Das Haus & Stallung der Amandils

  • In ihrem Inneren war die blonde Halbelfe über alle Maßen verwirrt, überfordert und nun riss auch noch die Verlockung, welche sie nun lange schon nicht mehr so stark spürte, heftig an ihr. Die Natur rief nach ihr, als wüsste sie gerade um ihre Unsicherheit. Den Fluchtgedanken, den sie hegte. Tröstlich lockte sie sie, würde sie empfangen, wie so oft schon. Sie schützen vor solcherlei verwirrender Gefühle. Dort müsste sie sich nicht bemühen ihr fremde Gepflogenheiten zu erlernen und zu berücksichtigen, dort könnte sie frei sein, wild sein... und genau das war das Problem. Deswegen hatte sie ihr Versprechen gegeben. Es bestand eine andere Gefahr, dort draußen. Sie könnte verwildern, könnte zu einem der Wesen werden, von welchen manche Jäger in Tavernen erzählten. Ein humanoides Wesen, bar jeder Menschlichkeit...

    Dennoch hatte Tári überhaupt keine Lust über die Nachfrage des jungen Mannes auch nur ansatzweise nachzudenken. Sie war hin und her gerissen, zwischen all dem, was gerade in ihr wogte. Aber dann spürte sie, wie sich die warmen Hände des jungen Mannes, um die ihren schlossen. Ansehen sollte sie ihn. Stur weigerte sie sich, ihren Blick zu ihm umzuwenden und reckte das Kinn eigensinnig in die andere Richtung. Sie wollte nicht... Wenn ihm diese Frau so gut gefiel... Tamrin begann zu sprechen und irgendwann dann, wand sie doch zögerlich ihren Kopf und sah ihm eisern in seine grünen Augen. Er war vor ihr in die Knie gegangen und sah sie aus offenen und ehrlichen Augen an. Je länger sie ihn ansah umso mehr beruhigte sich ihre Gefühlswelt, um so leiser wurde der Ruf, welcher sie lockte. Ihre Gedanken eilten um das was Tamrin ihr versuchte zu vermitteln. Er fand diese Frau wunderschön und elegant, aber das war es nicht, was er an ihr bewunderte...? Liebte sie nicht...? Sie kam sich so albern vor, fast erkannte sie das Verhalten, welches ihre Schwester schon an den Tag gelegen hatte, an sich wieder. Bei dieser Erkenntnis erhitzen sich ihre Wangen und sie unterbrach den Blickkontakt. Was hatte denn nun das Wort Liebe hier zu suchen?, fragte sie sich verzweifelt. Dennoch löste sich die innere und äußere Anspannung in einem leichten Zittern. Ihre Fäuste öffneten sich auch langsam in den Händen des jungen Mannes. Aber sie blieb sprachlos. Was sollte sie Tarmin dazu sagen? Sie ließ ihren Kopf von seinem Blick abgewandt. . "Nein?", fragte sie zögerlich und flüsternd. "Warum nicht?", wollte sie verunsichert von ihm wissen.


    Er erzähle ihr von einer wunderschönen, eleganten, wortgewandten, raffinierten Frau, welche sich für schöne Dinge interessierte. Kleidung, Schmuck, sicherlich auch, wie man sich für einen Grafen zurechtmachte und Reichtum. All das würde sie nie sein. Nie sein wollen. Er hegte Bewunderung für sie, aber entstand aus Bewunderung nicht vielleicht Liebe? 'Was wird sein, wenn er mich nicht mehr braucht?', diese Frage stellte sie sich stumm, was ihre Augen glasig werden ließ.
    Noch mochte er Sprachbarrieren haben und sich hier nicht auskennen. Was ihn zwangsläufig mehr oder weniger an sie band. Aber das war in absehbarer Zeit sicherlich nicht mehr von Belang und er würde sich in dieser Welt wie in der seinen bewegen. Konnte sich mit solchen Frauen, welche Bewunderung durch ihn fanden, umgeben.
    Tári mochte Tamrin, mehr als das und dadurch entstand die unbestimmte Angst, dass sie ihm nicht mehr genügen würde. Es war eine Frage der Zeit.
    Sie sah es vor ihrem inneren Auge, wie eine leichte Eisfläche den See im Winter abschottete und wenn die Zeit zum Frühling hin gekommen war, würde jene in Millionen kleine Teile zerspringen und es wird sein als wäre nie etwas gewesen... Besser jetzt als später...

  • Nicht einen Wimpernschlag lang löste Tamrin den Blick vom Gesicht seiner blonden ....... Freundin. Ja, es war das richtige Wort dafür. So zufrieden er auch immer noch mit seiner Entscheidung war, es wäre ein sehr bitterer und harter Beginn in Nir'alenar geworden, wenn er nicht ausgerechnet Tári vor die Füße gesetzt worden wäre von Cûrudan. Es erschloß sich ihm immer noch nicht, warum sie das alles überhaupt so tat oder was sie in ihm sehen mochte. Aber in einem war Tamrin sich sicher: Was für Tári eine Vorteilsnahme war und die Einlösung einer persönlichen Schuld erforderte, wäre für jede andere Person, die er kannte, ein großer Witz gewesen. Tári kennenzulernen war nicht weniger spannend und überraschend, wie Nir'alenar kennen zu lernen - jeden Tag offenbarten beide ihm Neues. Er brauchte sie, das abzustreiten wäre töricht gewesen, aber - und das wurde dem jungen Mann in diesen Augenblicken klar - es war Tári's immer vorhandene Bereitschaft, für ihn da zu sein, welche ihm das Gefühl von Heimat in der fremden Stadt verschaffte. Und wenn das nicht Freundschaft war ? Was war es denn dann ?


    Aber jetzt gerade war von Freundschaft nicht so viel zu spüren, ganz im Gegenteil. Es war mehr als beängstigend, Tári so zu sehen. Sie starrte ihn an als wolle sie ihm am Liebsten die Kehle zerfetzen mit den zitternden Fäusten. Tamrin versuchte zu ergründen, was in ihr vorgehen mochte. Eifersucht, hatte er gedacht. Aber rasend wütend wirkte sie eigentlich gar nicht. Eher ... lauernd ... in die Enge getrieben, als würde er sie irgendwie bedrohen. Nur hatte er keine Idee, womit.
    Gerade errötete sie wieder und sah augenblicklich weg, mit verzerrten Gesichtszügen. Dennoch spürte er überdeutlich, dass sich die kleinen klammen Hände wie in Zeitlupe unter seinen eigenen Händen öffneten. Behutsam faltete er seine Finger um sie herum, sie mußten doch wieder warm zu kriegen sein irgendwie, seufzte es leise in ihm.


    Tári's halb geflüsterte, halb geknurrten Fragen brachten Tamrin ordentlich aus dem Konzept und liessen ihn für einen Moment sprachlos werden. Er hatte sich innerlich auf eine völlig andere Gesprächsrichtung vorbereitet - eine unangenehme, in der man kein einziges falsches Wort sagen durfte ohne dass ein Wutausbruch - oder Klauen - über einem hereinbrach. Wie kam sie nur immer auf so etwas ? "Nun...", begann er stotternd und sein Blick ging in die Ferne, auch wenn er nach wie vor auf Tári zu liegen schien.. "... ich weiß auch nicht so recht ......" Wie antwortete man auf Fragen, auf die man die Antworten mehr erahnte als sie wirklich zu kennen ? ".... ich glaube...... " er holte zittrig Luft ".... ich glaube, das ist einfach zu wenig." Scheu sah er sie wieder bewußt an. "Es läßt mich innehalten. Es ist ein Vergnügen, es zu sehen und es zu bewundern." kam es zögernd und nachdenklich aus seinem Mund. "Aber es ist nicht das, was ich fühle, wenn ich träume und nicht das, was ich mir vorstelle, wenn Wünsche und Hoffnungen auf eine Zukunft gerichtet sind.".
    Sanfte Röte war auf Tamrin's Wangen aufgezogen und zeigten an, wie schwer es ihm viel, die Ahnungen seine Unterbewußtseins in Worte zu fassen. Er konnte sich nicht erinnern, zuvor schon einmal auf diese Weise darüber nachgedacht zu haben.

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    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Auch wenn die blonde Halbelfe noch immer mit ihrem verwirrenden Gefühlschaos kämpfte, lauschte sie aufmerksam den Worten es jungen Mannes. Sie bemerkte, dass es ihm nicht leicht fiel, ihr auf ihre Fragen zu antworten. All die Dinge, die er an der Diebin beschrieb, waren zu wenig um sie lieben zu können...? Na ja er kannte sie auch nicht...noch nicht...? Aber es war nicht das, wovon er träumte...? Aber was war es dann? fragte sie sich unwillkürlich.
    Tári traute sich nicht an die Zukunft zu denken. Sie wusste einfach nicht, wohin sie gehörte. Und nun war da diese Angst...diese Vorahnung, die sich in ihr auszubreiten begonnen hatte. Eine Frage der Zeit, nickte sie innerlich.
    Sie hatte nun doch den Blick von Tarmin wieder gesucht, er war fragend und unsicher. Aber sie wollte keine Frage mehr zu der Diebin stellen, auch wenn seine Worte ihr wehgetan hatten. Kein Tritt, kein Kratzer, kein Biss - aber es schmerzte trotzdem.
    "Es war dumm von mir so zu reagieren.", sagte sie leise und schuldbewusst. Sie wusste, dass es dumm war und unangebracht. Verhindern hätte sie es dennoch nicht können. "Diese Frau, von der du gesprochen hast... Sie ist so anders als... als... als ich... Ich habe Angst... Es wird die Zeit kommen, in der du mich nicht mehr brauchen wirst. Und dann... Und dann...", sie verstummte blickte nur kurz zu dem Anwesen des Grafen. Vielleicht war die Frau von der Tamrin erzählte gerade dort, oder der Graf dachte bewundernd an sie... 'Und dann wirst du mit den Frauen ,die du bewunderst sprechen und erkennen, dass sie dir vielleicht viel besser gefallen und vielleicht nützlicher sind...'

  • Tári hatte den Kopf wieder zu ihm hin gewendet, widerstrebend, als ob es sie es selbst gar nicht wollte und sah in mit misstrauischen, verängstigten Augen an. Noch mehr als zuvor ähnelte sie einem verstörten Tier, dass sich zitternd und gelegentlich fauchend in eine Ecke drückte, weil ihm der Fluchtweg abgeschnitten war und es der Bedrohung unmittelbar vor sich nicht über den Weg traute. Es versetzte Tamrin einen Stich ins Herz, sie so zu sehen. Und es überraschte ihn, dass sie wider Erwarten doch zu sprechen begann. Als Tári's Augen zu dem prächtigen Anwesen hinüber gingen, drehte auch er den Kopf ein wenig zur Seite und dachte über das nach, was sie so leise und mit erstickter Stimmer hervorgestossen hatte.


    Recht hatte sie. Nicht nur diese schöne Diebin - überhaupt waren die allermeisten Personen anders als Tári. Ironie und andere Bedeutungen hinter dem Gesagten verstand sie meist nicht und gesellschaftliche Konventionen schien sie für überflüssig zu halten. Und trotz der kurzen Zeit, die er sie erst kannte, hatte sie ihn damit schon mehrmals zum Schmunzeln gebracht oder ihm hier und da auch einen unbändigen Schrecken eingejagt. Nein - das große Spiel der Häuser - wie sein Vater es nannte - war nicht Tári's Welt. Es machte Tamrin etwas nachdenklich, mit welcher Selbstverständlichkeit man sich dem anpasste und permanent auf der Hut war, jedes Wort daraufhin überprüfen musste, ob der Sprecher es nun ernst und aufrichtig meinte oder etwas ganz anderes damit sagen wollte. Es war oft anstrengend und ermüdend, manchmal enttäuschend - und dennoch machte man es mit, weil das Zusammenleben nun einmal so funktionierte und jeder immerzu auf der Hut davor war, durch Worte oder Taten verletzt zu werden. Tamrin lächelte in Gedanken ein wenig verzagt. Das musste man bei Tári jedenfalls nicht. Und eigentlich .... mochte er das. Vielleicht nicht gerade in dem Moment, wenn sie mit gebleckten Zähnen kurz davor war auf übellaunige Empfangsdamen loszugehen oder ihn in irgendwelchen Strohhaufen in bodenlose Verwirrung stürzte. Aber ansonsten war es eher eine Erholung nicht über jedes Wort nachdenken zu müssen, um heraus zu finden, was WIRKLICH gemeint gewesen war - nachdem er selbst es endlich begriffen hatte jedenfalls.


    Er wendte den Kopf wieder und sah Tári an, auch wenn ihr Blick immer noch auf das Anwesen gerichtet war. "Es war über alle Massen dumm von Dir.", nickte er lächelnd. "Ich brauchte Dich und brauche Dich immer noch, dass ist wahr." Sehr behutsam und vorsichtig nahm er ihre gefangenen Hände auf und legte sie auf einer Seite an seine glühende Wange. "Aber ich bin nicht so häufig mit Dir zusammen, weil ich Dich brauche, Tári, sondern weil ich es mag und mich wohlfühle, wenn Du bei mir ist. Und das wird sich nicht ändern, ganz egal, wie viele andere Leute ich kennenlerne."

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  • Tamrin bestätigte ihr die eigene Erkenntnis und erneut röteten sich leicht ihre Wangen. Es war doch etwas anderes, es nochmal von seinem Gegenüber zu hören. Auch wenn man es selbst bereits zugegeben hatte. Sie wäre gerne im Erdboden versunken für einen Moment. Warum war es auch so schwer, all das zu verstehen? Ihr blick wanderte langsam wieder zurück, als der junge Mann ihre Hände nahm und an seine Wange legte. Wie warm sie war, viel wärmer als seine Hände es gewesen waren. Ihr wurde dadurch klar wie kalt sich ihre Eigenen anfühlen mussten. Die Angst hatte ihr wohl die Wärme aus dem Körper getrieben, zum Teil zumindest. Seine Worte waren Balsam für den Schmerz, den sie empfunden hatte und auch wärmten sie sie von innen heraus. Sie glaubte ihm das so. Ohne es hinterfragen zu müssen oder zu wollen. Er war immer ehrlich mit ihr gewesen. Und ja er brauchte sie vielleicht, aber sicherlich hätte er es auch nach ihrem ersten gemeinsamen Tag anders haben können. Sie war nicht gleich freundlich zu ihm gewesen, nein sie hatte ihn misstrauisch beäugt und ihm recht bald gezeigt, dass sie ... anders war. Sehr sogar.
    Dennoch hatten sie sich nun öfter getroffen und nicht einmal hatte er von ihr verlangt, dass sie sich benehmen sollte. Wenn sie knurrte, knurrte sie und es folgte kein pscht oder muss das denn sein. Nein, sie konnte bei ihm sein, wie sie war. Die junge Frau seufzte leise und blinzelte den sich bildenden Tränenfilm in ihren Augen fort so gut es ihr gelang. Die restliche Anspannung viel von ihr ab. "Das Gleiche fühle ich auch.", sagte sie leise. Ihr Blick viel auf die Hände an seiner Wange und ein sehr zaghaftes zittriges Lächeln erschien langsam auf ihrem Gesicht. Wie wohltuend es doch war. "Mir ist so kalt...", fröstelte sie leise.

  • Tári's Wangen röteten sich bei seinen Worten noch mal, aber ihre Stimmung kippte. Tamrin spürte, dass ihr ablehnender Widerstand sich auflöste und er sah es auch an den Tränen, die in ihren Augen aufstiegen. Ihr ganzer Körper wurde weicher und nachgiebiger, auch wenn sie so stark zu zittern begann, dass das Lächeln auf ihren Lippen kaum als solches zu erkennen war.
    Mitfühlend sah er sie an, erhob sich langsam und zog sie an den Händen behutsam hinter sich her in die Höhe, um sie fest in die Arme zu schliessen. Langsam aber fest streichelte er ihren Rücken und bettete ihren Kopf an seine Schulter. Tári's heftige Reaktion jagte ihm ein wenig Angst ein. Der schmale Körper war tatsächlich klamm vor Angst, und das wegen einer .... nun, Sache, die eigentlich eine Lappalie war. Äußerungen, über die er so genau gar nicht nachgedacht hatte.
    Was ging da nur Eigenartiges vor in Tári's Leben, dass sie sich so sehr davor fürchtete, dass er keine Zeit mehr für sie finden könnte, weil er den Kontakt zu anderen Personen vorziehen würde. Verschwinden würde. Gedacht hatte er das. Ganz zu Anfang. Aber irgendwie ... hatte sich es sich nun doch ganz anders entwickelt und ließ Tamrin leise schmunzeln. "Alles ist gut.", flüsterte er leise in Tári's wirre blonde Haare hinein. "Du musst keine Angst haben." Es war schön, sie so im Arm zu halten. Nicht nur sein Kopf und seine Sinne mochten das, auch sein Körper genoß es, auch wenn sogar der anscheinend auf ihren Zustand Rücksicht nehmen wollte, denn er quittierte die spürbaren Rundungen nur mit angenehmer Wärme, die aus der Körpermitte heraus strahlte und mit ihr jedes noch so hinterste Eckchen seines Inneren auszufüllen schien. Es war nichts Aufreibendes oder Elektrisierendes daran.
    Tamrin merkte erst, dass er die Augen geschlossen hatte, als er sie wieder öffnen musste. Das Tageslicht schwand bereits dahin. Wie lange standen sie schon so da ? "Ich bring Dich jetzt nach Hause, ja ?", wisperte er in Tári's Ohr irgendwo unter der goldenen Haarflut hinein.

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    Einmal editiert, zuletzt von Tamrin ()

  • Der junge Mann richtete sich zu seiner vollen Größe auf und zog auch Tári auf die Beine. Ihre Glieder fühlten sich steifer an, als sie hätten sein dürfen. Immerhin war sie nun nicht so lange gesessen, als sie auf Tamrin gewartet hatte. Dann war es wohl der Aufruhr, welcher dafür verantwortlich war. Fest legten sich die Arme von Tamrin um sie und seine Hand strich ihr über den Rücken. Es tat so gut und lies sie wohlig durchatmen. Froh den Kopf an seine Schulter legen zu können, denn die gesamte Szene war ihr doch noch immer etwas unangenehm ... irgendwo. Aber wieder einmal rügte er nicht, wie es sonst all die anderen taten. Ihre Händen suchten Halt an ihm an seinem Umhang. Von Moment zu Moment fühlte sie sich etwas besser. Seltsam, wie selbstverständlich es mittlerweile war, dass er da war. Und wie wohl sie sich bei ihm fühlte. Ja er hatte recht, alles war gut, wenn sie ihn nur nicht wieder verlieren würde. Denn sie wusste, egal wo sie selber wäre, es wäre immer schöner mit dem 'Fremden der viel Lacht' an ihrer Seite. Ob so etwas Freundschaft war ...? Sie hatte nie Freunde gehabt. Zu eigen war sie in ihrer Art oder zu abgeschottet ohne, dass sie es bereut hatte. Aber nun hier ...? Und es war so anders als die Verbindung mit Celeb...
    Sie kuschelte ihren Kopf leicht an seine Schulter. Immer mehr breitete sich die Wärme von innen heraus aus. Er hätte sie ihretwegen noch länger festhalten dürfen. Bei dem Gedanken konnte sie endlich wieder leicht schmunzeln. Aber die Zeit blieb nunmal für sie nicht stehen und sicher hatte Tarmin noch mit der Nachricht für die Lady Acai zu tun. Auch klang nach Hause gut und vielleicht ein heißes Bad ...? Sie nickte sacht an seiner Schulter.

  • Noch einige Male strich Tamrin ihr voller Zuneigung über den Rücken. Bis zuletzt war er sich nicht ganz sicher gewesen, dass diese Situation eine so friedvolle Auflösung finden würde und sich die widerborstige defensiv-aggressive Raubkatze in das anschmiegsame Kätzchen verwandeln könnte, dass sich gerade in seine Arme schmiegte. Wer hätte gedacht, dass seine sonst so überlegene Lehrerin, die ihm in dieser fremden Stadt immer und überall unter die Arme gegriffen hatte, so verletzlich sein könnte. "Dann komm!", sagte er und löste die Umarmung gefühlvoll aber mit leisem Nachdruck auf. Flink schlüpfte er aus seinem Umhang heraus und legte ihn Tári fürsorglich um die Schultern. Es war an für sich trotz der fortgeschrittenen Stunde noch gar nicht allzu frisch, aber er wusste, dass ein leichter Schock im Inneren ganz andere Art von Kälte erschuf. Wie selbstverständlich nahm er ihre kleine Hand in seine und nötigte sie sanft zu den ersten Schritten in Richtung von Tári's Zuhauses.

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    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Wohlig, sicher und geborgen fühlte sie sich in den Armen von Tamrin. Anders war es nicht zu beschreiben. Die Umarmung fand ein Ende. Viel zu schnell, klagte sie innerlich. Denn es wurde gleich um einiges kühler für einen Moment. Rasch hatte sie seinen Umhang über die Schultern gelegt bekommen. Ein dankbares leises Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Nach den ersten Schritten Hand in Hand mit dem schwarzhaarigen Mann, welcher ihr den Weg vorgab, ließ sie ihre freie den Umhang halten. Er sollte ihr nicht von ihren Schultern gleiten. Ein paar Schritte mehr und sie hatte sich in den Lauf eingefunden und ging nun neben Tamrin her. Jeder der Schritte tat ihr gut und die Kälte wurde immer weiter aus ihrem Körper getrieben. Kurz schielte Tári zu Tamrin hinüber, ob das heute genug Erlebnisse für einen Tag waren? Hatte er nicht erzählt, wie seltsam sich die Dame benommen hatte, welche ihn empfangen hatte und nun sie selbst... Die blonde Frau erinnerte sich daran, dass er wissen wollte, ob es üblich sei den Boten zu bezahlen. Tári grübelte einige Momente, allein schon um auf andere Gedanken zu kommen, kam es ihr nun doch gelegen. "Du fragtest vorhin ob es üblich sei den Boten als Nachrichtenempfänger zu bezahlen ... meine Tante habe ich schon des öfteren Trinkgeld geben sehen, wenn ihr eine Nachricht überbracht wurde. Aber ob es einen speziellen Anlass dazu gab oder nicht, weiß ich leider nicht.", sagte sie mit immer noch leiser, belegter Stimme. "Und du wirst nun öfter solche Botengänge für Lady Acai machen?"

  • Die ersten Schritte gerieten tatsächlich etwas ungelenk, aber nach und nach fanden Tamrin und Tári in den gewohnten Gang und nach einiger Zeit war auch Tári's Hand langst nicht mehr so kühl wie am Anfang. Trotzdem musste der junge Mann sich etwas zu ihr hinüber beugen, um die immer noch mit angeschlagener Stimme geäusserten Worte seiner blonden Begleiterin zu verstehen. "Trinkgeld ......" murmelte Tamrin seinerseits vor sich hin. Das war eine Idee...... wenn die Nachricht eine besonders Gute war, zum Beispiel. Aber 10 Dukaten !! Andererseits - die Grafen Imarkar waren auch schwerreiche Leute, für die 10 Goldstücke eine völlig andere Summe waren als beispielsweise für ihn selbst. Vielleicht sollte er sich tatsächlich einfach darüber freuen. "Ja. Wenn Tilla Acai damit einverstanden ist, dass mein Schwert und noch zwei Kleinigkeiten in ihrem Laden aufbewahrt werden können, dann wäre ich gern bereit regelmäßig ein paar Botengänge für sie zu übernehmen. Oder andere Arbeiten und Aufträge. Ich weiß nicht genau, was in so einer Pfandleihe anfällt. Tári ? Würde es Dir viel ausmachen, über diese Sache mit dem Grafen nicht zu sprechen ? Lady Acai hat dies nicht ausdrücklich verlangt, aber mir wäre wohler, wenn es nicht herum erzählt werden würde. Ich möchte nicht, dass Lady Acai denkt, ich würde in der ganzen Stadt herum erzählen, was ich bei ihr erfahre."

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    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Fragend erklang der Name der Halbelfe und so sah sie Tamrin an. Selbst ihr war klar, dass es Dinge gab über welche man nicht mit anderen Leuten sprach. Allein schon im Bezug auf sich selbst war sie mittlerweile eher verschlossen und sprach über gewisse Dinge einfach nicht. Nur mit ihrer Familie ... und ... Tamrin gegenüber war sie um vieles redseliger als man es von ihr gewohnt war. Und sie unterhielt sich wirklich gern mit dem schwarzhaarigen Mann.
    Sacht drückte sie die Hand von Tamrin. "Verlass dich darauf, ich werde darüber nicht sprechen.", sicherte sie ihm leise aber dennoch möglichst fest zu. Ratsch und Klatsch waren eh nichts was ihr sonderlich lag. "Mit niemandem.", schob sie mit einem Nicken nach. "Sag mal, hat dich Tilla Acai eigentlich gleich erkannt?", fragte sie leicht neugierig. Die Begegnung war damals bei Perram auch eher speziell, wie sie fand.

  • "Danke ! Das bedeutet mir wirklich viel." antwortete Tamrin mit ehrlicher Freude und drückte dankbar Tári's Hand zurück. Zu ihrer Frage runzelte er die Stirn. "Ich bin mir nicht sicher ....... im ersten Moment ? Immerhin hatte sie gerade Kundschaft ....... aber als es wichtig war, da hat sie sich erinnert. Sie sprach mich dann auch gleich in Elfisch an.", erinnerte er sich an den unglückseeligen Zusammenstoß mit dem Grafen und konnte inzwischen darüber lachen. Mittlerweile hatten sie die Straße, die zum Haus der Amandils führte, erreicht.

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  • Obwohl ihre Unterhaltung nicht so leicht und angeregt war wie auf dem Hinweg zum Grafen, ging der Rückweg nach den ersten Schritten fast wie im Flug vorüber. Alsbald war sogar schon das Haus von Táris Tante zu sehen. Einmal mehr hieß es sich zu verabschieden. Aber morgen war bereits das Tanzfest, auf welchem sie sich treffen würden. "Wichtig?", fragte sie mit noch immer etwas matter Stimme nach. "Dann ist aber gut, dass sie auch Elfisch spricht." Das machte es für Tamrin sicherlich doch um einiges einfacher. Es waren nur noch wenige Schritte. Nahe der Haustüre lies Tári bedacht den Umhang von ihren Schultern gleiten und reichte ihn Tamrin zurück. Nur ungern hatte sie seine Hand los gelassen, aber es nützte ja nichts. "Vielen Dank.", sagte sie leise und lächelte scheu. "Dann noch viel Glück bei Lady Acai, wenn du sie aufsuchst... und wir sehen uns morgen Abend... Ich freue mich schon.", bei den letzten Worten fiel ihr das Lächeln schon wieder etwas leichter.

  • "Ja." nickte Tamrin in der Erinnerung unwillkürlich grinsend, obwohl ihm gar nicht danach zumute war, wo sie schon fast wieder vor Tári's Haustür angelangt waren. "Stell Dir vor: Der Graf hatte mich über den Haufen gerannt und war ausgesprochen erbost darüber. Aber Lady Acai hat ihn wieder besänftigt. Und seine Begleitung auch, übrigens." Die letzten wenigen Schritte und Tári hatte ihre Hand schon aus seiner heraus gezogen, um seinen Umhang von den Schultern zu streifen und ihm auszuhändigen. Tamrin klemmte ihn unter den Arm, neigte den Kopf lächelnd zur Seite und nahm Tári's Hände. "Danke für alles nochmal!", sagte er ernst. "Ich freu mich schon sehr auf das Fest morgen. Und darauf, dass Du dann wieder fröhlich bist, wenn Du lächelst." Er zog sie ein wenig näher zu sich heran, hob eine ihrer Hände vorsichtig an seine Lippen und drückte einen sanften warmen Kuss darauf. Am Allerliebsten hätte er sie noch einmal fest in die Arme genommen - aber so unmittelbar vor den Augen ihrer Nachbarschaft wollte er Tári nicht kompromittieren. Ein Handkuß war da sicherlich unverfänglicher. "Bis Morgen!", verabschiedete er sich, verneigte sich artig und wand sich dann ab, um den Weg zurück zur Marktstrasse zu nehmen. Im Gehen zog er den Umhang wieder um die Schultern .... und schnupperte unwillkürlich ein wenig an dem Stoff. Er roch ein bisschen nach Tári, wie er feststellte und verstohlen hob er abermals den Stoff auf der Schulter zu seiner Nase hin und lächelte dabei.

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  • Aufmerksam lauschte Tári der kurzen Erzählung des jungen Mannes. Innerlich schüttelte sie vehement den Kopf. Dennoch war die junge Frau sehr froh, dass Lady Acai, welche sie in Perrams Laden nicht sonderlich freundlich fand, Tamrin in dieser Situation scheinbar zur Hilfe kam und den Grafen besänftigte. Die Sprache in solchen Momenten nicht zu beherrschen, war wahrlich eine Beeinträchtigung. Was wäre wohl geschehen, hätte sie es nicht getan? Ein Kampf ...? Nein sie wollte nicht darüber nachdenken. Es lohnte auch gar nicht, denn es hatte sich soweit aufgelöst.
    Tamrin hatte bereits seinen Mantel entgegen genommen und ihre Hände gefasst. Sie waren noch immer wärmer als die ihren und sie genoss den Kontakt zu ihm. Tári nickte leise-lächelnd, aber noch ehe sie etwas erwidern konnte zog der schwarzhaarige Mann sie etwas näher und führte eine ihrer Hände an seine Lippen heran. Sie hing mit etwas ungläubigem Blick und großen Augen daran fest, einen längeren Moment lang.
    Hitzig loderte es an dieser Stelle auf und jenes schien ihr sogleich in die Wangen zu schießen. Was für eine seltsame Reaktion, dachte sie so für sich. "Ja ... bis morgen.", antwortete sie mit leicht belegter Stimme. Sie sah ihm noch ein paar Augenblicke nach, wie er in Richtung einer der Hauptstraßen entschwand, ehe sie sich in das Haus ihrer Tante eintrat. Kaum war die Türe geschlossen wurde sie von ihr vertrauter Ruhe empfangen. Die Hausdame und der Buttler hatten sich scheinbar bereits zurückgezogen und ihre Tante war noch immer nicht zurück. Nicht sonderlich ungewöhnlich und somit auch nicht beunruhigend. Tári zog sich in ihr Zimmer zurück. Celeb lies sich auf seinen Schlafplatz sinken und die junge Frau entledigte sich von Tasche und Stiefeln. Ein Bein unter sich auf die Sitzfläche eines großen bequemen Sessels und das andere angewinkelt vor sich auf dem Rand jener, mit einer Decke hatte sie sich dort hineinsinken lassen. Noch immer kribbelte die Stelle hell, an der Tamrins Lippen -fest und doch so samtig weich- ihre Haut berührt hatten. Hauchzart strich sie darüber. Tári war etwas verzaubert davon und lächelte, ohne es verhindern zu können. So wurde ihr immer wärmer ums Herz. Es war ein ganz anderes Gefühl zu den sonstigen Handküssen, welche sie bereits erhalten hatte. Zumeist hatte sie sobald der Blick des Herren, welcher ihr jenen schenkte, sich abgewandt hatte, die Möglichkeit genutzt und ihre Hand an ihrer Kleidung abgewischt um das fast schon unangenehme Gefühl wieder los zu werden. Aber nicht hier, nicht bei diesem Handkuss ...
    Gemütlich kuschelte sie sich in Decke und dem Sessel zurecht. Den Kopf auf ihrem Arm und jener gestützt durch die Lehne immer einen festen Blick auf ihre Hand. Sanft strichen ihre eigenen Atemzüge darüber und hinterließen noch immer ein angenehmes prickelndes Gefühl.
    Kurz hob die blonde Frau den Blick, als sie meinte ein Seufzen vernommen zu haben. Celeb hatte seinen Blick gerade auf sie gerichtet und hätte er Augenbrauen gehabt, hätte er sie bis zum nicht vorhandenen Haaransatz hochgezogen. Er spürte die Gedanken und den Aufruhr in der jungen Frau. Aber Tári wollte dazu gerade nichts von ihm hören und so sank sie noch tiefer in den Sessel hinein warm eingedeckt und auch von innen mit zärtlicher Wärme erfüllt, die Hand an ihr Herz bergend, hing sie dem seltsamen Tag hinterher...

  • --> Fremde Welt - Tag 7 Tagesstart


    Fremde Welt - Fortsetzung Tag 7 -->


    Die junge Frau hatte es nicht sonderlich eilig nach Hause zu kommen. Sie sah sich noch einmal nach Tamrin um, aber sie beide waren schon zu weit von einander entfernt, als dass sie ihn hätte erblicken können. Schlussendlich trat die in das Haus ihrer Tante ein. Der Eingangs- und Wohnbereich waren leer, so ging sie gleich hinauf in ihr Zimmer. Die Tasche bei Seite gestellt wechselte sie ihre Kleidung in ein bequemes Kleid, welches sich für zu Hause schickte. Celeb hatte sich unter lautem Stöhnen auf seine Schlafstelle fallen lassen und sofort die Augen geschlossen.


    Gerade hatte sie ihre zerzausten Haare wieder in Ordnung gebracht klopfte es an der Türe und ihre Tante trat ein "Guten Abend Tári, wie war dein Tag, Liebes?", sie musterte mit einer hochgezogenen Augenbraue die junge Frau, schien aber nichts zu finden was es zu beanstanden gegeben hätte. "Guten Abend Tante. Es war ein schöner Tag für mich und wie war der deine?" Tári hatte nicht vor groß auf Einzelheiten ihres Tages einzugehen und ihre Tante scheinbar bei dem Ihren auch nicht, denn sie winkte nur mit einem leichten Lächeln ab. "Sag Kind, soll Ellaha dir noch etwas zum Abendbrot richten?"Nach dem Geschmack von Tante und Hausangestellte war an Tári einfach zu wenig dran und wann immer es ging wollten sie sie zum Essen bewegen. "Nein, danke. Ich bin nicht hungrig.", verneinte sie, nach Essen war ihr gerade nicht zu Mute. "Gut aber solltest du noch welchen bekommen, lass dir noch etwas richten, ja?" Die junge Frau nickte leicht, auch wenn es nicht nötig war.
    "Nun sag, du warst heute mit dem neuen Pferd unterwegs, wie hat es sich angestellt.", wechselte Tante Dilara dann das Thema und Tári blühte etwas auf. "Oh Tante, er ist ein tolles Tier! Für sein junges Alter sehr anständig und mutig. Seine Gänge werden mit mehr Training ein Traum werden. Glaub mir! Er ist durch und durch ein hervorragendes Pferd." Dilara lächelte zufrieden bei den Worten der jungen Frau. Für ein solches Tier gab es immer einen Abnehmer der viel Geld dafür bezahlte. "Das freut mich zu hören. Ich werde mich schon langsam zurückziehen. Der morgige Tag und Abend wird lang.", erinnerte sie Tári an das anstehende und gab ihr noch rasch die nötigsten Informationen für den morgigen Tag. "Ich wünsche dir eine gute Nacht Tári.", verabschiedete sich Dilara. "Das wünsche ich dir auch, Tante." Danach ließ Tante Dilara die junge Frau allein in ihrem Zimmer und zog sich selbst auf das ihre zurück. Die Gedanken von Tári kehrten, nachdem die Türe geschlossen war, rasch zu ihrem jungen Begleiter zurück und vorsichtig zog sie seine Tunika aus ihrer Tasche hervor. Es war noch Zeit, gleich konnte sie nicht nach der Kleidung sehen und so kuschelte sie sich in einem der Sessel zurecht mit seinem Hemd in ihren Händen.


    Ein Zimer im Seeviertel

  • Tári wartete bis sich jeder auf sein Zimmer für die Nacht zurück gezogen hatte und Stille das Haus erfüllte. Sie hatte noch immer die Tunika von Tamrin in den Händen und schmiegte immer wieder ihr Gesicht hinein. Es roch noch nach ihm und es war fast ein bisschen so als wenn er bei ihr wäre. Celeb schlief noch immer fest auf seinem Platz und seine Laute ließen vermuten, er träumte gerade. So konnte er immerhin seine bissigen Kommentare für sich behalten ... Aber er war ihr Freund und lang schon ihr Begleiter, durch dick und dünn. Mit einem kurzen Lächeln sah die junge Frau zu ihm hinüber, ehe sie auf nackten Füßen ihr Zimmer verließ, die Tunika in den Händen. Rasch und vollkommen lautlos bewegte sie sich und suchte das Zimmer mit der reichlich angesammelten Kleidung. Tári seufzte stumm bei den Bergen an Stoff die sich nun vor ihr befanden. Im Geiste ging sie durch, welche Mode ihrer Tante wohl gefallen könnte und mit welchem sie sich selbst einverstanden erklären könnte.
    Anhand der Größe von Tamrins Tunika suchte sie ihm weiße Hemden mit Stehkragen hervor. Weste und Jabot holte sie in einem dunklen Kastanienbraun hervor. Die Hose in einem dunklen Graubraun und in olivbraun wählte sie den Gehrock. Gürtel, Handschuhe und Schuhe wählte sie in Schwarz. Etwas verunsichert betrachtete die ihre Wahl und verharrte regungslos, als ein Geräusch im Haus an ihr Ohr drang. Schritte waren auf dem Gang zu hören ... es dauerte eine ganze Weile, erst entfernten sie sich in Richtung Treppe nur um dann von dort wieder lauter zu erklingen. Es hatte sich wohl jemand etwas zu trinken geholt...? Eine Tür schloss sich und alles war wieder ruhig.
    Tári suchte noch rasch eine ähnliche Kombination in Schwarz und Grau zurecht. Doch der Gehrock, war um einiges hochwertiger verarbeitet. Goldene Muster zierten ihn. Und noch eine zur Sicherheit. Alle Stoffe waren edel und hochwertig. In keiner Weise wirkten die Sachen abgetragen. Alles sah so aus als wäre es nicht öfter als ein paar Mal getragen worden, wenn überhaupt.
    Mit den Sachen und zwei Laken aus Leinen machte sie sich auf den Rückweg in ihr Zimmer. Dort legte Tári alles vorsichtig zusammen und wickelte sie in die Laken.
    Nun war es schon sehr nah an Mitternacht und alle Lichter im Haus längst erloschen, erst dann setzte sie wieder einen Fuß aus ihrem Zimmer und deponierte die Bündel wie besprochen im Schuppen, den Schlüssel zu jenem oben auf.
    Mit einem letzten Blick in den Wassereimer, der gut gefüllt war, kehrte sie zurück auf ihr Zimmer, löschte das Licht Und schlüpfte ins Bett. Mit ihren Armen hatte sie ein Stück Stoff umschlungen und nah an ihrem Gesicht gebettet. Tári hatte sich Tamrins Tunika behalten. Sie hatte gesagt er würde sie zurück erhalten, aber nicht genau wann. Tief sog sie die Luft ein und sein Geruch umfing ihre Sinne. Wenn er schon nicht hier sein konnte...
    Ein Geräusch lag in der Ruhe des Zimmers ... Tári öffnete die Augen und begegnete jenen des Hundes. "Wenn er so gut riecht, kannst du ruhig Welpen mit ihm machen." Es klang ein weiteres Mal belustigt. Tári hingegen klappte der Mund auf und sie wusste erst nicht so recht was sie erwidern sollte. Sie war nur froh, dass ihn bislang niemand hören konnte wie sie ihn hörte. Die junge Frau knurrte ihn leise an und drehte ihm den Rücken zu. "Und du wirst sie hüten dürfen..." Celeb lachte in ihrem Kopf... "Du kannst es ruhig glauben. Eure Sinne sind verkümmert, aber du wirst es vielleicht irgendwann selber wissen, das ihr Weibchen daran erkennen könnt, ob es passt. Und er neigt auch nicht zum Streunen, würde ich sagen." Das Letzte klang eindeutig wieder etwas belustigt und der Hund wälzte sich dabei flegelnd auf den Rücken, als sei er selber der größte Streuner unter der ganzen Kuppel. Tári antwortete nichts mehr, aber insgeheim hörte sie ganz gern, was Celeb da sagte.
    Die Aufregung ließ sie nicht gleich den Schlaf finden, aber sie wusste nicht wann Tamrin sich die Sachen holen würde... Sie hatte ihren Teil nun erfüllt und sie war sich gewiss der junge Mann würde den seinen erfüllen...


    Ein Zimer im Seeviertel

  • Der Tag war so aufregend schön und zugleich aufwühlend gewesen. Es kam der jungen Frau ewig vor wie sie still da lag, eingehüllt in den Geruch des jungen Mannes, in dem Schutz ihres Zuhauses, warm unter ihrer Decke und mit einem Ohr nach draußen lauschend, ob sie nicht etwas hörte. Ob sie ihn, Tamrin nicht hörte. Es war noch gar nicht so lange her und doch wollte sie ihn nocheinmal sehen, der übernächste Abend war noch so weit entfernt.
    Irgendwann muss sie über all ihren Gedanken, Gefühlen und dem angestrengten Lauschen, sowie den Auswirkungen des langen Tages eingeschlafen sein. Alles war still in ihrem Zimmer. Celeb schnarchte hier und da leise vor sich hin - zumindest wenn er nicht gerade aufhorchte um ein Geräusch zu analysieren, was er glaubte gehört zu haben - und von der Halbelfe selbst waren tiefe, regelmäßige Atemzüge zu hören. Teilweise hingen schwere Vorhänge vor den Fenstern, hinter ihnen war kein flackernder Kerzenschein zu erkennen und auch in dem restlichen Haus war es dunkel und still, alle hielten wohlverdient ihre Nachtruhe.

  • ------> Ein Zimmer im Seeviertel .....


    Ob diejenigen, die ihm begegneten, nun Tamrin’s Einschätzung zu seinem Äußeren teilten oder er in dieser Nacht schlicht nur den weniger bedenklichen Vertretern des Viertels begegnete - jedenfalls gelangte Tamrin unter dem spärlichen Licht der wenigen nicht defekten Straßenlaternen ganz unbehelligt zur Kreuzung der Marktstraße. Auch die Pfandstube lag heute Nacht in Dunkelheit da, wie ein kurzer Blick Tamrin zeigte. So huschte er flink über die Straße und die Straße des Händlerviertels hinauf. Ganz hinauf, also auch am Haus der Amandils vorbei, trugen ihn seine Füße. Die Straßen waren hier in erheblich besserem Zustand und so lohnte sich Tamrin’s Bemühen um lautlose Schritte hier im Händlerviertel. Etwas hielt er den Atem an als er an Tari’s Haus vorüber eilte. Bloß nicht hinsehen. Auf der nächsten Querstraße wandte Tamrin sich sofort nach links und suchte nach einer Möglichkeit, das Eckhaus möglichst geräuschlos und heimlich umrunden zu können, um durch die großzügige Hinterhoffläche, die die Häuser dieses Wohnabschnitts bildeten, von hinten an das Haus der Amandils heran zu kommen. Ganz heran zu kommen brauchte er ja eigentlich nicht, denn der besagte Schuppen stand in besagtem Hinterhof. Ein mächtiger alter Baum begrenzte die Seite des Hinterhofs, von der aus Tamrin sich nähern wollte. Und obwohl ihm so langsam aber sicher ein entsetzlich mulmig-flaues Gefühl im Bauch aufzog, wunderte Tamrin sich über den Standort dieses Baumriesens. Lud der nicht förmlich dazu ein, in die Häuser einzusteigen, an deren Fenster die mächtigen Äste beinah heranragen mussten ?


    Vorsichtig drückte er sich um den ausladenden borkigen Stamm herum, der Boden war weich und verschluckte seine Schritte vollständig. Der Umriss des Wohnhauses sperrte das Licht der zahlreicheren Straßenbeleuchtungen weitestgehend aus, dennoch konnte es nicht verhindern, dass im Hinterhof auch der Umriss des Schuppens auszumachen war, jetzt wo Tamrin den Baum passiert hatte. Sein Herz schlug so laut, dass er glaubte, er könne es hören und seine Knie wurden mit jedem Schritt etwas weicher. Tamrin fühlte, wie ihm trotz der kühlen Nachtluft der Schweiß ausbrechen wollte als er sich endlich an die Rückwand des Schuppens drückte und sich anschickte, ihn zu umrunden. Seine Hände zitterten mittlerweile so stark, dass er kaum den Türgriff zu fassen bekam, um in das Innere des Gebäudes zu gelangen. Nein, Tamrin war alles mögliche - ein guter Einbrecher oder Dieb war er jedenfalls nicht. Keuchend lehnte er sich drinnen an die Wand neben der Tür, die er nur einen Spaltbreit offen stehen ließ, damit vom Haus aus auf keinen Fall eine verirrte nächtliche Seele aus dem Fenster heraus sehen könnte, dass die Schuppentür offenstand. Nein, das hier war nichts für ihn. WIRKLICH nicht.

    .................


    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Celeb träumte gerade von grünen Wiesen, frischem Wasser, Feldern. Und er lief und lief voller Energie einem kleinen Wäldchen entgegen. Sein Traum wechselte, nun war er im Unterholz des Wäldchen unterwegs, er hatte es auf ein Kaninchen abgesehen und es gerade im Visier. Doch ehe er auch nur einen weiteren Schritt darauf zu machen konnte, wurde es aufgeschreckt und war viel zu schnell im dichten Gestrüpp verschwunden. Unweit vor ihm ragte ein junger Mann auf. Er hatte ihn um seine Beute gebracht ... ... ...


    Celeb erwachte sein Magen verriet ihm Appetit, ob es an dem Traum lag oder der vielen Bewegung vom Tag? Er erhob sich und schnüffelte an der Tasche von Tári. Nichts, stellte er mürrisch fest. Oft hatte sie zumindest noch Brot oder sonstige Reste in der Tasche, die er des Nachts vertilgen konnte. Er ließ von der Tasche ab und wollte in der Küche stöbern. Celeb zog an einer Kordel an der Türklinke, unter einem leisen Geräusch öffnete sie sich. Sein Blick wanderte zu der jungen Halbelfe, doch sie murmelte nur etwas vor sich hin, was er nicht verstand oder verstehen wollte, und sie schlief weiter dabei. Ein Zug mehr und die Türe wurde weiter geöffnet. Celeb trat hinaus aus dem Zimmer, die Treppe hinunter und hinein in die Küche. Er kam nicht wirklich dazu sich umzusehen. War da ein Geräusch? Ein Geruch? Eine Ahnung? Der große Graue drückte seine Nase an den Spalt der Hintertüre und sog die Luft ein. Einmal, zweimal... Zu viele Eindrücke erreichten seine Nase, nun hatte er die Ohren gespitzt und den Kopf in die Höhe gereckt, lauschte kurz. Nein es war kein Tier der Nacht, dass er gehört hatte. Seine Pfoten eilten die Treppe hinunter in den Keller. Dort gab es ein Fenster, welches Tári ihm immer offen hielt. Sie selbst konnte es nicht leiden eingesperrt zu sein und wollte es ihrem Freund nie antun.


    Der große Wolfshund sprang über eine alte Kommode durch das offen stehende Fenster ins Freie. Bedrohlich baute er sich auf, die Nackenhaare, den kompletten Kamm bis zur Rute aufgestellt ... Nichts ... Sein Fell legte sich langsam wieder an. Nun reckte er seine Nase hoch in die kühle Nachtluft und begann zu wittern. In ihr lagen Gerüche die er kannte. Nervosität ... Angst ... eine bekannte Person. Die frische Spur führte in Richtung des Schuppens, aus dem Tári den unbequemen Wagen gezogen und ihm umgebunden hatte. Schritt für Schritt trugen ihn seine Pfoten in leichtem Trott näher an das Holzhäuschen heran. Die Türe stand einen Spalt breit offen und Celeb hatte nichts anderes zu tun als seinen Kopf dort hinein zu stecken und den jungen Mann freudig, aufgeweckt und schwanzwedelnd anzusehen...

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