Beiträge von Atashkada

    Das Thema war vielleicht nicht sehr günstig gewählt, denn Atashkada sah in einen flüchtigen Blick, wie sich die hellen Wangen der jungen Frau rosa färbten. "Das freut mich zu hören.", sagte die Dheoran beschwingt. "Und die restliche Familie wird sich sicherlich freuen. Sie sind alle sehr neugierig auf Euch." Es gab in dem Lager des fahrenden Volks immer einiges zu tun. Die Tiere wollten nach einem langen Tag gut versorgt werden, mit Pflege, Wasser und Futter. Ein Lagerfeuer wollte geschürt werden. Essen vor- und zubereitet... Ja es war eine Menge zu tun und hier und da wollte man sich neben Aufführungen und Marktstand auch an der schönen Umgebung erfreuen und da waren viele Hände für ein rasches Ende immer gern gesehen. Auch wenn sie ahnte, dass ihr Neffe sicherlich anderes planen würde. Aber selbst er musste sich an den Arbeiten beteiligen.
    Was das zwischen den jungen Leuten wohl war, sinnierte Atashkada etwas vor sich hin. Ein romantisches Abenteuer? Nun, warum nicht? Sie selbst hatte hier und da eines gehabt und erinnerte sich ihrer immer mit freundlichen Gedanken. Das Leben wollte nun einmal gelebt werden. Die Dunkelhäutige schob ihre Gedanken bei Seite und sah Djamila kurz an ehe ihr Blick wieder nach vorne wanderte. Ab und an waren Löcher im Boden zu sehen, die sie umfuhr. Um es angenehmer für das Pferd und für sich selbst zu halten.
    "Wollt Ihr nicht ein wenig von Euch erzählen?", fragte sie freundlich. "Wie viel habt ihr von unserer schönen Insel bereits gesehen?"

    Die Nervosität der jungen Frau schien immer mehr zu steigen, stellte Atashkada leicht amüsiert fest. Was sie wohl so nervös werden lies? Die Vorfreude auf ein Abenteuer? Auf das nächste Dorf? Die Dheorans kannten es nicht anders, von Geburt an und es war ihr Leben. Atashkada hätte keinen aus ihrer Familie benennen können, der nicht mit Wagen und Pferd über die Insel fuhr.
    Der Wagen vor ihnen setzte sich in Bewegung. "Oonah. Auf geht's!", sprach sie die Stute an. Die Fahrleinen locker in den Händen, ein kräftiger Ruck und Oohnah lief dem Vorwagen hinterher. Rasch hatten sie zurück auf die Straße und nach einigen Metern, alle in ein gutes und doch gemütliches Tempo gefunden.
    Nein schnell war das fahrende Volk nicht unterwegs, aber man durfte die Last für die Tiere auch nicht unterschätzen. Die Karawane war nicht gerade klein und schnell hingen reichlich fröhliche Stimmen in der Luft. Durch das Fenster des Wagens vor ihnen konnte man Kinder an einem Tisch sitzen sehen und eine Frau. Heimunterricht. Aber warum sollte man die Fahrt nicht auch nutzen?
    "Wir werden jetzt einige Zeit unterwegs sein.", sagte Atashkada zu Djamila. Ja, es war vorgesehen einige Stunden unterwegs zu sein, wenn möglich sogar bis zum nächsten Lagerplatz. Das langsame Tempo musste durch die Zeit etwas aufgewogen werden, auch wenn es nicht immer so lief wie sie es sich vorstellten. Aber was sollte es, dann lagerten sie halt schon eher, sobald sich ein geeigneter Fleck fand. So genau ging es nicht bei ihnen zu.
    Oonah lief fleißig und artig vor sich hin, Atashkada machte es sich bequem und sah Djamila an. "Nun Djamila...", begann sie beiläufig. "... ich freue mich, dass Ihr mit meinem Neffen schon etwas vertrauter seid. Wir anderen haben uns derweil besprochen und Ihr dürft gern mit uns reisen solange Ihr möchtet."

    Djamila verhielt sich so ungezwungen und es schien ihre Natur zu sein. Atashkada erwiderte die kurze Umarmung der jungen Frau und sah ihr einen Moment nach, als sie in ihren Wagen trat. Die Dunkelhäutige freute sich für die junge Frau, es schien ihr wirklich um Welten besser zu gehen. Mit einem leisen Lächeln überprüfte sie nun ein letztes Mal ihr Gespann. Alles war wie es sein sollte, nun musste nur noch Djamila zurück kommen und das Zeichen des Aufbruchs konnte gegeben werden. Dann schon würde es für viele Stunden den Straßen entlang dem nächsten Dorf entgegen gehen.
    Die junge Frau kehrte zurück und Atashkada ließ einen prüfenden Blick über sie gleiten. Die Sachen standen ihr ganz gut, auch wenn es sicher kein Vergleich zu ihrem Kleid war. Mir ihren Flügeln schien sie sich auch arrangiert zu haben. In den Händen der Hellhäutigen lag ein kleines, nasses und tropfendes Bündel...?
    Hatte sie etwa bereits ihr Kleid ausgewaschen? Atashkada hatte gedacht sie selbst wollte sich vielleicht frisch machen und das Kleid hätte noch Zeit bis zum nächsten Lagerplatz. Dort wäre es, richtig aufgehängt in der warmen Luft rasch getrocknet. Nun war es anders und die Dheoran sah auf das tropfende Knäuel. "Wenn Ihr mir das geben wollt?", bat sie Djamila und ließ sich das Kleid aushändigen. "Setzt Euch doch schon mal auf den Kutschbock, es wird gleich losgehen.", sagte sie, denn die erste Ankündigung in Form einer gepfiffenen Tonfolge war bereits zu hören gewesen und alle eilten zu ihren Gespannen.
    Atashkada ging rasch und wrang das Kleid nochmal vorsichtig aus und legte es einen Moment auf die Seite. Die Schüssel wurde geleert und verstaut, dann suchte sie einen Bügel und hängte das Kleid vor die Türe, welche nun fest verschlossen war.
    Leichtfüßig schwang sich die auf ihren Platz, hoch hinter dem Pferd und schon erfolgte eine andere Tonfolge und der erste Wagen setzte sich in Bewegung.


    Lazarion war komplett in seiner eigenen Welt, aus Melodien, Gedanken und Gefühlen. Er nutzte die Zeit die ihm noch blieb und notierte eifrig Noten nieder auf sein Blatt. Noch wusste er nicht genau wie es sich von Anfang bis Ende anhören sollte, aber diverse Passagen flogen ihm einfach zu. Fast hätte er sogar den Aufbruch versäumt wenn Mimiteh nicht unruhig geworden wäre. Das Pergament unter ein Bein geklemmt, den Stift hinter ein Ohr gesteckt ließ er sie antreten, als sie an der Reihe waren. Nur eines versetzte seiner Stimmung einen Dämpfer: Keine Spur von der bezaubernden Djamila zu sehen.....

    Lazarion hatte reichlich Mühe sich auf die Vorkehrungen zu konzentrieren, so sehr er seine Gedanken auch versuchte davon zu schieben immer wieder holten sie ihn ein. Je nach Bild, welches er gerade vor Augen hatte, wurden sie von den Fragmenten der passenden Melodie in seinem inneren dazu begleitet. Nachdem endlich alles an Ort und Stelle war, um sicher und ohne Verluste weiterreisen zu können nahm er mit Pergament und einem Stift auf dem Bock des Wagens Platz und wartete auf das Aufbruchssignal.


    Die junge Frau wirkte komplett verändert, stellte Atashkada fest als sie sie näher betrachtete. Ein Lächeln lag ihr im Gesicht, dass sich wohl nicht so leicht wegwischen ließ. Die Dheoran schmunzelte im Stillen für sich. Was immer noch vorhin weniger Schönes zwischen den jungen Leuten vorgefallen war, für Djamila schien es sich wieder bereinigt zu haben, so wie grinste. "So viel Zeit sollte schon sein.", nickte sie und reichte Djamiladas Bündel aus Kleidung und einem paar Schuhe. "Ihr könnt Euch in meinem Wagen umziehen wenn ihr wollt.", bot sie Djamila an. Die anderen Wägen waren alle schon abreisebereit und standen somit nicht mehr zur Verfügung. "Unter einem Fenster findet Ihr eine Schüssel mit Wasser zum Frischmachen."


    Der Wagen der Dheoran wirkte von außen wie ein kleines Häuschen, welches man tief mitten in einem Wald vermuten könnte und doch machten ihn die vielen kleinen Holzschindeln, aus dem er bestand, sehr speziell in seiner Art. Innen drinnen war er mit sehr viel Liebe zum Detail gestaltet und es war offensichtlich, dass eine Frau ihn bewohnte. Um die Fenster rafften sich schlichte und dennoch edel wirkende Vorhänge und auch hatte sie hier und da Bilder angebracht, welche aus den Pinseln ihrer Familie entstammten. Eine große Bettstatt nahm fast eine Seite des Wagens ein und sah sehr gemütlich aus. Die andere Seite war mit einem kleinen Ofen für die ungemütlichen Tage im Jahr und auch einer Arbeitswerkbank ausgestattet.
    Atashkada hatte schon alles verräumt und so lies sich nicht erkennen woran sie denn so arbeiten mochte wenn sie dort auf ihrem Stuhl saß.

    Die Worte und Handlung der jungen Cygnai stürzten Lazarion in die größte Verwirrung seines noch recht jungen Lebens. Die Berührung der zarten, weichen und süßen Lippen der jungen Frau auf den seinen, hatte ihm den Atem verschlagen. Es war so ein berauschendes Gefühl, dass es ihm nicht möglich war, Djamila daran zu hindern sich von ihm zu lösen. Sie schenkte ihm ein kleines Lächeln und es stand ihr so unendlich gut. Die Knie des jungen Mannes waren weich geworden. "Djamila.", sagte er mit einer leisen rauen Stimme, als er sie wieder gefunden hatte. Sie war gerade dabei sich umzuwenden und zu verschwinden. Lazarion machte einen Schritt auf sie zu, um sie festzuhalten, aber sein Bein versagte es ihm, ihr hinterher zu eilen. Wieder einmal waren ihre zierlichen Füsse flink. So stand der junge Dheoran dort wo sie ihn zurück gelassen hatte noch einige Momente wie in Trance und sah ihr nach. Sie schien nach jemandem zu suchen...? Wohl seine Tante.
    Mimiteh schnaubte kräftig und löste Lazarion aus seiner Starre. Das Lager war soweit leer. Nur zu hören waren Wortfetzen von Gesprächen oder Anweisungen. Einige Pferde standen schon vor den Wagen. So auch Atashkadas Stute.
    Lazarion musste sich eilen, wollte er sie nicht aufhalten. Doch bei jedem Handgriff den er tat, vom Säubern des Fells bis zum Anspannen vor den Wagen, begleiteten ihn die Worte der blassen Schönheit und der unbeschreibliche Moment als ihre Lippen ihn berührt hatten. Wo nur sollte das Problem liegen, wenn auch Sie so empfand wie er...?



    Die letzten Riemen anziehend stand Atashkada bei ihrer Stute. Aus weißer Mähne spitzten zwei schwarze Ohren und ein ebenso dunkles Gesicht. Ihr Ohrenspiel ließ die Dheoran aufmerken und ihren Blick heben. Die junge Frau lief leichtfüßig durch das fast abgebaute Lager und es sah so aus als ob sie jemanden suchte. "Djamila!", rief Atashkada ihr zu und winkte sie fröhlich heran. "Ihr kommt genau richtig, es geht gleich los.", teilte sie ihr mit. "Wollt Ihr Euch noch schnell umziehen oder erst am nächsten Lagerplatz?"

    Vertrauensvoll kuschelte sich die junge Frau in seine Arme, es war so ein traumhaftes Gefühl. Und irgendwie meinte Lazarion, ihre Signale passten nicht so ganz zu dem was sie ihm weis machen wollte. Warum ließ sie sich von ihm in den Armen halten? Warum war es ihr wichtig ihn nicht zu verletzen? Sie waren immerhin keine Freunde bei denen etwas kaputt gehen konnte. Sie kannten einander kaum. Nein es war etwas anderes, sie ließ wunderschöne Melodien in ihm erklingen, selbst wenn sie ihm verletzende Dinge sagte. Die Melodie war noch immer da dann, wenn auch ganz anders. Viel schwerer und dennoch von einer unbestimmten ergreifenden Schönheit.
    Djamila bewegte sich und sogleich lockerte er seine Arme soweit wie es nötig war. Tief sah sie Lazarion in die Augen und er ihr, mit einer kurzen Unterbrechung - in der er sie musterte.
    Ihre Augen waren von so einem herrlichen Blau. So musste der unendliche Himmel aussehen, wie er weit über der Kuppel am Firmament hing. Immer und immer könnte er in diese schönen Augen sehen und sich darin verlieren. Ja sie hatte ihn tiefverletzt, aber nicht absichtlich - das wusste er. Lazarion war noch jung, ungefähr im frischen Erwachsenenalter der Dheoran und er meinte die Liebe gefunden zu haben. Djamila, die junge, zarte und wunderschöne Cygnai hatte ihn auf seinen Platz verwiesen. Welcher junge Mann, der wahre Gefühle in sich trug, wäre nicht verletzt gewesen?
    Vorsichtig strich Lazarion Djamila eine ihrer weißen Strähnen aus der Stirn und streichelte hauchzart über ihre Stirn und Schläfe. "Bitte wunderschöne Djamila.", ließ er seine melodische Stimme weich und zärtlich erklingen. "Macht Euch darum keine Gedanken. Ich weiß dass es nicht Eure Absicht war mich zu verletzten. Ihr fühlt nicht wie ich und das ist in Ordnung." Lazarion lächelte leicht und ließ seine Hand über ihre Wange zu ihrem Kinn gleiten. Wie gerne würde er ihren Kopf etwas weiter anheben und seine Lippen auf diesen weichen und süßen Mund senken... Aber er wagte es nicht.
    Alles ist in Ordnung... Eines Tages wird alles gut sein, das ist unsere Hoffnung. Heute ist alles in Ordnung, das ist unsere Illusion. Alles ist in Ordnung... ganz tief in seinem Bewusstsein hallte der Klang der Worte, die er schon so oft gelesen und gehört hatte .....

    Die junge Frau machte keine Anstalten Lazarion von sich zu stoßen. Es tat dem jungen Mann so gut sie so nah bei sich zu spüren. Er ließ ihr alle Zeit die sie brauchte. Sie waren für sich, denn das restliche Lager ging seinen Vorbereitungen nach, denen auch er nachgehen wollte. Aber nun... Vorsichtig atmete er den ureigenen Duft der Cygnai ein und es hätte ihm fast die Knie weich werden lassen. Es war keine gute Idee gewesen sie in die Arme zu nehmen. Rasch schob er diesen Gedanken von sich und schloss die Arme etwas fester um die junge Frau, als sie begann sich zu beruhigen. Schützend hatte er sie um sie gelegt, als wolle er sie vor der ganzen Welt in Schutz nehmen. Er wusste dass sie das nicht wollte und akzeptierte das auch. Nur den Schmerz darüber konnte man nicht einfach mit Worten oder Gesten aus der Welt schaffen. Sie war nur ehrlich zu ihm gewesen und hatte dafür gesorgt, dass er sich keine absurden Hoffnungen machen brauchte. Und doch...? War Hoffnung nicht das was zu
    letzt starb?
    Zärtlich strich er ihr über Haar und Rücken, berührte auch leise verspielt das Gefieder ihrer Flügel. Seinen Kopf sacht an ihren gebettet und immer wieder ihren Duft in der Nase. Sie war aus dem Stoff aus dem die Träume oder überirdische Melodien gemacht waren kam es ihm so in den Sinn. Er könnte sich darin verlieren...
    Irgendwann war es soweit, Djamila war körperlich zur Ruhe gekommen und so suchte er nach seiner Stimme. So genau wusste er nicht was er sagen sollte. Er wollte sie für sich haben, aber das war nicht ihr Wunsch und er würde das respektieren...müssen...
    "Es gibt Schätze auf dieser Welt, die sind nicht nur für einen alleine gemacht.", flüsterte er ihr leise ins Ohr. Es kostete ihn Überwindung und doch war es richtig. "Wollt Ihr mir nicht sagen, was Euch so traurig gemacht hat, Djamila?", fragte er mit einer Zärtlichkeit in der Stimme die es vermochte einen zu berühren.

    Djamila wand sich dem jungen Dheoran zu und sie sah aus wie ein Häufchen Elend. Eigentlich sah sie gerade so aus wie er sich fühlte.
    Ihre Augen waren gerötet und dicke Tränen liefen ihr über das zarte Gesicht. Lazarion wusste nicht was in ihr vorgehen mochte, was sie so mitnahm aber ihr Anblick zerriss ihm fast sein Herz. Sollte er daran schuld sein? Warum? Es konnte ihr doch gleich sein, seine Gefühle waren dieser wunderschönen Frau, die eigentlich nur einem Traum entsprungen sein konnte, unwichtig. Sie hatte es ihm gerade eben erst gesagt. Er fühlte sich zu ihr hingezogen und das schon bald nachdem er sie erblickt hatte. Was interessierte sie sich dafür, wie er sich nun gerade fühlte - oder warum klopfte sie weinend an seine Wagentüre?
    Mimiteh blickte etwas um Lazarion herum, um zu sehen, weshalb sie angehalten hatten, aber wirkliches Interesse zeigte sie nicht. Lazarion war stehen geblieben und so stand auch sie.
    Die junge Frau straffte sich, nur um dann wieder von einer tiefen Traurigkeit geschüttelt zu werden. Sie wandte sich sogar ab von ihm und wischte sich mit ihren beiden Händen die Tränen von ihren zarten Wangen. Wie gut wäre es gewesen sie hätte ihn nicht aufgesucht, denn er konnte nicht anders, als sie noch fester in sein Herz zu schließen - warum auch immer. Das Vernünftigste wäre gewesen dieser Szene den Rücken zuzuwenden und seine Tante Atashkada zu Djamila zu schicken. Sie würde alles ins Lot bringen, zumindest für die junge Cygnai.
    Aber Lazarion dachte nicht daran Vernünftig zu sein. Er ließ den Strick von Mimiteh zu Boden gleiten und trat bedachten Schrittes auf Djamila zu. Ohne darüber nachzudenken ob sie es wollte oder was es für sie beide bedeuten mochte, zog er die junge Frau in seine Arme.
    "Schschsch....", sagte er leise. "Nicht weinen Djamila." Er war sehr darauf bedacht mit ihren kleinen Flügeln nicht ins Gehege zu kommen und strich ihr sacht über ihr Haar und den Federn darin. Es war unbeschreiblich für ihn sie so zu halten, natürlich wusste er dass es nichts ändern würde und dennoch bescherte es ihm ein seltsam berauschendes Gefühl sie so in seinen Armen zu spüren.

    Im Gegensatz zu seinem gezwungener Maßen bedächtigem Gang, rasten die Gedanken und Gefühle durch seinen Kopf und in seinem Inneren. Der Weg zu dem provisorischen Pferch war nicht weit. Vorsichtig klopfte eine Erkenntnis bei Lazarion an, als er auch über den Vorfall gestern mit dem Getränk nachzudenken begann. Sie hatte sehr extrem auf das Malzbier reagiert und heute hatte sie ihm von einem Mann erzählt, der sie gefügig machen wollte. Betroffenheit machte sich in ihm breit für den gestrigen Vorfall und es tat ihm leid, dass er es dort nicht verstanden hatte. Aber wie hätte er das ahnen sollen? Auf solche Machenschaften ließen weder er noch einer seiner Familie sich ein. Sie waren ein stolzes Volk und von ihrer charismatischen Art überzeugt. Sie wollten das prickelnde Spiel der Eroberung - und nicht das feige hinterhältige Hereinlegen.
    Oder auch nicht, denn all das hatte ihm bei der jungen Frau nicht geholfen. Sehr sympathisch fand sie ihn - da hätte sie ihn besser ohrfeigen sollen.
    Gut, er musste sich eingestehen, er hatte nicht die muskulöse, athletische Figur vieler seiner Verwandten. Lazarion war eleganter gebaut und von schlankerer Statur.
    "Frauen!", schimpfte er vor sich hin, um der Enttäuschung Herr zu werden und bewegte sich vorsichtig zwischen den unterschiedlichen Tieren hindurch.
    Seine Stute hatte den Kopf gehoben und sah ihn vorwurfsvoll an. "Du warst nicht gemeint, Mi.", beschwichtigte er sofort denn Mi oder auch Mimi, oder genauer Mimiteh, zog seinen Wagen, seit er ihn hatte und auf sie war immer Verlass. Mimiteh war so groß wie die anderen Pferde, Lazarion konnte gut über ihren Rücken blicken. Sie war schwarz-weiß gefleckt und hatte ein liebes und aufgewecktes Gesicht, dass unter reichlich Schopf heraus blickte. Allgemein war sie mit viel Behang ausgestattet.
    Lazarion strich seiner Stute den Hals und legte ihr einen Strick um. Mi suchte ihren Besitzer mit ihrem rosafarbenen Maul, nach einer Leckerei ab. Natürlich hatte er daran gedacht und gab ihr einen Apfelschnitzen zu fressen. "Nun komm.", forderte er sie leise auf und Mimiteh folgte ihm wie ein Schatten.
    Noch immer aufgewühlt und mit düsterem Blick machte er sich auf den Weg zurück zu seinem Wagen... Von Weitem schon richtete er seinen Blick auf ihn und entdeckte die junge Cygnai wie sie an seine Türe klopfte. Ob sie gekommen war um sein Angebot auszuschlagen? Lazarion trat auf Djamila zu und versuchte, sich innerlich gegen die erneute Enttäuschung zu wappnen. "Sucht Ihr nach mir, Djamila?"



    Kaum einem blieb verborgen - so auch Atashkada nicht - dass gerade etwas schief gelaufen war zwischen der jungen Fremden und Lazarion. Es lag ihnen fern sich in die persönlichen Angelegenheiten der jungen Leute einzumischen und so begannen nun wirklich alle das Lager abzubrechen.

    Überrascht über die Geste der jungen Frau, da sie seine Hand - die ihr Trost spenden sollte - gerade erst zurückgewiesen hatte, nahm er Teller und Becher in eine, damit sie seine Hand nehmen konnte. Leise Freude stiegt in ihm auf ...... bis sie zu sprechen begann. Ihre Worte waren wie ein schmerzender Schlag ins Gesicht, nur war es nicht sein Körper, der eine Wunde erlitt. Obwohl ihm das lieber gewesen wäre. Ihre Worte schnitten ihm tief in sein Inneres. Seine Gesichtszüge waren nun starr, nur seinen verdunkelten Augen war der Schmerz anzusehen.
    Ja sie hatten viel gemeinsam, wie sie so erzählte. Es trieb sie immer voran, von Ort zu Ort und warum sollten sie ihre Wege nicht in Einklang bringen können? Wenn sie es wollten. Es war nie langweilig auf ihren Reisen über die Insel. Es gab viel zu entdecken und zu erleben. Aber genau das war es, was sie nicht wollte. Wonach auch immer sie suchte und was sie hinter dem Wort Chance versteckte. Er war es nicht, das hatte sie ihm gerade zu verstehen gegeben.
    Irritiert sah er Tränen in ihren Augen glitzern. Und es machte ihm sein Herz noch schwerer. Vielleicht war es eine Eigenschaft ihres Volkes? Oder vielleicht floss Nymphenblut in ihr?
    Sacht drückte er Djamilas Hand. Am Liebsten wäre er ohne ein Wort an sie verschwunden. Schwer schluckte er an seinem Kloß im Hals und setzte mit leiser Stimme an "Ihr werdet sicherlich noch viele Chancen in Eurem Leben willkommen heißen können, schöne Djamila." Er sah sie die ganze Zeit an. "Mein Angebot, Euch von Lagerplatz zu Lagerplatz zu fahren, sowie Euch in meinem Wagen schlafen zu lassen steht nach wie vor. Überlegt es Euch." Er versuchte sich gar nicht erst an einem Lächeln, denn es wäre ihm missglückt. Er gab ihre Hand frei und erhob sich. "Ich muss die letzten Vorbereitungen treffen.", erklärte er sich und stand auf, um sein Geschirr fort zu bringen und sich dann unverzüglich nach seinem Wagenpferd umzusehen.


    Neugierig blickte Atashkada immer wieder kurz in die Richtung der zwei jungen Leute. Ihr war die Veränderung der Szene nicht entgangen, sah aber keinen Grund, dort einzugreifen und so frühstückte sie weiter und unterhielt sich.

    Djamila entzog dem jungen Dheoran ihre Hand. Diese distanzierte Art gefiel ihm nicht, genauso wenig ihre Worte, dass sie nur bis zum nächsten Dorf würde mitkommen. Ihre Worte klangen schon so endgültig, als würde sie genau wissen was sie tun wollte und er schien in ihrem Leben wohl keinen Platz zu haben...? In ihrem Leben... Vielleicht war das wirklich noch viel zu früh, für solcherlei Gedanken und sie wollte ihn damit zurecht auf seinen Platz verweisen. Er hatte schliesslich auch nichts außer seiner Familie, seinem Können und seinem Wagen, was er ihr bieten konnte. Das war wohl nicht genug um eine solche Frau umwerben zu können...?
    Dheoran aus dem Feuer des Nelio waren sicher keine Bettelleute, ihr Name war angesehen und recht bekannt. Auch wussten sie sehr wohl wie man gut lebte, aber es war kein Vergleich zu den Höfen, an welchen sie wohl sonst verkehrte. Seine Gedanken hatten eine düstere Richtung eingeschlagen und fast schon wollte er sich geschlagen geben. Was dachte er sich auch dabei, einer solch schönen Frau den Hof machen zu wollen...
    Gestern erst hatten seine Augen sie erblickt und sein Herz hatte sich bei ihm gemeldet. Sie mochte das vielleicht nicht erkennen... NOCH NICHT...? Vielleicht würde sie...? Lazarion wollte es versuchen - immerhin war das nächste Dorf einige Tage entfernt. "Wenn Ihr wollt Djamila, könnt ihr gerne auf meinem Wagen mitfahren.", bot er ihr freundlich an und widmete sich dann seinem Frühstück. So wirklich wollte es ihm nicht schmecken, aber anmerken wollte er sich auch nichts lassen. Seine rehbraunen Augen Blickten zu seiner Tante, die sich blendend zu unterhalten schien, wie üblich. Lazarion nahm sich vor noch mit Atashkada zu sprechen. Er kannte auf dem Weg ein paar herrliche Plätze und diese so begannen seine Gedanken würde er der jungen Frau gerne zeigen. Tasha würde ihn verstehen und ihm behilflich sein...

    Flink waren erneut die Füße der zarten jungen Frau und Lazarion ging ihr etwas gemächlicher hinterher. Er setzte sich zu ihr auf den Baumstamm und wartete geduldig, bis sich Djamila sortiert hatte. Bis zu den Worten Gesellschaft und Mann konnte er gut folgen doch dann begann es leise in ihm zu kochen. Die Kiefer aufeinander gepresst, eine Faust in seine Hose geballt. Er hatte Becher und Teller erstmal zur Seite gestellt. Dieser andere Mann wollte sie willenlos und gefügig machen...? Warum? Weil sie ihn nicht an sich ran gelassen hatte...? Vielleicht hätte sie ihn besser im Unklaren gelassen.
    Er warf ihr einen flüchtigen Seitenblick zu. Sie schien bereits dabei zu sein es zu verarbeiten und es schien sie nicht wirklich zu beeinflussen. Es schien auch nicht wirklich mehr passiert zu sein, Dank einer Elfe die ihr geholfen hatte. Stumm in Gedanken dankte er dieser fremden Frau dafür, dass sie Djamila vor einem ungewissen Schicksal bewahrt hatte. Nun war der Drang noch größer sie in die Arme zu ziehen und einfach nur festzuhalten. Langsam lösten sich seine verkrampften Finger und hinterließen Falten im Stoff der Hose. Seine Augen suchten die ihren und sie wirkte nicht unglücklich. Sicherlich würde es wohl in nächster Zeit nicht so leicht werden, aber immerhin hatte sie das Glück zu ihnen gebracht. Bedacht griff er nach der zarten und fast zerbrechlichen Hand der jungen Frau. "Ihr braucht Euch nicht zu bedanken Djamila. Ich bin nur froh, dass es Euch gut geht.", sagte er ehrlich und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Hand. Seine andere Hand legte er bedacht über die ihre und sah ihr wieder in ihre wunderschönen Augen. "Wie wird Euer weiterer Weg sein? Werdet Ihr mit uns kommen?"


    Mit einem zufriedenen Nicken ob ihrer Auswahl verließ die Dunkelhäute ihren Wagen und fand sich mit der Kleidung am Feuer ein. Unweit erblickte sie ihren Neffen und die junge Frau. Es wirkte nicht so, als wollten die beiden gerade gestört werden - so auf die Entfernung - besonders ihr Neffe nicht, stellte sie mit erhobener Augenbraue aber auch einem leisen Schmunzeln fest. Nun ja, Djamila war allerdings auch sehr attraktiv. So gesellte sie sich zunächst zu ihrer Familie in belanglose Gespräche und ließ sich ihr Frühstück schmecken.

    Das Lächeln der jungen Schönheit ließ leise Wärme in dem jungen Mann aufsteigen. Er war beschwingt und doch kam ihre Umarmung überraschend für ihn. "Vorsicht.", sagte er leise. Denn fast hätte er sie mit Tee und dem Frühstück geduscht. Mit einem leichten Ausfallschritt sicherte er seinen Stand. Am Liebsten hätte er sogleich alles fallen lassen und sie ganz fest an sich gedrückt. Und vielleicht nie wieder los gelassen. Er strahlte über das ganze Gesicht und legte so gut es eben ging die Arme um sie.
    Er nickte ihr zu, als sie ihm Teller und Becher abnahm und hoffte inständig nun ihren Geschmack getroffen zu haben. So etwas wie mit dem Malzbier sollte ihm nicht mehr passieren. Djamila sprühte richtig vor Tatendrang und zog ihn doch glatt hinter sich her auf die Seite. Fast wäre Lazarion ins Straucheln geraten, es kam überraschend und ihre kleinen Füße waren schnell - eine Tänzerin eben. "Das war nicht der Rede wert.", sagte er freundlich. Doch als sie von ihrer Geschichte sprach, weckte sie seine Neugier. Sie bat ihn sogar darum. Wie hätte er da nein sagen können...? Ihr Lächeln war atemberaubend und schon wieder begann eine Melodie in seinem Inneren zu erklingen. Er nickte bedächtig. "Wie wäre es wenn wir uns dort vorn auf den Baumstamm setzen?" Dort wären sie ungestört konnten aber das Vorankommen des Lagers noch überblicken.


    Atashkada hingegen war, wie sie es vor hatte, in ihren Wagen gegangen und hatte zu suchen begonnen, irgendwo sollte sie doch noch etwas finden was der jungen Frau passen sollte und was zumindest einigermaßen ihren Geschmack traf. Aber es sollte ja nur so lange sein, bis sie ihr Kleid reinigen konnte. So stellte sie nach und nach ein kleines Kleidungsbündel aus Unterwäsche, Röcken und Oberbekleidung und einem Paar bequemer Halbstiefel zusammen, mit dem Djamila in jedem Fall bis ins nächste Dorf auskommen sollte. Und dort konnten sie weiter sehen.

    Ein wenig belustigt sah Atashkada der jungen Frau nach. Sie schien nun neue Hoffnung geschöpft zu haben und schon zog es sie zu ihrem Neffen. Die Dheoran freute sich für Djamila, denn gestern war sie arg mitgenommen gewesen und heute konnte sie schon nach vorne sehen. Atashkada nahm einen anderen Weg, sie wollte zu ihrem Wagen.


    Ein leiser Duft von frischem Brot und Tee lag in der Luft. An langen Stöcken röstete Teig über dem Feuer, Käse und Schinken stand bereits aufgeschnitten zur Verfügung wie auch einige Äpfel. Sonst sah das Lager bei Weitem nicht mehr so behaglich aus wie vor kurzer Zeit noch. Alles was nicht mehr gebraucht wurde, war bereits verräumt.
    Lazarion war ungeduldig und zupfe an einem der Brote herum, es wollte ihm nicht so recht schmecken, da er nicht wusste ob es der jungen Schönheit gut ging. Und auch ließ ihn die Neugier nicht los. Er murrte etwas vor sich hin, als er seiner Schwester reichte worum sie ihn gebeten hatte. Sein Blick glitt immer wieder unruhig in die Richtung, in der die beiden Frauen verschwunden waren. Erst als Djamila auftauchte hellten sich seine Züge wieder auf, sie wirkte viel erholter als gestern und fröhlicher...? Er schnappte sich Teller mit Frühstück und zwei Becher Tee und kam ihr entgegen. "Guten Morgen Djamila, ich hoffe Ihr konntet gut schlafen."

    Atashkada nickte verstehend, wollte aber nicht weiter darauf eingehen, warum Djamila dieses nicht meldete. Nicht das die Dheoran sich den Obrigkeiten in besonderem Maße verpflichtet gefühlt hätten, sie pflegten die Dinge selbst zu regeln. Es war die Entscheidung der jungen Cygnai, auch wenn so die Gefahr bestand noch mehr Frauen diesem Mann zum Opfer fallen könnten, ohne dass Recht und Gesetz in Ymarue darüber schon einmal etwas gehört hatten. Sie seufzte innerlich. Die Lage der jungen Frau musste sehr schwierig sein, wenn sie all ihr Hab und Gut zurück gelassen hatte. Auch wenn es nicht sonderlich wertvoll gewesen sein mochte.
    "Natürlich könnt Ihr mit uns kommen, wir freuen uns." Atashkada lächelte freundlich. "Das nächste Dorf ist ein paar Tage entfernt, glaube ich ... Allzu weit jedenfalls nicht." Der Blick der Dheoran glitt an dem Kleid der jungen Frau hinab. "Wir sollten Euch frische Kleidung heraus suchen, wenn Ihr wollt? So könntet ihr beim nächsten Lager, das Eure waschen und trocknen. In meinem Wagen sollten wir schon was finden..."


    Im Lager herrschte noch reges Treiben, der Duft des Frühstücks hing so langsam in der Luft. Lazarion half wie gewöhnlich das Lager zu räumen und Juniper war ihm noch immer auf den Fersen. Es nagte etwas an seinen Nerven, nicht zu wissen was mit Djamila war und seine kleine Schwester trampelte gerade noch zusätzlich auf jenen herum. Dennoch harrte er Dinge.

    Sie gingen ihre erste Schritte und entfernten sich etwas von dem regen Treiben im Lager. Atashkada ließ der jungen Frau alle Zeit die sie brauchte und lauschte aufmerksam ihrer Geschichte. Ihrer höchst unschönen Geschichte. Atashkada wusste nicht gleich was sie darauf sagen sollte, gab es überhaupt aufmunternde Worte für ein solches Erlebnis?
    Sie zog die junge Frau in eine mitfühlende Umarmung. "Lasst es alles heraus, Djamila. Damit ihr danach wieder nach vorne sehen könnt.", sagte sie freundlich.
    Natürlich würde es dauern bis sich die junge Frau davon erholt hatte und ganz sicher war es nicht leicht einen Haken unter ein solches Erlebnis zu machen und einfach zur Tagesordnung über zu gehen. Der Dheoran selbst war so etwas noch nie widerfahren, aber wer wollte sich schon mit einer ganzen Sippe von Runenmagiern und Fluchsprechern einlassen, wenn sie nicht auf dessen Seite standen? Ganz abgesehen davon, dass Atashkada noch nie in Erwägung gezogen hatte, ihre Familie und ihr freies Leben für einen Mann aufzugeben. So wie es klang war die junge Frau aber völlig auf sich allein gestellt und sicherlich ein leichtes Opfer für solche Unsäglichkeiten. Wer würde schon nach ihr suchen, wenn sie verschwand? Aber noch einmal würde ihr jenes sicherlich nicht widerfahren.
    Atashkada hatte schon davon gehört, dass hier und da Frauen mit alkoholischen Getränken wehrlos gemacht wurden, um ihrer leichter habhaft zu werden ... Drogen hingegen...? Tief in Gedanken versunken, runzelte Atashkada die Stirn. Es war im Grunde nicht Sache ihres Volkes, einzelne Personen anzuklagen - aber was Djamila da berichtete, war eine Machenschaft, die wohl beileibe nicht nur dieser Rogbert verfolgte........... Und eine Geschichte als allgemeine Warnung insbesondere an junge Mädchen und Frauen - ja, da sollte sich doch etwas machen lassen. Ob sich daraus eine kindgerechte Geschichte machen lassen würde, das wusste sie zwar noch nicht, aber ihre lebhaften Gedanken verfolgten diese Idee bereits. Die Dunkelhäutige hielt Djamila sanft in den Armen, bis sie glaubte, es würde ihr etwas besser gehen. "Ich werde mit meinem Vater sprechen und seid gewiss wir werden es weitertragen.", bestätigte sie noch. "Habt ihr etwas gegen diesen Mann - Rogbert - unternommen? Ihn den Gesetzeshütern gemeldet ? Und was ist mit Euren Besitztümern? Wollt Ihr sie ihm wirklich überlassen?"


    Juniper ballte ihre kleinen Hände fest um die Zöpfe Lazarions und er hatte Mühe den beiden Frauen nachzusehen. Es mochte ihm nicht gefallen, Djamila gehen zu sehen und es packte ihn die Neugier um was es wohl in dem Gespräch ging. Frauen untereinander heckten immer nur etwas aus, befand er für sich und es verlangte ihn danach, ebenfalls in die Pläne um Djamila einbezogen zu werden. Ihre Nähe zog ihn magisch an und er wollte mehr von dieser bezaubernd schönen jungen Frau kennen lernen. Ihr helfen. Er vertrieb dann aber rasch diese Gedanken und widmete sich seiner kleinen Schwester, welche nun von Neuem begann zu erzählen, was sie ihm erzählen wollte. Er würde seine Tante später danach fragen. Sie MUSSTE ihn einfach teilhaben lassen.

    "Für den müsst Ihr Euch bei Lazarion bedanken.", sagte sie leise amüsiert doch dieses wich allzu rasch, da Djamila nun unsicher wirkte. Atashkada erhob sich und klopfte sich den Rock aus. Als die junge Frau des Schwanenvolks ihren Namen nannte wollte Atashkada sie fast verbessern. Aber an sich war sie es gewohnt, zumindest von den Kindern, dass er nicht richtig ausgesprochen wurde. Oft beließen es die Kleinen dann bei Atash, bis sie es spitz bekommen hatten, dass sie von den Älteren auch oft Tasha genannt wurde...
    Der jungen Cygnai lag offensichtlich etwas großes auf dem Herzen. "Wollen wir ein paar Schritte laufen?", fragte sie und deutete ihr einen Weg etwas Abseits des Lagers an und ihrem Neffen, er solle hier bleiben. Atashkada wusste nicht, um was es sich bei der Geschichte handelte und da sie zu ihr gekommen war... "Ihr dürft mir erzählen was immer Ihr wollt. Aber fühlt Euch bitte nicht dazu verpflichtet.", sie sagte es ehrlich und mitfühlend.


    Juniper redete und redete. Sie erzählte was sie gerade gehört hatte und Lazarion musste einfach Lächeln er konnte gar nicht anders. Seine Schwester was so ein Sonnenschein, auch wenn sie ihm hier und da doch auf die Nerven ging.
    Fast hatte er den Weg hinter sich gebracht und würde der jungen Schönheit einen guten Morgen wünschen können. Doch dann sah er die Geste seiner Tante, die ihm gar nicht recht gefallen mochte. Was ging dort nur vor sich? Er wollte es gleich wissen aber nach einem strengen Blick blieb er stehen. Juniper zog seine Aufmerksamkeit nun auf sich, da sie ihn an den Haaren zog, sie merkte genau, dass er ihr nicht zuhörte und das erzürnte die Kleine etwas.

    Die junge Frau hatte verstanden und Atashkada nickte zufrieden. Auch wurde sie schon von ihrer Nichte gerufen, die wieder voller Freude lachte, als die Dheoran hinter ihr her lief. Immer mehr der Kinder des Lagers kamen dazu und ehe es im Chaos endete ließ Atashkada sich ins Gras fallen, setzte sich auf und begann eine Geschichte zu erzählen. Allzu rasch wurde es ganz still um sie und die Kinder sahen sie mit großen Augen an. Die Geschichte handelte von einer Geißenfamilie. Einer Mutter und sieben kleinen Geißlein im verschiedenen Alter. Kindgerecht und sehr fantasievoll schmückte sie die Geschichte aus. Verlieh jedem der Akteure eine eigene Stimme. Die Geschichte an sich war simpel. Sie sollte den jungen Familienmitgliedern verdeutlichen wie wichtig es war, auf seine Eltern zu hören, wenn man nicht vom bösen Wolf gefressen werden wollte. Aber eine solche Geschichte hätte Atashkada nicht gewählt, wenn sie nicht ein glückliches Ende genommen hätte und die Familie wieder gesund und munter zusammengefunden hätte. Die Kinder waren froh über den Ausgang, bedankten sich brav für die Geschichte und rannten dann wieder fröhlich im Lager herum.
    Die Aufmerksamkeit der Dheoran wanderte nun zu der jungen Frau und zu deren schönen Gestalt sie auch noch eine Geschichte finden musste. "Guten Morgen Djamila, wie geht es euch heute? Habt Ihr gut schlafen können?", fragte sie freundlich. Unauffällig musterte sie die Kleidung und das Schuhwerk der jungen Frau, dies hatte auch schon bessere Zeiten gesehen. Atashkada überlegte ob sie vielleicht frische Kleidung gebrauchen konnte und ob Djamila wohl manche Sachen von ihr selbst passen könnten.


    Ein paar Momente brauchte Lazarion, um ganz zu sich finden, er erhob sich etwas steif. Eine solche Schlafposition war nicht auf Dauer zu empfehlen. Bedacht streckte er alle Glieder, ehe er die Vorhänge zurück raffte und die Fenster öffnete. Auch er präparierte seinen Wagen für die kommenden Strecken. Gutes Werkzeug war teuer und es sollte nicht wegen einer Nachlässigkeit zu schaden kommen. Es dauerte eine Weile und als Lazarion nach einer Katzenwäsche seinen Wagen verließ, das Wasser aus der Schüssel einfach aus dem Fenster geleert, rannten die Kinder im Lager fröhlich umher und eine kleine Dreijährige mit tiefbraunem Haar quietschte seinen Namen über das ganze Lager hinweg. Seine Augen die er bereits auf die blasse Schönheit gerichtet hatte mussten sich nun abwenden, denn schon stürmte die Kleine auf ihren großen Bruder zu und wollte durch die Luft gewirbelt werden. Mit ihr auf den Armen und einem Lächeln auf den Lippen - die Kleine plapperte ohne Unterlass - bewegte er sich mit unregelmäßigem Gang auf die beiden Frauen zu.

    Das Leben des Lagers begann schon sehr früh an diesem Morgen. Das Ziel, welches die Dheoranfamilie erreichen wollte, war nicht mehr allzufern und dort würden sie ihre gesamte Sippe treffen. Die Freude darüber all ihre Brüder, Schwestern, Nichten, Neffen und die vielleicht neu hinzu gekommenen Familienmitglieder - groß wie klein - zu sehen beflügelte auch Atashkada jeden Morgen aufs neue. Der Tag war noch leicht eingehüllt in den dunklen Mantel der Nacht, doch zwitscherten schon die ersten Vögel und auch die Tiere des Lagers waren zu hören.
    Es gab immer einiges zu tun, angefangen hatte Atashkada mit ihrem Wagen. Sie ließ die kühle Luft des Morgens herein und verräumte ihre Sachen so, dass sie guten Gewissens auch mal eine holprige Strecke zurück legen konnte ohne, dass danach Unordnung in ihrem fahrenden Heim herrschte. Es war ihr schon lange in Fleisch und Blut über gegangen, nach dem Wagen kümmerte sie sich um sich selbst. Mit frischer Kleidung ging es an den nahe gelegenen Bach. Dort wusch sie sich und kleidete sich ein. Weiße Bluse, hellgrüner weiter Rock. Das Tuch in ihrem Haar hatte heute seine dunkle Farbe.
    Mittlerweile waren immer mehr und mehr erwacht. Alle halfen zusammen und nach dem Frühstück würden sie wohl aufbrechen. Tee und ein Getreidebrei hingen bereits über dem Feuer, etwas an Obst bereits geschnitten stand daneben mit reichlich Schüsseln.
    Atashkada spielte gerade mit einer ihrer Nichten. Lief hinter ihr her um sie zu fangen und die kleine Dheoran, in ihrem niedlichen Sonnengelben Kleid, lachte und quietschte vergnügt auch wenn ihre Tante sie gefangen hatte und hoch in die Luft warf um sie wieder zu fangen.
    Gerade als sie die Kleine abgesetzt hatte, damit sie wieder davonlaufen konnte sah Atashkada aus dem Augenwinkel wie Djamila aus dem Wagen trat. Sie winkte ihr freundlich zu und deutete auf den Waschwagen, sicherlich wollte sie jenen als erstes aufsuchen.


    Das leise Geräusch der sich schließenden Türe ließ Lazarion die Augen öffnen. Er war über seiner Werkbank eingeschlafen und man hatte ihn zugedeckt. Er streckte sich ausgiebig und gähnte herzhaft. War es gestern so spät geworden? Und war die fremde Schönheit vielleicht nur ein Traum gewesen? Verstohlen blickte er zu seiner Bettstatt hinüber und sie war leer. Die Vorhänge verhüllten noch das Treiben draußen vor den Wänden des Wagens, aber leise hörte er schon wie schätzungsweise all seine Leute auf den Beinen waren. Mit seiner Hand rieb er sich den Nacken und sein Blick fiel auf das Blatt Pergament auf dem er noch ein paar wenige Noten notiert hatte... Es war kein Traum gewesen... Djamila... sie war scheinbar schon auf...?

    Zweimal noch klapperte es leise, das mussten wohl die Schuhe gewesen sein, die gerade auf den Wagenboden gefallen waren. Lazarion lächelte leicht und dieses Lächeln vertiefte sich bei ihren Worten. "Ruhet wohl, Djamila. Ich werde da sein.", flüsterte er ihr noch zu, aber es waren schon leise Geräusche eines wohlverdienten Schlafes zu hören.
    Nur wenige Bewegungen der jungen Frau waren noch zu hören, während Lazarion auf ein leeres Blatt Pergament starrte. Ihm ging so viel im Kopf herum, lauter Noten und unterschiedliche Ansätze für Melodien, aber noch konnte er sie nicht ordnen damit er sie aufschreiben konnte. Sein Blick wanderte zu der Schlafenden hinüber und leise begann er ein bisschen was zu notieren, als seine Augen zurückkehrten. Es verging etwas Zeit. Erst hatte Lazarion seinen Kopf auf seinen abgewinkelten Arm gestützt und jener sackte immer weiter runter und runter. Über den Melodien, die er fühlte, die aber noch nicht völlig den Weg aus ihm heraus fanden, war er mit dem Kopf auf seinen Armen auf seiner Werkbank eingeschlafen.


    Atashkada bemerkte gar nicht, wie schnell die Zeit doch verging, denn sie fand von einem anregenden Gespräch ins Nächste und so mancher aus der Familie hatte den Glanz in Lazarions Augen gesehen, wenn sie auf dem Schwanenmädchen hingen. Doch leerte sich die Feuerstelle immer mehr und mehr. Auch sie selbst konnte das Gähnen kaum mehr unterdrücken. Ihre Augen waren ein paar mal in Richtung des Wagens gewandert, Lazarions Wagen. Noch immer glimmte schwaches Licht aus ihm hervor. Ob sich die beiden noch unterhielten? Doch war die junge Frau so erschöpft gewesen, dass sie kaum ihre Augen noch hatte offen halten können.
    Lazarion kam einfach nicht und da es überaus unüblich für ihn war, beschloss sie nach ihm zu sehen. Sie erhob sich, als die Stimmen verklungen waren und brachte die wenigen Schritte gemütlich hinter sich. Soweit waren keine großartigen Geräusche zu vernehmen. Keine Stimmen, kein Gelächter aber auch kein Klagen oder zittrige Worte. Nein es war ganz und gar ruhig in dem Wagen. Vorsichtig steckte sie ihren Kopf in den Wagen und fand Djamila schlafend im Bett und ihren Neffen schlafend vor seiner Werkbank vor.
    Sie schlich sich auf leisen Sohlen zur Schlafstatt, griff behutsam nach einer der Decken und trat leise zu ihrem Neffen, um sie über ihm auszubreiten. Wenn er schon die ganze Nacht in dieser Position verbringen wollte, sollte er zumindest nicht frieren müssen. Rasch breitete sie die zweite Decke sacht über der zarten jungen Frau im Bett aus, verlöschte das Licht und huschte dann so lautlos hinaus, wie sie eingetreten war, um sich in ihrem eigenen wagen zur Ruhe zu begeben.
    Rasch war es nun still in dem Lager geworden und alle fanden den Schlaf den sie brauchten.