Beiträge von Daerid Canvele

    Die Wangen noch immer hochrot verfolgte Maiye aufmerksam jedes Wort und versuchte zu verstehen, was die schöne Frau sagte und was es denn wohl bedeuten mochte. Es war ihr noch sehr präsent, dass Lombard ihr eindringlich erklärt hatte, jedem noch so kleinen Wink der Dame Folge zu leisten...... aber das jetzt hier ? verwirrte sie in höchstem Maße. Was wollte sie denn jetzt ? Alle gemeinsam essen ? Hier essen - mit ihr ? Oder unten mit..... ? "Bibitte.. verzeiht m-mir Herrin!" bat sie etwas haspelnd. "Wo und wie wünscht Ihr das Frühstück einzunehmen ?" Maiye klammerte sich tapfer an das, was sie glaubte, verstanden zu haben. "Ihr wünscht mit Lombard zu sprechen ? Oh, er ist in der Küche und richtet unser Früh....... Soll ich ihn her holen, Herrin ?"

    Verstohlen hatte Maiye immer wieder mal zu der schönen Dame hin geblinzelt. Der Brief ihres Dienstherrn schien sie jedoch zu erfreuen. Und Maiye freute sich mit ihr. So eine nette freundliche Dame! Atashkada's Frage ließ die Wangen des Mädchens heftig erglühen. Verlegen stotterte es herum. "Nein... Ja.... nein, ein Glas Milch in der Früh .... wisst Ihr, Herrin......" Maiye fasste sich ein Herz. "Wir frühstücken immer alle unten in der Küche, wenn...." der Frühdienst geschafft war. Aber wie sollte sie der Dheoran sagen, dass SIE ja der Frühdienst war heute.... Wobei die Kleine weiche Knie bekam, wenn sie an die vielen guten Leckereien dachte, die sie gerade noch eigenhändig herein getragen hatte. "Wir alle, wisst Ihr...." Wenigstens die Frage nach den Kleidern brachte das Dienstmädchen wieder auf sicheres Terrain zurück. "Eure Kleidung wurde gereinigt und frisch aufgebügelt." erklärte sie stolz. "Ich werde sie sofort holen, wenn Ihr.... frühstückt....... Oder badet, Herrin."

    Maiye nickte lächelnd und entspannte sich sichtlich. "Ich werde dann erst nur eindecken bis Ihr Euch entschieden habt." antwortete sie und ließ den Worten unverzüglich Taten folgen während die Dame sich den Zeilen widmete, die Daerid Canvele für sie da gelassen hatte.



    Hochverehrte Atashkada aus dem Feuer des Nelio ! ..... stand da zu lesen, in klarer flüssiger Schrift - jeder Schnörkel wie der andere gesetzt.


    Es gibt in keiner mir bekannten Sprache Worte, die Euch und der zurückliegenden Nacht auch nur im Mindesten gerecht werden könnten, schöne Dheoran. Seid versichert, dass ich weder Euch noch sie jemals vergessen werde.


    Sicher erinnert Ihr Euch noch daran, Verehrteste, was ich Euch gestern über das Los einer Frau an meiner Seite gestand. Ich bin untröstlich, dass ein wichtiger Geschäftstermin es mir unmöglich macht, diesen Morgen mit Euch gemeinsam zu verbringen. Und ich vermag nicht zu sagen, wann ich zurück sein werde.


    Es ist mir bewusst, dass dies nicht zu entschuldigen ist.
    Seid mein Gast solange es Euch beliebt. Mein Haus und meine Bediensteten unterstehen jeder Eurer Anweisungen. Da ich aber weiß, dass Ihr es nicht lange hinter Mauern aushaltet, steht zu Eurer jederzeitigen Abreise meine Kutsche zur Verfügung.


    Sollten unsere Wege sich in der Zukunft abermals kreuzen, schöne Atashkada, würde ich mich überaus glücklich schätzen, wenn Ihr Euch ebenfalls an mich erinnern werdet. Solltet Ihr je Hilfe benötigen, die ich gewähren könnte, so zögert nicht, mich zu kontaktieren.



    Euer guter Freund
    Daerid Canvele



    Maiye warte mit sittsam ineinander verschlungenen Händen und niedergeschlagenen Augen am nun mehr gedeckten Tisch bis Atashkada zu Ende gelesen hatte.

    "Dann wünscht Ihr vorher vielleicht auch noch einmal zu baden, Herrin ?" fragte die Kleine - etwas zu gespannt, um noch als höfliche Dienstbotenfrage durchzugehen. Nur zu gerne hätte sie gefragt, wie der Dame das Mosaik gefiel, aber das wäre ein echtes Vergehen gewesen. Nicht im Bett. Maiye nickte, auch wenn sie es nicht verstand. "Dann serviere ich derweil bei der Sitzgruppe ?" fragte sie höflich und deute dezent auf jene, da die schöne Dame zuerst die Nachricht lesen mochte. Maiye grinste verschwörerisch, was sich natürlich ebenfalls nicht geziemte, aber die Dheoran hatte so offenherzig ihre Neugier eingestanden, dass das junge Mädchen sich nicht beherrschen konnte. "Einen Moment bitte!" bat sie und huschte wieder zum Tablett hinüber, von dem sie einen Umschlag nahm und Atashkada zusammen mit einem Brieföffner, den sie vom Sekretär nahm, mit tiefem Knicks überreichte. "Wünscht Ihr Kaffee oder Tee, Herrin ? Einen Saft dazu ? Lombard bittet untertänigst um Eure Nachsicht, dass wir heute Morgen nur Pfirsichnektar reichen können." Maiye lief rot an bei diesen Worten und ihre Hände fassten nervös in die blütenweiße Schürze ihrer adretten Dienstmädchenuniform.

    Leise pochte es an die Tür, die sich unmittelbar darauf öffnete. Maiye spähte durch den Türspalt..... und sah die schöne Dame wach auf dem Rand des Bettes sitzen. Sie öffnete die Tür weiter und strahlte die Dheoran mit frischen rosigen Wangen an. "Guten Morgen, Mylady. Ich hoffe, Ihr hattet eine angenehme Nacht. Ich habe hier Euer Frühstück!" verkündete das Mädchen fröhlich und verschwand kurz aus der Tür, um von einem mitgeführten Wägelchen ein immenses Tablett zu heben und zu Atashkada hinein ins Zimmer zu tragen. Vorsichtig und unter dem sichtbaren Gewicht leise ächzend schleppte Maiye es zum Sekretär und stellte es zunächst ab. Flink huschte sie dann zurück und schloss die Tür, nur um sogleich etwas Weiches, Flauschiges zu ergreifen und der Dheoran höflich anzubieten in den molligen Überwurf hinein zu gleiten. "Frühstückt Ihr im Bett, Herrin ?" fragte sie dabei aufmerksam. "Der Herr hat eine Nachricht für Euch da gelassen. Möchtet Ihr sie sogleich lesen oder erst nach dem Frühstück ?"

    In gleichmäßigem Tempo glitt die Straße unter den Rädern der Kutsche dahin. Der Morgen war nicht mehr taufrisch, aber auch noch nicht alt zu nennen. Er fand Daerid Canvele auf dem Weg zu einem alten Bekannten mit neuem Auftrag vor, wie üblich auf das Sorgfältigste gekleidet und vorbereitet. Pieksauber die Kutsche, auch wie gewöhnlich. Ungewöhnlich war nur, dass der Valisar nicht unauffällig und wachsam die Umgebung sondierte und jede auch noch so kleine Gegebenheit auf dem Weg registrierte. Stattdessen starrte er auf die spiegelglatte Oberfläche des Schutzbügels vor sich und hing mit den Gedanken der vergangen Nacht nach. Nicht einmal das war ungewöhnlich - Daerid ging jede seiner erledigten Auftragsarbeiten wieder und wieder gedanklich durch, sezierte jede Bewegung, jeden Handgriff, jedes Manöver darauf, ob es nicht eventuell doch noch zu optimieren gewesen wäre. Ob es nicht doch etwas gab, das er zukünftig besser machen könnte. Aber nicht nach einer solchen Nacht. Sie war regelmäßig vergessen sobald der Assassine sich erhob und die beteiligte Person spätestens dann, wenn er die Tür hinter sich schloss. Bei der Dheoran war es anders. Sein Körper fühlte sich über die Massen matt, satt und befriedigt an - aber erheblich mehr beschäftigte den Valisar der Eindruck, er sei Teil eines überaus perfekten Kunstwerks gewesen. Einem Kunstwerk aus ungeahnter Anmut, Schönheit, Ästhetik und lodernden Flammen, welches seine Sinne auf eine Weise angesprochen hatte, wie es ansonsten nur ein perfektes Gemälde, ein virtuos dargebrachtes Musikstück oder vielleicht noch der Anblick eines edlen prächtigen Pferdes hervor riefen. Und Daerid konstatierte für sich, dass er nichts dagegen hätte, eine solche Begegnung mit Atashkada zu wiederholen. Er verspürte tatsächlich ein gewisses Interesse daran, ob dieser höchst ungewöhnliche Effekt sich wohl abnutzen würde, wenn er sie abermals besäße...... oder Bestand hätte wie bei einem perfekten Gemälde, welches man wieder und wieder betrachtet und das einen doch jedes Mal erneut in seinen Bann zu schlagen versteht.
    Die Kutsche hielt an und Daerid verbannte auf der Stelle und mühelos jeden weiteren Gedanken an Atashkada. Arbeit war angesagt - und dabei duldete der Valisar keinerlei Ablenkung. Regungslos wartete er ab, bis sich die Tür für ihn öffnete. Elegant verließ er die Kutsche und musterte kühl das Gesicht seines jungen Dieners, welcher dafür verantwortlich gewesen war. "Soll ich warten, Herr ?" fragte dieser ehrerbietig.... und noch eindeutig zu linkisch für Daerid's Geschmack. Aber es hörte sie gerade niemand. Hier im Adelsviertel war zu dieser Tageszeit, wenn im Seeviertel schon das Leben tobte, noch ein gemächlicheres Tempo an der Tagesordnung. Ein knappes, verneinendes Kopfschütteln. "Ihr kehrt zurück und haltet Euch bereit!" ordnete der Assassine an. "Sehr wohl, Herr!" der junge Kerl verneigte sich tief und hastig - und erkletterte wieder seinen Kutschbock hinter dem Fahrgastbereich. Mit leicht zusammen gekniffenen Augen sah Daerid ihm dabei zu, wie er anfuhr, wendete und den Weg zurück nahm. Erst als die Kutsche außer Sicht war, setzte auch der Assassine seinen Weg fort - zum wirklichen Treffpunkt mit seinem Auftraggeber....

    Daerid kommentierte das Geplänkel nicht mehr sondern musterte die Konturen ihres edlen Gesichts als Atashkada den Kopf halb zu ihm herum drehte. Schön wie eine Statue und die tiefschwarzen gelösten Haare glänzten wie das makellose Gefieder eines Raben mit der spiegelglatten Wasseroberfläche hinter ihnen um die Wette. Seine Augen bohrten sich besitzgreifend in ihre hinein. Sehr langsam hob er die Hand an ihre Wange und drehte Atashkada's Gesicht noch eine Idee weiter zu sich herum, überwand den Hauch der Distanz zwischen ihren Körper und registrierte genau den feinen Schauer körperlicher Erregung, die dabei in ihm entflammte. Sein Leib hatte sich dem hier entgegen gesehnt aber auch sein gefühlloser Geist war mehr als angetan von dem Gefühl des wohlproportionierten Körpers der Dheoran an seinem eigenen, welches durch die hauchfeinen Seidenstoffe kaum gefiltert wurde. Der Brustkorb des Assassinen dehnte sich weit unter einem sehr bewussten, tiefen Atemzug und er senkte seinen Mund auf ihre Lippen. Ehrerbietig und behutsam und erst nach einer Weile erkundete er etwas fordernder Atashkada's Mund, zog sich aber alsbald zurück und sah wieder in ihr Gesicht. "Jede Sekunde Warten seid Ihr unzählig viele Male wert gewesen, Atashkada aus dem Feuer des Nelio." flüsterte er, die Stimme etwas rau und etwas bebend - es klang genau wie es klingen sollte in seinen Ohren. Und doch lag eine seltsame Wahrheit in seinen Worten. Er kannte keine Ungeduld, hätte keinerlei Bedauern oder Wut darüber empfunden, wenn die Dheoran ihn in letzter Sekunde abgewiesen hätte - und dennoch spürte er, dass es seinem Körper Frustration in bisher unbekannter Dimension beschert hätte. Allein dafür, für diese neue Erfahrung, war Atashkada jedes Werben wert gewesen. Spielerisch glitten seine Hände um ihre Hüften und drehten sie zu ihm um, lösten das Band des seidenen Überwurfs, so dass er auseinander klaffte und er den Anblick ihres nackten Körpers in sich aufnehmen konnte. Nein .... 'zufrieden' wäre der Dheoran nicht einmal annähernd gerecht geworden, befand der Valisar in ihm. Mit fast arrogantem Lächeln strich Daerid ein paar widerspenstige Strähnen von Atashkada's Lockenpracht hinter ihr Ohr zurück und hob sie dann in fließender müheloser Bewegung auf seine Arme. "Ich gehe doch recht in der Annahme, dass Ihr ein Bad nehmen wolltet, Verehrteste ?" hauchte er in ihr Ohr hinein und wand sich gemessenen Schrittes der Treppe zu, die in das Wasserbecken hineinführte.

    Maiye nickte, die Wangen noch immer rot und vergaß über all den Worten der schönen Frau beinah, tief zu knicksen bevor Atashkada das Gemach verließ. Gerade noch rechtzeitig versank sie darin........ und zog sich dann augenblicklich aus dem Raum zurück, nachdem es die Kleidung der Dame an sich genommen hatte, wie ihr aufgetragen worden war.



    Die Tür öffnete sich und die Dheoran betrat das Badehaus. Daerid bewegte sich nicht und beobachtete, wie sie sich zunächst um sah und dann zu dem Wandbild hinüber ging. Langsam und lautlos verließ er seinen Platz und trat zu ihr - ohne es darauf an zu legen, dabei unbemerkt zu bleiben. "Viel zu lang geworden." sagte er leise und mit wohl dosiertem scherzhaftem Ton in der Stimme in Anspielung auf die letzten Sätze, die sie gewechselt hatten. Kurz verharrte er bei Atashkada, betrachtete ihr Profil. Das Wandmosaik kannte er in und auswendig. Eine hervorragende Arbeit in handwerklicher Hinsicht - präzise ausgetüftelt jedes Steinchen, jede Farbe, jeder Abstand ....... das Motiv ? Nun - es war nicht gerade das, was der Valisar in ihm ausgewählt hätte. Es entsprach wohl dem, was die Fühlenden reizvoll, hübsch und entspannt zugleich genannt hätten. Nicht zuletzt wegen der Meerestiere.... Ein Lächeln umspielte die Lippen des Assassinen als er hinter Atashkada trat. Ganz nah, so nah das kein Blatt Papier mehr zwischen ihre Körper gepasst hätte - aber er berührte sie nicht. Daerid neigte den Kopf zu Atashkada's Wange hinunter. "Letzte Gelegenheit auf die beste Nacht unseres Lebens zu verzichten." wisperte er in ihr Ohr.

    Noch immer etwas ängstlich aber aufmerksam mit großen Augen hörte das Mädchen Atashkada zu. "Gehört Ihr wirklich zum fahrenden Volk ?" fragte es dann - flüsternd vor Überraschung - und kam gar nicht dazu, einen kleinen Flunsch zu ziehen wegen der Angabe zum Frühstück. "Dann lebt Ihr gar nicht hier in Nir'Alenar, Herrin ?" Auf den Gedanken wäre Maiye nie gekommen. Die Stadt erschien ihr schon riesig. Sie konnte sich kaum vorstellen, wie groß das Land sein mochte. Und wie diese wunderschöne Frau darin herum reiste.... "Darf man wirklich einfach so zu Euch kommen ?" fragte sie ungläubig.




    Daerid hatte sich derweil locker an den Türrahmen gelehnt und verharrte ansonsten noch immer regungslos und geduldig. Das Warten gehörte dazu und die schöne Dheoran verstand sich auf das Spiel. In der Ungestörtheit würde dem Assassinen bewusst, dass es seine Sinne ansprach - dieses Warten. Es ähnelte seiner Arbeit. Wenn Ausarbeitung und Geduld mit einer perfekten Ausführung belohnt wurden, dann ließ sich sogar in seinem Körper eine gewisse Euphorie nicht völlig verleugnen. Und wenn es sich hier ähnlich verhielt, hatte Atashkada ihm noch viel mehr zu bieten als sie wohl selber ahnte.

    Das Dienstmädchen freute sich sichtlich über das Kompliment der Dheoran und knickste dankbar. "Meine Großeltern sorgen schon lange für mich." gestand sie der schönen Frau und sah sie gleich darauf mit offenem Mund an als diese ihre Hand drückte - und nach einer Weile mit hochrotem Kopf verlegen zu Boden. Die Frau war so unglaublich nett zu ihr ....... und Maiye hatte keine Ahnung wovon sie da redete. "Ich ... weiß nicht... das ist furchtbar nett von Euch, Herrin. Ich weiß nur nicht.... sicher gibt es viel zu tun, jetzt wo der Herr im Hause ist. Und....." stammelte sie und es war ihr deutlich anzusehen, wie unangenehm ihr die Situation nun war und dass sie wohl Angst hatte, den Gast ihres Herrn zu verstimmen oder gar zu beleidigen mit ihrer Unwissenheit. Oder machte die schöne Frau sich gerade über sie lustig ? Maiye bemühte sich redlich, den Schock zu verdauen während Atashkada sich Richtung Tür bewegte. Siedendheiß fiel ihr noch etwas ein. "Herrin? Verzeiht bitte - aber habt Ihr noch Wünsche für Euer Frühstück ? Ein besonderes Getränk oder eine Speise ?"

    Erfreut legte Maiye die Bürste wieder auf dem Schminktisch ab und zog eine der Schubladen auf, um Atashkada eine bunte Auswahl samtener Bänder zu zeigen. "Welches darf ich nehmen, Mylady ?" fragte sie höflich und wartete bis die Dheoran ihre Wahl getroffen hatte. Die anderen Bänder verräumte sie wieder in der Lade. Dann drehte sie das lange Haar der Frau behutsam ein und umwickelte den so entstandenen Zopf sorgfältig mit dem Haarband. "Ihr seid sehr freundlich, Herrin!" dankte Maiye ihr mit rosigen Wangen. "Dann könnte ich mich besser um sie kümmern. In der Stadt sind die Wege auch nicht so weit. Ich könnte in den Pausen zu ihnen ... und wisst Ihr - Lombard erlaubt, dass wir vom Essen nehmen, das übrig bleibt, wenn der Herr länger abwesend ist." die Stimme des Mädchens sank zu einem verschwörerischen Flüstern herab bei diesen Worten. "Und meine Großeltern freuen sich so darüber, wenn ich etwas davon mit nach Hause nehmen kann. So viele gute Sachen haben wir vorher noch nie gegessen." erzählte Maiye arglos und glücklich darüber, dass sie ein so gutes Los getroffen hatte. Zum Schluss band sie ein elegantes Schleifchen in Atashkada's Haare damit das Band im Wasser auch halten würde. "Habt Ihr noch einen Wunsch, Herrin ?" fragte das Mädchen dann wieder sittsam und höflich. "Die Tür dort drüben führt direkt ins Badehaus. Handtücher und Seife liegen dort schon für Euch bereit." zählte sie auf und zwinkerte der Dheoran dann noch zu. "Und die Nixe ist von Eurer Tür aus gleich rechte Hand in der Mitte der Wand."

    Wachsam folgte das Mädchen Atashkada's neuer Bewegung. Es war wichtig, dass es niemals irgendwo ziepte!! Das war ihr eingeschärft worden - neben vielen anderen Dingen - und sie bemühte sich so gut sie nur konnte. Obwohl diese Frau hier viel netter war als ihr immer gesagt worden war. Sie erinnerte sich noch genau, wie Lombard ihr eine kräftige Ohrfeige gegeben hatte als er zu ihren Großeltern nach Hause gekommen war, um den beiden anzubieten, dass Maiye unter seiner Obhut zu einer Dienstmagd und Zofe ausgebildet werden könne. Und ihr dazu sagte, dass ihr so etwas passieren könne - und dass sie darüber niemandem etwas sagen dürfe von den Herrschaften. Nein, diese Dame hier würde sicher nicht ohrfeigen, das glaubte Maiye nicht. Trotzdem sah sie Atashkada erschrocken und ängstlich an als die ihr anbot sie Tasha zu nennen. "Nein, Herrin! Das darf ich nicht! Lombard würde mich prügeln und der Herr bestimmt fort jagen dann!" Trotzdem bürstete sie mit ruhigen Strichen weiter über den Kopf und die glänzenden Haare der Dame und glich geschickt die Nickbewegung aus. "Oh doch Herrin! Und ihr habt wundervolle Haare. Noch viel schöner als die Nixe. Ihr müsst sie Euch unbedingt ansehen. Manchmal stehe ich ganz lange einfach nur davor und sehe sie an." flüsterte das Mädchen glücklich und schwelgte eine Weile in der Erinnerung des Wandbilds. Endlich waren alle Haare glatt und gerade und Maiye fasste sie behutsam zusammen und bürstete sie noch ein wenig durch ihre Hand. "Sie leben in einer der Hütten vor der Stadtmauer." gestand sie etwas verlegen auf die Frage. "Aber wenn ich gut spare, dann können wir vielleicht bald in die Stadt ziehen." erklärte sie mit glänzenden Augen. "Wünscht Ihr ein Band zum Zusammenhalten, Herrin ? Oder möchtet Ihr Euer Haar offen tragen ?"

    Der Raum war auch im warmen Licht der flackernden Kerzen eindeutig leer. Nur der sanfte Geruch von Zedernholz und Vanille hing unverkennbar in der Luft. Der Assassine war zufrieden - der natürlich frische Duft mit der unaufdringlich erotischen Komponente war die perfekte Untermalung für seinen Gast. Regungslos und völlig still wartete er im Türrahmen darauf, dass sie herein kommen würde.



    Maiye strahlt glücklich auf als die schöne Frau einwilligte und sich vor den Spiegeln niederließ. Mit geschickten Fingern löste sie den Haarschmuck vom Kopf, bis die schwarze Lockenpracht befreit tief hinter der Lehne des Stuhls hinunter hing und ergriff dann eine hübsch verzierte Bürste und begann sehr vorsichtig, alle eventuellen Verknotungen aus den blau-schwarz schimmernden Strähnen heraus zu arbeiten, ohne das es ziepte oder sie etwa Haare ausreißen würde dabei. "Der Herr ist leider so selten hier." antwortete sie bedauernd darauf, dass die Dame ihn auch erst so kurz kannte. "und ich habe ihn heute erst zum 2. Mal gesehen." Etwas erschrocken war sie als Atashkada sich ohne Vorwarnung herum drehte - hastig sprang sie mit den gerade begonnen Strähnen hinter dem Kopf der Dame her. Ihre großen Augen trafen die der Dheoran in einem der Spiegel und sie nickte überdeutlich und innig. "Ich bin erst seit vier Monaten hier, Herrin. Es ist ein großes Glück für mich hier Arbeit gefunden zu haben. Meine Großeltern konnten es kaum fassen, dass ich nun so viel Geld verdiene. Es geht uns viel besser jetzt." Die Kleine errötete heftig bei ihren Worten. "Lombard ist sehr streng. Aber wenn er zufrieden ist, dann erlaubt er uns auch schon einmal etwas." flüsterte sie offenherzig. "Manchmal darf ich sogar baden, wenn das Wasser gewechselt werden muss bevor der Herr da gewesen ist. Er ist oft für lange Zeit nicht da. So etwas habe ich noch nie zu vor gesehen." andächtig strahlte sie Atashkada im Spiegel an. "Besonders liebe ich es, dass Mosaik mit der Nixe anzusehen. Es ist so wunderschön." schwärmte das Mädchen. "Fast so schön wie Ihr, Herrin."

    Völlig regungslos stand der Assassine da und starrte konzentriert lauschend zu Boden, nur seine Augen verengten sich ein wenig ..... JETZT.
    Das unmittelbar darauf folgende leise Knarzen einer Türklinke entlockte ihm ein knappes Nicken. Endgültig stellte er sein Glas auf dem Tisch ab und glitt seinerseits zur Salontür hinaus, linke Hand die Balustrade entlang bis zu seinen eigenen Räumlichkeiten. Das Schlafzimmer durchquerte er ohne inne zu halten, öffnete die Tür zum Ankleidezimmer und verschwand darin. Ein paar altbekannte Handgriffe - und der prächtige Spiegel klappte geräuschlos zur Seite und gab einen winzigen Raum dahinter frei, in welchem der Valisar sich zunächst von den mitgeführten Waffen befreite - nicht all zu viele - und sie sorgfältig an ihre Plätze räumte. Erst als der Raum wieder verschlossen war, entkleidete Daerid sich vollständig, hüllte sich in einen schwarzen Seidenüberwurf und betrat wieder sein Schlafzimmer. Lombard stand im Zimmer, verneigte sich. "Ich serviere im Zimmer der jungen Dame - und ziehe mich dann auf Abruf mit dem übrigen Personal zurück." ließ er den Hausherrn wissen, der das nickend quittierte und dann wartete, bisder alte Diener sich entfernte. Erst dann trat er zur dritten Tür des Raumes und schritt hindurch.


    Leise Enttäuschung stand der jungen Dienerin ins Gesicht geschrieben. Es kamen nicht oft Gäste. Und diese Frau wirkte längst nicht so streng und unnahbar, wie andere Damen. Hier hätte sie bestimmt ohne Sorge üben können. Sie fragte sogar nach ihrem Namen. "Ich heiße Maiye!" antworte sie mit einem artigen Knicks. Sogar ihre Kleider legte die Dame selbst zurecht. Hastig griff das Mädchen nach dem Überwurf, um ihr wenigstens in diesem hinein helfe zu können.
    "Darf ich Eure Haare ausbürsten ?" fragte sie, wie es ihr beigebracht worden war und deutete dezent auf den bequemen Stuhl vor dem imposanten Schminkschrank mit dem großflächigen Spiegel. "Ihr habt wundervolle Locken, Mylady!" sagte sie bewundernd. "Kennt Ihr den Herrn schon lange ?"

    Daerid lächelte feinsinnig "Ich fürchte, da erwartet Ihr zu viel von mir, schöne Dheoran!" log er ungeniert aber charmant - denn wenn er etwas konnte, dann auf den richtigen Moment warten. Das war in seinem Geschäft unabdingbar.


    "Sehr wohl, Mylady!" die Kleine knickste erneut "Wenn Ihr mir folgen möchtet....." wartete wohlerzogen bis Atashkada sich ihr genähert hatte und ging dann gemessenen Schrittes und mit gesenktem Kopf etwas versetzt vor ihr los - zur Salontür hinaus.


    Der Valisar verharrte wohlerzogen und stumm bis die beiden Frauen den Raum verlassen hatten. Noch einmal nippte er an seinem Glas, lauschte dabei den sich entfernenden Schritten und berechnete die Zeit, die die beiden Frauen brauchen würden, um in dem vorgesehenen Zimmer verschwunden zu sein. Zum Zeitvertreib - und als kleine Übung, die nie schaden konnte.


    Beim Laufen warf die junge Dienstmagd immer wieder verstohlene Blicke auf die Frau, die ihr Herr da so unverhofft mitgebracht hatte. Vorbei am Treppenaufgang führte sie Dheoran fast bis auf die gegenüberliegende Seite der Balustrade und hielt dort vor einer massiven Holztür mit dezenten Schnitzereien an. Ein wenig ungeschickt öffnete die Dienerin sie. "Bitte - tretet ein!" bat sie und folgte der Dame hinterdrein, um die Tür gleich hinter ihnen wieder zu schließen. Scheu lächelte sie die Dheoran an "Es ist hoffentlich alles zu Eurer Zufriedenheit ?" und huschte dann eilig zu dem großen Himmelbett hinüber, wo sie einen Hauch von Stoff aufhob und Atashkada den seidenen Überwurf präsentierte. "Wenn Ihr ein Bad zu nehmen wünscht, Mylady..." sie deutete auf eine andere Tür und geriet sichtlich etwas ins Stocken, obwohl klar war, dass der Überwurf wohl für den Weg ins Bad gedacht war. Glühende Bewunderung stand in den Augen des jungen Mädchens. "Darf ich beim Ablegen behilflich sein ?"

    "Es freut mich zu hören, dass dies in Eurem Sinne ist!" Daerid verneigte sich huldvoll zu ihrer unverhohlenen Freude. Er hatte es nicht anders erwartet - musste aber zugeben, dass ihm das sehr entgegen kam. "Vielleicht sollte ich das." nickte der Assassine dann nachdenklich zum vorherigen Thema Altersruhesitz. Vorstellen konnte er es sich nicht. Oh - er sah durchaus eine gewisse feine Harmonie des Moments in dem von ihm entworfenen Szenario. Aber er bezweifelte stark, dass dies ihm langfristig genügen würde. Er schätzte, was sein Handwerk ihm an Lebensstil ermöglichte. Aber er schätzte ebenso die kühle nüchterne Logik, die geschärften Sinne, den perfekt funktionierenden Körper und besonders die Kunstfertigkeit und Präzision, die seine Tätigkeit erforderte. Altersruhesitz ? Was hatte der ihm zu bieten.... Er lächelte anzüglich "Nur wie lerne ich dort dann so bezaubernde Damen wie Euch kennen - einsam auf diesem Altersruhesitz ?" fragte er in scherzhaftem Ton.
    Atshkada wurde jedoch einer Antwort enthoben denn in diesem Moment betrat das junge Dienstmädchen den Salon. Mit rosig angehauchten Wange trat sie näher, knickste schon recht formvollendet und sprach die Dheoran an. "Mylady - Eure Räumlichkeiten sind gerichtet und für Euch bereit. Wenn es der rechte Moment ist und Ihr es wünscht, dann würde ich Euch bitten, mir zu folgen....... ?"
    Der Valisar betrachtete das Schauspiel aus kühlen Augen. Er schätze Leute, die ihre Arbeit beherrschten. Und das musste er dem Alten lassen - wo auch immer der diese jungen Dinger auftreiben mochte. Er leistete da erstklassige Arbeit.
    Es sah Atashkada fragend an. "Wir sehen uns dann..... später, Verehrteste ?"

    "Jedes Ding braucht seine Zeit, da habt Ihr allerdings Recht." schmunzelte Daerid und trat zu der Dheoran ans Fenster, nachdem er sein Glas vom Tisch genommen hatte, und sah einen Moment lang in die Nacht hinaus. An Neheran hatte er lange nicht mehr gedacht, aber eine seiner Lieblingsweisheiten hatte gelautet 'Ungeduld ist ein schnelles Raubtier aber ein schlechter Jäger'.
    Er war schon einer der Besten seiner Zunft gewesen und vielleicht war es gar nicht so seltsam, ausgerechnet jetzt an ihn zu denken, denn in gewisser Weise traf seine Weisheit auf die besondere 'Jagd' dieser Nacht ebenso zu. Im Stillen prostete der Assassine seinem ehemaligen Meister zu und konzentrierte sich unverzüglich wieder auf Atashkada. Lächelnd nickte er. "Ihr liegt völlig richtig mit Vintar, meine Liebe. Alles andere hätte mich auch überrascht." schmeichelte er ihr "Der Wein ist allerdings schwer zu bekommen, weil die Trauben nur in ganz wenigen bestimmten Lagen reifen." und lachte dann mit der Dheoran gemeinsam charmant auf. "Aber Euren Vorschlag eines exklusiven Weinguts sollte ich vielleicht als Altersruhesitz in Erwägung ziehen. Er klingt recht verlockend. Stellt es Euch vor: Romantische abendliche Spaziergänge durch die Weinberge. Eine anregende Partie.." er nickte zu den Spielfiguren hinüber "..nach einem leichten exquisiten Mahl...." neckte er sie sacht und nahm einen weiteren Schluck aus seinem Glas. "Aber ich schweife ab." Daerid trat zum Tisch zurück und wartete höflich, ob Atashkada Platz nehmen wollte bevor er sich setzen würde. "Ich denke, Ihr würdet zunächst gern einen Blick in Euer Gemach werfen.." und Euch etwas frisch machen - aber das sagte er selbstverständlich nicht laut ".. bevor wir den Abend vertrauter und leidenschaftlicher ausklingen lassen." Seine Augen suchten offensiv den Blick der Dheoran bei diesen Worten.

    Volkszugehörigkeit:


    Valisar



    Herkunft:



    Rosandrié in Silvriar



    Wohnort:



    kein fester Wohnsitz bekannt



    Geburtstag:



    23. Alekar 1404




    Daerid Canvele ist ein hochgewachsener Mann von gut 1,90 m mit einem schlanken aber kräftigen Körper, den kein Gramm Fett zuviel verunziert. Seine Kleidung ist schwarz und wird allein durch silberfarbene Nähte oder Verzierungen geschmückt. Stiefel, Beinkleider und Überwurf sind aus teurem, fließendem Stoff gefertigt und strahlen eine schlichte Eleganz aus, die jedermann unverzüglich den Wohlstand ihres Trägers erkennen lässt. Sein silberweißes Haar färbt er schwarz und entgegen der Vorliebe seines Volkes trägt er es lang. Verwegen fällt ihm die eine oder andere Strähne ins Gesicht, seit er gehört hat, dass dies seine Attraktivität noch steigern würde. Keinerlei Bartwuchs ist in seinem Gesicht zu erkennen und auch den restlichen Körper verunstaltet nicht ein einziges Haar, wofür Daerid Canvele mit größter Akribie Sorge trägt. Lediglich zur Arbeit bindet er seinen Kopfschmuck zu einem langen schlichten Zopf im Nacken zusammen. Wer ihm ins Gesicht sieht, so er es denn zu sehen bekommt, wird sich unbehaglich fühlen ob der weißen, blassen Haut und dem stechenden Blick der eisblauen Augen. Ein Schaudern wird ihm über den Rücken laufen, wenn er dazu die völlig ruhige und trotz ihrer Gefühllosigkeit fast melodische Stimme vernimmt.




    Daerid Canvele ist ein typischer Valisar. Er besitzt keinerlei Gefühle. Dies hindert ihn nicht daran, den Gefühlen anderer besondere Aufmerksamkeit zu schenken, weil er recht schnell begriffen hat, dass Gefühle der Schlüssel dazu sind, andere Personen - ihre Motive, ihre Handlungen und was sie antreibt – rational zu erfassen und für ihn vorhersehbar zu machen. Seine Ausbildung war exellent und vielseitig. Er kann sich überall bewegen ohne aufzufallen, wenn er nicht auffallen will. Egal, ob auf der Festlichkeit eines hochrangigen Adeligen oder in einer schäbigen Absteige im Slum einer Stadt. Auch wenn Daerid Canvele letzteres nicht bevorzugt, so ist es bisweilen notwendig, um an Informationen zu kommen. Und was sein Verstand als logisch erkannt hat, tut der Valisar. Er hat keine Meinungen – dennoch ist er in der Lage, angepasste Meinungen zu äußern, wenn ihm dies nützlich erscheint – ebenso wie er durchaus Frauen hofiert, wenn er sich davon Nutzen verspricht oder sein Körper ihm verrät, dass es genug einsame Nächte gewesen sind.
    Er ist bar jeder bewussten Grausamkeit. Niemals erledigt er Aufträge aus Hass oder Rache oder weil er sich die Motive seines Auftraggebers zu eigen gemacht hätte. Nur manchmal, wenn seine Visionen ihm gewisse Dinge offenbaren, lehnt er Aufträge ab. Er leidet nicht unter seiner Tätigkeit. Er hat auch keinerlei Freude oder Spaß daran. Es ist die Art, auf die er gelernt hat, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten und dies erfüllt ihn weder mit Gewissensbissen noch mit Furcht vor einem möglichen Fehltritt.



    Daerid Canvele ist ein Perfektionist. Kein Gefühl stört seinen scharfen analytischen Verstand, wenn er einen Auftrag angenommen, um das Zielobjekt zu finden und zu eliminieren. Und seine Augen haben allein Sinn für die Ästhetik bei der Ausübung seiner Kunst. Und seine Kunst ist das Töten. Er führt ein einsames Leben. Andere Geschöpfe und ihre Belange interessieren ihn nicht und er legt keinerlei Wert auf ihre Gesellschaft. Sein Interesse an Herrschern, Recht und Gesetz beschränkt sich auf die Qualität ihrer Organisation an seinem jeweiligen Auftragsort, um die angepassten Vorkehrungen treffen zu können, um unerkannt zu bleiben.
    Als sein Mentor Andra Neheran nach einer erfolglosen Exekution sein Leben am Galgen aushauchte, nahm Daerid Canvele ohne Bedauern seinen Platz ein, in dem er sich dessen Ruf einverleibte, und spürte lediglich eine gewisse Unzufriedenheit darüber, dass mit dessen Tod auch mancherlei lukrative Kontakte verloren waren.
    Er teilte das Schicksal so mancher Valisar-Geborenen. Seine Mutter, ruhelos auf der Suche nach einer Rückkehrmöglichkeit nach Fal'Nular, gab das Neugeborene bei einem Kaufmann und seiner Frau in Rosandrié ab, zu denen eine ihrer Visionen ihr von dem verzweifelten Kinderwunsch des Paares erzählt hatte. Ein Kind würde sie selbst nur behindern und auf ihrer Reise würde ihm nicht die notwendige Fürsorge zuteil werden, um überleben zu können. Die Kaufleute waren so glücklich, dass sie über die teilweise sehr merkwürdigen und unverständlichen Verhaltensweisen ihres Sohnes hinweg sahen. War es nicht eigentlich ganz angenehm, wenn der Junge nicht schrie ? Gut – er hatte einem gleichaltrigen 5jährigen Jungen den Arm gebrochen, weil der sein edelstes Zinnpferd mit Farbe beschmiert hatte – aber es waren halt Jungs. So etwas konnte passieren. Und war der Junge nicht ansonsten an Ausbund an Gehorsam und Gelehrigkeit – fast engelsgleich mit der milchigen Haut und dem weißen Haar ?
    Und so wuchs der Junge bei ihnen als ihr Sohn auf, trug den Namen des Kaufmannehepaares und sein eigentlicher Name geriet in Vergessenheit - auch wenn dieser nur der spezifizierteren Bezeichnung gedient hatte. Daerid war 10 Jahre alt als er vom Spielen bei den Sprößlingen befreundeter Kaufleute nach Hause kam und seine Eltern hingeschlachtet in seinem Zuhause vorfand. Ein schwarzgekleideter Mann befand sich noch dort und beseitigte einige Papiere seines Vaters im offenen Kaminfeuer. Der Auftragsmörder Andra Neheran sah sofort, was er da vor sich hatte – und da sein Auftrag sich nur auf den Kaufmann und seine Frau bezogen hatte, um diese als Konkurrenz auszuschalten und einige Unterlagen zu vernichten, ließ er den Jungen leben und nahm ihn mit sich. Konnte er einen besseren Schüler finden als einen Valisar ? Daerid trauerte nicht. Mitleidslos betrachtete er, was der Fremde mit seinen Eltern angerichtet hatte – was ihn zutiefst abstieß, war das ungeordnete Chaos, das verspritze Blut überall, die zerstörten, wertvollen Einrichtungsgegenstände und die unästhetische Lage der Leichen, wie weggeworfene Säcke von Unrat lagen sie mit verdrehten Gliedern und zerrissener Kleidung in der ganzen Unordnung herum. Ohne Widerstand und ohne ein Wort folgte er dem Mörder, der ihn zu einem der besten Auftragsmörder seiner Zunft machte, wie Andra Neheran es an diesem Tag vor sich gesehen und sich erhofft hatte. Wer sollte für dieses Handwerk und dieses Leben besser geeignet sein als ein Valisar, der leidenschaftlos und gefühllos nur das Ziel seines Auftrags vor Augen haben würde ? Und Erfolg garantierte Essen und ein angenehmes Leben – genug für einen Valisar. So manches Mal verwirrte sein Schüler ihn mit Aussagen über ihre Auftraggeber und Opfer und er fragte sich, ob dies mit den angeblich seherischen Fähigkeiten der Valisar zusammenhinge, mit Minoril's Segen, wie es hieß. Doch Daerid Canvele sprach niemals über den Ursprung seines Wissens und Andre Neheran war es gleich, solange dies den Jungen nicht in seinen Qualitäten beeinträchtigte. Der Junge und auch später der Mann sprach überhaupt selten in geselliger Art und Weise. Um so verwirrender war es, dass Daerid Canvele mit Leichtigkeit und Eleganz jegliche Art von Gespräch zu führen vermochte sobald er einmal auf der Jagd war ….

    "Zuviel der Ehre!" wehrte der Valisar mit demütigen Tonfall ab - obwohl er es innerlich natürlich exakt so sah - und prostete seinem Gast zu. Der Wein war leicht, fruchtig und frisch und auf angenehme Weise anregend und nicht zu Kopfe steigend. Daerid war zufrieden mit dem Produkt und fragte sich, ob Atashkada seine Herkunft wohl erkennen oder erraten würde. Prüfend musterte er die Dheoran vor sich, fasste seinen Entschluss und stellte sein Glas auf dem Tisch ab. "Es wird nicht lange dauern!" versicherte er, verneigte sich abermals ehrerbietig und glitt aus dem Zimmer hinaus.
    Seine Bediensteten erwarteten ihn bereits am oberen Ende der Treppe und der Assassine ging gemäßigten Schrittes zu ihnen hinüber. Fragend zog er eine Augenbraue empor als er sie erreicht hatte. "Alles wie Ihr es angewiesen habt, Herr!" versicherte der alte Lombard mit angemessenem Diener und Daerid nickte knapp. Der Alte war mit Gold nicht aufzuwiegen, denn es erforderte schon einiges an Perfektionismus, dieses Gebäude für die spärlichen und vollkommen unangekündigten Besuche des Hausherrn zu jeder Tages- und Nachtzeit ständig parat zu halten. Im Gegenzug störte sich der Assassine auch nicht daran, dass Lombard in Eigenregie immer wieder Kinder aus den unteren Bevölkerungsschichten zu ebenso perfekten Dienstboten wie er selbst einer war ausbildete und vermittelte. "Maiye kennt Ihr schon, Herr. Und dies hier ist Gregior." Die beiden erröteten nacheinander, worüber Daerid kommentarlos hinweg sah. Dafür fixierte er den jungen Burschen mit strengem Blick. "Das Badehaus! Aber angenehme Temperaturen, Vanille und Zedernholz. Und dann in meine Gemächer!" Der junge Kerl verneigte sich linkisch. Die Kleine war weniger nervös und der bewundernde Blick einnehmender. Der Valisar betrachtete sie etwas weniger streng. "Das Gästezimmer neben dem Bad. Wenn alles gerichtet ist, führt ihr die Dame und lasst es ihr an nichts fehlen!" Das Mädchen nickte eifrig. Daerid's Blick kehrte zu Lombard zurück. Der räusperte sich - und die beiden huschten eilfertig davon. "Ein leichter Imbiss! Und keine Störung mehr!" richtete sich das Wort noch einmal an den Alten als die beiden hinter zwei Türen verschwunden waren. "Ansonsten wie üblich!" Der Diener verneigte sich und wartete standesgemäß, dass der Hausherr sich entfernte bevor er sich seinerseits schmunzelnd zur Küche begab. Er hatte schon lange aufgehört, sich über die Marotten seines Arbeitgebers zu wundern oder sich auch nur das Geringste zu dessen Anordnungen zu denken.
    Daerid seinerseits begab sich zurück zum Salon, das Gesicht wieder sorgfältig in das charmante Lächeln für Atashkada modelliert, und betrat den Raum. "Die Zeit wurde Euch hoffentlich nicht zu lang, Verehrteste ?"

    „Eine ausgezeichnete Wahl, Verehrteste!“ lobte der Assassine beifällig die Entscheidung der Dheoran und nahm zwei schlicht wirkende, aber kostbar geschliffene kristallene Weingläser aus dem Unterbau der Getränkeanrichte, denn natürlich würde er wohlerzogen ihr Getränk ebenfalls wählen. „Ihr werdet entzückt sein.“ schmunzelte er gekonnt und entkorkte fachmännisch eine filigrane Flasche aus grünem Glas. „Ich importiere den Wein selbst aus.....“ punktgenau unterbrach er sich selbst beim Einschenken und sah Atashkada mit präzise dosierter anzüglicher Herausforderung an „Nun... Vielleicht sagt Ihr es mir, schöne Dheoran? Ich habe nur sehr selten so bezaubernde und weit gereiste Gäste wie Euch.“ Er wusste ja schon, dass sie empfänglich für solche spielerische Duelle war. Anmutig saß sie auf dem edlen Polstermöbel, dabei ohne jede steife Ziererei und der Valisar genoss den ungewöhnlichen und doch äußerst attraktiven Anblick ohne jeden Versuch, seinen freimütigen Blick auf sie zu kaschieren. Lächelnd betrachtete er die Spielfiguren auf die sie gezeigt hatte. „Allerdings. Ich gestehe eine gewisse Leidenschaft für die kühle nüchterne Logik dieses Spiels.“ Ein klares Ziel, den Gegner ausloten und abtasten, eine Strategie entwerfen und …. im richtigen Moment vernichtend zuschlagen. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass andere sich spielerisch mit dem die Zeit vertrieben, was sein tagtäglicher Broterwerb war. Formvollendet überreichte er Atashkada ihr Glas und verneigte sich höflich. „Ohne dass ich Euch zu nahe treten will...“ Daerid zwinkerte der schönen Frau zu. „Fühlt Euch bitte ganz wie in Euren eigenen Wagenwänden bis ich zurück bin.“ Der Assassine stellte einigermaßen zufrieden für sich fest, dass es ihm leicht viel, seine Worte auch in etwas unüblicherer Lage charmant und gesellschaftskonform zu wählen. Atashkada war in vielerlei Hinsicht eine willkommene Herausforderung.
    „Aber zuerst lasst uns anstoßen!“ bat er „Auf die Ehre und das Vergnügen, Euch in meinem Haus empfangen zu dürfen.“ und hob sein Glas an.