Beiträge von Tohe

    Aber er wollte mit. Sie kannten Rahla doch gar nicht. Wie sollten sie sie denn erkennen? War er wirklich so schlimm, dass man ihn besser über diese Mauer warf, als ihn mitzunehmen? Aber als Nyx sagte, dass er etwas über das Haus wusste, verpuffte sein anfänglicher Ärger. Er wusste ja gar nichts. Er hatte nur diese grobe Beschreibung und er brauchte einen Moment, bis er begriff, das Nyx ihn meinte. Daran, dass er jetzt wohl Grashüpfer heißen würde musste er sich wohl erst noch gewöhnen. Zudem seine Frage irgendwie merkwürdig klang. „Eine..“ er war sich immer noch nicht sicher. Aber was konnte es schon schaden? Nur irgendwie hatte er den wusch, es irgendwie so hingedreht zu bekommen, dass sie ihn mitnahmen… Das Ergebnis war aber, dass völlige Leere in seinem Kopf herrschte. Für einen kurzen Moment flammte der Gedanke auf, so zu tun als ob er mehr wüsste, als es eigentlich der Fall war, aber spätestens am Anwesen würde das ja auffallen und der hatte diesen Männern eigentlich nichts entgegen zu setzen.
    Der ungeduldige Tonfall des Meisters brachte ihn dann doch dazu, den Satz zu Ende zu sagen. „.. Mädchen.“ Nervös schaute er zwischen den beiden Herren hin und her. „Aba du wisst ja gar niet wie de Rahla aussieht.“ äußerte er dann seine Befürchtung, dass Nyx ihm nicht helfen konnte. Nicht so. Und im gleichen Moment schlug er sich die Hand vor den Mund. Es war nicht, gut, dass er ihren Namen verraten hatte, oder?
    „Warst du schonmal da?“ fragte der Meister dann interessiert.
    Tohe überlegte kurz, ob er es doch versuchen sollte, schüttelte aber dann Wahrheitsgemäß den Kopf. Nyx wusste ja, wie er ihn danach gefragt hatte und würde schnell dahinter kommen.

    Gebannt lauschte er dem Gespräch und den Berichten von Nyx. Was trieb dieser Mann, wenn er sagte, dass er mal ein paar Tage weg musste? Die Sprache war von Bällen und Adligen. Wer war Nyx wirklich? Hohes Augen verengten sich zu schlitzen und sein Blick huschte immer wieder zwischen den beiden Männern hin und her. Er spielte gerade mit dem Gedanken doch besser zu verschwinden, das ganze war ihm eindeutig zu hoch. Und wo er eben bei dem Streit noch für einen Moment meinte, Nyx doch irgendwie verstehen zu können, zu kennen… er hatte in dem Moment irgendwie etwas vertrautes, etwas womit er sich identifizieren konnte, gehabt, dass selbst über die ganze komische Sache mit den Karten hinwegragte. Aber das war nun alles wieder weg. Dieser Mann lebte in einer Welt, die er nicht verstand. Mit fliegenden Karten, mit Bällen, mit Adligen und irgendwo am Rand auch mit ehemaligen Straßenkindern.
    Mitten in der Bewegung des umdrehen und Gehens gefror ihm das Blut in den Arden. „Niets!“ lautete die schützende Antwort, doch ehr drehte sich wieder zu dem Mann um. Wenn er wirklich dort hin ging. Gab es denn eine besser Möglichkeit um herauszufinden, ob Rahla dort war? Kurz biss er sich auf die Unterlippe. Unsicher darüber, ob er diesen beiden Männern von Rahla erzählen sollte. Sein Vertrauen war wieder einmal auf dem Tiefpunkt angelangt. Aber alleine konnte er das unmöglich schaffen. Und wenn Nyx dort eh hinging, dann brauchte er ihn wenigstens nicht auf komplizierte Weise dazu bringen.
    „Ich suche eine.“ rückte er schließlich doch mit der Sprache heraus, tat sich aber schwer damit, wie viel er sagen wollte.
    „NEIN, wir nehmen ihn nicht mit!“ fuhr der Meister dazwischen, als wäre Nyx ein Hund oder Kind, dass irgendwas mit nachhause bringen wollte, was die Eltern nicht gebrauchen konnten. Und Tohe fühlte sich schon wieder so, als hätte er etwas falsch gemacht. Aber die Hoffnung, irgendwas über das Mädchen zu erfahren, welches dort sein musste, ließ ihn bleiben und abwarten, was Nyx sagte.

    Ganz langsam löste er sich aus dem Bann, den die Karten auf ihn ausgeübt hatten, aber so ganz klar denken, konnte er erst wieder, als der Meister die Karten zusammenlegte.
    Sein Blick folgte der einzelnen Karte, die langsam aber zielsicher zu der Weinflasche segelte. Eilig machte er ein paar Schritte auf die Flasche zu. Die Angst, davor, was dieser Mann alles mit ihm machen konnte, wenn nur eine Karte traf ließ ihn einfach das tun, was er verlangte. Als er die Flasche griff erinnerte ihn ein schmerzhaftes ziehen daran, das wohl mehrere Splitter in seinem Arm stecken mussten. Leicht rötlich war der Ärmel an manschen stellen gefärbt, aber nur ganz wenig, wie ihm ein Blick auf seinen Arm verriet. Es konnte also nicht so schlimm sein. Dann schaute er wieder auf zu dem Meister und kurz huschte sein Blick zu Nyx. Er war ein Schüler von dem dort? In was? War er ein Hexer? Oder dunkler Zauberer?
    Die Flasche so weit wie möglich von sich fort halten reichte Tohe sie dem unheimlichen Mann und sprang dann auch gleich wieder ausser Reichweite. Wobei die paar Meter vermutlich nicht reichen würden.
    Klimpernd fiel eine Münze vor ihm auf den Boden, die der Grauhaarige im hohen Bogen geschnipst hatte.
    „Na endlich.“ Sagte er und setze die Flasche an.
    Verstohlen schaute der Rabenjunge zu Nyx und griff sich dann doch die Münze. Er konnte alles brauchen, was er kriegen konnte und wenn sie nun schonmal auf dem Boden lag…
    In dem Moment setze der Mann die Flasche wieder ab: „Ich hab immer noch nicht deinen Namen!“
    Ertappt zuckte Tohe zusammen. Er hatte gehofft ihm einfach nicht antworten zu können. Aber die schneidende Stimme machte klar, dass er das nicht duldete.
    „T…“ begann er, doch er wollte nicht schon wieder den gleichen Fehler begehen, wie bei Tauscher. Und der weißhaarige hatte sich darüber gewundert, dass er keinen Decknamen benutze. „Grashüpfer.“ sagte er entschloßen, so hatte Zisch ihn doch genannt.
    Eine Augenbraue des Meisters wanderte nach oben und für einen Moment schien Tohes Herz stehen zu bleiben. Doch dann wandte der Mann sich wieder an Nyx.
    „Mit sowas gibst du dich ab?“ entgegnete er ihm und ignorierte dabei völlig die Frage des Schülers. „Ich warte immer noch auf eine gute Erklärung.“ die Stimme wurde wieder schneidender und lauter. „Wenn du lieber deine eigenen Wege gehen willst, dann tu das und belästige mich nicht länger. Aber dann sei dir auch versichert, dass du immer nur am unteren Ende deiner Möglichkeiten herumkrebsen wirst.“ Wieder nahm er einen weitere Schluck aus der Flasche. Das er sich Nyx meilenweit überlegen fühlte, dass konnte man ihm deutlich ansehen.
    Eigentlich hätte Tohe vermutlich sich jetzt relativ einfach aus dem Staub machen können, wo der Meister, wieder mit seinem Schüler beschäftigte und dazu auch seinen Alkohol hatte. Doch er blieb. So langsam begann er zu verstehen und ein wenig mehr über Nyx zu lernen. Auch dämmerte ihm nun, wie der Dunkelhaarige es geschafft haben musste, auf dem Marktplatz den Rotbebänderten auszuschalten. Und die Wachen? Hatte er mit denen auch so etwas gemacht?

    Er hatte sich also nicht getäuscht in den Schritten und das sie nichts Gutes bedeuteten. Denn Auch Nyx war in Alarmbereitschaft. Auf seine Worte hin Blickte er noch einmal hoch zu der Mauer, ob er irgendwas sehen konnte, entschloß sich dann, aber möglichst weit von der Wand weg zu kommen. Der, der dort oben kam würde ihn viel zu leicht mit irgendwas erwischen können, wenn er dort blieb wo er war.
    Warum holte er eine Karte hervor? Schoß es ihm durch den Kopf, als er sah, wie der Mann in seinen Mantel griff. Und der Halbdjirin war aus irgendeinem Grund verwirrt über diese Karte. Einen Kurzen Moment traffen sich die Blicken der beiden, als eine donnernde Stimme von oben herab erklang und Tohe zuckte zusammen. Er hatte doch gar nicht…. das galt auch gar nicht ihm, erkannte er, bevor er seinen Schrecken zu Ende gedacht hatte. Das galt Nyx, der immer noch mit Karten hantierte. War er denn von allen guten Geistern verlassen? Was wollte er denn damit ausrichten, wenn er die Dinger in die Luft warf? Doch statt wieder zu Boden zu segeln, oder dem brüllenden Mann, mit dem hellen Haar und der hervorstechenden Hakennase, die Sicht zu nehmen, was aus Tohes Sicht die einzige war, was man mit Spielkarten vielleicht machen konnte, wirbelten diese um den Schwarzhaarigen herum. Verhielten sich so ganz und gar nicht, wie sich Karten bewegen sollten. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er den Mann an. Völlig unfähig einen klaren Gedanken zu fassen, oder irgendwie zu handeln.
    Erst als von oben auch eine Karte geflogen kam, direkt auf Nyx zusteuerte und an dem Kartenwirbel um ihn herum abprallte kamen die Instinkte wieder. Er wollte gerade einen Sprung von der Mauer machen, als direkt unter ihm die Karten in den Boden fuhren, als wären sie scharfe Messer und nicht aus Papier. Erschrocken sprang er zurück und drohend spritze eine Welle auf der anderen Seite der Mauer empor.
    Als Nyx dem Fremden eine Antwort ebenso aufgebracht, wie der Alte, entgegen brüllte, wurde Tohe das Gefühl nicht los, dass die beiden sich sehr gut kannten. War das sein Vater? Nein…. er war ein Waisenjunge wie er. Weiter kam er mit seiner Überlegung nicht, denn die Kiste hinter Nyx explodierte in einem Hagel aus Holzsplittern. Schützend riss er die Arme hoch, doch nicht alle Splitter wurden von seinen zwei Hemden abgehalten. Seine federn leisteten da schon bessere Dienste, so das er den scharfen Schmerz nur an seinem weniger geschützen Oberarm merkte. Zeit um sich darum zu kümmern hatte er aber nicht. Von dem Mann auf der erhöhten Mauer schoßen drei weitere Karten, lodernd wie Feuer, auf Nyx zu und nachdem Tohe gesehen hatte, was diese Dinger anzurichten vermochten, wollte er auf gar keinen Fall mehr irgendwie in der Nähe sein. Zum Glück schien nur Nyx das Ziel des Mannes zu sein.
    „DAS IST DEINE ENTSCHULDIGUNG, WARUM DU MIR NICHT GEHORCHST?“ brüllte der Kartenwerfer als Antwort. „EINE BILLIGE AUSREDE IST DAS! NA WARTE!“ wieder flogen Karten und Tohe sprang von der Mauer um nicht doch noch ins Meer zu stürzen. Eigentlich waren die Kisten eine gute Deckung, aber nachdem die ersten paar so in Splittern aufgegangen waren, wollte er es nicht riskieren sich dahinter zu verstecken. Also hechtete er weiter den Weg hinauf und konnte nun endlich den Angreifer ganz sehen. Es war eindeutig, von wem Nyx seinen Kleidungsstil hatte. Doch wirkte dieser Herr noch sehr viel einschüchternder auf den Rabenjungen, als es Nyx schon tat. Der Grauhaarige mit den stechenden schmalen Augen strahlte eine Überlegenheit aus, die man nur selten empfand, wenn man jemanden traf. Dann begann der Mann seelenruhig die Karten in seiner Hand zu mischen und von der einen Hand in die Andere springen zu lassen. Sie flogen geradezu akrobatisch durch die Luft, wie es nie und nimmer normale Karten hätten tun können. Fasziniert von dem Schauspiel bleib der Vogeljunge stehen. Schlagartig waren alle Gedanken an Flucht vollkommen weggeblasen.

    Tohe fühlte sich gescholten, als Nyx mit seiner Predigt fertig war. Er hatte recht damit, dass er Tauscher vielleicht einiges über Nyx erzählt hätte, wenn der nur die richtigen Worte gefunden hätte. Trotzig mit vorgeschobenem Kinn schaute er den Halbdijirn an. Aber das war auch überhaupt nicht vorgesehen gewesen. Er hatte nachdem Zisch meinte, das Tauscher an ihr interessiert wäre gar nicht so weit gedacht, dass er auch an Nyx interessiert sein könnte, die Erkenntnis war ihm erst gekommen, als alles schon zu spät war.
    Er schluckte, eigentlich wollte er gerade einfach nur weg, sich irgendwo verkriechen und nie wieder herauskommen. Dann konnte er auch nichts mehr falsch machen. Er versuchte die aufkommenden Tränen mit heftigem Augenreiben wegzudrücken. Und als ihm das nicht gelang drehte er sich um, um auf die Mauer zu klettern. Nicht, weil er da runter auf den den anderen Vorsprung springen wollte, sondern nur um seinem Gefühl für einen Moment nachzugeben und die Tränen etwas besser verstecken zu können. Wenn er weinte, dann würde Nyx ihn eh nichtmehr mitnehmen. Wer wollte schon auf eine Heulsuse aufpassen? Mit baumelnden Füßen ließ er sich auf der Mauer nieder.
    Er Schüttelte den Kopf, als der Mann meinte, dass er dort unten verloren gewesen wäre, als er fragte, ob er all die Geheimnisse, die die Kanalisation hatte, kannte. Traute sich aber Gerde nicht ihn direkt anzusehen. Noch stand das Wasser in seinen Augen und war nicht die Wangen herunter gelaufen, aber er wusste nicht, wo er hin sollte, wenn das doch eintreten sollte. eigentlich wollte er sich die Blöße nicht vor ihm geben, nicht nachdem er ihn so zurechtgewiesen hatte.
    „Aba de Roten konnen Zisch wieder wat tun wollen.“ warf er ein. Es waren ja nicht nur Tauschers Leute da unten unterwegs, sondern auch die der anderen Bande. Wie konnte sich der Mann nur so sicher sein, das Zisch nichts passierte? Für ihn sah das trotz der Erklärung, das Zisch sehr gut alleine zurecht kam, was er auch sofort glaubte, so aus, als würde er sie im Stich lassen. Als Nyx sich wegdrehte wischte er sich mit dem Ärmel übers Gesicht und sog die Tränen auf, die sich doch einen Weg bahnten. Er verstand gerade die Welt nichtmehr.
    Vielleicht war es wirklich besser, wenn er sich nur noch an Zisch oder MaJinny hielt. Er wollte nicht so werden wie Nyx oder Tauscher. Aber er war definitiv noch nicht bereit auf eigenen Beinen zu stehen. Dafür machte er einfach zu viele Fehler und der nächste konnte tödlich sein. Aber war es ein Fehler sich auf Nyx einzulassen? Wenn er wusste, das er bei ihm vorsichtig sein musste? Oder war es ein Fehler gerade das nicht zu tun. Die Unsicherheit, dass er sich einfach auf niemanden verlassen konnte, bereitete ihm die meiste Angst. Es waren so viele Leute um ihn herum, aber er war trotzdem alleine. Und dieses Gefühl drohte in gerade zu überwältigen.
    Doch die schwere Schritte auf der Mauer über ihnen, überlagernden schlagartig all das und Tohe sprang auf, bereit entweder die eine oder die andere Seite der Mauer hinunter zu springen. Sie waren immer noch in der Nähe von dem Ausgang und er immer noch in Alarmbereitschaft. Auch wenn er zugeben musste, sich momentan vor jedem noch so kleinen Geräusch zu erschrecken.

    Nyx hatten so eine Art, mit der er es schaffte seinen Zorn einfach so verpuffen zu lassen. Indem er sich vor ihn niedersetze, wirkte er gleich nichtmehr so bedrohlich und Tohe entspannte sich ein wenig, wischt aber keinen Schritt von der Mauer weg. Ruhiger hörte er der Erklärung des Mannes zu.
    Doch als er erzählte, er hätte den Jungen am Marktplatz ausgeschaltet verengten sich seine Augen zu Schlitzen und schlagartig war das Misstrauen wieder da. „Du ligst, du warst garniet da!“ fuhr er aufgebracht dazwischen. Irgendetwas hatte den Jungen zwar aus der Bahn geworfen, aber es war nicht Nyx gewesen. Wie hätte er das denn machen sollen? Oder konnte er sich etwas unsichtbar machen? Nein! Das erfand er nur, weil er ihn auf seine Seite ziehen wollte… so wie Tauscher Zisch umgarnt hatte. Und er wollte sich nicht mehr einspinnen lassen. Alle Alarmglocken in ihm schrien. Er wollte Zisch davor bewahren in Tauschers Fänge zu geraten? So? Und was versuchte er gerade bei ihm? Tauscher wollte Gefallen, das war wenigstens klar, wenn auch gefährlich. Doch was wollte Nyx? Das schien ihm gerade nicht ungefährlicher. Und endlich rückte er wenigstens ansatzweise mit der Sprache heraus.
    „Da isse niet nur de Meer.“ Meinte er, ganz so bescheuert war er nun auch nicht, zudem er nicht schwimmen konnte. Aus den Augenwinkeln hatte er einen weiteren Mauervorsprung gesehen, der einen mit etwas Gekletter wieder Richtung Hafen gebracht hätte. Gut es wäre nicht ganz ungefährlich auf diesen Vorsprung zu gelangen.. aber als Notfallplan, denn er bis eben noch eindeutig geglaubt hatte zu brauchen, war es nicht die schlechteste Idee, davon war er überzeugt.
    Wenn er eines heute gelernt hatte, dann war es, dass alle einen nur versuchten für ihre Zwecke zu gebrauchen. – Bis auf Zisch, oder? Die Frage, die sich ihm gerade stellte, als Nyx geendet hatte, war eigentlich. War es ihm zu gefährlich zu versuchen den Spieß umzudrehen? Er konnte Nyx brauchen, ja sehr gut sogar. Um Rahla zu finden. Um zu lernen zu überleben, oder? Aber er traute ihm nicht. Nicht mal ansatzweise. Aber wollte er das? Konnte er das überhaupt? Er verstand sein Handeln ja nicht mal.
    Als er weiter zuhörte fiel langsam die Anspannung von ihm ab und er nahm auch die Hand von der Mauer. Mit dem dreckigen Ärmel wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht. Es brannte in der Schramme, die er vom Markt hatte, aber er versuchte sich nichts anmerken zu lassen. Auch dass sein Handgelenk weh tat, weil ihm der Mann bei seiner groben behandlung ein paar federn ausgerissen hatte, versuchte er zu ignorieren. Eine Möglichkeit herauszufinden, ob der Mann wirklich gehen ließ, war es einfach zu versuchen. Hätte aber doch nur als Ergebnis, dass er ihn fortan hinter jeder Mauer und in jedem Schatten vermuten würde.
    Also musste er ihn besser kennen lernen. Jetzt war er genau an dem Punkt, wo er bei dem Dunkelhaarigen schonmal gewesen war. Doch das Misstrauen war wieder größer geworden.
    „Wenn dat wahr is, wat du sagst, warum kimmerst du dir niet um Zisch? Isse noch da drin!“ fragte er ganz offen, weil ihm dieses Beobachten nicht verstand. Warum tat er das? Und warum holte er ihn dann da raus, ließ aber die Person um die es ihm eigentlich ging zurück?

    Das war Nyx!? Er wollte seinen Augen nicht trauen, als sich das bekannte Gesicht aus der Dunkelheit schälte und wie erstarrt blickte er den großen Mann an. Unfähig auch nur irgendetwas zu tun. Was machte der denn hier? Nyx war der letze, mit dem er hier gerechnet hatte. Und schlagartig wurde ihm bewusst, dass dieser Mann ihn verfolgt haben musste. Er hatte ihn angelogen, als er gesagt, hatte, dass er ein paar Tage nicht da wäre. In Wirklichkeit war er ihm vermutlich überallhin gefolgt. Hatte gesehen wie er zu Tauscher ging. Tohe schluckte und ließ zuerst einfach hinterherliefen. Aber mit einem Mal wurde eben jener Gedanke immer stärker. Nyx war die ganze Zeit da gewesen und hatte ihn belogen nur um ihn zu beobachten. Brachte er ihn wirklich hier heraus? Oder war es gleich um ihn geschehen. Sein griff war ähnlich fest, wie der der von Tauschers-Mann. Was wenn es ihm gleich genauso, wie dem Mann ergang? Über das, wie Nyx ihn aus dem festen griff befreit hatte, hatte er noch gar nicht nachdenken können, dafür ging gerade alles viel zu schnell. Dann flutete ihnen tatsächlich Tageslicht entgegen und Tohe wollte sich nicht weiter mitreißen lassen. Sie waren draußen und er wollte nur noch weg. Es war ihm egal, warum Nyx ihm gefolgt war. Und langsam stiegen Tränen in seine Augen. Aber nicht Tränen der Trauer, sondern vor Wut. Wut über Nyx, Wut über sich selbst, dass er sich hier mit hatte reinziehen lassen, dass man an ihm zerrte und ihn schubste und Dinge verlangte, mit denen er nichts anzufangen wusste. Ruckartig befreite er sich aus dem Griff des Dunkelhaarigen. Er machte ihm Angst, so wie er gerade drauf war. Wie er den Mann zu Boden geschickt hatte. Mit ein paar Sätzen brachte er sich ausser Reichweite.
    „Wat wolltest du da?“ fragte er und seine Stimme bebte, sein Atem ging schwer, vom Rennen und von dem Zeug, was er eingeatmet hatte. Ihm war immer noch schlecht, ansonsten hätte er den Satz auf die Mauer neben sich auch noch gemacht. Erst so nach und nach wurde ihm bewusst, dass er vermutlich nur Dank Nyx hier draußen stand. Aber das war ihm gerade egal. Seine Schulter, wo man ihm den Arm gedreht hatte, schmerzte und schürte nur noch mehr die Wut in ihm an. Er hatte gesagt, dass er glaubte, dass es ihm vermutlich lieber wäre, wenn er nicht wusste, wo sein neues Versteck war… aber vermutlich war das auch gelogen und der Mann wusste das ganz genau. Er wisch noch einen weiteren Schritt zurück und suchte Halt an der Mauer, jederzeit bereit sich auf auf die Steine zu schwingen, auch wenn auf der anderen Seite die Brandung hart gegen die Mauer schlug und immer wieder ein wenig Gischt darüber spritzen ließ.

    In seinem Wunsch, dass niemand ihn in der dunklen Nische entdecken sollte, hatten sich seine haare zu Schwarz verfärbt. Lauschen kauerte er so weit wie möglich gegen die hintere Wand gedrückt im Dunkeln. Der Gestank von der Explosion hatte ihn bis hierher verfolgt, haftete an seiner Kleidung, in deinem Haar und leistete dort dem Fisch von zuvor gute Gesellschaft.
    Ihm war immer noch übel. Aber der Inhalt in seinem Magen reichte nicht aus um sich zu übergeben. Und die Angst in ihm hatte weitaus bessere zu tun. Jedes noch so kleine Geräuch verfolgte er, ließ ihn zusammenzucken und in den Gang hinzustarren. Nach dem Wutausbruch von Taucher war es ruhiger geworden aber sehr viel geschäftiger. Schritte erklangen in unterschiedliche Richtungen.
    „Kommt raus, ihr Feiglinge!“ hörte eine Frauenstimme, was den Rabenjungen das veranlasste sich noch weiter gegen die Wand zu drücken, auch wenn diese nun langsam schmerzhaft ihre Mauersteine in seinen Rücken bohrte. Immer wieder flackerte der Lichtschein von Laternen an ihm vorbei, Schatten huschten und brachten kurz noch mehr Dunkel in die Nische. Die Münze hielt er immer noch in der Hand, fest umklammert, auch wenn seine Hände immer mehr zu schwitzen begannen. Er traute sich einfach nicht sich zu bewegen um das Ding in seinen Beutel gleiten zu lassen. Wo war er da nur reingeraten? Eben lief alles noch so gut. Er hatte ein eigenes versteck gefunden, hatte Hilfe bekommen und dann.. dann war er unvorsichtig geworden. Er hätte auf seinen ersten Gedanken hören sollen. Doch die Aussicht nicht immer nur von einem Tag zum nächsten rumzukrebsen war zu verlockend… und nun? Nun war es auch damit dahin, wenn er nur eine falsche Bewegung machte.
    Er hatte noch die Tonscherbe, aber würde sie ihm wirklich nützen, wenn…
    Weiter kam er gar nicht mit seiner Überlegung. Der Fackelschein ruhte einen Moment zu lange auf ihm und eher er sich versah griffen starke Hände nach dem Jungen.
    „Ich hab einen!“
    Am Arm gepackt wurde er von dem jungen Mann, mit dunklem langen Haaren und einer mindestens schon einmal gebrochenen Nase, aus seinem Versteck gezerrt.
    „NIET!“ schrie er auf, „Ich bin Niet!“
    Tohe versuchte sich gegen den griff zu stemmen, doch wie eine Greifzange wurde der Druck auf seinen Oberarm nur stärker und ruckartig stolperte er nach vorne, als der Mann noch fester an ihm zog. Die Münze entglitt seiner Hand in dem Moment, in dem er mit der anderen versuchte seine spitzen Fingernägel in den blanken Arm des Angreifers zu bohren, so dass dieser hoffentlich seinen griff lockerte.
    Aber das Gegenteil war der Fall. Der Mann schrie zwar kurz auf, doch schnell griff die zweite Hand nun um sein Handgelenk, zerdrückte die federn unter dem Ärmel und zog seinen Arm schmerzhaft verdrehend auf den Rücken.
    „Wir haben also auch noch ein Beutestück, was?“ meinte jemand anderes, der dazugekommen war und die Münze aufgehoben hatte.
    „Niet! Hab ich von de Tauscher!“ versuchte er zu erklären und sich irgendwie aus dem Griff zu drehen, aber es wurde nur Schmerzhafter, je mehr er sich bewegte.
    „Ha, das würd ich auch sagen. Wirst schon sehen, was du davon hast, wenn Tauscher mit dir fertig ist.“

    Wer oder was war Salpeter? Fragte sich der Junge, als Zischs Augen immer größer wurden und sie sich bereitwillig von Tauscher zu dem Platz führen ließ. Er folgte der Gnomin ein wenig, war sie doch irgendwie die einzige, der er hier annähernd vertraute. Weshalb er sich ganz unterbewusst in ihrer Nähe hielt. Bis zu dem Zeitpunkt, als Tauscher einen seiner Leute in die Knie zwang. Tohe schluckte und ihm rutschte die Münze aus der Hand. Bei dem verräterischen metallischen Klang auf hartem Steinboden zuckte er zusammen und bemühte sich eilig den Kupfer wieder aufzuheben. Er wollte diesen Mann auf gar keinen Fall verärgern und befürchtete es jetzt schon getan zu haben. Aber der Windvölkler ignorierte ihn gerade völlig. Er war viel zu sehr damit beschäftigt seine Drohung zu untermauern. Und seine Worte an Jerome gerichtet verfehlten ihre Wirkung nicht. Die Stimmung in dem unterirdischen Plast wurde schlagartig eisig. Der Rabenjunge wisch zurück, als Tauscher wieder zu Zisch schritt. Neben der Gnomin war sicherlich nicht gerade der Sicherste Platz im Raum, wenn der Gauner in ihrer Nähe stand. Was ihm vor allem einen kalten Schauer den Rücken hinunterfahren ließ, war, mit welcher Schnelligkeit dieser Mann seine Stimmlage und sein Auftreten ändern konnte. Nyx hatte das auch getan, aber er hatte nicht ganz so ein großen Emotionalen Sprung gemacht. Es faszinierte ihn und erschreckte ihn zugleich, wie er Zisch um den Finger wickelte. Ein paar geschmeichelte Worte und Zischs Gesichtsausdruck war wieder der seelige an Salpeter denkende, wie noch vor ein paar Sekunden.
    Plötzlich sah er etwas aus den Augenwinkeln in den Raum fliegen, klackernd hüpfte es ein paar Mal über den Boden und ehe sich Tohe wirklich fragen konnte, was das war, wo es her kam und was es sollte, war er umgeben von einem Gestank, der seines gleichen suchte und ein klingeln in seinen Ohren übertönte einfach alles, was es an Geräuschen gab. Zuerst ließ ihn die aufkommende Übelkeit, die einem dieser Gestank einflößte auf die Knie sinken und er hielt sich die Hände auf die Ohren, doch dann sah er zwei rote Tücher neben sich zu Boden segeln. So schnell er konnte war er wieder auf den Beinen. Auf gar keinen Fall wollte er schon wieder so einem Nagelbewehrten Knüppel, spitzen Steinen, oder einem Messer zu nahe kommen. Und wenn gleich den zwei roten Tüchern auch noch die dazugehörigen Personen von oben herab kamen, dann wollte er nicht mehr an diesem fleck sein. So schnell er konnte legte er die Strecke durch den Raum zurück, hin zu der Stelle, wo eben die Leibwache durch einen hohen Torbogen verschwunden war.
    Die Luft war hier schon gleich viel besser und der üble Gestank schnürte ihm nicht mehr die Luft ab. Doch in seinem Kopf herrschte nur noch der Drang zu verschwinden. Ohne wirklich darauf zu achten, wo er hin lief, folgte er dem Gang und drückte sich dann tief in eine Nische, tief in die Dunkelheit und lauschte. Sein Herz raste. Und er hatte Angst, dass die Leute, die den Gang entlang hin zu dem großen Saal gerannt kamen ihn jederzeit entdecken würden, weil sie sein Herzklopfen unweigerlich hören mussten. Aber die eiligen Schritte huschten an ihm vorbei und langsam schalte das aufgebrachte Gebrüll von Tauscher durch den Gang:“ FINDET SIE! FINDET DIESE SCHWEINE! MACHT SIE FERTIG! DIE ZEITEN DER REGELN SIND VORBEI. ES GIBT KEINE REGELN MEHR FÜR DIESE SCHWEINE!“

    Guten Morgen.


    Ich drück euch die Daumen für eure Kinder, das alles gut geht, das hört sich ja beides wie eine Zitterpartie an. Und wenn man bei so schwierigen entscheidungen auch noch nur Leute hat, die einem reinreden, statt einem Halt und Unetrsützung zu geben, dann ist das echt mies.

    Als Tauscher seinen Namen wiederholte, war es ihm, als würde er den ganzen Raum erfüllen und Tohe fühlte sich ertappt, als hätte er was falsch gemacht. Aber er hatte keinen Decknamen und Tauscher hatte ihm doch irgendwie klar gemacht, dass er eh schon alles wusste… er hatte ihn überrumpelt. Ärger über sich selbst kam in dem Jungen hoch. Er war nicht vorsichtig genug gewesen. Aber eigentlich wäre das wirklich der besser Plan gewesen, sich einen anderen Namen auszudenken, einfach nur damit jemand wie Dogge nicht wusste, dass er hier gewesen war.
    Eilig nahm er den Apfel von Zisch an, als die Ratte sich auf ihn zubewegte. Der Junge machte sich eigentlich nicht viel aus Ratten, aber diese hier war doch ziemlich groß. Die dicke Nase schnüffelte kurz an dem frischen Apfel, dann griff sie mit Pfoten und Zähnen danach um ihre Beute an sich zu reißen. Schnell trollte sie sich davon, dass ihr auch ja niemand die fette Apfelbeute streitig machen konnte und im Schutz des Tisches begann sie genüsslich sich über das süße Fruchtfleisch herzumachen.
    „Niets!“ antwortete Tohe mit fester Stimme, was irgendwie auch der Wahrheit entsprach, er war nur zweimal heute nicht schnell genug gewesen. Auf den ersten Teil der Frage ging er lieber nicht ein. Zisch hatte gesagt, er würde das selbst herausfinden und er wollte ihm keine Idee liefern, wenn er nicht unbedingt musste. Außerdem hatte er Angst schon wieder was Falsches zu sagen, oder zu tun.
    Es fühlte sich irgendwie komisch an, als er die Münze von Tauscher entgegen nahm. Weil er so näher an den Mann heran musste, als er eigentlich wollte. Tauscher hielt die Münze aber auch extra nah, so als wollte er ihn in eine Falle locken.Ja so fühlte es sich an, als ob gerade eine Falle zugeschnappt hätte. Ohne es zu bemerken legte er die gleiche Verhaltensweise wie die blinde Schnapsratte an den Tag. Er griff sich die Münze und brachte sich und die Beute dann schnell in Sicherheit und außer Reichweite, in der Hoffnung, dass ihm Tauscher das Erkennungszeichen nicht gleich wieder abnehmen würde. Irgendwie bedeutete es Hoffnung und Abhängigkeit zugleich. Aber er musste was riskieren, wenn er überleben wollte, wenn er sich Fallen bauen können wollte, oder einmal länger als bis zum nächsten Tag was zu essen haben wollte.
    Er betrachtete kurz die Kupfermünze in seiner Hand. Besser er sagte Nyx wirklich nichts davon. Das würde ihm nur ärger bringen. Und bei dem Gedanken an den dunkelhaarigen Mann blickte er nochmal zu Tauscher auf. So unähnlich waren die beiden sich gar nicht. Aber gerade war ihm Nyx tatsächlich lieber, der hatte nicht diese Ausstrahlung, dass auch nur ein falsches Wort gegen einen verwendet werden könnte. Und Nyx hatte ihm eher klar gemacht, woran er war. Nicht diese vorgeschobene Freundlichkeit, die Tauscher an den Tag legte.
    Ob Tauscher wohl von Nyx wusste? Und wenn ja, ob er gar nicht darauf abzielen würde mehr über Zisch herauszubekommen, sondern über Nyx? Schlagartig wurde ihm bewusst, was für einen Fehler er gerade begangen hatte, aber zurückgeben konnte er die Münze vermutlich jetzt nichtmehr.
    „Wollt ihr euch nicht setzen?“ meinte Tauscher dann und deutete auf die Stühle. „Vielleicht habe ich ja doch noch was, was dich interessiert.“ Wandte er sich wieder an Zisch. „Zum Beispiel Salpeter.“ Sein Gesichtsausdruck bekam etwas verbündendes.

    Tohe war froh, als Jerome endlich ein Licht entzündete auch wenn es für den ersten Moment schmerzhaft in den Augen stach. Aber schnell hatte er sich an die neuen Lichtverhältnisse gewöhnt, nur die erhoffte Sicherheit kam dadurch nicht zurück. Vielmehr offenbarte sich nun das ganze Ausmaß des Labyrinths. Er nickte, als sie ihm riet nicht zu reden. Das würde ihm vermutlich nicht besonders schwer fallen. Er hatte nicht vor noch eine dumme Frage zu stellen. Und in ihm wuchs die Angst, hier unten bei Tauscher oder auch schon vorher Dogge über den Weg zu laufen. Je tiefer sie in die Unterwelt eindrangen, desto größer wurde die Wahrscheinlichkeit.
    Dann trafen sie auf die erste Person, die er wirklich sehen konnte. Zuvor hatte er immer nur irgendwelche Pfeifsignale gehört. Man wusste wohl sehr genau, wer wann wo hier unten unterwegs war. Zuerst verstand der Rabenjunge nicht, wovon Jerome dem Braunhaarigen erzählte, aber dann erkannte er, dass es eine Losung war. Zu spät allerdings um sich den genauen Wortlaut zu merken. Nur irgendwas von Fischen und Kiefernzapfen war hängen geblieben.
    Er staunte nicht schlecht, als ihm die Wärme entgegen schlug, die von dem protzigen Raum ausging. Von jetzt auf Gleich war man in einer anderen Welt. Tohe wusste gar nicht wo er zuerst hinschauen sollte. Die warmen einladenden Kamine? die Gemütlichen Kissen, die protzigen Stühle, die eigentlich eher in eine Villa gehörten? Oder zu dem Windvölkler, der wie auf einem Thron inmitten des Raumes saß, flankiert, von zwei Frauen. Sein Blick blieb an ihnen hängen. Sie wirkten bedrohlich. Während der Mann seelenruhig die fette Ratte streichelte und unaufmerksam schien, hatten diese beiden eindeutig alles im Blick und waren angespannt.
    Erst als Zisch ihn auf sich aufmerksam machte schaute er auf und nun viel Tohe die unheimliche Narbe auf, die sein Gesicht zierte. Obwohl er größer war als Zisch versuchte er sich irgendwie hinter ihr möglichst unsichtbar zu machen. Das er sie als Windvölklerin bezeichnet, irritieret ihn und zuerst dacht er, dass er ihn ansprechen würde, was aber in dem Satz, überhaupt keinen Sinn ergab. Misstrauisch beobachtete er das Schauspiel zwischen den beiden alten Bekannten. Es hatte etwas vertrautes, aber auch irgendwie was bedrohliches für ihn. Taucher war wie ein Djinn, der nur darauf lauerte, das man was falsches sagte um das dann als seinen Wunsch auszulegen.
    Und als der gewiefte Mann so ohne umschweife auf das Geschehen am Hafen zu sprechen kam, fühlte sich der Junge irgendwie ertappt und schuldig. Er machte noch einen Schritt weiter hinter Zisch, wollte denn Mann einfach nicht so nahe an sich herankommen lassen. Und auch wenn es hier unten egal war, ob er in greifen konnte oder nicht, denn er würde nicht fliehen können, wollte er nicht, dass er ihm so nahe kam, dass er es tun könnte.
    „Tohe.“ antwortet er leise in der Hoffnung, dass es möglichst wenige hier im Raum mitbekommen würden.
    Er hatte Dogge nicht entdecken können, was ihn etwas entspannter machte, aber er wollte sein Glück auch nicht herausfordern. War ihm die ganze Situation so schon gefährlich genug.

    So langsam begann sich der Marktplatz wieder zu regen. Die Einen – hauptsächlich die Straßenbanden – machten sich so schnell sie konnten vom Acker, die Anderen – Jene, die nur den Krach gehört hatten – kamen näher um die Ursache zu begaffen und ja nichts wichtiges zu verpassen. Nur die Händler blieben wo sie waren und beschauten sich Teils fluchend den Schaden an ihren Ständen.
    „Grashipfer?“ fragte er, „bin keine Grashipfer!“ es war eine Antwort aus Reflex, erst danach fiel ihm auf, dass sie das gar nicht so verächtlich ausgesprochen hatte, wie ihm sonst der ein oder andere Spitzname an den Kopf geworfen worden war. Tatsächlich lag sogar etwas besorgtes in ihrer Stimme. Aber um darüber länger nachzudenken war nun wirklich keine Zeit. Die Wachen fingen an sich von den Trümmern zu befreien, in denen sie lagen und der Rabenjunge musste sich nicht zweimal bitten lassen um Zisch und Jerome, von dem Platz fort, zu folgen.
    Der Silberling führte sie, da Zisch wohl offensichtlich zu ihnen gehörte, durch ein paar enge Gassen, hin zu einer vergitterten Tür, die unten an ein paar Stufen wartete. Einer der unzähligen Eingänge in die Unterwelt der Stadt. Nur kurz machte sich der pockennarbige Junge an dem Schloss zu schaffen, dann schwang die Tür leise auf. Viel leiser, als sie den Anschein machte zu sein. Die Dunkelheit dahinter verschluckte Jerome.
    „Haltet auch an die Wand, hier gibt es kein Licht.“ Riet er ihnen und man hörte nur noch seine Schritte in den Pfützen, die sich wohl am Boden gesammelt hatten.
    Tohe warf Zisch einen skeptischen Blick zu, dann folgte er dem Jungen in das unheimliche Dunkel. Die Wand fühlte sich eklig un glibrig an, so dass er seine Finger lieber nicht daran hielt. Aber andererseits war er jetzt schon in Fischresten gebadet, da machte das nun auch keinen Unterschied mehr.
    „Warum hattu kein Licht hier?“ fragte er und ein seltsames Echo schalte durch den Gang.
    „Um den Eingang zu verraten? Damit alle wissen, dass hier unten wer ist?“ stellte Jerome, das es eine dumme Frage gewesen war.
    Je weiter sie gingen, desto größer wurde Tohes Angst. Nicht nur dass an jeder Ecke in der Dunkelheit etwas oder jemand lauern konnte, sondern, auch dass er, wenn es sein musste nicht alleine hier wieder herausfinden würde. Und Zisch konnte man ja möglicherweise trauen, aber Jerome auf gar keinen Fall. Schnell war der Punkt erreicht, wo ihn jedes noch so kleine Geräusch zusammenzucken ließ. Dabei waren es meistens nur Ratten, die irgendwo durch den Kanal stromerten.

    Noch ehe der Junge bei seinem Opfer war riss diesen irgendetwas von den Füßen. Mit lautem Krachen landete der Angreifer in einem Verkaufsstand. Erschrocken drehte sich Tohe zu allen Seiten um, was hatte ihn getroffen und würde es ihn als nächstes auch erwischen? Ganz unbewusst duckte er sich und sah zu dem Halbstarken mit der Keule herüber, der sich für den Moment nicht regte. Erst als sich Zisch zu ihm umdrehte schien die Zeit wieder normal zu verlaufen, doch Zischs Worte schafften es nur Langsam bis zu ihm durch. „Er.. et…!“ er brach ab, dafür war jetzt keine Zeit. Immer noch versuchte er auszumachen, wer mit was auf den Jungen mit dem Knüppel gezielt hatte. Zisch hingegen scheuchte einen anderen Jungen vor sich weg um sich dann zu dem Vogeljungen umzudrehen.
    In Deckung? Klangen ihre Worte noch in seinem Kopf nach bevor er realisierte, dass er handeln musste. Seine Beine waren nicht schnell genug bei den Kisten. Beim letzten Satz, den er machen wollte riss ihn irgendwas von den Beinen und der Boden kam viel zu schnell viel zu nah. Reflexhaft versuchte er sich mit den Händen abzufangen, zog er die Arme an und rollte über die Schulter, bis er hart vor der Kiste, die er eigentlich hinter sich bringen wollte liegen blieb.
    Kurz keuchte er auf, als er so abrupt hielt. Er brauchte einen unendlich langen Moment, in dem er einfach nichts tun konnte, wie er fand, bis die Welt wieder aufgehört hatte sich zu drehen und alles nur noch dumpf und stumpf um ihn herum war. Nur nach und nach gewann der Marktplatz seinen Ton zurück und ihm wurde so langsam gewahr, dass das auswaschen des Hemdes für die Katz gewesen war. Stinkende Fischklumpen hatten sich auf ihm verteilt und klebten nass und gliberig in seinen Haaren. Alles lag um ihn herum. Die Wachen unter einem Stand begraben, die Händler, die Kämpfenden und Zisch. Zisch hatte es auch von den Beinen gerissen. Mit einemal zeriss der dumpfe Schleier, der Boden hörte auf sich zu drehen und Tohe nutze die Gelegenheit sich aufzurappeln. Genauso wie Zisch und ein anderer Junge, der sich dazu auch noch gleich wieder auf Jerome stürzte.
    Das hatte er nicht verdient! Dachte sich der Rabenjunge, auch wenn er in Dogges Bande war. Und Zisch sah das glücklicherweise genauso. Mit ihrer Waffe Zielte sie auf den Jungen, der daraufhin sein Messer sinken ließ. Das Gewehr und die Drohung der Gnomin reichten aus, das der Rotbebänderte zurück wisch und von Jerome abließ. Wohl aber nicht ohne noch einmal auf sein Opfer verächtlich zu spucken.
    Der Windvolkmischling schaute kurz in die Gasse, aus der er vertrieben wurde. Das Mädchen hatte sich in den Schatten gedrückt und beobachtete gebannt das Geschehen. Erst jetzt wo er sich bewegte merkte er, wie hart die Kiste gewesen war, aber es war nicht so schlimm, wie der Knüppel von der Wache. Und zu der Schramme von der Dornenhecke hatten sich wohl noch ein paar mehr dazugesellt. Er wusste nur gar nicht so genau, wann er mit dem Gesicht über die Kiste geschrammt war.

    Mit einem Mal waren die Wachen unwichtig, das letze, was er von Zisch mitbekam, war, dass sie ihren Arm mit der münze hob und wohl ein Zeichen damit an einen der anderen Münzträger sendete. Dann explodiert förmlich der gesamte Marktplatz und er verlor Zisch aus den Augen. Aus allen möglichen Winkeln tauchten plötzlich Straßenkinder auf, die sich mit Schleudern und Knüppeln gegenseitig behalten. Was war das? Was sollte das? Warum? Schoße es Tohe durch den Kopf, dann erkannte er die roten Armbinden die viele trugen. Ängstlich suchte er nach Zisch, die irgendwo in dem Tumult und Wirrwarr aus Leuten, die entweder aufeinander losgingen, versuchten sich in Sicherheit zu bringen, oder bemüht waren ihre Ware zu verteidigen, sein musste.
    Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie sich die Wachen an der keifenden Frau vorbeidrängten, aber Zisch blieb verschwunden. Dann tauchte ein roter Schopf auf. Hart traf eine Faust auf das Gesicht und Tohe stellte mit Erleichterung fest, dass es nicht Zisch war, die taumelnd zu Boden ging.
    Eigentlich wollte er einfach nur noch hier weg und möglichst nicht da mit hinein gezogen werden. Wer wusste schon, ob ihn nicht jemand fälschlicherweise zu einer der beiden Banden zugehörig wähnte.
    Dann sah er endlich die Gnomin, die zu ihm zurück kam. Der Vogeljunge duckte sich noch ein wenig weiter in den Schatten, spähte über die Kiste und sah mit Schrecken, wie Zisch angehalten hatte und sich zu Jerome wandte. Ihre Hand beförderte irgendetwas kleines zu Tagen dann änderte sie ihre Richtung, weg von ihm hin zu den kämpfenden.
    „ALLE AUSEINANDER!“ brüllte eine der Wachen über den Platz, aber niemand interessierte sich für die Worte des Mannes ausser vielleicht der Zwergenjunge, der einen harten Schlag seines Knüppels abbekam. „AUSEINANDER HABE ICH GESAGT!“ seine Stimme überschlug sich fast.
    Der andere Wachmann hielt sich erst gar nicht mit brüllen auf, er packte einfach einen der Kämpfer, zog ihn hinter sich und schleuderte ihn dabei hart und achtlos zu Boden. Ihm war wohl nur allzu bewusst, dass er nicht alle Beteiligten einsperren konnte. Und wenn er auch nur einen festsetze, er nicht mehr gegen die anderen Kämpfenden vorgehen konnte.
    Irgend etwas hartes traf fast gleichzeitig, als er gebannt auf Zisch starrte, den Vogeljungen von hinten an der Schulter. Erschrocken schaute er sich um. Ein älteres Mädchen, vielleicht 13, mit verfilztem dunklen Haar und einem Breiten Gürtel quer über die Schulter gelegt, legte einen neuen dieses Mal Faustgroßen Stein in ihre Zwille. Mit einem Hechtsprung rette sich der Junge über die Kiste und hörte nur, wie der Stein hart auf das Holz schlug. Jetzt war er doch plötzlich mitten im Geschehen.
    „Ich krieg dich!“ rief ihm das Mädchen nach, als er einen weiteren Satz fort von ihr machte. Der nächste Stein schlug kurz vor seinen Füßen ein und hinterließ einen mehligen Abdruck, als er auseinander platze und die Splitter gegen seine Hose sprangen. Zum Glück war sie nicht die allerbeste Schützin, dachte Tohe und beeilte sich aus ihrer Reichweite zu gelangen. Ihm blieb nun nichts anderes übrig, als auch weiter zu Zisch zu rennen, der Fluchtweg in die Gasse wurde effektiv von dem Mädchen blockiert, möglicherweise genau ihre Funktion.
    Hecktisch schaute er sich um. Wo waren die Rotbebänderten? Die ihn für den Feind hielten und wo konnte er hin? Sein Herz blieb fast stehen, als er sah, wie sich ein Junge mit einem Knüppel durch den ein Nagel getrieben war auf Zisch zubewegte. Diese Roten waren doch allesamt Sauääse, denn auch Jerome wurde von einem Messer bedroht.
    Was hatte Nyx gesagt? Er sollte lernen seine natürlichen Waffen einzusetzen? Nun gut, wenn er damit Zisch vor dem Kerl retten konnte. Sein Herz hämmerte ihm bis zum Hals. Er musste ihn ja nur ablenken, Nur ganz kurz ablenken. Und sein Vorteil war, dass der stämmige Junge sicherlich nicht mit einem Angriff von hinten auf ihn rechnete, versuchte er sich einzureden, während er immer schneller wurde, obwohl ein Teil ihn ihm danach schrie, das nicht zu tun. Er wünschte sich eine Möglichkeit Zisch zu warnen, ohne die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.

    Verkaufsliteratur für BMW, da waren noch viel spannendere Dinge bei, wie alles auf ‚von rechts nach links‘ umstellen für den arabischen Markt… da hat man dann nachher einen Knoten im Kopf. ?(



    Und das Layout sieht schon ziemlich klasse aus!

    Ich hab ne Zeit lang nichts anderes gemacht, als Buchstaben zu schubsen in allen möglichen Sprachen, hauptsache der Text sieht hübsch aus :) Da fand ich russische Textkorrketuren nerviger.. weil ich kein russisch kann und auch die kyrillischen Zeichen mir nichts sagen und ich mir quasi Muster merken musste XD


    Boreas: Also ist das Befürchtete einegtreten... *grr* Hoffe du bis aber mittlerweile an deinem Ziel angekommen.