Beiträge von Zarasshin

    Kühle mich, schenke mir mich wieder, labte sich Zarasshin an der Distanz, um wieder eins zu werden mit ihrem Herz, das so verräterisch war. Wann hätte je jemand gewollt, dass sie nahe kam? Saugte sie auf, was die Luft ihr zuspielte, in ihren Schuppen sich verfing, einsickern sollte es, tiefer, tiefer, einpressen, was nicht gehorchen wollte. Fühlte sie schon wie des Meeres Finger an ihrer Haut zupfen, als ob sie ihm in die Höhe folgte. Die Fülle würde weichen, rasen, alles sich in Nichtigkeiten zurückneigen, trunken ihr Glück, atemlos sie in der Geschwindigkeit wäre, ließe sie alles einfach zurück.
    Doch hörte sie stattdessen unbewegt erstarrt die Worte, grollte innerlich, ergab sich nicht der Erregung.
    Ich will ihre Zunge, die so offen spricht.
    Nein. Ertrage es oder verkrieche dich.

    Selten sind Kopf und Herz eines. Denken zerstört das eigentliche Fühlen, zu dem nicht immer ein Wort von Nöten ist - vielleicht sollte man manchmal beim Herz bleiben und ihm folgen. Diese Yassalar tat es niemals, selten, vielleicht. Man kann nicht sofort alles abstreifen, was einen umklammert hält, sagt die Schwester und schottet es ab; wie Recht sie hat, möchte Zarasshin meinen, obwohl sie vermutet, dass jene sich selbst zu schützen beabsichtigt. Was bliebe, wenn das salzige Blut verdünnte? Jämmerliches Ding nur, verachtenswert. Liebe undenkbar.
    Der Yassalar Herz, Heimat für ihre stummen Dinge. Der Schmerz hat sie gelehrt, unter seinem Hauch entfaltete es sich - lassen wir es an diesem einen Ort, wollen wir es nicht wecken, indem wir ihm Freiheit zugestehen, indem sie das Denken unterließe. Manchmal nur, wenn es arg zu groß schwillt, lassen sie es bluten. Es war ein gutes Gefühl, gefolgt von Unbekümmertheit, ein wenig konnte sie die Macht der Valisar erfühlen, die einem wohl vorgaukeln würde, dass man alles unter Kontrolle hatte.


    Zarasshin wusste, dass es der Valisar ernst war, dass sie mit ihrem Blick halten wollte, gönnte sie ihr desgleichen standhaft ihren. Suchte sie, auch, um nur ein Wort zu erlangen zu etwas, von dem Zarasshin wusste, dass niemand sie jemals zwingen könnte und die Yassalar wollte die Valisar, die so viel sah, nicht gehen lassen, doch würde sie. Sie konnte die Antwort in einem Wort nicht geben, fiel ihr das eben noch gedanklich gehaltene Glück aus der Hand, wurde der Augenblick zur Ewigkeit, wie die eben erlangte Kälte ihr Gesicht errang.
    Süß ist das Leben, süß der Schmerz, flüchtig ... sprich es laut! Ziehe in den Wind, zu den Sternen! ... schüttelte sie schwer in Andeutung den Kopf. Leise gab Zarasshin Applaus für das Gesagte, bevor sie die Hände auf den Schenkeln niederlegte. Das ungewisse Herz gierte, zerrte an den Fesseln, mit denen sie es hielt.
    Trotzdem, sie beugte die Stirn unter ihren Unmut, nicht der Gewalt, die die Schwester über sie bringen wollte, um sie in eine neue Richtung zu weisen: entspannte sämtliche Muskeln, doch schwer genug das steinerne Gesicht offen entgegen zu heben, die wahre Natur ihrer Gedanken zu verbergend, die fort waren, noch bevor sie die Lippen erreicht hatten.


    Die Worte, die sie in ihrer Kehle nach oben trieb, waren demnach nicht jene, die schließlich wie von Trockenheit durchtränkt von ihren Lippen brachen. "Das Herz ist töricht." Es will immer verführen. "Und die erfüllte Liebe wäre die, die man zu Grabe bettet."

    Furchtlos war Zarasshin nicht zu nennen, doch es waren tiefere Gefühle, innere Zwänge, die sie trieben, wenn sie einer Gefahr sichtig wurde oder auch nur befürchtete. Verwechsele es nicht mit Angst, da doch alles herausgeschält werden konnte. Nein, furchtlos war sie nicht. Sie sah Furcht mehr als Notwendigkeit zu handeln, um sich ihr zu stellen. Merkwürdig, diesem Wort zu begegnen – glaubte die Valisar das wirklich?
    "Blind, da Eure Werte frei von Erfahrungen sein müssten ... Glück, Lust, Freundschaft, Macht." Ihr Kopf war noch geneigt, so dass ihre Augen nur herausfordernder blickten. "Ja", hauchten ihre feucht glänzenden Lippen. Mehr begehrte sie nicht. Sieh, was ich dich sehen lassen will. Mehr soll für euch nicht sein.
    Sie tauschten die Plätze. Wo sie nun saß, die Valisar stand. Untrüglich das Gefühl, dass Zarasshin in sich ahnte, dass die Valisar den Zauberbrunnen verlassen wollte. Das Buch, in das sie gerne einen Blick hatte werfen wollen, verschwand zu ihrem Bedauern.
    "Jeder Trockene kann urteilen, dazu bedarf es keiner Stärke." Sie wusste, sie wich aus, verstand absichtlich nicht. Das Funkeln in ihren Augen, das nichts mehr mit Belustigung zu tun hatte, verriet ihren Ärger. Schwäche erkannte sie nicht als solche an und damit gab es sie nicht in diesem Fleisch.

    Den Raum überspannt wie Eisesbrücke wollte es Zarasshin frösteln und sie hörte das Eis knacken, nicht Schwingen wehen. Obwohl sie die Antwort auf ihrer Zunge fühlte, zwang sie sich Schlüsse zu ziehen. Sich an anderen Sichtweisen zu erproben hielt den Geist rege.
    Sie wollte entgegnen mit der Schwester’ Zunge: tut es! Es sei mir gleich. Ich fürchte weder Maß, noch Urteil.
    Doch der Klang war mehr Aufsässigkeit, deshalb schwieg sie zunächst. Das Brodeln würde solange währen, bis sie beschloss, dass es nichts sein sollte. Das Rankengeflecht ihrer Gefühle umschlang sie, nur um sie regungslos zu pressen.


    Gab es ein strengeres Maß, als das der Yassalar, das man anlegen könnte, unter das man ein anderes Wesen zu beugen vermochte? Doch eben dies musste sie vertreiben, es sollte kein Höchstmaß, noch geringes geben.
    Und Zarasshin fegte den Geist leer, verstand, wenn man maß ohne Gefühl, auch wenn es nicht in ihrem Wesen strömte, da es sich von ihrem Instinkt entfernte, wie der abendliche Horizont, der in das Meer verblutete, den man doch nie erreichen konnte - und erkannte: ein Blick konnte nicht verurteilender sein, wenn er ohne Maß wäre, denn es gab kein Wohlwollen oder Abweichen: gut schlecht, heldenhaft, gerecht, niederträchtig und edel - was würde von ihr bleiben? Sie konnte es nur ahnen. Das glatte, abgeschliffene Erscheinungsbild mit dem einen Verhalten, das sprach, was es zeigte. Der Fels in der Brandung, ausgearbeitet von den Wellen. Stärken und Schwächen versanken in der Tiefe, vermischten sich im Strudel und waren nicht mehr.
    Jeder konnte das schwarze Ebenbild sehen - war es deswegen böse? Die Valisar in ihrer Blässe gut? So musste sie versuchen zu urteilen und messen, ohne ein genaues Maß anzulegen. Man musste lediglich sehen, was da war.
    Hier und Jetzt.
    Welche Wertmaßstäbe würde eine Valisar hinzu ziehen?
    Sie sähe wahrscheinlich ein Geschöpf sicher laufend am Abgrund der Klippe, sich dessen fortwährend bewusst, während der Übermut oft seiner Spur folgt, überlegte Zarasshin. Doch das war jedoch nicht die Frage gewesen und sie würde demgemäß antworten. Hier gab es nur eine Yassalar.
    Diese ergriff nun das schweigsam gebrachte Glas Wasser, leerte es mit einem kräftigen Schluck.


    "Tut es, sage ich.
    Ich fürchte weder blindes Maß, noch Urteil.
    "

    Und alle Augen sahen sie an, Zarasshin bemerkte es wohl.
    Sie erahnte den Schmerz der Wesen hier mit ihr in diesem Raum, die nichtsdestoweniger beklagten, was sie sich selbst nicht gönnen wollten, was sie doch so sehr begehrten: mit dieser Yassalar auf Streifzug gehen, die Aufregung spüren, etwas Verwegenes tun und wenn es nur einmal gewährt wurde und nur einmal in ihrem Leben geschah. Da war der Gedanke: sie aus der vorgegebenen Bahn zu werfen, alle Knochen zu brechen, wenn es sein musste, es wäre es wert.
    Im nächsten Leben soll mehr Gerechtigkeit sein ... wir werden sehen, ob ihr schwarz unter dem Meer geboren werdet. Zarasshin lachte gönnerhaft in die Runde.


    Worte waren ein kompliziertes Mittel. Besonders, wenn man sie nicht in der eigenen Sprache verwenden wollte. Verstand man die Bedeutung, glaubte man es gar nur. Worte, die keine Wirkung erzielen hatten wollen, waren eingeschlagen und in Aufruhr wieder aufgetaucht. Weitreichend die Klänge, auch wenn keine Wellen sie ihr zutrugen, kaum zu verhüllen ... Unmut? würde Zarasshin nun vermuten, so widersprechend es auch ertönen wollte, wenn es ein anderes Geschöpf wäre, das da saß.
    Strömte nicht alles einfach weiter? Eine andere Art von trockenem Lebewesen, eine Variante vieler, Elfen, Zwerge, Ashaironi - mit gleichem Geschmack, wenn sie ihr Blut in den Meeren verließ. Was machte es schon?
    Ihr seid alle gleich.
    Und da erhob sich jemand, lief hinaus. Er ließ ausbrechen, was Zarasshin in sich hielt, zerteilte die angespannte Ruhe in diesem Moment in erbauliche Bewegungen, nahm sie mit und glättete die Wogen in ihrer Brust ... vielleicht erkannte sie jetzt endlich, was man unter trüerischer Hoffnung verstand. Der Anblick war wie Balsam.


    "Nein", Zarasshins Stimme teilte gleichmütig im betörenden Selbstbewusstsein die luftigen Wellen, und ihr Ton war milder und voller Geduld, drehte sich und lehnte sich rücklings, mit weit gebreiteten Armen, an die Theke, die nur mehr half sie stützend darzustellen. Einem eindringlichen Blick begegnen, der in sie drang und ihr Mund trocknete zu einem Salzsee aus. Es hatte den Anschein, die Valisar könne sich nicht bewegen, noch sprechen, auch wenn es nicht Zorn war, der sie zu diesem Ebenbild einer Statue meißelte. Es bestätigte Zarasshins Ahnungen, das, was sie zu wissen glaubte. "Euch werde ich niemals akzeptieren können, bis Ihr nicht lernt, in der Fülle zu atmen." Doch dies brauchte kein Wesen in diesem Raum jemals für sich zu erhoffen. Unerreicht blieben die Yassalar, deren Welt es war, die sie mit Füßen traten.


    Wahrscheinlich beäugten sie jetzt die Valisar auf eben genau die Weise, nur um zu sehen, was sie mit diesen Worten anzufangen wusste. Oder wollte. Oder konnte.
    Und wie konnten ihre Schatten über die Wände schnell zucken, obgleich sich blasse Pupillen gebannt schwerfällig weiter bewegten, wenn nicht alles etwas außerhalb jener lag?

    Waren es überhaupt Gedanken, die ihr durch den Kopf gingen, sah Zarasshin sie auf diese unheilvoll ruhige Art an. "Flinker als ... alles", formten ihre Lippen lautlos. Die Überzeugung von sich selbst war groß in Zarasshin, wie sie das Abschweifen der Valisar verfolgte, die scheinbar nicht fest hier verwurzelt war. Doch zugegeben, so größenwahnsinnig war sie dann nun nicht, auch wenn es in Ironie schnell gesprochen war. Versprach es eine Lüge, die die Yassalar als nicht ersehnenswert betrachtete, denn alles sollte im Hier verhaftet sein und Zarasshin wusste ob ihrer Grenzen.
    "Meine Gewissheit, dass es sich so verhält, wenn die Ströme mich tragen, meine Überzeugung, dass es auch an Land so ist. Es ist vorurteilsvoll, von mir betont, ich nehme es als meine Wahrheit an, auch wenn die Tatsachen sich dem entziehen, denn sie wissen, dass es so nicht sein kann." Konnte die Valisar folgen? "Ihr zerstreut meine klar strömenden Gedanken - sprecht Ihr von Wissen und nennt es zuletzt Gewissheit." Für sie bedeutete dies, dass eine andere Valisar es anders darstellen würde, wo sie doch alle gleich sehen sollten. "Beendet das Suhlen in Eurem Schicksal und klammert Euch an Heiteres. Es ist ein Unterschied, nicht zu wollen oder nicht zu können. Euer Unvermögen kann ich akzeptieren." Sie fragte sich, für was sie tiefer verachten konnte: offensichtlichen Gefühle oder Hingabe an ein Schicksal, das man betont verändern wollte, doch wenig Kraft zu finden schien. Unendlich viel Zeit - für was, für was? "Ha!", stieß sie aus und erhob sich, was könnte man alles vollbringen. Ein schwaches Bedauern durchzog ihre Brust. Für Zarasshin waren diese trübsinnigen Gedankenflüsse beendet, doch noch war ihr Interesse an der Valisar nicht versiegt - eine Quelle, die sie noch weiter zu piesacken trachtete.


    Mit flüssigem Körper erhob sie sich, um der Theke ihre volle Aufmerksamkeit zu schenken, schlängelte sich zwischen den Tischen hindurch und erhob sich selbst zum Mittelpunkt der Schenke.

    Man leidet. Man verlangte nach Herzschlägen und dem Genuss, den sie brachten, ein kurzer Kuss, der im Herzen erlosch. Es war nicht so schrecklich, wie es klang. Man konnte es beherrschen, wohl wahr. Vielleicht musste man es auch nicht verstehen, wenn man nicht Yassalar geboren war. Auch Zarasshin hatte einmal angenommen, dass das Leben unbegreiflich größer war, als der Tod, und dass sie darum, es jede Nacht auf das Neue tilgen und in sich aufnehmen musste ... es war irrig, es war wie ein Rausch. Manchmal. Es war köstlich, unbestreitbar. Wir alle haben Blut an unseren Händen, wie in unseren Adern, welches nicht das unsere ist, auch wenn wir es nur achtlos zurücklassen oder es unbewusst vernichten. Auch du, Valisar. Denn war es nicht gerade das geglaubte Wissen, das in den Wahnsinn trieb? Und andere in den Tod, weil sie dir glauben?
    Sieh, ich lebe, ich bin. Ja, gewiss, Tod, nimm meine Hand, denn die Freiheit folgt deinem Schmerz.

    Doch die Valisar meinte nicht den Tod, der in ihrer Spur lief, den Tod, den sie vor sich hertrieb. Es war das Dahinsiechen, das die Alten ergriff und niemals die Yassalar würde erwischen können, da sie die Kampfarena Leben siegreich verlassen würde. Das nannte Zarasshin Gewissheit, denn die Schwachen werden nicht geduldet.


    "Auch Ihr seid begleitet vom Tod, Valisar, es nicht fühlen, streitet nicht das Vorhandensein ab." Nicht zu wissen, was kommen, was die Zukunft bringen wird, die Furcht, die es inne hat, die einen umfängt, ist dem gleich, was Lebewesen empfinden, wenn sie an die Ungewissheit denken, die ihr Ende betrifft - es ist stets ein kleines Ableben. Allein die Yassalar fürchten es nicht, folgen sie offenen Auges dieser Strömung und öffnen die Arme in einem Willkommen. "Und niemand, auch die Valisar nicht, wissen um die Zukunft, denn sie ist ein Spielball in den Händen der Götter."
    Sie betrachtete das wohl imitierte Lächeln, niemand konnte etwas anderes sein, wir sind, was wir sind und die Valisar war wohl viele. Die Frage war nur, von wem sie dieses gelernt hatte. "Ich möchte es nicht wissen, niemals kennen lernen, was es heißt ohne Gefühle zu sein. Es wäre mein Abgrund, der Gegensatz meines Lebens, etwas, das ich fürchten könnte." Denn es ist nicht der Tod, der mich bangen lässt. "Ich bringe den Tod, doch erwischen wird er mich nicht, denn solange ich hier sitze, kann er mich nicht fangen und wenn er kommt, bin ich nicht mehr da, um ihn zu begrüßen." Tiefgründiges Funkeln. "Das Wissen treibt Euch an -", Zarasshin zuckte mit den Schultern, sie trieb nicht das Wissen, sondern die Suche danach? "Bei Zi'llail, versucht und erklärt es mir." - und wenn man den Yassalar nichts als wahr abnahm, so lag ihr sehr viel daran, dass es ihre einzige eigene Wahrheit war. "Ich würde jeden Flecken zu betreten versuchen, der es mir zu verschaffen verspricht, jede Chance ergreifen Wissen mir anzueignen - so treibt es gewissermaßen auch mich."
    Dann sah sie auf, denn es verlangte sie nach Wasser und würde man es ihr nicht bringen, so würde sie selbst dafür Sorge tragen, dass sie es bekam.

    Meine Fee würde gern einen Leserbrief loswerden ... sie ist nicht mit allem einverstanden, was in der letzten Ausgabe geschrieben wurde und möchte das klar stellen. Noch ist er ein wenig wirr geschrieben und ich muss ihn noch ein wenig mildern, ihr wisst ja, wie Erdfeen sein können *ts* an wen schick ich den Text und bis wann?


    Ach *messer wetz* mich würde interessieren, wer sie da so schändlich ausspioniert hat ... :frech:

    "Willen kann man brechen, Wissen geht verloren und das Schicksal wird erfüllt", richtete Zarasshin, zufrieden bei Weitem nicht, niemals. Damit waren die Quellen vergangen, die Valisar sah nicht wahr.
    Allein dem Wissen gestand sie zu, wieder gefunden zu werden und allemal nutzvoll und gewinnbringend Einsatz zu finden. Man konnte durchaus von verloren gegangenem Wissen profitieren, wenn man es alleinig fand wie besaß.
    Ein gebrochener Wille war brach liegender Mut. Ohne diese Kraft war alles nichts und wertlos, erbärmliche Dinge hatten mit ihr nichts zu tun.
    Milder dachte sie an das Schicksal, das sie alle erfüllen würden, reisend auf dem Fluss, denn auf dieser Strömung gab es kein Entkommen mehr und keinen Weg zurück.
    Und Liebe, ja, welch abgenutztes Wort, das sie mit Schwäche gleichsetzte und da sie diese in letzter Zeit zu sehr an sich selbst wahrnahm, erwachte der Grimm aus ihrer dunkelsten Nacht. Zarasshin senkte das Kinn, wies es von sich, so dass es an ihren Schuppen abprallen mochte, während sie sehr genau zuhörte. Sie mochte Geschichten, egal, welchem Quell sie entsprangen, den Kern der Wahrheit besaßen sie alle, auch wenn die Zeiten darüber geschwemmt waren, um sie auszuwaschen.
    Licht und Güte, auch das Feuer ... nichts davon sah sie in der blassen Gestalt, allein die Schönheit war geblieben. Wäre sie Narion gewesen, so hätte sie die gefallenen Valisar mit ihrem Feuer gebranntmarkt -- eine wirklich schreckliche Strafe in der Vorstellung eines Meerwesens. Schrecklicher als der Verlust aller Gefühle ... doch wo bleibt der Antrieb? fragte die Schwester. Zugegeben, knirschte Zarasshin.
    Eine Seherin.


    "Schicksalstage, Seherin, wenn der Zeiten Höhe überschritten ... die Vergangenheit ist übergroß und tragend, doch was kann es helfen, wenn man um Geschehens weiß? Die Gegenwart dem Wahnsinn hinwendend und schon vergessen, da sie sich der Vergangenheit zuneigt, die Zukunft will es entscheiden, doch sie ist abhängig von dem Hier und Jetzt, als dass sie zu klar will gesehen werden." Zarasshin schnalzte abwertend mit der Zunge, langsam glitt ihr Blick über die weißen Hände, deren Haut so glatt und schimmernd unter dem seichten Licht der Kuppel war. "Es mag mir nicht einleuchten, was euch bestimmend erscheint und antreibt. Wenn der Zeiten Höhe überschritten, Seherin, seid Ihr dem Wahnsinn verfallen und die Bestimmung der Meere sei erfüllt." Die Yassalar fuhr mit dem Finger über die zarte Haut der Hand einer Valisar, wissend wollend, ob sie so eisig war, wie sie schien. "Für diese Tatsache ist keine Seherin von Nöten." Ließ ab, lächelte spottend, die wahrlich keine Tatsachen zu sehen vermochte. "Das habe ich für Euch gesehen."

    Lebhaftes Bild der Säumenden am Wegesrand, so dass sie warm lächelte. Die Härten der Jugend hatten nicht den Willen brechen können, war es ein bitterer Kampf zu dieser Erfahrung, mühselig, doch solch einen Schluss zog Zarasshin schon lange nicht mehr, so war es just ihre Einflussnahme auf ihre Belange, ihr Handeln, welche nur durch sie selbst bestimmt sein sollten, denn willentlich unterdrückte sie Instinkte, richtete sich selbst aus. Desgleichen schlaffe Körper schwer zu Boden fielen, leichte davon glitten, andere weinten, jene stumm blieben - setzte das Leid der Meere ihren Schritt bereits darüber. Enttäuschend war die Feststellung auf der Zunge wie im Geist, dass es keinen Unterschied gab, welcher, mehr süßer oder bitterer, zu erkennen gab, wen sie ihrem Weg opferte.
    Doch halt! Einen hatte es gegeben ... Juveno, wirrer Elf, den der Zauber der Unschuld hatte umgeben, siegreich war er gewesen.


    Nicht ohne Genugtuung erreichte Zarasshin nun jedoch die Erkenntnis, dass auch eine Valisar einen wunden Punkt in sich trug, von dem sie gerade die Haut ein wenig abgeschält. War Schweigen die Antwort?
    Langsam begann das Begreifen. Wann war zuletzt das Glück bei Zarasshin gewesen? Gefährliche Brandung, zu bodenlos dieses Gewässer, träumend in dunkel tiefer See, soll es ruhen, war es das weiche Gleiten anderer Tage. Aber jeder Zeit war gewiss, es zu rufen, um aus dem Füllhorn der Vergangenheit zu schöpfen, sich zufrieden glücklich zu schätzen.
    Gerade deshalb waren es verschlungene Strömungen, stürmische Fülle, nicht gerade, wie die Valisar es sprach, gab es kein williges Fließen. Allein, das Wesensmerkmal war, dass Zarasshin ihren Weg schwimmen wollte, gleich wie er war. Das Innerste im ewigen Ton, stets rege ohne Rast zu füllen diese Form.
    "Valisaaaarrr", eine schmeichelnde Bewegung der Lippen nur, so als wäre der Name nie ausgesprochen. Valisar bedeutet sich zu tasten durch dunkle Nacht, Schluchten in jedem Tag, wenn die Freude verglüht - "Nachklang einer Welt, wenn jeder Quell versiegt", sagte sie laut - die Wirklichkeit vermag den Fluch nicht zu wecken. Der Lärm des Zauberbrunnens verklang.
    Ihre Gedanken sprangen. "Was ist Eure wahre Bestimmung?" Worte, die einen jeden streben lassen. Zarasshin leckte sich über die Lippen, wandelte sich ihre Haltung entsprechend wechselhaft wie Ebbe und Flut, bemüht, ein nichts sagendes Gesicht zu machen.

    Es gab keine Oberflächen, die von solcher Ebenheit waren, dass keine Rille zu finden, dass selbst glattes Eis zu fassen war. Zarasshin zeigte keine erkennbare Reaktion, es war als hätte ihr Gegenüber gar nichts gesagt, mehr waren es ihre Gedanken, die sich in Strudeln verloren. Sie ließ ihre Sinne schlagartig erwachen, alle richteten sich jener zu, sah wie sie die Strähne verschob, in ihren Augen ruhte der Jahre Glanz. Fast tat es weh, sie zu betrachten.
    Und Zarasshins Unwille wuchs aus einem Zupfen in ihrem Geist zu einem Klumpen in ihrem Bauch. Man verlangte stets nach jenem, was einem kaum begreiflich war. Und besonders Zarasshin fragte sich, weshalb sie nicht schon früher die Begegnung mit einer Valisar gesucht hatte. Dabei dachte sie einst, die Mira’Tanar wären ein bizarres Volk.
    Eigentlich war sie äußerst fasziniert, so sehr sie versuchte zu misstrauen, fand sie dennoch eine Folgerichtigkeit, in dem was die Valisar sagte.


    In ihr selbst lauerten entgegen Stärke und Aufruhr, die sich der Gelassenheit entgegenstellen wollten; in jedem von ihnen gab es das Raubtier und sie wollte es gerne in sich wecken, denn sie mochte nicht vollendet erliegen ... doch der Valisar Worte rissen sie erneut aus dem Zorn, dumpf schlug sie auf dem Wasser auf. Allein ergoss es sich in die Bewegung ihrer Hand, die sich flach auf den Tisch legte, neben das Weiß.
    Wer ist sie, dass sie dich hinzureißen vermag? Ein Nichts, ein Nichts ... sei taub der inneren Stimme gegenüber … die Valisar handelte nicht aus prägnanter Überlegung, wie sie vorgab, lediglich weil sie nicht anders konnte. Dann gab es nichts zu begehren als Stumpfsinn?


    Ich vermag anderes zu sein, zu dem Zi'llail mich geformt hat“, die Stille seufzte, wie wahr die Worte waren. Sinnig für die Yassalar, leitend für sie selbst. Zi'llail hatte die Form gegeben, Zarasshin den Inhalt: sie konnte und wollte wesentlich mehr sein. Mit diesem Gedanken konnte sie sich ein wenig entspannen, Narion war nicht so gnädig gewesen. Zarasshin schnupperte. „Ich weiß es zu füllen und – es ist alles wert, das ich zu geben und nehmen im Stande bin.“ Von Opfern gar nicht zu sprechen.

    Pflicht stand in Bruderschaft mit Loyalität und Anspruch und Zarasshin konnte nicht einmal erahnen, was die Valisar annehmen ließ, solch ein schweres Wort in ihrer Gegenwart zu sprechen, dass es niedersank. Stockend atmete sie die wohl bekannte Forderung in ihre Welt, in der flackernd die Besinnung aufstob, dass sie selbst ihre Pflichten vernachlässigt hatte. Sie zeigte ihr typisches spöttisches Lächeln, indes sie den starren Blick hielt, das Buch entschlüpfend. Ein unwirklicher Moment für Zarasshin, den man über die Welt streuen wollte, nur dass alle mit ihnen inne hielten und es nicht sehen würden, während die Zeit in allen pochte, grub, jedoch nichts anhaben konnte. So entschwand der Atem, der Moment, der Zeitraum wieder. Hier spielte jemand mit jener Eigenschaft, die das Heilmittel gegen all Zarasshins Schwächen war, die sie Gefühle nannte. Ihr Herz schwieg entsetzt, wo sie nicht verhindern konnte, dass es aus dem Kelch der Vergangenheit trank.
    Und jenes Geschöpf sprach offen zu ihr, schien erkannt zu haben, an welcher Klippe sie zerschellen würde, in welchem Strudel zerrissen. Von Leben und Untergang, Verwirrung und - Gewinn.


    Zu ihr, die Befriedigung empfand, wenn ein Geschöpf sich zu ihren Füßen wand.
    Zu ihr, die glaubte, sich und andere beherrschen zu können.
    Zu ihr, die selbst Angst vor dem Tod hatte, den sie mit einem einzigen Schlag ihres Schwertes zu bringen vermochte.
    Zu ihr, die sich nach dem Wind unter starken Flügeln sehnte.
    Zu ihr, deren Pflicht sie mit allem verband, was Zarasshin ehrwürdig erschien.


    Die Befreiung aus dem Blick war wie ein Schlag ins Gesicht. Stiller Zorn. Fühlte sie sich überrascht, bloßgestellt und schmerzend begannen ihre Kiefer sich zu spannen.
    Und einen Moment lang, ließ sie das Leid in sich aufwallen, ließ es zu, dass er sie beugte, den Groll überflutete, nur um den Willen zu entfachen, der sie wieder aufrichtete. Singendes Blut und eine Unnachgiebigkeit, die sie nicht schwanken ließ, obwohl man an ihr riss. Ein Wechselspiel, wie die der Schatten an der Wand, in ihrem Gesicht, tanzten Ergebenheit und Widerwillen darüber, nahmen sich an der Hand.
    Doch die Neugier gewann, indes es im Grunde keine neu erworbene Weisheit enthielt. Hatte sie nicht einst gesagt, man schwimmt entweder mit den Schattenhaien oder man treibt mit den Fischchen? Nur sie hatte den großen Schwarm aus den Augen verloren.


    Sind es Worte, die Ihr kennt oder die Ihr für mich fandet?“, dann bleibt nur ein banges Schauern. Ihr Blut rauschte bis in ihre Ohren, pulsierte deutlich in der Ader an ihrem Hals ... nie lernt man von denen, die gleicher Meinung sind – was gab es dann hier?

    Was Zarasshin an der Valisar beobachtete, erbebte in ihr, rief nach ihr und sie bejahte es. Sie wusste, dass sie die Wahrheit gesagt hatte. Liebreizend, meinte sie Schwester dazu nur, wo Zarasshin der Valisar gern Glauben schenkte, dass der Weg der Yassalar nicht zu stürmisch für dieses Wesen war, dass jene genug Kraft aufzubringen vermochte, ihn beschreiten zu können. "Ts", zischte sie, eine Antwort schuldig bleibend, denn eine Valisar könnte Verständnis nur bescheiden heucheln.
    Ihr Gesicht schmolz zu einem pikiertes Grinsen, doch es lag keine Gefahr mehr in der Luft. Leere Worte aus einem leeren Wesen. Wer bot sich schon freiwillig an, als Futter der Schattenhaie? Schwäche, urteilte Zarasshin leichtfertig. Es würde niemals eine Befriedigung ihres Antriebes geben, denn sogleich könnte sie niedersinken auf den Grund der Meere. Ich bin Yassalar, nicht mehr und nicht weniger will ich sein. Sie sah ihre Strenge als Stärke, ihre Zurückhaltung als Talent, ihre Kontrolle als Kraft. Nicht vergessen, wie leicht manipulierbar sie waren, wie verführbar, wie lenkbar, wenn man nur die richtigen Mittel fand. Der Trockenen Alltag erschien ihr zu leicht getragen, als dass sie von der Strenge wussten, die hieß, dass alles Leben aus Leben entstand und die sie verdrängt hatten.
    Ihre scharfen Fingernägel kratzten über die Tischplatte, denen sie ihr Mal aufdrängte, nur um zu Überlegungen anzustiften, an denen sie doch nicht teilhaben durfte. Es war gleich.


    Vielleicht konnte die Valisar aber auch tiefer die Worte in ihrer Seele lesen, als es ihr angenehm war. Doch das ausdruckslose Gesicht fachte Zarasshins Bewusstsein ob dieser Überlegenheit nicht weiter an, sollte sie noch so lange in es starren, konnte es sie nicht antreiben und ja, es erschien ihr nur um so verführerischer, wo es ihren Zorn verschlossen hielt.
    Das Starren behielt sie bei, suchte, forschte, flocht die Hände, nur um ihrem Kinn ein Bett darauf zu geben. Hell und dunkel, brauchten sie noch Worte? Ein Meer aus Empfindung, Ahnungen und Ungesagtem schwappte um sie herum, um ihre Botschaften zu tragen, die wohlmöglich niemals angenommen werden mochten.
    Welche Geheimnisse hütete die Valisar, welche Worte suchte ihr Augenglanz auf weichen Seiten? Der silberne Blick sank erneut auf das behütete Buch mit dem dunklen Einband. Übe dich in Geduld, ermahnte Zarasshin sich selbst. Höre und sehe, erfahre, was kommen wird.


    Indes war es das Wasserglas, nach dem sie griff, das kaum genug Inhalt für ein Meeresgeschöpf enthielt, doch ein Ausweg für ihre allzu schnellen Finger war, die liebend gerne nach dem Buch getastet hätten.
    Eine Pause, während ihre Entscheidung endgültig am Fels zerschellte.
    Zarasshin kannte die sanft geschwungenen Lippen, die blassen Poren der Haut, noch bevor sie sprechen würde ... oft will die Zeit nicht weiterziehen, man verirrt sich in manchem Moment, in dem alles viel klarer erscheint. Und so fraß er sich durch ihre Gedanken, bis er in den Augen angelangt war, wo er noch nicht stecken bleiben wollte, nein, weiter ging es zu ihren Ansichten und Absichten. "Erzählt mir, was eine Valisar dazu treiben würde, ich habe Zeit zur Genüge." Doch weniger Geduld, als es scheinen mag.

    Der Glaube, dass in Zarasshin eine andere wachte, von ihrem Willen beschirmt, hieß sie, sich selbst unter Kontrolle zu halten - was der Valisar in die Wiege gelegt war, konnte auch die Yassalar durchaus annähernd vollbringen. Worte, die sich von der inneren Schwester in Zarasshin ergossen, auf der Zunge schmolzen, ausbrechen wollten, sortierte diese sorgfältig. Kontrolle war alles. Die innere Stimme zog sich demgemäß zurück, verstummte und sie spürte die Einsamkeit in jeder Schuppe ihrer Haut, genau so, wie es sein sollte, doch sie wünschte sogleich das Gefühl zurück, das in ihr streiten wollte.
    Die Valisar war schön, wie sich ihre Lippen teilten, so makellos, dass Grausamkeit und Herrlichkeit verschmolzen, Zarasshins Brust sich schmerzlich zusammenzog, vor immer noch so realer Neugier, auch vor Sehnsucht es zu tilgen. Vorfreude lag darum auf ihrem unergründlichen Gesicht, bemerkt nur von ihren eigenen Gefühlen. Eine Valisar bedeutete Unnahbarkeit dem Gedächtnis einzuprägen. Genau das, was Zarasshin in diesen Zeiten dringend benötigte.

    Noch bevor Zarasshin etwas sagen konnte, vernahm sie klar gesprochene Worte, bestehend aus Möglichkeiten, Mutmaßungen ... und Wahrheit. Die Vergangenheit, welche sie eben noch belebt hatte, verebbte, wie eine aufgetürmte Welle ausrollen wollte, wie sie nach der Kühle in der Stimme griff, sich in den ebenbürtigen Frost hüllte, als wäre es ihr Mantel, den die Valisar trug. Aber sie konnte es nicht aufrecht erhalten, zu viel Leidenschaften tobten in dem schwarzen Wesen.
    Zarasshin huschte mit einem Gedanken nah an das blasse Geschöpf heran. Unmut sprudelte in ihrer Kehle, der ihre Stimme sich vor ihren Lippen verdunkeln lassen würde.
    Ein Wortspiel, viele Antworten möglich, es zu drehen und zu wenden. Aber es entsprach nicht ihrem Wesen, zu vermuten, was andere von ihr dachten, sondern auszusprechen, was sie in sich trug.
    Nein, meine Gedanken fragen nicht nach Möglichkeiten, sondern wählen ihre eigenen Wahrheiten und – ja, wenn ich mich an den Unmöglichkeiten reiben kann, so lasse ich mich gerne verleiten Taten folgen zu lassen, nicht bei Gedanken zu verweilen.


    Wisst Ihr denn nicht -“, die Kiemen öffneten sich flatternd, durch deren Atem ihre Stimme zu einem Hauch gesenkt wurde, so dass nur die Schemen in der Ecke zu lauschen vermochten, „Gewässer, den der Anreiz des Fließens fehlt, faulen.
    Damit nahm sie Platz, stieß die Valisar mit ihrer Hüfte ein wenig an, ließ den Blick ruhen und entdeckte das Buch, das sie sogleich fesselnd einnahm. Bücher bedeuteten Wissen und Wissen bedeutete Macht, in jeder Hinsicht.

    Ich komme von
    Ruine der Raben


    ~ * ~


    Weiten Schrittes durch den Abend, wo Zarasshin doch liebte erschaudernd die Nacht, die bleich mit ihrem Gesicht hungrig andere ansah, doch düstern die schwarze Haut umschlang, die in ihren Schatten schritt. Die Gedanken waren zurück geblieben, bei jenem Sylphen, der sie nun zu berühren schien, ließ nicht los, sprachen sie immerhin von seiner quälenden Nähe. Sie, die im Dunkel steht, wo Wasser ihre Sehnsüchte kühlen, sehnte sich nach den Winden.
    Ein schon immer verlassenes Geschöpf, dessen Schultern ungebeugt waren, felsenfest. Tief, sehr tief, suchte sie in Erfahrenem, um sich zu erklären, was geschehen war, dass sie wohl kaum unberührt bleiben konnte, wenn jemand sie in die Lüfte riss, wenn sie bereit war, Blut zu geben für einen Trockenen. Und als Zarasshin befreit lachen wollte, um es allemal loszuwerden - denn man kann nicht fürchten, was es nie gegeben hat - bohrte sie sich unerwartet schmerzend die Zähne in die Unterlippe, um es zu unterdrücken.


    Ein Gasthaus wie das andere, das Korallenriff bevorzugt, griff die Yassalar doch nach der Klinke des Zauberbrunnens, der nicht elfischer hätte sein können: wo Bäume statt Korallen wuchsen, Luft waberte statt Wellen - weshalb noch mehr peinigen? Weil nur Ablenkung betäuben konnte, weil sie glaubte, dass das Leben unbegreiflich größer war, als der Tod, sie inmitten dessen sitzen musste ... es war irrig, ihr Sehnen war wie ein Rausch, inmitten der Wellen, zwischen den Trockenen, noch sonst wo. Es war köstlich, unbestreitbar und Zarasshin erkannte es nicht. Ihre Gefühle verlangten nach Herzschlägen und dem Genuss, den sie brachten, ein Schauern, das kurz darauf im Herzen erlosch.
    Kurz noch schlug die kühle Luft der Straße auf sie ein, wie geschmeidige Flügel ließ sie die Yassalar dann jedoch stehen, als es stickig wurde. Ihre kleine Welt versank wieder in Schwärze, in der ihre silbernen Augen suchten ... herbeisehnten die glimmende Haut jener Mira'Tanar, die ebenso ihre Leidenschaft entfachen konnten, nur eben auf andere Art.
    Ein Elf, ein turtelndes Pärchen, Lachen und murmelnde Gespräche, die nicht einmal verstummten, als eine in meerisches Leder gekleidete Yassalar den Raum betrat. Natürlich wollte sie den Platz, von dem aus sie ihren Blick über alles werfen konnte, natürlich war er besetzt. Hindernisse waren aus dem Weg zu räumen, dachte Zarasshin, immerdar tief und leidenschaftlich zu allen Lebenslagen. Unbarmherzig hätte die Schwester in ihr herausgeschrieen: Sieh mich! und Zarasshin wäre in sich gedrungen, um sie zu beherrschen oder ihr zu verfallen - dem Wahnsinn der eigenen Gier, so jedoch brandete das höhnische Lachen gegen ihre Sinne ... so süß, so heiß, denn es war eine Valisar und Zarasshin hätte sich die langen Nägel ins Fleisch schlagen können, so verlockend war die Vorstellung, jene das Fürchten zu lehren. Es war ein Elend, dass sie gerade eine Valisar, nicht verletzen konnte und so verging ihr sogar die kindische Lust jene zu vertreiben. Wie passend.
    Ein freudloses Grinsen stülpte sich nach vorne, indes sie sich geradlinig auf den Tisch zu bewegte. Ihr Herz klopfte unbändig vor Hatz, vor Unwillen, weil es dies immer getan hatte und nun nicht ablassen wollte.

    Welche Tageszeit hast du gewählt? Es ist mir nicht ersichtlich, ob du am Abend, zu Mittag oder in der Nacht an diesem Tisch sitzt. Wasser, meine ich wohl, kann man stets zu sich nehmen. Innen wie außen ;)

    Wenig fällt mir ein, was Zarasshin bei einer Seherin suchen wollte, außer sie käme zufällig vorbei ... auf dem Weg zu der Schmiede der Zwergin vielleicht ... mit Schmutz und Unrut bewirft man sie ab und an und ein Zelt wäre geeignet, das stinkende Zeug los zu werden XD


    Oder doch lieber im Gasthaus?


    Was sagt dir die Zukunft, wo du mich lieber in der Gegenwart hättest?

    Da eine Valisar nicht vor Furcht erzittern, noch sich reizen lassen wird, könnte ich dir eine Yassalar anbieten, doch bedenke: Zarasshin ist nicht zimperlich, weder mit Wahrheiten, noch Drohungen.