Flyns Schnauze streckte sich witternd in die Luft. Ihre Schnurrhaare zitterten leicht, als sie den den Geruch der Straßen aufnahm. Fisch! Überall stank es erbärmlich nach Fisch! Angewidert stieß sie die Luft wieder aus. Was war das bloß für ein seltsamer Ort, an den sie der Magier - oder was auch immer er gewesen sein mochte - verschleppt hatte. Kein Lüftchen schien sich in den Straßen zu regen und kein Hauch vertrieb den elenden Geruch. Es gab ja vieles, was ihr als essbar erschien, anderen jedoch eher den Magen umdrehte, aber verfaulten Fisch rührt selbst Flyn erst an, wenn sie kurz vorm Verhungern stand. Und so weit war es noch lange nicht.
Behende kletterte der kleine Marder eine Kiste voller dicker Taue hinauf, um sich einen besseren Überblick zu verschaffen. Mit dem langen Schwanz rudernd, suchte sie Halt auf dem schmalen Rand der Kiste, setzte zum Sprung an und hechtete mit einem gewaltigen Satz auf den vorspringenden Sims eines Fachwerkhauses. Von dort aus war nur noch eine kleine Anstrengung nötig, um das Dach des Gebäudes zu erklimmen. Oben angekommen erkannte sie, dass sie nicht allein auf dem Dach war. Ein fetter Kater schlug sich gerade mit einem alten Fischkopf den Bauch voll und fauchte erbost, als er Flyn bemerkte. Flyn fauchte zurück. Ein kurzer Kampf entbrannte, in dem der Kater nicht nur sein Nachtmahl verlor, sondern auch ein großes Büschel Fell einbüßte. Zufrieden mit sich selbst ließ Flyn ihren Blick über die Szenerie wandern, die sich unter ihre ausbreitete.
Offensichtlich stand das Haus am Hafen der Stadt, denn nur wenige Meter weiter schwappte dunkles Wasser träge gegen die Kaimauern. Ein wenig weiter konnte Flyn ein paar Boote ausmachen, die fest vertäut im Hafenbecken lagen und sanft von den Wellen gewiegt wurden. Auf der anderen Seite des Hauses erstreckte sich ein schier endloses Netz von engen Gassen und steilen Dächern. Die schwarzen Knopfaugen des Marders weiteten sich in Schreck und Erstaunen. Eine solch große Ansammlung von Häusern hatte sie noch nie gesehen, ebensowenig wie das Meer, das an den Kaimauern leckte. Einen Moment lang verharrte Flyn regungslos auf dem Dach und ließ den Anblick auf sich wirken. Eine Bewegung auf einem der Stege unter ihr, veranlasste Flyn schließlich vom Dach herunterzuklettern, um sich die Bewohner dieses seltsamen unnatürlichen Ortes anzuschauen. Sie war neugierig auf die Wesen, die es fertigbrachten in einer solchen Umgebung zu leben.
Geräuschlos huschte sie von Schatten zu Schatten auf das Wesen zu, dass sich erst über das Wasser gebäugt hatte und sich nun vor einer großen Kiste niedergelassen hatte. Vorsichtig näherte Flyn sich dem Wesen mit der nachtschwarzen Haut. Wie ungewöhnlich, dachte sie, so ein Wesen habe ich noch nie gesehen.
Flink kletterte sie auf den Kistenstapel, an den sich das Geschöpf lehnte und streckte neugierig ihren Kopf hervor, um das fremde Wesen besser betrachtenzukönnen.