mit heimlichen Vergnügen und es kostete ihn keinerlei Mühe, sein Lächeln aufrecht zu erhalten, während er aufmerksam die wechselnden Gesichtsausdrücke der jungen Frau ihm gegenüber studierte. Von neutral verdüsterte er sich ein wenig, um dann doch wieder zu lächeln. Zumindest blieben ihre Augen nicht völlig unbeteiligt dabei. Was mochte wohl hinter diesem glatten Stirn vor sich gehen ?
    Etwas merkwürdig mutete es an, wie sie so unbewegt wortwörtlich die Übersetzung ihrer ersten Worte an ihn lieferte. Irgendwie ungeschickt, ein gewandter Redner hätte den Inhalt wohl eher umschrieben. Die Schafgarbe ….. dann hatte sie ihn schon etwas länger beobachtet. Was mochte sie wohl gedacht haben ? Auch dieser Gedanke erheiterte ihn. "Schafgarbe.", nickte er immer noch fröhlich, biss sich aber in sehr gut gespielter Verlegenheit auf die Lippen. "Mein Magen, wisst Ihr, manchmal ist er …....." die Schultern empor ziehend blickte er die blonde Frau verständnisinnig an, beendete den Satz aber mit voller Absicht nicht. Denn grundsätzlich besaß er einen Magen, der so ziemlich alles vertrug, was ihm zugeführt wurde. Aber man wusste ja nie..... Den vorwurfsvollen Blick seiner Mutter, der dabei unwillkürlich vor seinem inneren Auge empor stieg, und der ihm wohl auch noch durch Mark und Bein gehen würde, wenn er 150 Jahre alt geworden sein sollte, verbannte er eilig in den hintersten Winkel seines Kopfes. Es ist keine Lüge, wenn das Gegenüber einen falschen schluß zieht, schickte er dem Bild trotzig hinterher.


    Sofort richtete er seine Konzentration wieder auf die weiteren Worte der jungen Frau. Kurz wurde sie wieder etwas abweisender, als sie davon sprach, dass sie nicht gedachte, langfristig in der Stadt zu bleiben. So wie sie herumlief, überraschte ihn diese Aussage allerdings nicht. Und - um ehrlich zu sein – kümmerte ihn der Grund dafür auch nicht wirklich. Er war es mit Sicherheit nicht und im Fortfahren wurde sie auch wieder etwas umgänglicher. So schien es Tamrin zumindest. Dennoch kosteten ihn ihre folgenden Sätze etwas mehr Mühe, das strahlende Lächeln beizubehalten. Warum in aller Welt war sie sich so sicher ? Auch die Sache mit der Sprache erklärte die Sicherheit ihrer Behauptung nicht wirklich. Denn – dafür hätte Tamrin seine Hand ins Feuer gehalten, seinetwegen auch in Rachen eines Drachens – SIE war jedenfalls nicht kreuz und quer durch diese Welt gereist und hatte sich als Reisende auf verschiedene fremde Bräuche, Kulturen und Personen eingelassen und sie allesamt kennen gelernt, so dass sie ihn deswegen aussortieren könnte. Dann hätte ihr Umgang mit ihm erheblich lockerer und gewandter sein müssen als dieses bizarre, fast zwanghafte Mustern seiner Person immer nur bis zur Brust oder dieses komische, beinah raubtierhafte Umkreisen. Und wer kannte schon jede abgelegene Ansiedlung einer ganzen Welt ?
    "Tári," sprach er seinerseits als sie geendet hatte, immer noch das freundliche Lächeln im Gesicht aber dennoch mit einem gewissen Nachdruck in der Stimme. "es spielt keine Rolle, wo ich herkomme. Ich bin jetzt hier. Weil ich hier mein Glück versuchen möchte und hier leben will." Etwas mehr Kopfzerbrechen bereitete ihm ihre Aussage zur Verbreitung der elfischen Sprache in der Stadt selbst. Da musste er wohl darauf hoffen, jemanden zu finden, der ihm Belerianai beibrachte. Das hatte er ohnehin vorgehabt, gleichzeitig sich aber auch mit der Hoffnung getragen, dass Elfisch zunächst zumindest ausreichen würde, um den gewöhnlichen Lebensunterhalt zu bestreiten. Tamrin's Lächeln wurde wieder breiter, weil ihm die Ironie seiner eigenen Worte angesichts seiner Gedanken und der leicht grotesken Situation bewusst wurde. Sein Glück versuchen …... ja, auf etwas anderes als Glück konnte er gerade wohl auch kaum zurück greifen, wo ihm das Schicksal ausgerechnet diese merkwürdige Bewohnerin Nir'alenar's zugespielt hatte. "Sagt, Tári, sind es besonders wichtige Angelegenheiten, die Ihr hier draußen vor der Stadt noch zu verrichten habt ?"

    .................


    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

    Einmal editiert, zuletzt von Tamrin ()

  • Seine Aussage zu der gesammelten Schafgarbe nahm sie zur Kenntnis, ohne sich aber weiter darüber Gedanken zu machen. Er wird wissen was er braucht und was nicht. Heilkräuter mit sich zu führen erachtete sie als vorausschauend. Nie konnte man sich sicher sein, sie nicht doch einmal zu brauchen. Das war eines der Vermächtnisse ihres Mütterchens, viel hatte sie Tári darüber gelehrt. Ihr Aussehen, ihre Wirkung und natürlich wo sie zu finden waren. Als sie noch im Wald bei der alten Frau lebte sammelte die junge Halbelfe regelmäßig all die Pflanzen, welche für Tränke, Salben oder zu Behandlungen gebraucht wurden. Sie tat es sehr gerne und der alten Frau war das gar nicht unrecht gewesen, denn so einige Stellen erreichte sie wegen ihres fortgeschrittenen Alters irgendwann nicht mehr.
    "Wie Ihr meint.", gab die Halbelfe auf Tamrins Aussage seines Hierseins zurück. Trotz der knappen Antwort wirkte sie nicht wieder so reserviert wie zuvor. Vielleicht mochte es derzeit und auch in Zukunft tatsächlich keine Rolle spielen. Dennoch hätte sie einfach gern gewusst gehabt, was es mit seiner Person nur auf sich hatte. Misstrauen und Neugier wechselten sich stetig ab...
    Auf seine Frage hin hob sie den Kopf gen Himmel um die Zeit absehen zu können. Ihr Blick wanderte unschlüssig zwischen der Stadt welche sie so gar nicht lockte und dem Wald hin und her. Die Natur war es immer die nach ihr rief und auch jetzt war der Ruf gegenwärtig, aber auch ihr Versprechen, welches sie gab hallte ihn ihr. Und nun auch diese unbekannte, verwirrende Neugier. Was wollte er wohl? "Nein keine besonders wichtigen Angelegenheiten. Weshalb fragt ihr?"

  • Bereits die erste Antwort der blonden Frau hob Tamrin's Stimmung und seine Miene hellte sich auf, sofern das überhaupt noch möglich war. Auch wenn er ihrer dezenten Beharrlichkeit bezüglich seiner Herkunft nicht nachgegeben hatte, schien es Tári nicht zu verstimmen sondern ihre Bemerkung anzudeuten, dass sie das Thema ruhen lassen würde. Zumindest vorerst. Und das genügte ihm, auch wenn er keinesfalls vor hatte, ihr zu einem späteren Zeitpunkt mehr darüber zu sagen. Der Beobachter in ihm registrierte am Rande die Bestätigung seiner Vermutung, dass ihr die Natur vertraut war, als sie den Stand der Sonne offensichtlich dazu heran zog, die Tageszeit zu bestimmen. Tamrin hatte längst beschlossen, den Huflattich Huflattich sein zu lassen. Um sich hier draußen eine Apotheke für die erste Versorgung zusammen zu stellen, brauchte er niemanden. Das konnte er auch Morgen noch in Angriff nehmen. Aber vor den Morgen hatten die Götter die Nacht gestellt – auch hier – und bevor die Suche nach einem Quartier und eine erste Orientierung in der Stadt an der Sprachbarriere scheiterten ….... "Nun, wenn es Eure Zeit erlaubt, wäre ich Euch sehr verbunden, wenn Ihr mich in die Stadt begleiten würdet.", trug er der blonden Frau mit seiner Meinung nach gewinnendem Lächeln seinen Vorschlag an. "Wir könnten etwas essen und Ihr könntet mir danach vielleicht dabei helfen, mir einen ersten Überblick zu verschaffen und ein Nachtquartier zu finden. Nach Eurer Auskunft bin ich etwas im Zweifel, ob ich mit Elfisch in unbekannten Straßen unter noch unbekannteren Gästehäusern eines finde, in dem ich mich mit dem Besitzer verständigen kann." Kurz legte der junge Mann die Stirn in Falten, um Alternativen zu diesem Vorgehen zu ersinnen. Gleich darauf lächelte er wieder fröhlich. "Oder Ihr bringt mir beim Essen ein paar Sätze und Worte in Bereliarnai bei, so dass es zumindest für die Anmietung eines Nachtquartiers genügt. Ihr müsst mir Eure wertvolle Zeit auch keinesfalls umsonst opfern.", beteuerte er treuherzig und versicherte sogleich "Ich werde sie Euch selbstverständlich bezahlen." Kurz hatte Tamrin erwogen, ob dieses Angebot die blonde Frau vor ihm beleidigen könnte, den Gedanken aber verworfen. Wie eine himmelhochweit über ihm stehende Adelige sah Tári nun wahrhaftig nicht aus. Auch wenn ihre bei mehr als flüchtigem Hinsehen erkennbar edlen Züge und die unter der Kleidung verhüllte zartgliedrige Erscheinung dies rein äußerlich jedenfalls nicht ausschlossen. Aber eine Adelige, die sich ihres Standes bewußt war, hätte einen fremden Jüngling wohl kaum dazu aufgefordert, sie mit ihrem Rufnamen an zu sprechen.

    .................


    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Der Vorschlag welchen Tamrin ihr vortrug, ließ Tári stutzen. Er wollte von ihr begleitet werden? 'Es geschehen noch Zeichen und Wunder.', hörte sie all die Stimmen, welche sie zu normalem Umgang mit Ihresgleichen drängten, ausrufen. Mit einem kaum hörbaren Knurren verdrängte sie dieses.
    Er wollte tatsächlich von ihr, dass sie mit ihm in die Stadt ginge, jetzt wo das Leben auf den Straßen gerade so pulsierte und sie den ganzen Einwohnern über den Weg liefen. Allein durch diese Vorstellung wurde Tári innerlich unruhig. Diese Enge der Straßen und die teilweise unbeabsichtigten Berührungen, wenn man sich aneinander vorbeischob. Es stellten sich ihre Nackenhaare auf.
    Und essen wollte er auch. Gut ihr knurrte bereits der Magen, denn eigentlich war sie gerade dabei gewesen etwas zu sich zu nehmen. Aber der Gedanke an ein volles Gasthaus, rief den Impuls der Flucht in ihr hervor und am Liebsten hätte sie sich umgedreht und hätte den Mann wie er da vor ihr stand einfach stehen gelassen. Dennoch rührte sich ihr Körper nicht. Er bat sie um Hilfe? Ein Fremder bat SIE um Hilfe … und er wollte dafür bezahlen. Dabei ging es aber weder um ein Pferd oder einen Hund für denjenigen zu finden oder darum sich eines tierischen Problemfalls anzunehmen.
    Sie wollte nichts von ihm haben. Erneut hing sie wieder bei dem Vergleich mit einem jährigen Wolf. Sie verlassen das Rudel und wenn sie alleine nicht zurecht kamen schlossen sie sich für eine Weile, möge sie noch so kurz sein, zusammen, bis sie sich in der Fremde zurechtgefunden hatten. Sie kannte sich hier immerhin etwas aus. Vom Alter her müssten sie ähnlich sein überlegte sie sich. Solle sie ihn wirklich einfach alleine los ziehen lassen oder ihm zumindest einen einfacheren Start in der fremden Stadt ermöglichen?
    Vielleicht kannst du etwas von ihm lernen, kam ihr die Worte von Celeb in den Sinn. Sie könne es immerhin auf einen Versuch ankommen lassen, und wenn es nicht gelang, wusste sie es. Auch hätte sie ihrer Tante, sollte es nicht in einem Desaster enden, etwas für sie Positives zu berichten.
    Auch wenn ihre Gedanken rasten, dauerte es ein paar Momente, bis sie gewillt war, Tamrin eine Antwort zu geben. "Ich möchte nichts von Euch", stellte sie gleich zu Beginn klar. War es nicht schon genug, dass er sich mit ihr abgab? "Wenn wir dieser Straße folgen, kommen wir in das Viertel, in dem die Händler ihre Waren anbieten. Ich denke dort solltet Ihr alles finden, was Euch vorschwebt."

  • Tamrin hätte nicht damit gerechnet, dass der in seinen Augen harmlose Vorschlag erneut zu einem langen Schweigen zwischen ihnen führen würde. Fiel es ihr so schwer, einfach "Ja" oder "Nein" dazu sagen ? Mit echtem Interesse musterte er aufmerksam die sich im Gesicht der Frau flüchtig abzeichnenden Stimmungen, die sie offenbar durchlebte.


    Da war ziemlicher Unwille, eine leise Zornesfalte zwischen den Augenbrauen. Aber in seiner Aufgeregtheit über das Neue ging anscheinend seine Phantasie ein wenig mit ihm durch, spottete er innerlich über sich selbst. Ganz sicher hatte sie NICHT leise geknurrt wie ein gereiztes Tier. Danach wurde ihre Nase fast unmerklich etwas blasser und in den Augen stand Abscheu geschrieben, die Oberlippe leicht empor gezogen. Als sähe sie etwas ziemlich Abstoßendes oder Schockierendes vor ihrem Inneren Auge. Diesem sich in Sekundenbruchteilen abspielenden Wechsel folgte eine etwas längere Phase konzentrierteren Nachdenkens, die Lippen leicht aufeinander gepresst und an der Schläfe zuckte ganz sacht eine Ader unter der Haut. Ein Silberstück für Deine Gedanken würde sich vielleicht auch lohnen, dachte Tamrin belustigt angesichts dieses Wechselbads vor seinen Augen.


    Dann sprach Tári endlich wieder. Doch aus den Worten wurde Tamrin nicht so ganz schlau. Zwar sprach sie von "wir" - aber ansonsten klangen ihre Worte eher so, als solle er allein seinen Weg in die Stadt nehmen, weil er schließlich dort landen würde, wo sich befand, was er suchte. Händlerviertel hinter dem nächsten Stadttor hörte sich allerdings vielversprechend an. Dort würde es sicherlich Gästehäuser geben, sagte er sich. Amüsiert biss er sich leicht auf die Unterlippe und mit kurz in Richtung Haaransatz zuckenden Augenbrauen suchte sein Blick flüchtig den Boden auf bevor er Tári's Blick - allerdings vergeblich - wieder suchte. "Heißt das, dass Ihr mich begleiten werdet ?" drängte er sie mit voller Absicht in die Position, ihrerseits die etwaige Ablehnung aussprechen zu müssen.

    .................


    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

    3 Mal editiert, zuletzt von Tamrin ()

  • Kurz musterte sie den dunkelhaarigen Mann. Seine Frage drängte sie zu einer eindeutigen Entscheidung, wo sie sich selbst doch noch so unsicher war. Gerne hielt sie sich Möglichkeiten offen. So hüpfte sie innerlich über ihren großen Schatten. "Ja ich werde Euch begleiten.", bestätigte sie und versuchte ihr Unbehagen zur Seite zu drängen. Dann pfiff sie leise durch die Zähne. Ein Pfiff der, wie es schien, ein Ruf war. Eigentlich hätte es dieses gar nicht gebraucht, denn Tári kommunizierte in den Gedanken mit der Tierwelt. Aber hatte sie sich mittlerweile daran gewöhnt dies unter Leuten zu tun. Oft hatte sich ihr Mütterchen erschreckt und der Halbelfe einen Herzinfarkt prophezeit, sollte sie sich noch öfter vor Táris gerufenen Tieren erschrecken müssen. Wen hätte nicht ein kurzer Schock getroffen, wenn er gerade fest in seiner Tätigkeit gehangen war und urplötzlich ein kreischender Falke am Fenstersims landete. Oder aber man gerade nichts Böses ahnendes Wasser aus dem Brunnen schöpfte um dann von einem knurrenden Wolf begrüßt zu werden? Tári hin dessen quietschte dann immer vergnügt und schon startete sie ihren Ausflug hinaus in die Natur.
    "Ihr wollt gleich los?", fragte sie. Und schon raschelte es hinter ihnen im Unterholz und nach einem kurzen Moment kam Celeb hervor und bewegte sich selbstbewusst und geradewegs auf die Halbelfe zu. Sein Fell schimmerte in dem Tageslicht hell und gesund. Die hellen Augen des Hundes musterten Tamrin, die Ohren auf ihn gerichtet und mit der Nase witterte er. Seine Schwanzhaltung entspannte sich und er wendete sich Tári zu, welche bereits auf die Knie gesunken war. Zum ersten Mal seit der Begegnung mit Tamrin wirkten die Gesichtszüge der Halbelfe freundlich und entspannt. Celeb versetzte Táris Backe einen Stoß mit seiner Schnauze zur Begrüßung und so gleich suchte sie den Körperkontakt zu ihm und strich ihm vertraut sein Fell, während er sich an sie drückte. 'Gute Entscheidung…', teilte ihr der große Hund mit. '…du weißt ich bin immer in deiner Nähe.' Tári nickte bestätigend und erhob sich. Kurz ließ sie ihre Hand noch auf seinem Kopf verweilen. Wandte sich aber dann Tamrin zu um zu sehen ob er bereit war… Sicherlich mehr als sie, seufzte sie leise innerlich. Celeb streckte den Hintern in die Höhe und legte sich leicht auf den Vorderpfoten ab um sogleich los zu springen. Sein Signal das er bereit war zurück zu gehen…

  • Tamrin freute sich über ihre Entscheidung und er zeigte das auch offen. "Wunderbar!", nickte er Tári mit fröhlich blitzenden Augen zu. Sein Neuanfang in Nir'alenar schien unter einem guten Stern zu stehen, wenn sogar diese misstrauische Lady Unnahbar bereit war, ihn bei seinen notwendigen ersten Besorgungen zu unterstützen.
    Die Blonde ließ einen Pfiff in Richtung Waldrand ertönen, sprach dieses Mal aber weiter zu ihm. Tamrin's Augen blieben am Waldrand hängen, dennoch antworte er achselzuckend und mit einen Grinsen. "Ja. Ich könnte was zu Essen vertragen. Ihr nicht ?", fragte er etwas uncharmant. Im selben Moment trat ein wirklich großer Hund mit silbergrauem Fell aus dem Wald hervor. Tamrin unterdrückte den Reflex erneut zum Dolch zu greifen – immerhin hatte die Frau offensichtlich jemand oder etwas herbei rufen wollen. Und das Tier wirkte auch in keinster Weise nervös oder gar aggressiv, wie es so auf die Frau zu trottete und ihn selbst dabei betrachtete. Ja, betrachtete. Im Gegensatz zu der Frau scheute er den Augenkontakt nicht und Tamrin hätte geschworen, dass diese Tieraugen seinen forschenden Blick erwiderten und sie gegenseitig abzuschätzen versuchten, was vom Gegenüber zu halten war. Noch erstaunlicher aber war das Gebaren der blonden Frau. Ihre Gesichtszüge wurde weich und zeigten unverhohlene Freude während sie in die Knie sank und das Ungetüm von Hund herzte und liebkoste, als hätte sie unverhofft einen seit 10 Jahren verschwundenen Freund wieder getroffen. Der große Hund hingegen drückte seine Schnauze an ihre Wange als wolle er sie ermutigen. Tamrin's Kopf neigte sich bei dem Anblick ein wenig zur Seite und er wäre nicht der Sohn seines Vaters gewesen, wenn ihm dabei nicht bewusst geworden wäre, dass dort – unsichtbar - noch etwas anderes vonstatten ging als ein reines Begrüßungsritual. Aber Tamrin war noch zu jung und es fehlte ihm die Erfahrung und auch die Emotionslosigkeit seines Vaters, der sein Leben lang unablässig fremde Personen und Geschöpfe analysiert hatte, um hier das Richtige zu treffen. So entwischte ihm der Gedanke, dass es mit ihrer Entscheidung zusammen hängen musste, bevor er ihn richtig zu fassen bekam. Was er aber registrierte, war, dass Tári's Hand unnötig lang auf dem Kopf des Hundes verweilte, als sie sich ihm wieder zu wandte. "Einen prächtigen Hund habt Ihr da.", lobte Tamrin artig. Er hatte nichts gegen Tiere aber besondere Zuneigung brachte er ihnen auch nicht entgegen. "Kommt, ich verhungere.", forderte er die Blonde schelmisch auf und wandte seine Schritte endlich den Mauern der Stadt zu. Der Hund sauste in fröhlichen Sätzen an ihm vorbei in die gleiche Richtung. Anscheinend ist er entscheidungsfreudiger als seine Besitzerin, dachte Tamrin schmunzelnd und verhielt seinen Schritt, bis die Frau auf seiner Höhe angelangt war. Gut gelaunt betrachtete er sie unverblümt von der Seite, während sie nebeneinander herschritten.

    .................


    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Ein wenig berührte sie die Freude welche er ausstrahlte, dass sie mit ihm kommen würde. ‘Aber natürlich freut er sich darüber, das wird es ihm unter Umständen einfacher machen sich zurecht zu finden. Wer würde sich da nicht freuen?‘, dachte sie bei sich.
    Auf das Lob des Mannes hin hob Tári eine Augenbraue, er sprach etwas aus was offensichtlich war. Dieses Gebaren kannte sie, die Kunden ihres Vaters wollten immer hören wie toll und prächtig ihre Tiere seien und wenn es noch solche Schindmären gewesen waren. DAS war nicht ihre Welt. Auch wenn sie besser als jeder andere ein ausgezeichnetes Tier erkannte. Von ihr gab es solche Worte nie für etwaige Tierbesitzer. „Ja das ist er.“, sagte sie neutral.
    Auf seine Aufforderung hin seufzte sie leise und setzte sich in Bewegung. Hatte sie doch eigentlich alles dabei und würde ein Essen im Freien einem Gasthaus jederzeit vorziehen. Sie holte zu Tamrin auf und ging neben ihm her während Celeb hin und her hüpfte. Dann einer Spur folgte um im Galopp wieder zu ihnen aufzuholen.
    Sie spürte die Augen des jungen Mannes neben ihr immer wieder auf ihr ruhen dennoch suchte sie auch weiterhin nicht den Blickkontakt. „Ihr spracht von Fragen? Wollt Ihr noch Weitere stellen?“

  • Ein wenig verwirrte den jungen Mann Tári's knappe Antwort zu dem Hund. Vor dem Hintergrund dieser überschwänglichen Begrüssung hatte er irgendwie damit gerechnet, dass dies ein Thema sei, bei dem sie etwas redseliger werden würde. Ein Irrtum - sie war noch einsilbiger. Um so erstaunlicher, dass sie ihn aufforderte, seine Fragen zu stellen. Er war sich darüber im Klaren, dass sie dabei an Fragen zu Nir'alenar dachte. Aber wenn man sich nicht genau ausdrückte ...... "Warum lehnt Ihr eine Bezahlung Eurer Bemühungen ab, Tári ?", fragte er deshalb, was ihn im Augenblick mehr interessierte. "Seht, wenn ich mir dort in der Stadt jemanden suche, der bereit ist mich zu unterrichten, werde ich auch diese Person bezahlen müssen. Und - mit Verlaub - Ihr wirkt nicht so als wäre es für Euch eine Freude, mich zu begleiten und mir zu helfen. Wenn Ihr kein Geld benötigt - vielleicht kann ich Euch etwas anderes als Entschädigung anbieten ?" Immer noch sah er sie belustigt von der Seite an. Er war noch nie einer Person begegnet, die nie zu wissen schien, wohin sie zuerst wegsehen sollte.

    .................


    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Nach der Frage zur Bezahlung schielte Tári aus den Augenwinkeln hinüber zu dem Mann, welcher neben ihr ging. Sonst zeigte sie keine Regung ob des Themas welches er gewählt hatte. Dennoch kreisten kurz ihre Gedanken da hingehend. Was sollte sie ihm darauf sagen? Die Wahrheit, etwas anderes stand vollkommen außer Frage, aber wie viel davon? "Es ist nicht nötig, dass ihr mich bezahlt. Außer es ist Euer Wunsch. Ich denke Ihr könnt Euer Geld sehr gut anderweitig gebrauchen, als es jemandem zu geben der sich darum nicht sorgen muss.", sagte sie fast schon freundlich. Denn so war es nunmal, dass Geschäft ihrer Eltern lief gut und auch ihre Tante vermittelte immer wieder die edlen Tiere ihrer Familie. Die Letzten hatte sie mit sich gebracht als sie in die Stadt reiste und so erhielt sie aus dem Verkauf einen kleinen Anteil. Sie konnte sich nicht beklagen, es fehlte der Familie an nichts und selbst gab sie nicht viel für sich aus.
    Es sieht nicht so aus als wäre es ihr eine Freude ihn zu begleiten und ihm zu helfen. Es ist das erste Mal seit Längerem, dass sie versuchte, sich auf eine andere Person einzulassen.
    Vor allem seit sie zu ihrer Tante in die Stadt kam. Woher sollte sie also wissen ob es ihr Freude bereiten würde? Es hatte auch nichts damit zu tun, dass sie nicht helfen wollte. An sich half sie gern zumindest wenn sie es konnte und es sie nicht in Bedrängnis brachte.
    "Es hat nichts mit der Begleitung oder Hilfe für Euch zu tun. Es ist eher die Enge der Stadt.", sagte sie knapp und hoffte er würde sich mit dieser Antwort begnügen. Sie war in weitläufigen Ebenen mit Wäldern, Wiesen und auch Hügeln oder gar Bergen aufgewachsen. Platz so weit das Auge reichte. Das hatte sie dort nicht. Sie fühlte sich eingeengt und bekam oft Panik wenn es ihr zu viele Menschen wurden. Bestärkt wurde diese Einengung noch durch die ständigen Predigten ihrer Tante, wie sie sich zu verhalten hatte - was die Etikette verlangte. Sie wünschte sich einfach oft zurück in das kleine gemütlich Häuschen in dem sie weitest gehend glücklich war. Das Mütterchen hatte eine sensible Hand und konnte sie gut lenken ohne dass Tári es zu stark merkte. Aber ihre Tante steckte sie in Kleider welche Tári sehr übertrieben fand und schleifte sie zu den Anlässen zu welchen sie geladen war.
    "Was schwebt Euch als Entschädigung denn vor?"

  • Zum ersten Mal in diesen Gespräche wurde Tamrin etwas ernster. "Ich habe Euch nicht deshalb Bezahlung angeboten, weil ich dachte, Ihr hättet sie nötig. Ich möchte Euch nur nichts schuldig bleiben, wenn Ihr schon die Unliebsamkeit der Stadt in Kauf nehmt, um mir zu helfen." Wirklich seltsam, diese Frau. Minutenlang schwieg sie, die Gelegenheit eines harmlosen, unverfänglichen Gesprächs über ihren Hund schlug sie aus, aber jetzt offenbarte sie etwas, nach dem er gar nicht gefragt hatte. Ob sie sich überhaupt darüber im Klaren war, was sie da gerade verraten hatte ? "Ich habe an keine konkrete Entschädigung gedacht.", gestand er wahrheitsgemäß. "Ich besitze zur Zeit genau genommen auch gar nichts, was ich euch anbieten könnte." Sein unbekümmertes Lächeln war wieder da. "Außer Geld, natürlich. Vielleicht fällt Euch ja noch etwas ein, bis wir uns trennen." Fröhlich sah er sie wieder an und beschloss, sie nicht länger in Verlegenheit zu bringen. Schließlich wollte er wirklich etwas über die Stadt erfahren. "Warum erzählt Ihr mir nicht schon einmal, was es auf dem Weg, den wir nehmen werden, zu sehen geben wird ?", schlug er vor. "Und wie die Stadt aufgeteilt ist. Besonders, wo die Handwerksbetriebe zu finden sind. Oder die Akademie."

    .................


    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!