Beiträge von Flyn

    Flyn folgte Darcas, als er die Treppe hochging. Wie seltsam es ist, dass man sich hier erst das Du anbieten muss, bevor man sich mit dem ersten Namen ansprechen kann. Hatten die Wesen in dieser Stadt Angst vor Freundschaft oder war es einfach Darcas, der andere lieber auf Abstand hielt? Flyn sah ihn von der Seite ein wenig schief an. Zu Hause ging man ersteinmal davon aus, dass jeder ein Freund war, solange er nichts tat, womit er diesen Vertrauensvorschuss verspielte. Hier war es anscheinend andersherum. Man musste sich die Freundschaft wohl erst verdienen, bevor man jemanden näher an sich heranließ. Flyn begann zu verstehen, wie die Wesen dieser Stadt dachten, doch sie fand es auch ein wenig traurig, dass hier anscheinend jeder vom anderen ersteinmal das Schlimmste erwartete. "Gut, also Darcas dann." Sie erwiderte sein Lächeln, fand aber, dass es irgendwie geschäftsmäßig wirkte. Sollte sie das Du trotzdem als freundschaftlich werten? Um ihre Verunsicherung zu überspielen machte sie sich daran, aus ihrem anderen Ärmel auch noch einen Verband zu schneiden. Sie hatte von unten den schmalen Dolch mitgenommen. Er lag wunderbar in ihrer Hand, wie für sie geschaffen.
    Als sie fertig war, reichte sie Darcas die Verbandsstreifen und betrachtete kritisch ihr Werk. "Naja, jetzt hat mein Kleid immerhin wieder gleichlange Ärmel." Sie grinste ihn schief an. Die Ärmel reichten ihr nur noch knapp bis über die Schultern, sodass ihre gebräunten Arme sichtbar waren.

    Besser so, als wenn hier alles einschläft. Ich finde, es gibt nix schlimmeres, als wenn ein Spiel nur schleppend voran kommt. Ich werd dann immer so ungeduldig. ^^


    Edit: Haha, da war Sanyia schon wieder schneller xD

    "Nein, nein, ist nix passiert." Sie grinste ihn an. Er begutachtete den Dolch und schnitt sich dabei in die Hand. Flyn zuckte zusammen, doch Darcas redete weiter, als ob gar nichts passiert wäre. "Autsch, hat das nich weh getan? Wartet, ich hol schnell was, sonst entzündet sich das noch, wenn du --- Ihr hier weiter im Schmuzt rumwühlt." Jetzt hätte sie ihn schon wieder fast bei seinem Vornamen genannt. Sie verstand das nicht. Diese Stadtmenschen waren wirklich kompliziert. Zu Hause in ihrem Dorf hatte man nur einen Namen, und trotzdem wusste jeder, wer gemeint war.

    Flyn brauchte nicht lange, um festzustellen, dass die Ratte bei diesem Trubel, den die anderen veranstalteten, wohl nicht rauskommen würde. Nun gab es zwei Möglichkeiten. Entweder, sie gab auf, oder sie quetschte sich selbst in das Loch. Da Aufgeben für sie noch nie eine Option gewesen war, wenn es ums Jagen ging, blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als der Ratte einen Besuch in ihrem Loch abzustatten. Erst steckte Flyn ihren Kopf in das Loch, um die Lage auszuloten, dann, als sie keine unmittelbare Gefahr erkannt hatte, ließ sie sich in den schmalen Raum zwischen den Dielenbrettern und dem Lehmboden hinab. Hier unten gab es noch eine zweite Welt, von der die zweibeinigen Bewohner des Hauses selten etwas mitbekamen. Diese Welt war das Domizil von Spinnentieren, Asseln, Wollmäusen und eben auch Ratten. Vorsichtig schlich Flyn sich an die Quelle des Geruchs heran, immer darauf bedacht, keine verräterischen Geräusche von sich zu geben. Das Licht, das durch die Ritzen zwischen den Dielenbrettern fiel, war hell genug, um Flyn eine uneingeschränkte Sicht zu ermöglichen. Leise schlängelte sie sich an besonders großen Dreckhaufen vorbei und zwängte sich unter Querverstrebungen hindurch, bis sie endlich das Nest der Ratte erreicht hatte. Kurz verharrte sie auf der Stelle, beobachtete das Tier in seinem Nest und wollte gerade zum Sprint ansetzten, als sie der Staub so heftig in der Nase kitzelte, dass sie einmal kräftig niesen musste. Die schon sicher geglaubte Beute schreckte hoch und rannte davon. Verärgert setzte Flyn ihr nach, doch die Ratte konnte sich in diesem engen Raum schneller bewegen und war weg, noch bevor Flyn auch nur in ihre Nähe kam.


    Verärgert fauchte Flyn der Ratte hinterher. Mist! dachte Flyn, aber vielleicht hat das Biest ja Junge... Sie ging zum Nest der Ratte und durchwühlte das Polstermaterial, dass die Ratte zusammengetragen hatte. Zwar fand Flyn keine Jungen, dafür aber etwas anderes interessantes. Tief unter dem Unrat lag eine hübscher kleiner Dolch verborgen, der so schmal war, dass er durch die Spalte in der Diele über ihr gerutscht sein musste. Sofern Flyn das beurteilen konnte, war er schön gearbeitet, mit einer einem schmalenGriff, der so flach war, dass er sich mühelos in einem Stiefel oder in einem Ärmel verbergen ließ und einer Klinge, die trotz der ganzen Zeit, die sie hier unten gelegen haben musste, immer noch scharf wie ein Rasiermesser war.
    Flyn beschloss, das schöne Stück ersteinmal nach oben zu bringen, und sie bei Darcas abzuliefern. Auch wenn sie den Dolch gefunden hatte, es war immer noch Darcas, dem er gehörte. Und was für ein Gast wäre sie, wenn sie ihren Gastgeber einfach bestehlen würde! Die Gastfreundschaft war schließlich etwas, dass sie als Tua'Tanai sehr schätze und das es zu achten galt.


    Es war für einen Marder gar nicht so einfach, einen Dolch hinter sich herzuziehen, aber Flyn schaffte es doch, ihn bis zum Loch durch das sie hereingekommen war zu schleifen. Sie ließ ihn aber ersteinmal dort unten, schlüpfte selbst aber aus dem Loch heraus und rannte schnurstracks nach oben, um sich oben zu verwandeln und das Kleid vom Vortag anzuziehen. Dann ging sie wieder nach unten, kniete sich neben das Loch und angelte den Dolch heraus. Darcas war anscheinend im Keller, jedenfalls dm Rumoren nach zu schließen. Also begab sie sich ebenfalls nach unten in den Keller.
    Als sie die letzte Treppenstufe erreicht hatte, wurde sie beinahe von einer fliegenden Kiste getroffen. "Hey, vorsicht, ich mag das nicht so gerne, wenn man Kisten nach mir wirft." beschwerte Flyn sich und trat zu Darcas in den Kellerraum hinein. Er saß auf einem kaputten Stuhl vor einem großen Haufen Waffen, Werzeugen und anderem Kram. "Das hier gehört wohl dazu." sagte sie und reichte ihm den Dolch.

    Flyn war so tief in einem Traum versunken, dass sie überhaupt nicht mitbekam, dass sie beinahe den Tod durch Zerquetschen erlitten hätte. In ihrem Traum schlich sie durch ihre Revier, tief im kühlen, schattigen Wald ihrer Heimat. Sie hatte gerade die Fährte einer Maus aufgenommen, als ihr der Geruch eines anderen Marders in die Nase stieg. Flyn hob den Kopf und sah sich verwundert um. Hatte sie nicht erst gestern allen anderen Mardern des Waldes klar gemacht, dass dies hier ihr Revier war? Was hatte der Fremdling hier zu suchen? Sie entdeckte ihn hinter einem Strauch. Ja, es war ein Marder, eindeutig. Aber er war nachtschwarz und roch irgendwie nach -- Fisch? Verwirrt musterte Flyn ihn. Was suchst du hier, das ist mein Gebiet! rief sie ihm zu. Der fremde Marder lachte bloß überheblich und antwortete: Sicher? Sieh dich doch einmal um! Flyn schaute sich um und musste feststellen, dass sie auf einmal in Darcas' Keller war. Wie bin ich hierher gekommen? fragte sie den schwarzen Marder. Der lachte bloß noch lauter, wobei er immer größer zu werden schien. Und aufeinmal war er auch kein Marder mehr, sonder hatte die Form eines großen Raubfisches angenommen, mit einem riesigen Maul, das mit drei Reihen scharfer Zähne bestückt war. Aus diesem Maul kam ein lautes Zischen, eine Sprache, die Flyn nicht verstand. Verängstigt drehte Flyn sich um und versuchte wegzulaufen, doch sie konnte ihre Beine nicht bewegen, so sehr sie es auch versuchte.
    Plötzlich gab es einen lauten Knall, als die Kiste auf dem Boden aufschlug und Flyn wurde aus ihrem Traum gerissen. Stöhnend richtete sie sich auf und schüttelte sich einmal kräftig, damit der seltsame Traum aus ihrem Kopf verschwand. Ich hätte nicht so viel fressen sollen, dachte sie.


    "...WÄHREND ICH HIER ALLEINE DIE ARBEIT ERLEDIGE!" Flyn brauchte einen Moment, um die Situation zu erfassen. Sanyia saß auf einem der Regale und hielt eine Kiste in den Händen, während Darcas und Liah sich gegenüberstanden, wie zwei Wildschweine, die einen Revierkampf auszutragen hatten. Es lag eine aggressive Spannung in der Luft, die kurz davor stand sich mit einem gewaltigen Knall zu entladen. Flyn dachte schon, dass Darcas gleich auf Liah losstürmen würde, doch er erlangte im letzten Augenblick seine Beherrschung zurück. "Und was ist nun, wollt ihr hier arbeiten oder nicht?" fragte er Liah in seinem normalen höflich-überheblichen Ton.
    Flyn ließ ihren angehaltenen Atem langsam wieder entweichen. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass sie die Luft überhaupt angehalten hatte. Nun, gleichgültig ob Liah nun hier arbeiten wollte, oder nicht, Flyn hatte noch ein Kleid abzubezahlen, und das würde umso schneller geschehen sein, je eher sie mit der Arbeit anfing. Leichtfüßig sprang sie vom Sessel und begab sich an die Arbeit. Sie hatte sich das Ziel gesetzt, den Laden rattenfrei zu bekommen, noch bevor die Sonne wieder unterging. Als erstes war der Verkaufsraum dran. Flink wuselte sie durch den Raum, immer darauf lauschend, wo eine Ratte sich durch ein Fiepen verriet. Es dauerte nicht lang, da hatte sie auch schon das erste Loch im Dielenboden entdeckt, in dem sich vermutlich eine Ratte häuslich eingerichtet hatte. Flyn legte sich auf die Lauer.

    Äh, ich muss gestehen, ich bin verwirrt? Um welche andere Story geht's denn überhaupt? 8|
    Der Ausflug zu Eisenklinges? Aber wenn ihr alle abhaut, komm ich natürlich mit. Selbstgespräche sind auf die Dauer doch etwas eintönig. :D

    Auf Darcas Frage hin nickte Flyn mit dem Kopf, eine menschliche Angewohnheit, die bei einem Marder recht komisch wirkte. Dann rannte sie schnell zur Kellertreppe und wieselte die Treppe hinunter.


    Mit jeder Stufe, die sie tiefer hinabstieg, wurde der Rattengeruch stärker. Und je näher die den Nagern kam, desto mehr wurden die menschlichen Gedanken und Gefühle aus ihrem Kopf verbannt, während die Instinkte des Raubtieres die Vorherrschaft in ihrem Kopf übernahmen. Hier unten war es stockfinster und wäre Flyn noch menschlich gewesen, dann hätte sie die Hand vor Augen nicht gesehen. Ihre Marderaugen nutzen aber auch noch das geringste Restchen Licht, dass durch die offene Kellertür herein fiel und so war es Flyn möglich ihre Umgebung zu erkennen. Der Keller war voll von altem Gerümpel, zig alte Kisten und verstaubte Regale standen im Raum. Das perfekte Versteck für mein Frühstück, dachte Flyn. Und es dauerte auch nicht lange, da nahm sie schon die erste Bewegung in einer Ecke des Raumes wahr. Witternd hob sie ihre Nase in die Luft und sog sie kalt-feuchte Kellerluft ein. Selbst hier unten roch es noch nach Meer und Schlick, stellte Flyn fest. Egal, dachte sie, Hauptsache, die Ratte wittert mich nicht.
    Auf leisen Pfoten schlich sie auf den Stapel alter Körbe zu, hinter dem sie die Bewegung wahrgenommen hatte. Ihre Schnurrhaare bebten vor Anspannung, als sie ein leises Kratzen und Quieken vernahm. Vorsichtig zog sie sich an den Körben hoch, lugte über den Rand und erspähte tatsächlich eine fette Ratte dahinter. Alle ihre Muskeln waren auf das Äußerste gespannt, als sie auf eine gute Gelegenheit zum Sprung wartete. Die Ratte huschte aus ihrer Deckung hervor und blieb kurz sitzen, um sich am Ohr zu kratzen, nicht ahnend, dass der Tod über ihr lauerte. Flyn erkannte ihre Chance und sprang von oben auf die Ratte hinab. Ein zielsicherer Biss in den Nacken, ein lautes Quieken und ein letztes Aufbäumen der Ratte und Flyn hatte ihre Beute erlegt.
    Zufrieden mit sich und der Welt verzog Flyn sich unter einen kleinen Tisch, dem ein Bein fehlte, und begann genüsslich ihre Beute zu verspeisen.


    Als Nachschlag erlegete sie noch zwei kleine Mäuse, dann war sie so voll, dass sie es kaum noch die Treppe hinaufschaffte. Oben angkommen, machte sie es sich auf dem Sessel bequem, den Darcas als Nachtquartier genutzt hatte, und hielt ein kleines Verdauungsschläfchen.

    Flyn wachte auf, geweckt von ihrem laut knurrenden Magen. Immer noch ein wenig verschlafen blinzelte der Marder in das Licht des anbrechenden Tages. Gähnend setzte Flyn sich auf, streckte ihre Glieder und schüttelte ihren Kopf einmal kräftig, um die Reste des Schlafes zu vertreiben. Nach einer kurzen Morgentoilette nach Marderart (ähnlich wie die Fellpflege bei Katzen) sprang sie vom Sofa und lief zur Tür. Zwar war diese geschlossen, aber eine kurze Kletteraktion und ein geschickter Sprung lösten das Problem. Laut knarrend schwang die Tür auf und der Weg zum Rattenkeller war frei. Flyn lief schon das Wasser im Maul zusammen, als sie durch den Flur und die Treppe zum Verkaufsraum hinunter flitzte. Auf der letzten Stufe blieb sie allerdings überrascht stehen. Darcas und Sanyia standen dort und schienen ein interessantes Gespräch zu führen, dabei hatte Flyn geglaubt, die einzige im Haus zu sein, die schon munter war. Kurz war sie versucht, das Gespräch von den zweien zu belauschen, entschied sich dann aber dagegen. Der ohnehin misstrauische Darcas hätte sie bestimmt sofort rausgeschmissen und obwohl sie sich noch nicht entschieden hatte, ob sie ihn nun mochte oder nicht, war er erst einmal der einzige in dieser Stadt, der ihr ein Dach über dem Kopf anbot. Also wollte sie es sich auch nicht mit ihm verscherzen. Guten Morgen, fiepte sie in Mardersprache.