Was niemand wissen will

  • Layia lächelte innig als auch Kea wieder zu ihrem Lächeln fand. Sie hatte Recht, so tauchen wie die kleine Meereselfe konnte sie mit Sicherheit nicht.
    Die Halbtua'tanai streckte ihre sehnigen Körper nochmals, gähnte kurz und nahm dann die Flöte zwischen ihre Finger, um sie erneut zu wärmen, da sie auf dem feuchten Gras ihre Wärme verloren hatte. Eigentlich hatte sie vorgehabt sich heut mal wieder ein wenig Kleingeld zu verdienen, doch die Idee mit kea zu schwimmen war um einiges verlockender. Von irgendwoher würde sie schon was zu beißen bekommen. Sie kannte ihre Quellen.


    "Das dein Papa das nicht toll findet, kann ich mir vorstellen.", sagte Layia und schüttelte mit aufeinandergepressten Lippen den Kopf. Dann lächelte sie jedoch wieder "Aber von mir erfährt er kein Wort."


    Sie legte nebenbei die Flöte an die Lippen, spielte ein paar verloren gegangene Töne, die wie Regentropfen zu Boden fielen um dort eine kleine Pfütze zu bilden. Ihr war die Lust auf ihr Flötenspiel ohnehin vergangen. Ihre düsteren Gedanken vom frühen Morgen waren ihr nicht ganz aus dem Kopf gegangen, immer noch taperten sie um die Tatsache herum, dass Kea, wie sie nun neben ihr saß sie so sehr an die Straßenkinder erinnerte, wie sie sie in jeder Stadt kennengelernt hatte, in der sie auf ihrer Reise Halt gemacht hatte.
    Es wollte niemand wissen... es schien niemanden zu interessieren. Des Tages waren die Kinder unsichtbar... wie Geister, die sich an dunklen Orten verstecken waren sie fort ... in irgendwelchen Gassen, hinterhöfen verschwunden. Und jeder Passant, der an Layia vorbeieilte erntete einen bösen Gedanken von ihr, wenn sie daran dachte, dass auch diese Leute sie niemals zu Gesicht bekommen.
    Layia schüttelte siche in paar Strähnen aus dem Gesicht und schnupperte an er feuchten Luft.


    "Wann musst du denn wieder heim? Reicht es uns noch auf eine kleine Runde?", fragte sie und grinste Kea an, die kleine Streunerin, die so trübe Gedanken mit sich herumtrug, die ihr sonniges Gemüt benetzten.

    Er setzte sich. Ich setzte mich neben ihn. Und nach einem Schweigen sagte er noch: »Die Sterne sind schön, weil sie an eine Blume erinnern, die man nicht sieht ...« Ich antwortete: »Gewiß«, und betrachtete schweigend die Falten des Sandes unter dem Monde. - Antoine de Saint Exupéry, »Der kleine Prinz«

  • "Ja, ich hab noch Zeit." Kea stand auf und streckte ihre Hand Lahja entgegen. "Komm."
    Ja, Kea trug düstere Gedanken und reagierte oft anders, als man es von einem Kind erwartete. Aber es gab auch Zeiten, da konnte sie von einer Sekunde auf die nächste das Kind sein, das sie eigentlich sein sollte. Und so auch jetzt. Sie schnappte Lahjas Hand und zog daran, die Ältere freudig angrinsend.


    "Kommst du auch mit?" Aufmerksam musterte Kea die Frau von der Stadtwache. Sie erinnerte sich daran, das jene ihr auch schon begegnet war, nach dem Vorfall am Markt.
    Sie mochte die Frau, doch mit Lahja verband das Mädchen insgeheim mehr. Die Frau war für sie wie eine große Schwester, die Kea nie gehabt hatte. Der kleine Seestern, so streunerisch sie auch war - langsam fand sie Leute, denen sie vertraute und bei denen sie einfach Kind war. "Komm!" Kea ließ Lahjas Hand los und lachte. "Wer als letzter am Wasser ist, ist ein Backfisch!" Den Spruch hatte sie wohl irgendwo in der Stadt aufgeschnappt und noch ehe die letzte Silbe verklungen war, rannte Kea auch schon los wie ein geölter Blitz.

  • Valeria sprang auf, die geschichten der Wachleute im Kopf, die von den Marktkindern erzählten und beeilte sich hinter Kea herzukommen und sie nicht aus den Augen zu lassen. Sie passte ihren Schritt der Geschwindigkeit Keas an. und freute sich insgeheim darüber, dass sie ihr beim schwimmen zusehen konnte. Sie würde nicht in den Brunnen gehen, aber sie würde da sein und zusehen.


    Emiriel wäre sicher auch gerne hier, dachte sie, er erzählt immer soviel von ihr, und dann leuchte seine und Berengarias Augen.


    Sie musste ein Lächeln untedrücken, natürlich wusste sie was das leuchten zu bedeuten hatte und die ganze Wache wusste inzwischen von ihrer Verbindung. Vielleicht wäre Kea daran interessiert es zu erfahren, sie würde es gleich am Brunnen zur Sprache bringen.

    Häßlichkeit schändet nicht die Seele,
    aber eine schöne Seele adelt den Leib.


    Es ist nicht der Tod, den wir fürchten sollten,
    das wirklich Tragische wäre ein Leben, das nicht gelebt würde.


    Willst du das Licht sehen, ertrage den Schatten,
    denn beides gehört zu Dir.

  • Das ließ sich Layia nicht zweimal sagen und kaum war Kea losgelaufen, jagte sie ihr auch schon hinterher. Es musste wohl recht seltsam aussehen, wie die kleine Kea so vor ihnen wegrannte, die Priesterin und sie selbst hinterher. Die Situation strahlte aber trotz allem eine gelassene, fröhliche Stimmung aus, denn Layia lachte, rannte weniger schnell als sie es vermocht hätte und machte sich einen Spaß daraus, Kea im Laufen anzustupsen, sie zu überholen, wieder zurückzufallen und so ein wildes Wettrennen zu verantstalten.
    In ihren Ohren hallte noch immer Keas Lachen nach - sie war so unendlich froh darüber, dass die kleine Halbelfe noch zu lachen fähig war und ihre düsteren Gedanken für ein paar glückliche Momente vergessen konnte.
    Insgeheim spürte sie, dass Kea endgültig Vertrauen zu ihr gefasst hatte, dass sie selbst Erfüllung darin fand, einen Sinn, Zeit mit der kleinen Halbelfe zu verbringen. Wer von den "erwachsenen" Leuten hätte sonst Zeit und Lust gehabt mit ihr zu spielen? Was Layia von ihnen abhob musste Kea wohl am meisten zusagen. Ihre Ungebundenheit, ihre Bereitschaft einfach mal einen Tag lang mit ihr Unsinn zu machen.
    Ein leises Lächeln ermächtigte sich ihre Lippen und ließ ihre Augen funkeln. Sie konnte der Kleinen geben, was sie brauchte! Was für ein herrliches Gefühl das war!


    "Wo soll es denn überhaupt hingehen, Kea?", rief Layia ihr zu und ließ sich auf ihre Höhe zurückfallen. Ihre Haare waren der Frisur entglitten und wehten nun vom Wind zersaust hinter ihr her. Von Atemlosigkeit war nichts zu bemerken.

    Er setzte sich. Ich setzte mich neben ihn. Und nach einem Schweigen sagte er noch: »Die Sterne sind schön, weil sie an eine Blume erinnern, die man nicht sieht ...« Ich antwortete: »Gewiß«, und betrachtete schweigend die Falten des Sandes unter dem Monde. - Antoine de Saint Exupéry, »Der kleine Prinz«

  • Nicht zu einem Brunnen würde Kea ihre Begleiterinnen bringen, nein. Sie rannte auf kleinen Wegen, die man nur kannte, wenn man sich viel in der Stadt umsah, führte ihre Begleiterinnen in Richtung eines kleinen Seechens, das unterirdisch mit frischem Wasser gespeist wurde. Winzig nur, doch größer als ein Brunnen, wenn auch deutlich kleiner als der See im Seeviertel. Dorthin rannte Kea mit ihren beiden Begleiterinnen. Der Wind zerrte an ihrem Haar und sie spürte, wie ihr Herz gegen ihren Brustkorb hämmerte. Layia ließ sich zu ihr zurückfallen, doch Kea gab ihr keine Antwort, nur ein breites Grinsen, während sie nach vorn zeigte, wo bereits das Wasser des Teiches erkennbar war.


    Im nächsten Moment stoppte Kea ihren Lauf beinahe, sprang ab und landete mit einem lauten Platschen in dem Wasser, um für einige Momente unter Wasser zu bleiben und dann langsam wieder aufzutauchen und zu den Erwachsenen zu sehen.


    "Gewonnen!"

  • Als auch Layia das Glitzern der Wasseroberfläche sichtbar war, erwiderte sie Keas Grinsen, doch die Kleine war schon längst davon. Die Wandlerin versuchte zwar nicht ernsthaft sie einzuholen, aber sie war erstaunt wie rasch Kea vorwärts kam. Als sie als zweite den See erreichte bremste sie ihren Lauf rechtzeitig ab, sodass sie am Ufer innehielt, lachend die Meereselfe im Wasser betrachtete. "Gratualtion Kea!"
    Es war als sei Kea das eine Teil und das Wasser seine Ergänzung, und erst jetzt, nachdem sie beide vereinigt waren, war das Bild perfekt. Sie konnte sich gar nicht sattsehen an dem Gesicht des glücklichen Kindes.


    Layia stützte sich mit den Händen vornübergebeugt auf ihre Knie, ein wenig beschleunigt war ihr Atem doch. Ein Blick über die Schulter erkannte Valeria. "Es sieht ganz so aus, als wärt Ihr ein Backfisch.", sagte sie zwinkernd und lächelte schwach.

    Er setzte sich. Ich setzte mich neben ihn. Und nach einem Schweigen sagte er noch: »Die Sterne sind schön, weil sie an eine Blume erinnern, die man nicht sieht ...« Ich antwortete: »Gewiß«, und betrachtete schweigend die Falten des Sandes unter dem Monde. - Antoine de Saint Exupéry, »Der kleine Prinz«

  • Valeria kam hinter den beiden hergelaufen und als sie Laiya sah, wie diese sie anzwinkerte und ihr genaudas vorwarf, was Kea prophezeit hatte, musste sie mit Gewalt ein Lachen unterdrücken um nicht ins straucheln zu geraten. Sie kam an den See und sah Kea darin schwimmen. Ein kleiner Stich eifersucht ging durch ihren Bauch, den sie jedoch schnell herunterschluckte, dann breitete sich ein behagliches gefül aus. Kea war so glücklich im Wasser und das machte Valeria glücklich.


    "Sie gehört in beide Welten, nicht wahr. Sie ist eins mit sich selbst wenn sie im Wasser schwimmt und doch ist sie froh ih Gewicht auf ihren Beinen zu spüren habe ich das Gefühl. Ich würde ihr gerne die Schatten nehmen die sie quälen, aber sie muss es wollen....Genau so wie ihr es wollen müsst dass man euch hilft Laiya."


    Valeria hatte Kea im Blick, besah sich aber die Reaktion der Tua'Tanai aus dem augenwinkel. Die Göttin hatte ihr die mMöglichkeit gegeben zu helfen, warum sollte sie sie nicht anbieten.

    Häßlichkeit schändet nicht die Seele,
    aber eine schöne Seele adelt den Leib.


    Es ist nicht der Tod, den wir fürchten sollten,
    das wirklich Tragische wäre ein Leben, das nicht gelebt würde.


    Willst du das Licht sehen, ertrage den Schatten,
    denn beides gehört zu Dir.

  • Layias Zähne trafen knirschend aufeinander, als ihr Blick zu Valeria hinübersprang. Die Schatten nehmen? Was bildete sie sich ein? Mit den ihr gegebenen Fähigkeiten bedenkenlos umgehen zu dürfen? In ihrem Herzen war genug Schatten, genug Finsternis, sie wusste wieviel heimliche Geborgenheit sie geben konnte, wie sie half zu ertragen, was kam, weil man es bereits kannte, den Schmerz bereits gekostet hatte. Was würde sie sein ohne diese Narben? Das Leben hatte sie gelehrt nicht zu sein, zu was die Narben sie machen wollten, sondern stets zu trotzen und zu kämpfen. Was war es wert, wenn es keinen Schatten mehr in ihr gab? Nichts!
    Layia hatte ihre Mimik einen Moment nicht ganz unter Kontrolle, merkte zu spät, dass sie die Zähne fletschte und ein leises Zischen von sich gab. Ein tiefer Atemzug ließ sie jedoch Kontrolle gewinnen, ermöglichte es Strenge mit sich selbst zu üben, leise zu Lachen über die andere, und vor allem über die eigene Unbeherrschtheit. Sie hoffte, dass Kea es nicht gesehen hatte und unbekümmert weiterspielen konnte. "Es gehört zum Leben, Schatten zu tragen. Grausam, aber es ist gut, dass es sie gibt. Seht doch, sie kann lachen, obwohl sie Narben trägt, das macht ihr Lachen viel wertvoller.", sagte sie leise, wandte das Gesicht wieder ab und beobachtete lächelnd Kea, wie sie im Wasser herumplantschte. "Ich brauche Eure Hilfe nicht. Kümmert Euch um Eure eigenen Angelegenheiten."

    Er setzte sich. Ich setzte mich neben ihn. Und nach einem Schweigen sagte er noch: »Die Sterne sind schön, weil sie an eine Blume erinnern, die man nicht sieht ...« Ich antwortete: »Gewiß«, und betrachtete schweigend die Falten des Sandes unter dem Monde. - Antoine de Saint Exupéry, »Der kleine Prinz«

  • Valeria schüttelte unmerklich den Kopf und lächelte dann offen in Richtung Layia.


    "Ich weiß wie euch zumute ist, ich weiß wieviel Kraft es euch kostet. Sagt nicht ich wüsste gar nichts, weil ich nicht ihr ärt, doch ihr seid nicht die einzige, die mit Schatten und Geheimnissen herumläuft, die sie glaubt alleine bewältigen zu können. Ich will sie euch auch nicht nehmen, das kann ich nicht denn meine Gabe als dienerin der Göttin legt mir die Sorgen auf die ich den Geschöpfen nehme denen ich helfe. Ich habe meine Göttin hinter mir, die mir hilft es zu verarbeiten, wie es den Geholfenen nicht möglich ist. Ich bot euch an zu helfen eure Schatten zu verstehen, ich habe es vielleicht zu plump ausgedrückt. Kea würde ich die Kanten nehmen, doch die Erfahrungen nehmen kan ich gar nicht."


    Ihr Lachen bekam einen bitteren Beigeschmack, den sie schnell zu unterdrücken suchte und in diesem Moment der offenheit sah mann, dass sie liebend gerne auf Kosten der eigenen Gesundheit den Leuten geholfen hätte alles zu vergessen. Das waren ihre Schatten, doch Valeria versteckte sie schnell wieder hinter ihrer Maske und schloss die Augen um ein stilles Stossgebet an ihre Göttin zu schicken.

    Häßlichkeit schändet nicht die Seele,
    aber eine schöne Seele adelt den Leib.


    Es ist nicht der Tod, den wir fürchten sollten,
    das wirklich Tragische wäre ein Leben, das nicht gelebt würde.


    Willst du das Licht sehen, ertrage den Schatten,
    denn beides gehört zu Dir.

  • Da Kea voll auf das Wasser fixiert war und derzeit noch am Grund des Teichs entlang suchte, ob sie etwas fand, das sie den beiden Frauen schenken würde können, bekam sie nicht mit, was die beiden redeten. Vielleicht auch ganz gut so. Lediglich als sie einmal kurz Layias Blick in ihre Richtung begegnete, als jene herübersah, ließ Kea einmal kurz inne halten und fragend drein sehen. Doch nur kurz, dann tauchte sie schon wieder ab und genoss das kühle Nass, das ihren Körper umschmeichelte und sie sich so blitzschnell bewegen ließ.


    Letztlich fand sie dann am Grund des Teiches auch zwei schön abgerundete Steine von bläulicher Farbe, die sie mit hinauf nahm. So etwas würde jemand, der nicht im Wasser lebte, bestimmt schön finden. Tropfend stieg das Mädchen aus dem Wasser und hielt auf Layia und Valeria zu.

  • Müde schlossen sich Layias Auge für einen Moment, ehe sie wieder aufsprangen und die Meereselfe mit einem langen, lächelndem Blick bedachten. Sie antwortete der Priesterin nichts. Göttin hin oder her, Layias innerer Wolf verbiss sich in die Worte der Frau mit den Schwimmhäuten. "... die ihr glaubt alleine bewältigen zu können." . Natürlich konnte sie, sie log es sich Tag für Tag ins Gesicht und vielleicht war alleine schon der Umstand, dass sie es mehr als ein Jahrzehnt mit dem Zwispalt ausgehalten hatte, genug, um mit Fug und recht behaupten zu können, es selbst bewältigen zu können.
    Sie war entschlossener denn je es mit ihrem Seelensplitter aufzunehmen, sich von Angesicht zu Angesicht anzufunkeln und knurrend auszufechten was sich so lange angestaut hatte. Und das letzte was sie dabei gebrauchen konnte waren Menschen die ihr "Kanten" nehmen wollten. Kanten, die sie brauchte um sich zu behaupten. Ein Keil, der sich zwischen sie und den Wolf getrieben hatte und sie trennte - davor bewahrte einander zu zerfleischen.


    "Kea! Na, wie ist das Wasser?", fragte sie lachend und lächelte warm und breit, wandte sich Kea zu. Das Gesagte und Gefühlte von zuvor überspielend, wirkte sie freudig, ausgelassen, verspielt und begierig zu erfahren wie es sich anfühlte ein Meeresgeschöpf zu sein. "Ich muss sagen, ich habe noch keinen schwimmen sehen wie dich ... wirklich."

    Er setzte sich. Ich setzte mich neben ihn. Und nach einem Schweigen sagte er noch: »Die Sterne sind schön, weil sie an eine Blume erinnern, die man nicht sieht ...« Ich antwortete: »Gewiß«, und betrachtete schweigend die Falten des Sandes unter dem Monde. - Antoine de Saint Exupéry, »Der kleine Prinz«

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