Leise schlich ein Wolf entlang der Stadtmauern umher, immer darauf bedacht dem Schien der Fackeln auszuweichen, und natürlich den Blicken der Wachen. Nun wäre der Anblick eines wilden Tieres so nah an den Mauern schon etwas Besonderes an sich, doch dieser Wolf hatte außerdem das Maul voll mit Sachen, Kleidung, einen Bogen und einem kleinen Köcher mit nur noch wenigen Pfeilen. Solch ein Anblick war schon eine Kuriosität und doch war sie da.
Es war schon eine gefühlte Ewigkeit her, dass Argon die Stadt betreten hatte. Zuletzt war dies, um Layia, welche am Rande wohnte, zu besuchen. Doch nach so vielen Jahren, war wohl auch Sie weiter gezogen. Zumindest hatte er keine Spuren mehr von ihr entdecken können. Aber vielleicht war sie ja auch nur an einen anderen Rand dieser Stadt gezogen. Die Mauern waren lang, sehr viele Ränder also um hier zu Leben. Doch an dieser Stelle kam wohl ein Ende. Zwar lag der Geruch des salzigen Meeres schon länger in der Luft, doch nun mischte sich auch noch toter Fisch dazu. Argon musste in der Nähe des Hafens sein.
Es war schon spät geworden und zu allem Überfluss hatte er Hunger. Ans Jagen war hier nicht zu denken, so nah bei so vielen Menschen gab es keine Wildtiere, mit Ausnahme vielleicht von Ratten, aber die lebten eh lieber beim Menschen als in der Wildnis, so dass Argon diese kleinen Tierchen schon eher als Haustiere ansah. Doch zur Not frisst der Wolf auch diese und nach dem Geruch zu urteilen gab es davon hier reichlich. So wie es hier stank, konnten diese kleinen Viecher nicht weit weg sein. Um Ratten zu jagen musste er sich nicht einmal wandeln, er konnte weiter als Wolf umherziehen. Mit Pfeilen auf Ratten zu schießen wäre eh Verschwendung gewesen.
Argon schlich sich an den Wachen vorbei weiter ins innere des Hafenviertels. Der Geruch wurde immer abscheulicher, die Düfte gegorener Früchte mischte sich dazu. Viele Lichter gab es um diese Zeit nicht mehr, nur aus einzelnen Fenstern von Kneipen kam noch etwas, doch genug, damit die Wolfsaugen sahen. Und unweit von eben einer solchen Kneipe trieben sich diese kleinen Nager nahe von Abfällen rum. Auch wenn er sie nicht mochte, er hatte genug Hunger, dass ihm das Wasser im Maul zusammen lief und von den scharfen Fangzähnen tropfte. Leider hatte er noch seine Kleidung im Maul, die nun nass wurde. Behutsam setzte er eine Pfote vor die andere und schlich näher. Erst legte er in einer Ecke die Sachen ab und danach fixierte er seine Beute. Ein wenig sträubte es sich in ihm, er verhielt sich schon mehr wie diese Cath’shyrr, denn einem Wolf. Doch der Zweck heiligt ja bekanntlich die Mittel. Ein Kurzer Sprung, ein schneller Biss und er hatte die Ratte im Maul. Sie hatte nicht einmal Zeit gehabt sich zu erschrecken, ganz im Gegensatz zu Argon. Denn plötzlich wurde es laut und einige Gestallten kamen aus der Kneipe. Schnell wich Argon zurück in die Schatten der Gassen, wo das Licht ihn nicht traf.
Eigentlich hätte er sich nun am Liebsten zurückgezogen doch seine Sachen lagen noch da. Die Klamotten waren unwichtig, aber das Geschenk des Waldes, seien Bogen würde er auf keinen Fall zurück lassen. Er entschied sich zu warten und kaute erstmal ruhig seine Beute. Immer wieder blickte er dabei kurz auf die Gestallten, die sich wohl alles andere als freundlich gegenüberstanden. Der eine, schmächtige, schien wohl Ärger zu haben. Und nun kam noch ein Weibchen dazu. Mit Ihr stieg Argon ein etwas beißender Geruch von Parfum in die Nase, so dass er schnauben musste. Doch da war noch mehr. Er hatte Wald gerochen. Wald? Hier?. Etwas verwundert und auch neugierig hob er nochmals seine Schnauze nach oben um zu riechen. Tatsächlich, einer von diesen Leuten roch nach Wald, nach Holz, ja sogar nach Wolf. Welche dieser Gestallten mochte sich wohl mit einem Wolf abgegeben haben. Argons Neugier war geweckt. Nun wollte er doch mehr wissen, von dem was hier los war. Langsam, immer noch kauend mit der Ratte im Maul, kam er näher um mit seinen Augen zu erkennen was das passierte. Er war zwar darauf bedacht im Dunkeln zu bleiben, wo sein, mit Ausnahme der roten Strähnen auf der Stirn, komplett schwarzes Fell ihn gut versteckte. Doch hatte er seine Augen nicht bedacht, die selbst das wenige Licht reflektierten und wie zwei glühende Punkte in der Gasse schwebten. Was geschah hier?