Beiträge von Liah

    Liah beachte die Feenelfe nicht und grüßte ebenso wenig die Frau.
    Sie kaute nur gelangweilt auf einem Zahnstocher herum, hatte sich wieder auf dem Verkaufstisch breitgemacht und begann nach einer Weile ihre Fingernägel nach Yassalar Art mit ihrem Dolch spitz zu schleifen.
    Als die Frau sprach musterte Liah sie langsam und gründlich. Das fiel wohl nicht in ihren, sondern in Darcas Aufgaben Bereich.
    Solche Schönheiten wollten einen Dolch als Schmuckstück und nur um den Anschein zu wecken sie könnten damit umgehen. Das machte sie dann interessanter für Vertreter des anderen Geschlechts, Männer wie Darcas eben.
    Bei den Worten "etwas Passendes für mich" schielte Liah nur auf ihren Zahnstocher und drehte ihn dann betont lange und auch recht auffälig.
    Dann fuhr sie fort mit ihrer doch sehr speziellen Maniküre.
    Das einzige was ihr noch auffiel war, dass es recht angenehm roch, der Duft war wohl durch die offene Tür herein getragen worden.

    Ihr Fuß war inzwischen glühend heiß und pochte unaufhörlich. Durch die Verletzung war genügend Adrenalin in ihrem Blut, dass sie noch recht nüchtern war.
    Trotzdem schüttelte sie Darcas' Hand nicht ab. Irgendwie gefiel ihr diese Geste der Vertrautheit, auch wenn sie vielleicht andere Gründe hatte.
    Und ein wenig Halt konnte sie außerdem gut gebrauchen, denn sie konnte ja nur ein Bein belasten.
    Der hereinflatternden Feenelfe blickte sie eher skeptisch nach. Eine tolle Werbung wäre das, wenn sie überall in der Stadt rumflöge und rief "Kommt in den Laden von Darcas, da glänzt alles schön!"
    Bei diesem Gedanken stahl sich unwillkürlich ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht. Es war allerdings auch genauso schnell wieder verschwunden.
    "Darcas..." raunte sie ihm zu, "...das...ist doch nicht dein Ernst...oder? Mit dieser...Elfe?"
    Sie musterte das Wesen noch immer mit zusammengezogenen Brauen, während sie sprach.

    In dem Moment, als er ihre Seite verließ, um die Tür abzuschließen, ging ihr langsam ein Licht auf, wovon wohl gerade die Rede war.
    Mit diesem Thema war sie komplett überfordert, ihre Augen wurden groß. Mit ihrer Flucht aus Zarasshin war natürlich auch ihre Verlobung gelöst. Sein Gesicht tauchte vor ihrem inneren Auge auf. Kurz darauf ein anderes, sehr viel angenehmeres. Und darauf folgte der Kloß in ihrem Hals. Sie angelte nach ihrem Hut und klatschte ihn auf ihren Kopf, obwohl sie sich in diesem Moment lieber selbst geohrfeigt hätte.
    Sie hatte sich in den letzten Tagen nicht nur eine Blöße vor Darcas gegeben. Das Reden im Schlaf, das Besäufnis, das Messer im Fuß...
    Mit zusammen gebissenen Zähnen schlüpfte sie in ihre Stiefel und humpelte auf die Tür zu.
    Obwohl sie versuchte sich zusammen zu reißen, wirkte sie dabei mehr wie ein begossener Pudel, als wie eine stolze Raubkatze, die man üblicher Weise in Yassalarfrauen sah.
    "Ich geh noch was trinken", nuschelte sie, als sie sich an ihm vorbei und durch die Tür quetschte.

    Sie blickte von seinem Gesicht zu der Hand, die auf ihrer Schulter ruhte und wieder zurück. Hatte sie irgendetwas verpasst?
    Was sollte diese freundschaftliche Geste plötzlich?
    Sein Lächeln verhieß nichts gutes, aber sie konnte sich keinen Reim daraus machen. Nahm er sie gerade gewaltig auf den Arm und sie merkte nichts davon?
    "Eine Zeichnung? Wovon denn?", meinte sie und man konnte an ihrem Tonfall eindeutig hören, dass ihre Verwirrung nicht gespielt war.

    Ein Grinsen glitt über Liahs Gesicht, sie verbarg es jedoch recht schnell unter ihrer Hand, die sie ans Kinn legte, denn sie hatte jetzt kein Nerv für eine erneute Auseinandersetzung mit Darcas.
    Der Priester hatte den Nagel auf den Kopf getroffen, genau deswegen wagte sie es, sich mit jedem anzulegen. Worte prallten meist an ihr ab wie die Brandung an einem Felsen, so wie der erste Kommentar Merdons.
    Doch während Darcas' Gardinenpredigt an ihr vorbeirauschte, rief sie sich die Worte noch einmal genauer in Erinnerung.
    Noch nie hatte sie jemand Weib genannt.
    Körperliche Zufriedenheit? Sie war rundum zufrieden mit ihrem Körper, bis auf die vorübergehenden Schmerzen in ihrem Fuß.
    Mit zusammengezogenen Augenbrauen blickte sie an sich herunter. Hatte sie etwa in letzter Zeit aufgrund des mangelnden Trainings Fettpölsterchen angesetzt und war in Merdons Augen kein würdiger Gegner?
    "Ein ander Mal", sprach sie und deutete auf ihren verletzten Fuß, "zeig' ich Euch gern wie wenig Weib in mir steckt."
    Liah machte eine Pause und fragte dann mit offensichtlicher Verwirrung in der Stimme und in der Hoffnung wenigstens darauf noch eine Antwort zu bekommen, bevor der Mann den Laden verließ: "Und was zum Henker meint Ihr mit "mangelnder körperlicher Zufriedenheit"?"

    Liah nahm die Münzen mit gespielt beiläufigem Gesichtsausdruck aus Darcas Hand, erst als sie sich von ihm abwandte, zeigte sich die Selbstgefälligkeit in ihrer Miene. Vielleicht würde es gar nicht mehr so lange dauern und es gab nur noch eine Angestellte in diesem Laden.
    Das weitere Geschehen betrachtete sie anfangs mit mäßigem Interesse, doch als die Fremde mit diesem zugleich religiös bedeutungsvollen und leicht bessenem Gesichtsausdruck auf sie zu schwankte, als wäre sie gerade von den Toten auferstanden, sprang die Yassalar instinktiv von der Theke auf und humpelte sich in Sicherheit.
    Als sie den ersten Schrecken überwunden und Merdons Worte gehört hatte, zeichnete sich in ihrem Gesicht eine Mischung aus Verzweiflung, die wohl daher rührte, dass sie glaubte in einem Raum voller Wahnsinniger eingesperrt zu sein und Ekel, angesichts solcher pathetischen Reden ab.
    "Liebe Narions? Feuer der Gerechten? Sieht eher aus, als hätt' ihr das Feuer der Gerechten da oben", sie tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfen, "'n bisschen was weggebrannt."
    Merdons Nachsatz entlockte ihr nur ein müdes Augenrollen. "Oh ja, ich wette in Euerm Bett is' genug Platz für zwei."
    Liah sah die Gefahr als gebannt an, nun da die Frau wieder einigermaßen bei Sinnen schien und humpelte betont langsam - plötzliche Bewegungen könnten vielleicht einen erneuten Anfall auslösen - zum Tresen zurück.
    "Das is' ja was ganz Neues, diese Priesternummer", murmelte sie, "naja, wenigstens kann ich jetz' meinen Dolch behalten."
    Sie zog das Messer mit einem Ruck aus der Tischplatte und schob es unter ihren Gürtel.

    Musste Liah bei der Rede des Priesters selbst das Lachen unterdrücken, fand sie es bei Darcas unangebracht, denn sie wusste, dass der Yassalar nicht über die plumpen Bestechungsversuche, sondern über sie lachte.
    Ein leises Knurren kam ihr über die Lippen, bevor sie sich wieder dem Narion Anhänger zuwandte.
    "Eine Klinge von Zi'llail Anhängern geschmiedet und Jahre lang von einer solch'n getrag'n soll Narion ausgesucht haben?"
    Sie machte eine dramatische Pause und sah Merdon mit funkelnden Augen an.
    "Wenn Ihr glaubt ich bräuchte Ausbildung in einem Eurer....Tempel, dann unterschätzt Ihr mein Können. Und vielleicht arbeite ich gern in 'nem Waffenladen.
    Und vielleicht -"
    , ihre Hand schnellte zu dem Dolch, sie rutschte so weit vom Tisch herunter wie es eben sein musste, um Merdon dann den Dolch sachte an den Hals zu legen, " - hab' ich meine eigenen Methoden, Männer vor mir knieen zu lassen."

    Liah hatte dem Gespräch nicht wirklich folgen können, hatte sie sich doch darauf konzentriert den Schmerz in ihrem Fuß zu unterdrücken.
    Erst als sie Darcas' Hand sah, blickte sie auf. Natürlich wusste sie sofort was er wollte, als ihr Blick auf den prallen Geldbeutel des Kunden fiel.
    Trotzig wie ein kleines Kind verschränkte sie die Arme vor der Brust, nachdem sie den Dolch aus seiner Reichweite geschoben hatte.
    "Nein", sagte sie bestimmt in derselben Sprache und funkelte Darcas dabei wütend an.
    Was fiel ihm ein, einfach so ihre Waffen an Kunden zu versprechen? Noch dazu eine, die sie aus Zarasshin mitgebracht hatte.
    Vielleicht könnte dies die letzte von Yassalar geformte Klinge sein, die sie je in die Hände bekam.
    "Nein", wiederholte sie, "die ist nicht zu verkaufen."

    Sie hatte es gewusst, noch bevor seine Hände ihren Fuß berührten. Darcas war so durchschaubar, dass sie die Situation schon fast wieder als amüsant empfand.
    "Noch ein bisschen fester, bitte", meinte sie und versuchte dabei ihre Stimme möglichst ruhig klingen zu lassen, obwohl sie bereits höllische Schmerzen hatte.
    Als Merdon nach dem Preis fragte, beeilte sie sich, Darcas zuvor zu kommen. Immerhin war der Dolch aus ihrem eigenen Arsenal, doch sie war sich sicher, dass ihr Arbeitgeber auch davor nicht zurückschreckte.
    "Der ist nich' zu verkaufen", platzte sie heraus.

    Liah presste die Zähne zusammen, als Darcas ihr die Flüssigkeit über den Fuss goss. Er ging wenig vorsichtig mit ihr um, aber sie wusste, dass sie solcherlei Milde auch nicht verdient hätte. Nun hatte er sie in der Hand, bzw. ihren verletzten Fuss in der Hand und konnte sich so richtig daran auslassen.
    Sie hoffte nur, dass er die schlagartige Wandlung ihres "Verkaufsgesprächs" nicht mitbekommen hatte.
    Als der Schmerz von einem dumpfen Pochen abgelöst wurde, richtete sie ihren Blick wieder auf die fremde Frau. Trotz allem hatte sie ihre Worte gehört und reagierte jetzt mit einem amüsiertem Lächeln darauf. "'ne gefährliche Vorliebe. Die blitzende Klinge, die ihr gerade noch verzückt betrachtet, kann Euch im nächsten Moment schon die Kehle durchschneiden."
    Sie wusste nicht, ob diese Frau sich durch solche Worte abschrecken ließ, wie eine harter Brocken sah sie zumindest nicht aus. Das tat Saniya allerdings auch nicht.

    Liah verkniff sich mühevoll jegliche Gesichtsregung und biss sich fast die Zunge ab, als er den Dolch heraus zog. Sie hatte die Frau natürlich schon früher gesehen, jedoch nicht gewagt den Mund zu öffnen.
    Nun blickte Liah ihr mit hochgezogener Augenbraue entgegen, als hätte sie diese Frage gestellt, nachdem man die Yassalar mit einer Nadel gepiekt hätte. "Seh' ich etwa so aus als würd's sehr weh tun?" Sie machte eine Pause, während der sie die Fremde unverholen musterte.
    "Habt Ihr Interesse an einer Waffe, oder habt Ihr bloß geglaubt Ihr müsstet mich retten, bevor man mir den Fuß abschneidet?"
    Erst nachdem sie diese Worte ausgesprochen hatte, wurde ihr bewusst, dass sie sich immer noch im Beisein des Kunden befand, vor dem sie soeben die höfliche Verkäuferin gegeben hatte. Konnte man das noch aufgrund der starken Schmerzen entschuldigen? Aber hatte sie nicht gerade geleugnet welche zu haben?
    Liah ohrfeigte sich in Gedanken selbst. Gut, dass Darcas gerade nicht in der Nähe war. Das hoffte sie zumindest.

    Wie sie es hasste in diesem Moment derart abhängig von dem Fremden zu sein. Aber sie war nicht wütend auf ihn, denn schließlich war er gerade dabei sie zu befreien, was sie allein nicht vermocht hätte. Nein sie war so wütend auf sich selbst, dass sie sich am Liebsten nach dem Messer gebückt und es in der Wunde gedreht hätte.
    So aber griff sie ohne zu zögern nach der Flasche und begann in großen Schlucken zu trinken. Ihre Fingernägel bohrten sich tief in die Tischplatte des Tresens hinter ihr, um es zu vermeiden bei dem Bevorstehenden irgendeinen Laut von sich zu geben.

    Liah hatte Mühe ihm zu folgen, hatte er doch einen völlig anderen Stil als ihre bisherigen Gegner. Sie hob ihre Klinge bei seinen Antäuschungen ein ums andere Mal und kam sich dabei reichlich dämlich vor.
    Den richtigen Stoß parierte sie nur mit Mühe und Not, mehr aus Glück als durch Können und sie bog ihren Rücken dabei soweit durch, dass es hässlich knackte.
    Während sie versuchte sein Blatt nach links außen zu drücken, spürte sie, wie etwas aus ihrem linken Ärmel hinausflutschte. Noch bevor sie begriffen hatte was es war, steckte das Messer auch schon in ihrem Fuß. Ein leises Keuchen konnte sie sich nicht verkneifen, die Tränen schossen ihr in die Augen. Sie verharrte regungslos, versuchte das Pochen in ihrem Kopf auszublenden und überlegte, wie sie sich am Schnellsten aus dieser peinlichen Lage befreien konnte. Eindeutig zu viel Schwung für einen Degen, das Messer hatte sich nicht nur in ihren Fuß gebohrt, sondern anscheinend auch noch ihren Stiefel an die Bodenbretter genagelt.
    Mit zusammengebissenen Zähnen zerrte und rüttelte sie einen Moment, gab jedoch schließlich auf.
    Manierlichkeit war beim Kämpfen einfach fehl am Platz, das war zu viel für sie, völlige Überlastung.

    Merdon wirkte auf sie tatsächlich wie ein erfahrener Kämpfer. Sie fand Gefallen an dieser kleinen Vorstellung, wenn auch nicht so sehr, wie an den Kämpfen mit Darcas, denn die Sache war ihr etwas zu entspannt. Hier konnten ihr üblicher Siegeswille und ihre Leidenschaft beim Fechten nur schwerlich aufkommen. Dennoch stimmte sie in sein Lachen mit ein. Allerdings leise und dezent und verkniff sich jeglichen Kommentar.
    Ganz darauf fixiert die höfliche Verkäuferin zu geben, wartete sie einen Moment ab und wagte dann einen weiteren, sehr gemäßigten Vorstoß zu seiner Rechten.

    Liah war froh, dass er diesen Nachsatz gesagt hatte, denn nun würde ihr übliches Feuer im Kampf zumindest teilweise ausbleiben.
    Sie konzentrierte sich ganz auf die Waffe in ihrer Hand. Wann hatte sie zuletzt einen Degen geführt? Wohl bevor sie in der Lage gewesen war eine schwerere Klinge zu halten. Sie musste aufpassen, dass sie nicht zu viel Schwung holte und ins Stolpern kam. Diese Blöße wollte sie sich selbst in einem solchen Kampf wie diesem nicht geben, vor allem nicht vor Darcas.
    Sie parierte den Stoß reflexartig und versuchte die überschüssige Kraft, die sie in die Bewegung gesteckt hatte, in einer Drehung zu kaschieren, ließ den Degen sogleich wieder auf seine linke Seite zufahren, als wolle sie ihm die Rippen herausschneiden.

    Liah hatte sehr wohl verstanden, was Darcas ihr sagen wollte und warum er es nicht direkt gesagt hatte. Doch ihr Gegner sollte ruhig sehen, mit wem er es zu tun hatte. Und zugleich hoffte sie ihm damit verständlich zu mache, dass sie etwas von ihrem Handwerk verstand.
    Sie legte also den Degen wieder auf dem Regal ab und ließ unverholen ihre Jacke von den Schultern gleiten, sodass ein wahres Waffenarsenal zum Vorschein kam.
    "Ja, das wäre durchaus nützlich", meinte sie und zog nacheinander die Messer und Dolche unter ihrem Gürtel hervor, aus den Ärmeln, sogar aus den Stiefeln zauberte sie noch Klingen hervor und warf alles in ihren Hut, den sie dann Darcas überreichte.
    "Ich werde mich mit dieser einen Waffe begnügen, denn schließlich gilt ihr ja Euer Interesse, nicht wahr?", wandte sie sich wieder an den Kunden.
    Liah nahm den Degen wieder vom Regal und wirbelte ihn kurz in der Luft herum, um sich an die Klinge zu gewöhnen.
    Sie nahm, wie schon ein paar Stunden zuvor, ihre Kampfhaltung ein, in der sie mehr einem Raubtier als einer Frau ähnelte und wartete darauf, dass er den Anfang machte.

    Liah legte den Kopf etwas schief und neigte ihn zu einem sachten Nicken, ganz so als ob sie ihn gerade als Kellnerin in irgendeinem Schankraum bewirten würde.
    Ihr Griff schloss sich fest um den Knauf des Degens, sodass die Fingerknöchel hervortraten. Ihr Blick ruhte auf der Klinge in seiner Hand und sie blinzelte einige Male.
    "Möchte der Herr, dass ich ihm die Vorzüge dieser Klinge in einem Kampf gegen ihn selbst zur Schau stelle?", fragte sie ruhig.
    "Ihr könntet sie wohl besser erfassen, wenn Herr Aatelisto", sie wies mit der freien Hand über die Schulter, "diese Rolle übernimmt."
    Natürlich wusste sie, dass dem nicht so war und als erfahrener Kämpfer wie sie ihn einschätzte, wusste er das auch. Sie hatte lediglich Angst ihn versehentlich zu verletzen und ihn damit als Kunden zu verlieren.