Eine fremde Welt

  • "Ich denke schon, dass sie dich aussprechen lassen wird. Allein schon damit sie selbst sich sortieren kann. Damit rechnet sie sicherlich nicht." Davon war Tári nach wie vor überzeugt. Auch hatte es noch nie annähernd solche Gespräche zu ihr gegeben. So begann sie Tamrin langsam und Stück für Stück seine kleine Rede zu übersetzen. Wie zuvor schon gelang es dem jungen Mann recht schnell, es flüssig und mit der korrekten Betonung wieder zu geben. Tári war mehr als zufrieden. Allein schon seine Wortwahl würde sicherlich Eindruck auf ihre Tante machen. Tári sah ihn verliebt an. Er strengste sich so sehr an und es war wahrlich alles andere als leicht. Allein schon das Hindernis der Sprache und doch scheute er sich nicht. All das wärmte sie von innen und ließen den Wunsch zu ihm zu gehören noch größer werden, sofern das überhaupt möglich war.

  • Gemeinsam gingen sie Tamrin’s Entwurf durch, Tári verbesserte hier und da ein Wort oder die Aussprache oder machte Tamrin auf eine sprachliche Besonderheit aufmerksam. Am Ende nickte der junge Mann. “Lass uns das auf dem Rückweg noch einmal üben.” Das war nun der einfache Teil der Angelegenheit gewesen. Wie es danach weiter gehen sollte, wussten die Götter. Wie sehr Tamrin auch überlegte, eine wirklich Lösung für das Problem wollte ihm einfach nicht einfallen. Sicherlich würde er verstehen und an dem Gebaren von Tári’s Tante erraten können, wie die Antwort generell ausfiel. Aber damit war es ebenso sicher wohl kaum getan. Die Tante würde Fragen stellen, vielleicht Bedingungen vorbringen, etwas zu Tári’s Eltern oder ihr selbst sagen womöglich oder etwas von seiner eigenen Familie wissen wollen…………
    Nein, er schüttelte entschieden den Kopf. “Du musst nach ihrer Antwort irgendwie dazu stoßen, Tári.” bekannte er. “‘Ja’ oder ‘Nein’ oder ein ‘unter bestimmten Umständen’ werde ich bestimmt verstehen. Aber wer weiß, was Deiner Tante dann einfällt oder vorschwebt ? Vielleicht kann ich sie darum bitten, dass sie Dich rufen lässt ? Weil Du es auch erfahren sollst ?” Sonst blieb wohl wirklich nur noch der Ausweg, dass Tári heimlich mithören musste und einfach unaufgefordert ins Zimmer kam.

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    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • "Machen wir.", stimmte sie dem jungen Mann für die Nutzung des Rückwegs zu. "Ich verstehe.", nickte sie. "Was von meiner Tante kommen wird, kann ich leider so gar nicht einschätzen. Aber bitte sie ruhig darum, dass ich dazu kommen soll. Das Anliegen hast du ihr ja bereits genannt dann und ich möchte auch wirklich sehr gerne wissen was genau sie sagt. Das kann doch nicht unangebracht sein, es geht doch um mich." Tári hob etwas unschlüssig und unsicher die Schultern. "Einiges müssen wir wohl auf uns zukommen lassen oder was können wir vorab noch berücksichtigen?" Sie sah ihn etwas unwillig an. "Wir sollten uns nämlich langsam auf den Rückweg machen. Ich will meiner Tante keinen Anlass zur Verärgerung geben und so sollte ich nicht zu spät Zuhause eintreffen.", sagte sie leise und man merkte, dass ihr es anders lieber wäre.

  • Tamrin zuckte etwas zusammen als Tári so unvermittelt den Rückweg anmahnte - er hatte tatsächlich die Zeit völlig vergessen. Bei ihren sonstigen Verabredungen hatte die allerdings scheinbar auch nie eine Rolle gespielt. “Stimmt schon.” nickte er, allerdings zu ihrer Bemerkung, dass es in seinem Gespräch mit ihrer Tante immerhin um ihr Leben gehen würde. In dieser Dimension hatte er das noch gar nicht gesehen und ein Schauer lief über seinen Rücken. Es war in der Tat irgendwie ein verstörender Gedanke, dorthin zu gehen und nach einer Frau zu verlangen, beinah so wie man ein Pferd kaufen ging. War man sich mit dem Besitzer einig - das Pferd fragte niemand, ob es dort überhaupt sein wollte. “Ich werde einfach darauf bestehen, dass Du geholt wirst!”, bekräftigte Tamrin entschieden eingedenk dieser unangenehmen Parallele, die ihm da in den Sinn gekommen war. “Aber Du hast Recht…” er sah sich um “.. auf keinen Fall solltest Du unnötigerweise den Unmut Deiner Tante auf Dich ziehen. Sie sollte möglichst gut gelaunt sein, dass ist sicher besser für uns.” Kurz sammelte er seine Gedanken wieder ein und sah Tári dann lächelnd an. “Wenn Du die Pferde startklar machst, sammele ich meine Sachen ein, verpacke die Fische und beseitige das Feuer. Was meinst Du ?”

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  • Tári lächelte etwas, als Tamrin sagte er würde einfach darauf bestehen, dass sie dazu käme. "Gut! Machen wir es so.", bestätigte die junge Frau. Sie leerte ihren Becher und begann danach ihre Utensilien einzusammeln, auszuspülen und zu verstauen. Irgendwo zwischen den Bäumen sammelte sie die beiden Pferde ein und stellte sie neben das Sattelzeug. Dort standen sie wie angebunden und ließen sich mit einer Bürste über ihr Fell streichen. Sie hätte sie gern wieder weg geschickt, um doch noch länger zu bleiben. Aber sie hatten auch noch einiges an Weg zu bewältigen. Erst zurück an den Stall und von dort zurück in das jeweilige Zuhause. Tári seufzte leise, als sie die letzten Striche über das Fell machte. Zuerst kümmerte sie sich um Chaska, das kleine falbfarbene Pferd. Ihm zog sie das Halfter mit dem Strick über und legte ihm mit bedachten und sorgfältigen Handgriffen eine der Decken auf, ehe das Packgestell darauf kam. Vorsichtig zog sie es bereits etwas fest, damit es an Ort und Stelle blieb. Mit Kajika ging sie ebenso ruhig und sorgfältig um, nur dass er Zaum und Sattel angelegt bekam. Die Zeit verging irgendwie im Flug, ihre Gedanken kreisten in rasender Geschwindigkeit noch immer über die Themen über welche sie gerade gesprochen hatten. Tári sah etwas verdutzt auf die fertigen Pferde. Hätte man sie gefragt wie sie sie fertig gemacht hatte, sie hätte es nicht beantworten können. Die Handgriffe waren so vertraut, dass sie sich wohl auf ihre Gedanken konzentriert hatte. Sie sah auf und suchte Tamrin, um zu sehen wie weit er war und ob sie noch etwas helfen konnte.

  • Tári wartete noch ab, bis Tamrin ihr seinen leeren Becher reichte, dann machte sie sich nach seinem Vorschlag ans Werk. Tamrin widmete sich zunächst den übrig gebliebenen Fischen und wickelte sie sorgfältig in mehrere der großen Blätter ein, bis er sicher war, dass sie heil im Seeviertel ankommen würden. Erst dann sammelte er alle Reste an Blättern und Essen ein und warf es in die Grube. Zu guter Letzt scharrte er mit seinem Dolch noch die schwelenden Überreste ihres Feuers dazu und bedeckte alles so gut es ging wieder mit der ausgehobenen Erde. Immer wieder huschte sein Blick zu Tári hinüber, weil er von den grotesken Gedanken nicht los kam, dass jemand sie als eine Art Handelsware betrachten und behandeln könnte und fragte sich heimlich, ob er selbst sie wohl einfach verlangen würde, wenn sie ihn gar nicht wollte - vorausgesetzt, er wäre entsprechenden Standes. Dabei war ihm das bislang einfach ganz normal und selbstverständlich erschienen. Es war halt so. Aber nun ?


    Das nächste Unterfangen vertrieb jedoch diese Gedanken. Neugierig leerte er seine Stiefel und musste fröhlich in Tári’s Richtung schauen - sie waren tatsächlich beinah trocken innen drin. Er nahm sie mit zum überhängenden Ufer, säuberte kurz seine Füße und streifte sie dann über, nachdem er zuvor die Socken aus seiner Hosentasche angezogen hatte. Danach sammelte er seine erwartungsgemäß noch feuchten Sachen vom Gras und ging zu Tári und den Pferden hinüber. Das Fischpaket kam in seinen Rucksack. Der Umhang war rasch angezogen und wieder mit seinen Habseligkeiten gefüllt als er zu seiner blonden Gefährtin hintrat, die mit den Pferden ebenfalls so gut wie fertig zu sein schien. “Das war eine prima Idee von Dir.” lobte er sie und streckte ihr zum Beweis einen Stiefel entgegen. “Das hätte ich nicht gedacht. Kann ich Dir noch was helfen ?” Er fragte aus Gewohnheit, denn eigentlich sahen die Pferde schon abreisebereit aus.

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  • "Es hat funktioniert?" Tári sah kurz auf den entgegen gestreckten Fuß und lächelte. "Sehr schön, wieder etwas Neues entdeckt." Nun zog sie endgültig die Gurte nach, legte sich ihre Tasche an und reichte Tamrin die Decke auf der er sitzen würde. "Danke, ich hab alles erledigt." Ihr Blick schweifte über ihre Raststätte. Es sah alles sehr gut aus, fast als hätten sie hier nicht gelagert. "Du auch wie ich sehe. Lass uns einen Baumstumpf suchen. Er erleichtert das Aufsteigen auf das Packgestell." In Gedanken teilte die Halbelfe Celeb mit, dass sie aufbrechen würden, ehe sie sich mit den beiden Tieren in Bewegung setzte. Sie mussten einige Meter laufen aber dann trafen sie auf einen dicken Baumstamm der am Boden lag. Tári drapierte Das kleine Pferd davor, damit ihr junger Begleiter dessen Rücken erklimmen konnte. Als er sicher auf Chaska saß, schwang sie sich auf den Rücken des Dunkelfuchs und ließ ihn nach einem lobenden Streich am Hals antreten. Noch ehe sie den kleinen Forst verlassen hatte trat irgendwo eingeübtes Stück vor ihnen Celeb aus dem Unterholz.
    Alle wieder versammelt, ging es relativ gemütlich der Stadt entgegen. Viel hatten die jungen Leute noch geübt, unterbrochen von etwas schnelleren Galoppstrecken, denn die Pferde wollten auch ihren Spaß.
    Die Stadt und ihre Mauern waren schon von weitem zu sehen. Bald schon würde das Zusammensein für heute enden, schlich es sich in Tári betrübt ein - doch sie verdrängte es, noch war es nicht so weit. Über Wiese und später auch kleine Wege ging es den Stallungen entgegen. Dort angekommen sah man gerade noch den Stallmeister von hinten in Richtung seinem Haus verschwinden zu weit entfernt, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. In Eintracht und mit weiteren Übungen erledigten sie alles was am Stall zu tun war. Sattelzeug sicher verräumen, Pferde überstriegeln, jene mit je zwei Äpfel auf die Koppel entlassen. Schon Stand der Rückweg in die Stadt an und Tári hielt ihrem jungen Begleiter die Hand entgegen.

  • Fast zu schnell kam nun der Aufbruch. Rucksack und Kleiderbündel waren am Packgestell befestigt, er selbst saß zu Pferd auf der Decke und während Tári ihrerseits in den Sattel stieg, blieb ihm nur, etwas wehmütig zu dem Platz zurück zu schauen, an dem so vieles sich verändert hatte und entschieden worden war. Was wohl geschehen sein würde, wenn sie irgendwann noch einmal hier her kommen würden ? Würden sie es überhaupt ...……. ?
    Die Pferde setzten sich in Bewegung. Tamrin konnte sich schon schneller wieder darauf einstellen zu reiten. Vielleicht lag es auch daran, dass er sich nicht so krampfhaft darauf konzentrierte sondern dieses Mal mit Tári nochmals an seinem Antrag feilte. Sogar die Galoppstrecken kamen ihm weniger rasant vor als auf dem Hinweg und fast bedauerte er es, als in der Ferne die wuchtigen Stadtmauern sichtbar wurden. Reiten begann wieder Spaß zu machen.


    Der frühe Abend lag über den Stallungen der Amandils und Tamrin musste Tári nachträglich darin zustimmen, dass es höchste Zeit für den Rückweg gewesen war. Es war doch noch einiges zu tun, bis die Pferde versorgt und wieder auf die Weide entlassen waren. Tamrin bedankte sich bei dem kleinen Falben, auch wenn er keine Ahnung hatte, ob dieser die Worte verstand. Zögernd betrachtete er Tári’s entgegengestreckte Hand, raffte dann aber doch Rucksack und Kleiderbündel zur Seite, um sie ergreifen zu können. Die ganze Zeit hatte er die möglichen Unannehmlichkeiten für sie ignoriert - nun brauchte er nicht mehr damit anzufangen, sich streng sittsam zu verhalten. Viel zu schnell glitt der Weg unter ihnen dahin, schon bald kamen die ersten Häuser in Sicht, die Schutz im Schatten der Stadtmauern gesucht hatten. Hier und da spähte ein neugieriges Augenpaar durch verstohlen zur Seite gezogene Vorhänge - es war Tamrin gleichgültig. Diese Leute hier waren nicht gefährlich für sie. Unweit des Tores hielt er an und stellte seine Sachen ab, um Tári noch einmal an sich zu ziehen und in die Arme schließen zu können. Wie viel schöner wäre es, sie einfach mit sich nach Hause nehmen zu können, dachte er heimlich. “Ich komme heut Nacht und hole die Sachen aus Eurem Schuppen.” raunte er ihr vertraulich dabei zu. “Oder lieber morgen Nacht ? Damit Du auch sicher genug Zeit dafür hast ?”

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  • Hand in Hand beschritten sie nun zu Fuß den weiteren Weg, weg von den Stallungen in Richtung hinein in die Stadt. Celeb trottete langsam hinter den jungen Leuten her, er schien ausgelastet nach diesem Ausflug. Nahe des Tores zog Tamrin die Halbelfe in seine Arme und auch sie schlang die ihren um ihn. Fest drückte sie sich an ihn, sie wollte nicht das dieser Tag endete. Bis übermorgen Abend war noch so viel Zeit die vergehen musste, auch wenn es dann offiziell war. "Ich werde die Sachen gleich heute in den Schuppen legen, ich weiß nicht wie und ob ich morgen dazu komme." Morgen Abend stand eine Veranstaltung an, an der Tári mit ihrer Tante teilnehmen würde. Es würde zu essen geben, sicherlich auch etwas Tanz und diverse Gespräche, was wenn sie es nicht rechtzeitig schaffte die Sachen in den Schuppen zu schaffen? Und auch war die schützende Dunkelheit von Vorteil für sie. "Sicher ist sicher.", wisperte sie und schmiegte ihren Kopf an seinen Hals. Viel zu schnell würde sie ihn los lassen müssen.

  • “Ist in Ordnung!” flüsterte Tamrin zurück, er wollte nicht daran erinnert werden, dass Tári morgen Abend auf einem rauschenden Ball anderen Männern vorgeführt wurde und mit ihnen tanzen und reden würde. Wenn ihm doch nur dieser Vergleich mit dem Pferdehandel nicht eingefallen wäre…..
    “In zwei Tagen lachen wir darüber.” wisperte er ihr und vor allem sich selber Mut zu und legte sacht seine Stirn an ihre. Sie hatte so schöne graue Augen und er hoffte, dass in seinem Lächeln Zuversicht lag und nicht die Nervosität, die sich ganz allmählich aber unaufhaltsam in seinem Magen auszubreiten begann. “Wir verabschieden uns hier schon mal, hm ?” Es war mehr Feststellung als Frage, sie mussten ihr Glück nicht so kurz vor dem Ziel erneut herausfordern. Sacht drückte er seine Lippen auf Tári’s Stirn, drückte sie noch einmal fester an sich und ließ sie dann schleunigst wieder los, bevor der erwachende Vulkan in ihm der schlagartig aufsteigenden Hitze und dem Druck nicht mehr standhalten können würde.

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  • "Ja.", sagte sie sehr leise und legte all ihre Hoffnungen in diese Vorstellung. Auch wenn sie noch immer daran glaubte, dass ihre Tante Freudensprünge machen würde, wenn Tamrin seine Bitte vortrug. Der Blick in seine tiefgrünen Augen beruhigte sie etwas, auch wenn es über den baldigen Abschied nicht hinwegtröstete. Nun galt es wirklich keine weiteren 'Fehler' zu machen und so drückte Tári sich wortlos fester an Tamrin, seine Lippen auf ihrer Haut hinterließen ein hitziges Gefühl dort zurück und sie strich ihm liebevoll über die Brust, als sie sich dann rasch voneinander lösten. Es wallte leise durch sie hindurch. 'Bald.', beruhigte sie sich selbst. Ihre Stimme war etwas belegt, als sie ihr Wort erhob "Tamrin, deine Tunika...?", erinnerte sie ihn, noch ehe sie durch das Tor schreiten konnten. An jener wollte sie die Größe für die geliehenen Kleider bemessen.

  • Tamrin hatte sich schon nach Rucksack und Kleidern gebückt als ihre leise Stimme ihm wieder ins Gedächtnis rief, dass sie ja etwas brauchte, um auch einigermassen die richtige Größe bei den Kleidern zu treffen. Unschlüssig ging sein Blick zwischen Bündel und sich selbst hin und her ………. bis seine Augen verunsichert Tári wieder suchten.
    “Nass oder trocken ?”, fragte er vorsichtshalber.

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  • Der junge Mann schien zu überlegen, was er ihr genau mitgeben sollte. Und seine Frage erklärte seine Gedanken. "Trocken.", antwortete Tári ihm. Er sollte sein Hemd mit den anderen Sachen zurück erhalten und nass wollte sie es nicht zu den anderen Sachen geben.

  • Tamrin nickte ergeben und ließ den Riemen des Rucksacks fahren, den er schon in der Hand gehalten hatte. Zögerlich glitten seine Hände zu der silbernen Schnalle seines Umhangs knapp unter den Schlüsselbeinen. Eigenartig, wie die Dinge sich veränderten. Die ganze Zeit über hatte er sich gar nichts dabei gedacht, Tári ohne Tunika zu begegnen - und jetzt, unter ihrem prüfenden direkten Blick, wollten sich ihm beinah die Wangen röten, bei dem Gedanken, sich bewusst vor ihr zu entblößen.
    Völlig verrückt. Der Umhang fiel von seinen Schultern und Tamrin legte ihn kurz auf dem Rucksack ab. Zog dann die Tunika unter dem breiten Gürtel hervor und direkt weiter über seinen Kopf, bevor er noch mehr ins Überlegen kommen konnte. Die Verlegenheit verursachte ihm eine Gänsehaut, als er Tári das Kleidungsstück hin hielt und dann sogleich hastig sein Bündel nach dem noch nassen Hemd durchforstete. Flink streifte er es über und erschauderte unter dem kaltnassen Stoff nun erst recht. Zum Glück konnte er sich unter seinen Umhang flüchten. Nachdem alles wieder saß, wie sein sollte, drehte er sich zu Tári. “Gehen wir.” nickte er und gemeinsam gingen sie auf das Stadttor zu, um es zu durchqueren.

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  • Der junge Mann wirkte fast etwas schüchtern, als er sich erst des Umhangs und dann der Tunika entledigte. Tári hatte ihre Augen auf ihn gerichtet und betrachtete ihn genau. Es gefiel ihr, was sie sah und etwas abwesend aber dennoch sorgsam, legte sie das Hemd zusammen und verstaute es in ihrer Tasche. Den Schauer, der die Haut ihres Begleiters überzog, hätte sie zu gerne unter ihren Fingerspitzen gefühlt. Viel zu schnell war er wieder angekleidet und stimmte zum Aufbruch. Innerlich seufzte sie ungeduldig, nickte ihm aber zu. Sie passierten das Stadttor, den Markt auf dem noch reges Treiben herrschte, bis hin zu der Kreuzung an der sie sich des Morgens trafen. Viel zu schnell war der Weg unter ihnen dahingeflogen und nun würden sie sich hier trennen. Leises Bedauern stieg in ihr auf.
    "Danke.", sagte sie ohne zu erwähnen wofür. Es gab so viel, wofür sie dankbar war. Er hatte ihr heute nicht nur ein Versprechen gegeben und er hatte ihr einen Ring an den Finger gesteckt. Einen besonderen Ring. Ihr blick verweilte einen kurzen Moment auf jenem. "Hab einen schönen Abend und gib gut auf dich acht.", sagte sie leise und versuchte sich an einem Lächeln.

  • Noch nie war Tamrin der Rückweg zur Kreuzung so kurz erschienen und im Gegensatz zu sonst, wo er immer gern durch die belebten Straßen strich und die vielen fremden Gesichter des bunten Markttreibens neugierig betrachtete und den Stimmen in der fremden Sprache lauschte, argwöhnte er dieses Mal in jedem Augenpaar, dass ihm gefühlt ein wenig zu lange auf Tári und ihm verweilte, Klatsch und Tratschbekanntschaften ihrer Tante. So war es in jeder Hinsicht ein Spießrutenlauf, denn andererseits wollte er Tári gar nicht schon gehen lassen. Und doch kamen sie an der Abzweigung zum Haus der Amandils an. Auf Tári’s ‘Danke’ schüttelte Tamrin den Kopf und sah nun doch in höchst unschicklicher Weise lächelnd tief in diese grauen Augen hinein. “Die wundervollste Frau hat eingewilligt, meine Frau zu sein. In zwei Tagen werde ich der glücklichste und reichste Mann in dieser Stadt sein. Eigentlich bin ich es schon längst.” brach es leise aus ihm hervor. “Wenn überhaupt habe ich dankbar zu sein, dass Du ihn angenommen hast.” Sein Kinn nickte fast unmerklich in Richtung des silbernen Rings an Tári’s Hand. “Es werden zwei grauenvolle Tage werden.” prophezeite er wehleidig. “Aber ich weiß, dass es nicht anders geht und dass es sich lohnt, sie auszuhalten. Komm gut nach Hause ….. Liebste.” Das letzte Wort flüsterte er fast unhörbar, eigentlich bewegte er mehr die Lippen als dass er es wirklich aussprach.

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    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Auch wenn sie sich vor den Toren gerade noch in den Armen gelegen waren, war es nun schrecklich für sie, diese Distanziertheit, die sie für andere wahren mussten. Tamrin hatte Recht, es würden zwei grauenvolle Tage werden auch für sie und sie nickte sacht. "Es gibt nichts was ich mir sehnlicher wünsche.", wisperte sie und schenkte ihm ein leichtes Lächeln, ehe sie sich auf den Weg machte.


    --> Im Haus der Amandils

  • Tamrin sah ihr noch ein paar Augenblicke nach, wie sie die erheblich unbelebtere Straße zum Haus ihrer Tante hinauf ging, der große graue Hund an ihrer Seite. So schwer war es noch nie gewesen, sie gehen zu lassen und Tamrin klammerte sich innerlich daran, dass es so auch das letzte Mal gewesen sein würde. Nur noch zwei Tage. Das musste möglich sein. Und bislang war in dieser Stadt eigentlich noch kein Tag vergangen, an dem rein gar nichts geschehen wäre, was seinen Geist oder auch seinen Körper nicht beschäftigt hätte.
    Schließlich wand er sich doch um und der Gasse zu, die beinah in die entgegengesetzte Richtung führte. Und während Tamrin sich durch die engen Gassen des Seeviertels mit seinem Schmutz, seinen durchdringenden Gerüchen und seinen vielen verschiedenen Bewohnern zu seinem Zuhause drängte, fragte er sich unwillkürlich, wie die Welt wohl aussehen würde, in der Tári und er in Zukunft leben würden.


    <------- Ein Zimmer im Seeviertel .....

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    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

    Einmal editiert, zuletzt von Tamrin ()

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