Von dem Brunnen in den Brunnen.

  • Es war Abend. Der Abend an dem der Jahrmarkt der verlorenen Seelen vor den Toren der Stadt seine Zelte aufgeschlagen hatte. Amelie und Astragar waren sich am Brunnen der tiefsten Sehnsucht begegnet, wo es ihnen vorkam als würden sie sich kennen, doch keiner von beiden wusste woher, auch wenn Astragar ein paar Erinnerungen durch den Kopfschwirrten, die er nicht einordnen konnte. Nachdem der Brunnen scheinbar nicht getan hatt, was er angeblich tun sollte ... etwas das Astragar doch sehr verwundert hätte, wenn dies möglich wäre ... hatten Amelie und Astragar sich entschieden noch in das Gasthaus Zauberbrunnen zu gehen.
    Dort angekommen ließ Astragar seiner Begleitung den Vortritt, damit sie entscheiden konnte wo sie sitzen wollte. Ihm war dies völlig egal.

  • Mit jedem Schritt, den sich die Nymphe vom Jahrmarkt entfernte, fühlte sie sich wohler, befreiter. Der "Zauberbrunnen" war keinesegs ein Vergleich zur "Weide" und dennoch gefiel es Amelie dort.


    Die Atmosphäre, die Menschen ... Dies alles schien so unwirklich aufgrund des soeben Erlebten. Für einen kurzen Moment blieb sie stehen und sah sich um. Dort hinten, in einer Ecke am Fenster war noch ein Tisch frei und sie steuerte auf ihn zu und nahm Platz. Kaum saß sie, winkte sie Amelie auch schon eine der Kellnerinnen zu sich, um ihre Bestellung aufzugeben: eine einfache Tasse Kräutertee. Dies würde gut tun, nach der Aufregung. "Was trinkt ihr?" Diese Frage galt Astragar und es blieb kein Zweifel, dass die Nymphe des Öfteren in Gasthäusern verkehrte.

  • Astragar folgte Amelie durch den Gastraum zu dem freien Tisch und setzte sich ihr gegenüber hin. Auf dem Weg blickte er sich schnell in dem Raum um, ob sich eventuell gefährliche Personen dort aufhielten. Er rechnete zwar nicht damit, aber es gehörte zu seinen Gewohnheiten. Der Zauberbrunnen war schon ein deutlicher Kontrast zu dem Jahrmarkt, aber auf den Halbvalisar machte dies keinen Eindruck. "Kaffee bitte," antwortete er auf Amelies Frage.

  • Aufmerksam musterte sie ihr Gegenüber. Irgendetwas an Astragar war anders als bei allen anderen Männern, denen Amelie zuvor begegnet war. Er verspührte offensichtlich nicht das Verlangen, sie ständig anzusehen oder gar anzufassen. Dies machte Amelie neugierig, begegnete sie doch nicht alltäglich einem solchen Mann. Abgesehen davon, empfand sie es als angenehm, mit einem Mann zusammen zu sein, der offensichtlich nicht mehr von ihr wollte, als einfach nur zu reden.


    Als beide schließlich ihre Getränke vor sich hatten, lächelte sie ihr Gegenüber freundlich an. "Ein gutes Gefühl, wieder unter anderen zu sein. Findet ihr nicht auch?" Sie nippte an ihrem Tee, nicht ohne Astragar aus den Augen zu lassen. Viel zu gespannt war sie darauf, wer sich hinter dieser kühlen Fassade verbarg und sie hoffte, ihre Neugier noch am selben Abend stillen zu können.

  • Astragar wartete noch ab bevor er einen Schluck von seinem Kaffee nahm. Der Schmerz wenn man sich die Lippen verbrannte, störte ihn als solchen zwar nicht, jedoch hatte er gelernt, dass es von Vorteil war auf seinen Körper zu achten.
    "Wie Ihr meint," entgegnete Astragar auf Amelies Frage. "In der Regel störe ich mich nicht daran alleine zu sein." Es war sicherlich keine vorteilhafte Antwort, aber Astragar war nunmal nicht geschult in der Kunst der Schauspielerei. In gewisser Weise war er jedoch 'neugierig' zu erfahren woher sein Gegenüber ihm bekannt vorkam. Alles was in seiner Erinnerung fehlte wiederzuerlangen war bestimmt vorteilhaft. "Sagt, seid Ihr schon weit herumgekommen auf Beleriar?"

  • Den Blick unablässig auf den Fremden gerichtet, spielte Amelie nachdenklich mit einer Haarsträhne, die in ihr Gesicht hing. Warum ging ein Mann, der es scheinbar liebte, alleine zu sein, ausgerechnet auf einen Jahrmarkt? Diese Frage brannte der Nymphe auf der Zunge doch sie sprach sie nicht laut aus, wollte sie doch nicht unhöflich erscheinen. Sie kannten sich kaum und sicher ginge es sie nichts an.


    Überhaupt war Astragar ein Rätsel für sich und Amelie grübelte nach, welches Geheimnis ihn wohl umgeben mochte. Doch weit kam sie nicht mit ihren Überlegungen, denn Astragar hatte seinerseits eine Frage gestellt.


    Die Nymphe lächelte. In der Tat war sie schon viel herum gekommen. Doch wo sollte sie anfangen? Kurz überlegte sie, dann fing sie an, Astragar ihre Geschichte zu erzählen. "Geboren wurde ich am See der der Spiegel. Ward ihr schon einmal im Silberwald? Es ist wunderschön dort. Doch ich wollte mehr ... Vielleicht war es die Abenteuerlust, die mich von zuhause fortgehen ließ. Also machte ich mich auf die Reise und folgte dem Silberfluss ..." Sie erzählte von ihrem Aufenthalt am Fuße der Wolkenspitzen und wie sie ihre Reise schlussendlich nach Wiesenfeld geführt hatte.

  • Schweigend hörte Astragar seinem Gegenüber zu. Sie schien gernenzu erzählen, wenn sie erstmal angefangen hatte. Besonders verglichen mit dem einen Jahr seines Lebens, an das er sich noch erinnern konnte war dies fast schon eine Ewigkeit.
    "Da habt Ihr tatsächlich schon viel gesehen. Vielleicht sind wir uns so schonmal begegnet als ihr einen Auftritt in einem Gasthaus hattet. Das wäre dann meine erste Erinnerung die älter als ein Jahr ist."

  • Verlegen sah sie zu Astragar, als sie geendet hatte. Sie hatte geredet und geredet ohne zu wissen, ob sich ihr Gegenüber überhaupt für die Details ihres Leben interessierte, wollte er doch lediglich wissen, ob sie schon weit herum gekommen war. Nun. Diese Frage war nun wohl ausreichend beantwortet.


    Amelie nippte an ihrem Tee, als auch er endlich das Wort ergriff. Die erste Erinnerung, die älter ist als ein Jahr? Was war mit der Zeit dazwischen? Amelie wurde neugierig und noch bevor ihr Anstand zur sie zur Vernunft bringen konnte, war auch schon die Frage über ihre Lippe gesprudelt. "Was ist mit Eurer Erinnerung?" Die Nymphe biss sich auf die Lippen, hatte sie doch eine gute Erziehung genossen, die sie eigentlich gelehrt hatte, keine indiskreten Fragen zu stellen, doch nun war es zu spät. Gespannt begegnete sie Astragars blick, abwartend, was dieser wohl antworten würde.

  • Amelies neugierige Frage störte Astragar keineswegs. "Was mit meinen Erinnerungen ist, ist eine gute Frage. Seit ich in einem Kampf verletzt wurde kann ich mich an nichts erinnern was davor geschehen ist. Das war vor etwa einem Jahr." Er trank noch eine Schluk Kaffee. "Insofern decken eure Erinnerungen einen für mich sehr langen Zeitraum ab. Ich für meinen Teil weiß noch nicht einmal wie alt ich bin." Die Art und Weise, wie Astragar darüber sprach legte nahe, dass ihm sein Zustand nicht sonderlich zu schaffen machte.

  • Anscheinend nahm ihr Astragar diese neugierige Frage nicht übel und er begann, zu erzählen, was es mit seinen verloren gegangenen Erinnerungen auf sich hatte. Erleichterung über diese Reaktion machte sich anfänglich in der Nymphe breit, doch je länger sie ihm zuhörte, um so mehr legte sich ihre zarte Stirn in Falten. Er wusste nicht sein Alter? Doch dies schien ihrem Gegenüber sonderbarer Weise kaum etwas auszumachen. Wie schrecklich, schoss es durch Amelies Kopf. Sie selbst konnte sich nicht vorstellen, wie es sein musste, kaum etwas von der eigenen Vergangenheit zu wissen und diese Tatsache wollte sie nicht mehr loslassen. "Habt ihr schon einmal versucht, eure Erinnerungen wieder zu finden? Vielleicht an dem Ort, an dem ihr sie verloren habt?" Doch wusste er überhaupt noch, wo er seine Erinnerungen verloren hatte? Stirnrunzelnd wartete sie auf seine Antwort.

  • Amelie schien teilweise seltsame Ansichten zu haben. Als könne man Liebe und Erinnerungen irgendwo finden. "Ich glaube nicht dass ich meine Erinnerungen irgendwo wiederfinden werde, wie einen Gegenstand, den ich verloren habe. Aber dennoch. Ja, ich war an dem Ort wo ich meine Erinnerungen verloren habe, aber selbst von dem Kampf waren schon alle Spuren beseitigt." Wenn Astragar seine Gesprächspartnerin richtig einschätzte schien es ihr etwas unangenehmes zu sein, dass er keine Erinnerungen mehr hatte. Sicher, es wäre vermutlich von Vorteil, wenn er mehr über seine Vergangenheit wüsste. Vielleicht hatte er noch irgendwo Besitz den er vergessen hatte. Aber die Reaktionen seiner Mitmenschen konnte er nicht nachvollziehen. "Soweit ich es herausfinden konnte kam der Händler mit dem ich nach Nir'alenar gekommen war aus Silvriar, aber ob ich auch selbst dorther komme oder nicht, ist mir nicht bekannt."

  • Diese Gleichgültigkeit konnte Amelie in der Tat beim besten Willen nicht verstehen. "Ich glaube schon, dass man alles, was ja verloren gegangen ist, wieder finden kann. Alles!" Das letzte Wort betonte Amelie etwas zu energisch. Es war erschreckend, wie schnell manche Leute aufgaben. Dachte er denn nicht eine Sekunde an andere? Andere, die ihre Erinnerungen Nicht verloren hatten.


    Wie Gleichgültig seine Stimme doch klang. "Warum habt Ihr diesen Händler nicht gefragt? Vielleicht weiß er mehr, als Ihr!"

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!