Beiträge von Tohe

    Mit großen Augen schaute er Nyx an und sein Magen zog sich zu einem schmerzhaften Klumpen zusammen, als er hörte, was der Mann über das Haus berichtete und über die Frau, das steigerte sich sogar nich, als er erwähnte, dass sie Waisenkinder aufnahm. Es konnte also wirklich sein, dass Rahla dort war und dass es ihr dort so ganz und gar nicht gut ging. Am liebsten wäre er sofort losgerannt. Er musste sie da raus hohlen. Aber wie sollte er das alleine Schaffen? Und wenn selbst der dunkelhaarige Mann sich vor der Hausherrin fürchtete, wie konnte dann er dort hin gelangen? Ein verwegener Plan kam ihm in den Kopf… wenn sie Waisenkinder aufnahm… aber wie würde er da je wieder raus kommen? Ihm lagen plötzlich tausend Fragen auf der Zunge, doch Nyx würgte ihn ab, ehe er auch nur eine Frage aussprechen konnte. Vielleicht war das sogar auch besser so. Er musste irgendwie den Mann dazu bekommen ihm zu helfen. Aber der hatte klar gemacht, dass er ihm nicht helfen würde. Nicht einfach so. Und noch war er auch nicht so ganz schlau daraus geworden, warum er ihm Dinge beibringen wollte, aber zumindest hatte er mittlerweile etwas mehr Vertrauen zu dem schlaksigen Kerl gefasst. Um ihm von seinem Problem zu erzählen, dazu reichte es allerdings noch bei weitem nicht.



    Als Nyx gegangen war suchte sich der Rabenjunge ersteinmal ein ruhiges Plätzchen in einer Seitengasse, in der er etwas von dem Brot as, welches er von Nyx bekommen hatte. Es war zwar mittlerweile recht hart geworden, aber wenigstens nicht schimmelig. Ihm gingen die Worte des Mannes nicht aus dem Kopf. Wachpatroullien, Hunde, gefährliche Leute. Hoffentlich war es nicht Rahla, die kürzlich dorthin gekommen war. Abgelenkt von den Gedanken um das Haus und die Frau und das Mädchen führte ihn sein Weg geradezu wahllos durch viele kleine Gassen. Hauptsächlich achtete er darauf nicht allzu vielen Leuten zu begegnen und suchte die Häuser und Bauten nach irgendwas geeignetem ab. Am liebsten hätte er wieder etwas, was recht hoch gelegen war, damit ihm nicht jeder folgen konnte. Aber all die Möglichkeiten, die er erspähen konnte boten wieder nur minimalen Wetterschutz. Er hatte wohl all sein Glück bei dem Schuhklau heute früh aufgebraucht und langsam begannen die neuen Schuhe zu schubern. Wenn er also morgen nicht ungeheure Blasen haben wollte, so musste er dringen erst einmal etwas daran tun und die Schuhe ein wenig ausstopfen. Vorne auf der Ecke gab es einen Kutschenbetrieb und somit sicherlich bei den Pferden auch etwas Stroh.
    Zunächsteinmal ging er ganz unauffällig an dem großen Scheunentor vorbei. Blickte nur wie zufällig in den Durchgang. Gerade wurde eine große prachtvolle Kutsche angespannt. Als er das Tor passiert hatte ließ er sich die Szene nochmal durch den Kopf gehen. Es waren gerade einfach zu viele Leute anwesend. Und für ein bisschen Stroh das Risiko viel zu groß. Aber ihm war auch etwas anderes aufgefallen. Der Zugang zum Heuboden war sehr direkt links neben dem Eingang gewesen. Von unten konnte man auch gut die große Klappe vorne in der Häuserwand sehen, durch die es ein leichtes war das Stroh und Heu in den Speicher zu bekommen. Wenn man nur irgendwie an den Männern vorbeikommen könnte, wäre da oben sicherlich ein gutes Versteck. Nur wie sollte er immer unbemerkt in den Eingang huschen? Dann noch die Leiter rauf? Er schüttelte zu sich selber den Kopf. Vielleicht bei allzu großem Regen und wenn er nichts besseres finden würde, wäre es das Risiko wert. Dann trabten die vier Rappen aus der Toreinfahrt, die reich verzierte Kutsche stolz hinter sich her ziehend und mit großen Augen ließ Tohe das Gefährt an sich vorbeiziehen. Dann huschte er selber doch noch einmal an dem Eingang vorbei, spähte hinein und beschloss die Gunst der Stunde zu nutzen um die Strohreste, die sich unter der Luke gesammelt hatten aufzusammeln, wo sich gerade die Knechte zu anderen Arbeiten im Innenhof zugewandt hatten.
    Was für eine erbärmliche Beute, das war das angespannte Herzklopfen nicht wirklich wert gewesen, dachte sich der Junge, als er endlich wieder in den Schatten einer Gasse verschwinden konnte.
    Aber es reichte um den Platz zwischen der Schuhspitze und seinen Zehen zu füllen. Und Schuhe in denen er nicht rutschte waren doch einiges Wert.
    Es lies sich gleich viel besser laufen, was allerdings die Aussicht auf Erfolg bei seiner Suche nicht gerade erhöhte. Es gab sicherlich Viertel, in denen die Wahrscheinlichkeit höher war etwas zu finden, aber dort war die Gefahr auch größer auf andere Banden zu treffen und eigentlich hatte er das vermeiden wollen. Doch so langsam konnte er nicht mehr so wählerisch sein. Die Dämmerung setze ein und mit ihr dann auch alsbald der Regen. Was seine Überlegung, sich doch einfach irgendwas hohes nicht Wettergeschützes für zumindest diese Nacht zu suchen, gleich zunichte machte. Es musste unbedingt Wettergeschützt sein, dafür halt dann nicht so hoch.
    Wie zum Beispiel die tiefen Kellerfenster des Gebäudes vor ihm. Wenn er sich nur ganz nah an die Gitterstäbe drückte, dann würde er zumindest nicht nass werden. Aber er wäre so ungeschützt von vorne, dass an Ruhe an diesem Ort nicht zu denken wäre. Noch war es lediglich leichter Nieselregen, aber das würde sich schon bald ändern und dann war er lieber Müde und trocken, als Müde und nass.
    Eilig schritt er auf das Haus zu. An der anderen Seite wucherte eine dichte Hecke aus der sich Efeu die Mauer empor rankte. Vielleicht gab es dort drunter auch die Fensternieschen? Da hätte er doch so etwas wie Schutz, weil ihn nicht jeder sehen konnte. Langsam ging er näher ran, schaute sich nochmal um, ob ihn jemand beobachtet und bog dann die Zweige auseinander. Ja das Glück schien doch noch ein wenig auf seiner Seite zu sein. Schnell versuchte er das Dickicht weiter zu durchdringen, doch er war zu hastig. Scharfe Dornen kratzen ihm über Stirn und Wangen und hinterließen eine blutige Spur. Tohe fluchte leise. Aber die Dornen würden auch jemanden Aufhalten, der an ihn rankommen wollte. Also ging er behutsamer weiter. Bog vorsichtig die Spitzenbewerten Zweige von sich weg und kroch so nah wie möglich am Boden zu einer der Fensternieschen. Langsam schwoll das Tröpfeln an, doch eng an das Gitter gepresst kam der Regen nicht bis zu ihm.



    Am nächsten Morgen waren seine Glieder steif, der Boden war kalt und zusätzlich stieg eine noch eisigere Kälte aus dem Keller empor. Umständlich in der Enge trug er das letze bisschen von MaJinnys Salbe auf. Das Zeug hatte wirklich gute Dienste geleistet und seine Seite tat heute morgen fast gar nicht mehr weh. Dann as er weiter von seinem Brot und auch einen der Äpfel, bevor sie faulig wurden. Zu lange konnte er leider seine Lebensmittel nicht aufbewahren. Aber bevor er sich etwas Neues besorgte brauchte er ein Versteck. Er wollte es doch mal in dem heruntergekommenen Viertel versuchen, in dem MaJinny ihr Haus hatte. Bei den vielen Ruinen würde sich doch sicherlich was finden lassen.
    Der Weg aus der Dornenhecke war ähnlich mühsam, wie der hinein, nur dass zum Glück der Regen wieder aufgehört hatte. Eilig huschte er davon.

    Er gab ihm die gleiche Warnung, wie das Mädchen, weshalb er dazu nickte. „Kennste de Haus mit de Quetschebäum und de Säule zu de Tor?“ fragte er ihn trotzdem als er hörte, das Nyx dort öfter war. Die Frage brannte einfach so sehr in ihm, dass er seine Gedanken gar nicht richtig ordnen konnte.
    Dann erinnerte ihn der Schwarzhaarige daran, dass er ja noch nach einem neuen Versteck suchen musste. „Dass isse niet leicht.“ Antwortete er auf seinen Rat hin, schließlich hatte er nach dem letzten auch schon lange genug gesucht, aber gelichzeitig nickte er. Vor allem wenn es wieder regnen sollte wollte er ein sehr viel geschütztes Dach über seinem Kopf haben.
    Der Junge griff kurz nach den Karten. Er hatte den Plan verstanden und zumindest, was Nahrungsquellen anging fühlte er sich nun durchaus schon etwas sicherer.
    Dann war der Mann auch schon die Gasse runter verschwunden und Tohe stand alleine in der Gasse. Irgendwas hatte Nyx an sich, dass ihn für diesen Augenblick glaube ließ, dass der Mann mit jedem Schatten Verschmelzen konnte.
    Für einen kurzen Moment, überkam ihn die Panik, dass er nicht gut genug aufgepasst hatte, wie genau sie hier her gelangt waren, doch dann setze er sich langsam in Bewegung in die Richtung aus der sie gekommen waren.

    „Wenn ich Samen bring?“ überlegte er Laut und dachte daran, dass er ja auch die Apfelkerne für sowas aufheben konnte. Oder war das zu wenig? Wenn bei Alaria Muscheln reichten, warum nicht bei Kireala Samen? Er würde sich doch wohl mal ein wenig länger hier aufhalten müssen und schauen, was andere Leute so dabei hatten. Jetzt wo er wusste, dass es hier gar nicht so gefährlich war, wie er angenommen hatte.
    „Warste schonmal in de Viertel mit de große Häuser?“ fragte er, als er merkte, wie Nyx ihn zielsicher durch Hinterhofgassen und vorbei an Boteneingängen führte, ohne, dass er die schönen Fassaden der hellen Häuser wirklich zu Gesicht bekam. Er war sich sicher, dass dies nicht das Viertel war, in dem er vielleicht Rahla wiederfinden konnte, aber vielleicht kannte Nyx dort auch die ganzen Schleichwege. Aber anscheinend hatte er seine Frage zur falschen Zeit gestellt, denn als der Mann bei ein paar Kisten stehen blieb, bezogen sich seine Worte auf den Inhalt der stinkenden Kisten. Das war Müll. Ungläubig schaute er den Dunkelhaarigen an. In seiner Verzweiflung hatte er am Anfang genau das versucht und das Ergebnis waren Bauchschmerzen und Übelkeit gewesen. Allerdings hatte er es auch unten in Hafen versucht, wo Fischinnereien und Brot sich gut zu einer matschigen Pampe vermischt hatten und es schwierig gewesen war etwas trockenes, das nicht stank zu finden.
    Sein Vorschlag, zu warten, bis jemand was frisches dazu kippte ließ zwar trotzdem Übelkeit in ihm hochsteigen, aber für den Notfall war das vermutlich tatsächlich die beste Vorgehensweise. Das oberste, konnte man dann sicherlich noch ohne Bedenken essen. Gleichwohl schämte er sich, als sein Magen leise knurrte, sobald ihm der Duft von dem warmen Eintopf in die Nase stieg und mit weit aufgerissenen Augen beobachtete er, wie der Junge den halben Topf in die Kiste entleerte. Da hätten noch so viele von satt werden können, aber nun bekamen es die Ratten. Verstohlen schaute der Küchenjunge sich um, als er den Topf wieder herunter nahm. Sein Blick ging hauptsächlich zur Tür aus der er gekommen war, dann leckte er sich verstohlen die Finger ab, über die ein wenig der Suppe gelaufen war. Damit war Tohes erster Gedanke, ob man dem Jungen das Essen, was er wegschütten sollte, einfach abschwatzen konnte, auch dahin. Niemand schaute sich so um, wenn er nicht eine Strafe erwartete.

    Der Tempelbezirk war ihm wohl bekannt, aber zu den prachtvollen Gebäuden hatte er sich nie nahe heran getraut. Genau dieser Platz hier schien ihm so erhaben, dass er befürchtete hatte, gleich schmerzhaft weggescheucht zu werden, wenn er sich aus dem Schatten der Häuser hervortrauen würde. Dabei strahlte gerade der Tempel der Kireala eine solche Friedfertigkeit aus, dass er sich am liebsten unter den großen Baum gesetzt hätte um dort all seine Sorgen zu vergessen.
    Tohe nickte, ein wenig was, hatten sie ihnen im Waisenhaus über die Götter beigebracht, allerdings eher so Sachen, die recht allgemein waren, wie er jetzt feststellte. Hauptsächlich hatte man ihn Demut vor den Göttern gelehrt und vor ihren Dienern. Aber er hatte keine Ahnung, was er als Opfergabe mitbringen sollte. Außerdem schoss es ihm durch den Kopf würde es nicht genauso viel Aufwand für ihn bedeuten, etwas Geeignetes zu besorgen, wie an etwas Essbares heranzukommen?
    „Was bring ich denn?“ fragte er. Vielleicht bekam er ja durch Zufall mal etwas Geeignetes in die Hand.
    Sein Blick folgte der zeigenden Hand des Mannes zu dem kleinen Markt. Dort war er tatsächlich schon Mal gewesen, hier sahen die Marktstände auch nicht so prachtvoll aus, wie am Hafen, oder am großen Marktplatz. Wenn er gewusst hätte, dass die Sachen hier nur einen Bruchteil kosten würden, dann hätte er dort nicht versucht etwas zu stehlen. Aber zumindest war er dort einmal erfolgreich gewesen. Er hoffte nur, dass er auch unerkannt geblieben war. Trotzdem schaute er ein wenig getröpfelt drein, als Nyx ihm sagte, dass sie eine große Hilfe waren, wenn man etwas Geld entbehren konnte. Das klang nun im Nachhinein so, als ob er etwas falsch gemacht hatte.

    Erleichtert sah der Junge, dass seine Warnung rechtzeitig bei Nyx angekommen war und er sich noch schnell genug zu dem Mann umdrehen konnte. Beherzt machte er einen Sprung auf den Alten zu. Doch noch ehe er in Reichweite des Bettlers war hatte der Schwarzhaarige diesen gepackt und ihn dazu gebracht die Waffe fallen zu lassen. Eilig sammelte Tohe die Scherbe ein und hielt das improvisierte Messer nun schützend vor sich, falls der Alte es doch irgendwie schaffen sollte, sich aus Nyx Griff zu befreien. Doch als er ihn endlich wieder losließ, kauerte der Alte nur noch wie ein Häuflein Elend auf der Treppe und wagte es nichtmehr den Kopf zu heben. Trotzdem war es Tohe mulmig zumute, als er einen Fuß über den Mann setzen musste um Nyx zu folgen. Die Tonscherbe hielt er dabei immer noch schützend vor sich. Er traute diesem Lump einfach alles zu. Auch dass er sich genau jetzt, wo er so dich bei ihm stand, erhob und nach ihm Schlug. Und so zuckte er auch augenblicklich zusammen, als sich das stinkende Bündel regte um von den beiden Gefährten fort zu kriechen.
    Bis sie zum Ende der Treppe gekommen waren, lies der Rabenjunge den Alten nicht aus den Augen. Dem war sogar zuzutrauen, dass ihn Nyx Drohung nicht kümmerte, nur um seine Rache zu bekommen.
    Dann besah er sich die improvisierte Waffe genauer. Die Scherbe war zwar spitz, aber nicht besonders scharf und die Befestigung an dem Stock war so lose, dass das Teil wackelte, wenn man ein wenig druck darauf gab. Sich damit treffen lassen hätte er sich sicherlich nicht gerne, aber als Verteidigung machte es keinen sonderlich vertrauenserweckenden Eindruck, trotzdem packte er das Teil erst Einmal in seinen Beutel. Viellicht konnte er die Einzelteile noch für irgendwas anderes gebrauchen.

    Auch Nyx schien schon so seine Bekanntschaft mit dem fiesen Typen gemacht zu haben. Doch der Mann war eindeutig mittlerweile in der Lage, sich gegen den alten Jarik zu verteidigen und so setze Tohe tatsächlich wieder einen Fuß nach vorne. Nyx schien seinen Standpunkt klar gemacht zu haben, doch trotz der Drohung, die der schwarzhaarige ausgesprochen hatte, lag immer noch ein Hauch von Aggression in der Luft. Denn statt, dass der alte Bettler seinen Fehler erkannte, den Falschen angebettelt zu haben und sich einfach ein wenig Rah zu machen erhob sich der stinkende Mann. Langsam rutschte seine löchrige Decke von seiner Schulter und ehe Tohe noch einen Schritt die treppe herunter machen konnte, hielt er irgendetwas bedrohlich in der Hand. So ganz genau konnte der Junge nicht erkennen, was es war. Es sah improvisiert aus. Irgendwas Spitzes, dass an einen Stock gebunden war.
    „Waffe.“ Schrie er nur noch reflexhaft, als der verschlagene Bettler damit nach Nyx ausholte und panisch schaute er sich um, ob es irgendwas gab, mit dem er den Alten von dem Halbdjirn abbringen konnte, doch die Hand bewegte sich viel zu schnell auf Nyx zu.

    Ja damit hatte Nyx sicherlich recht und es wäre ihm im Traum nicht eingefallen, den Armbandtrick auszuprobieren, dafür war die Erinnerung an das letze Desaster viel zu schmerzhaft gewesen. Aber der Mann hatte nunmal seine Neugierde geweckt. Aber die Warnung ließ ihn nicht weiter nachfragen, essen zu besorgen war wie er nur zu gut wusste, gefährlich genug. Umso erfreuter, war er darüber, dass der Dieb ihm zeigen wollte, wo er was Zuessen bekommen konnte, wenn es wirklich nicht mehr anders ging.
    „Isst gut.“ antwortete er und lachte dabei. Wohl das erste mal, dass er Nyx wirklich anlächelte und nicht nur misstrauisch beäugte.
    Ihr Weg führte sie wieder durch die vielen kleinen Gassen und Tohe beschaute sich ein wenig die Dächer und Vorsprünge. Er hatte nicht vergessen, dass er noch keinen neuen Schlafplatz für die Nacht hatte. Deshalb versuchte er sich schonmal ein wenig umzuschauen, ob er nicht irgend etwas geeignetes erspähen konnte. Natürlich würde er das erst sehr viel später wirklich auskundschaften, das Vertrauen zu Nyx war zwar ein wenig gewachsen, aber so groß auch noch nicht.
    Die Häuser in der Gegend, in der sie sich allerdings zur Zeit befanden boten wenige Nischen und es gab viel zu viele Fenster.
    Dann schließlich bogen sie um eine Ecke und eine schmale Treppe führte auf die belebte Straße, die etwas tiefer gelegt war. Am unteren Ende kauerte ein alter Mann, das eine Auge von einem Lumpen überdeckt und über den hageren Körper nur eine dicke alte und vor allem Stinkende Decke gelegt. Schuhe besaß er auch nichtmehr und seine Füße sagte, dass dem schon lange so war.
    „Einen Taler… bitte… der Herr.“ krächzte er mit heiserner Stimme in seinen ergrauten Bart. „Für einen alten Veteran… bitte.“ Er hielt ihnen eine angelaufene Kupferschale hin und schaute dabei nur ganz vorsichtig an Nyx empor und seine Hand begann zu zittern, so das die drei Kupferstücke in der Schale ein wenig klimperten.
    Tohe war vier Stufen über dem Alten stehen geblieben. Den Mann kannte er, der war gar nicht so erbärmlich, wie er tat. Einmal hatte er versucht auch hier zu betteln. Das hatte dem Einäugige gar nicht gefallen. Den ganzen Nachmittag hatte er den Rabenjungen nicht aus den Augen gelassen und böse mit seinem einen stahlblauen Auge angefunkelt. Aber erst als es dunkel wurde, hatte er seine Tarnung aufgegeben und war dem Jungen gefolgt. Hatte ihn gepackt und gegen die Hauswand gedrückt, so dass sich die harten Mauersteine schmerzhaft in seinen rücken gebohrt hatten. Und dann hatte er ihm mit gar nichtmal so kränzender Stimme klar gemacht, dass ein erneutes zusammentreffen mit einem gebrochenen Arm enden würde.
    Unsicher schaute er sich nach dem anderen Weg um, der in einem weiten Bogen auch auf diese Straße führen würde und er hatte gar nicht bemerkt, wie er dabei schon wieder einen Schritt zurück gemacht hatte.

    Ich mag Regen, wenn er nicht meine Wohnung klamheimlich überflutet, oder mein Zelt...
    Hatte ich nämlich auch schon, dass das Zelt unddicht war und cih von Regentropfen im Gesicht geweckt wurde... Das macht keinen Spaß.


    Und ja wenn Regen bedeutet, das keiner aufm Platz ist, dann nervt der auch rum.

    Die Schuhe waren recht ungewohnt an seinen Füßen. Doch nicht mehr jeden spitzen Stein zu spüren war eine Wohltat. Ein wenig schlappten sie und das sie vorne länger waren als seine Füße ließ ihn am Anfang etwas unbeholfen wirken. Aber nachdem sie ein Stück weg zurückgelegt hatten, wurde das auch schon besser.
    Keine Menschenseele war auf in den engen Gassen zu sehen, die Nyx ihn entlangführte und Tohe versuchte sich so gut es ging den Weg einzuprägen. Hier gab es eine dicke Eiche, dort war das Eckhaus so schief gebaut, dass man sich fragte, wie es überhaupt stehen blieb. Eine Schmiede, der Kräuterladen, ein Hühnergehege das nicht dafür sorgte, dass die Hühner nicht auf der Straße herumspazierten.
    Neben einem Windschiefen Haus betraten sie wieder eine Gasse, in der ein paar Straßenkinder eilig das weite suchten und Tohe hatte kurz das Gefühl Jerome darunter gesehen zu haben.
    Dan betraten sie den Hinterhof, des Windschiefen Gebäudes und dem Jungen wurde klar, dass sie wohl ihr Ziel erreicht hatten. Der Hund an der Kette hob nur müde den Kopf und schien viel zu alt für seine wirkliche Aufgabe zu sein. Aber das er trotzdem blieben durfte, sagte doch viel über den Besitzer aus.
    Der Mann, der ihnen öffnete wirkte unheimlich auf Tohe und instinktiv wisch er etwas vor dem scharfen Blick zurück.
    Hatte Nyx gerade gesagt, er hätte eine Kleinigkeit besorgt? Hatte er doch garnicht! Das der Halbdijrin so etwas dem Hehler erzählen würde, damit hatte er nicht errechnet und fast hätte er es nicht geschafft sein Erstaunen darüber geheim zu halten. Dann beobachtete er neugierig, das Schauspiel was sich bot. Das der Hehler das Kettchen haben wollte, das konnten seine Augen so ganz und gar nicht verbergen. Die Summe, die genannt wurde empfand er schon als enorm, aber so ganz glaubte auch er nicht, das Nyx ein unechtes Armband hatte mitgehen lassen. Das der Geiergesichtige die Bissspuren nicht zeigen wollte machte den Jungen misstrauisch.
    Gebannt wechselte sein Blick zwischen Craig und Nyx und ein klarer Schauer lief ihm über den Rücken, lies ihn zusammenzucken, als er das kurze rote Glühen in den Augen des Dunkelhaarigen sah. Vielleicht konnte er mit diesem Blick töten, schoß es ihm durch den Kopf und die Reaktion des Hehlers schien das nur zu bestätigen. Das das Armband in Nyx Augen zwei Golddukaten wert war, ging dabei schon fast unter.
    Aber eines merkte sich der Junge. Nyx auftreten war herrisch und gebieterisch geworden. Und der Mann schien sich augenblicklich vor ihm zu ducken. Als sie den Laden wieder verließen fragte er sich nur, wie er das mit seiner Erscheinung hinbekommen sollte. So Überlegen konnte er doch niemals wirken. Und ausserdem hätte er den wahren Wert des Schmuckstücks niemals erkannt. Mit dem einen Silbertaler wäre er voll und ganz zufrieden gewesen. Den er auch prompt von Nyx in die Hand gedrückt bekam.
    „De wird ihm niet dran halten, wat du ihm gesagt hast, oder?“ stellte Tohe fest, denn er glaubte nicht daran, dass er den richtigen Preis ohne ein Auftreten, wie es Nyx an den Tag gelegt hatte, von Craig bekommen würde.
    Und dieses Auftreten würde er selber nie im Leben hinbekommen… aber… aber vielleicht könnte er einfach mit Nyx drohen. Aber davor musste er ersteinmal herausbekommen, wie Nyx das angestellt hatte. Chaos hin oder her, man merkt doch, wenn einem jemand das Armband öffnete und von der Hand zieht.
    „Wie hast du dat gemacht?“ fragte er nochmal und deutete mit einer Geste die Bewegung, des Überstreifens über die Hand an.

    Die Schritte kamen immer näher und panisch schaute sich Tohe um. Nein Panik war jetzt vollkommen fehl am Platz und würde ihn nur verraten. Er hatte doch nichts angestellt, war doch nur irgendein Straßenjunge, der den Leuten aus dem Weg ging. Gebannt wartete er bis die Schritte auf seiner Höhe waren. Und ein Stein fiel ihm vom Herzen, als er erkannte, dass es Nyx war, der dort stand und dieser hatte leicht reden. Wann hätte er denn seine Haarfarbe ändern sollen, während er versucht hatte zwischen den ganzen Leuten, die ihn alle angestarrt hatten, hindurch zu kommen. Geschweige denn, dass es für solcherlei Pläne in seinem Kopf zu dem Zeitpunkt keinerlei Platz gegeben hatte.
    Aber vielleicht sollte er bei nächsten Mal vorher über einen Fluchtplan nachdenken. Der Gedanke kam ihm natürlich erst jetzt, wo Nyx eben meinte, dass er Fluchtpläne brauchte. Der Junge nickte und so langsam begann sich der Stolz darüber, dass er es geschafft hatte die Schuhe zu bekommen und zu behalten, in ihm hoch zukämpfen und das Gefühl der Angst, was er die ganze Zeit empfunden hatte zu unterdrücken. Nur Nyx Worte gaben ihm wieder einen Dämpfer. Du hast mir ja gar keine Zeit gelassen um über einen Fluchtplan nachzudenken, dachte er trotzig.
    Fragend schaute er den Mann an. Er hatte ihm geholfen? Wie das? Warum? Wann? Diese Worte gaben keinen Sinn, bis er das goldglitzernde Armband empor hielt. Staunen spiegelte sich auf Tohes Gesicht. Das war doch keinesfalls aus dem Laden? Oder doch?
    „Ich dir geholfen?“ Fragte er trotzdem ungläubig. Sein Kopf war immer noch voll von auch ihm greifenden Händen und Leuten, die ihm im Weg herumstanden… und erst dieses riesige Pferd, was so plötzlich vor ihm aufgetaucht war. „Wie kommst du an sowat“ es interessierte ihn schon, wie Nyx das gemacht hatte und dann nickte er, als der Mann ihm anbot zu zeigen, wo er solcherlei Dinge verkaufen konnte. Auch wenn er absolut keinen Plan hatte, wie er denn an so Wertvolle Dinge überhaupt drankommen sollte.

    Das meiste hat zum Glück der Teppisch getrunken... ich hoffe auf Sonne, weil ich keine Ahnung hab, wie ich das Wasser sonst weider aus dem Teppich bekommen soll

    böser fieser hinterhältiger Montag morgen.
    Ich hasse ihn
    Schnapps bitte... ja jetztschon
    Es ist zwar ein ganzklarer Fall von selbst Schuld, dass das Wetter gleich das vergessene Dachfenster ausnutzt um eine überschwemmung anzurichten... brauch ich aber trotzdem nicht... und schon gar nicht, dass mein weißer Stoff jetzt rot vom teppich ist :weep:

    Erst als er drei Gassen weiter war nahm er wahr, dass das Geräusch der Stiefel hinter ihm verebbt war. Er wurde ein bisschen langsamer, als er sich vergewisserte, dass ihm niemand mehr folgte und die Erleichterung darüber, dass er es geschafft hatte zu entkommen ließ in weiter an Geschwindigkeit verlieren. Kurz schaute er sich um und ließ sich dann vollkommen außer Atem hinter einem Schuppen nieder. Von Jetzt auf Gleich brach die Erschöpfung über ihn herein. Er brauchte eine ganze Weile, bis er sich wieder auf was anderes Konzentrieren konnte als zu Atmen und bis das Pochen in seiner Seite aufhörte. Ja die Prellung wollte ihm die schnellen Bewegungen nicht so einfach verzeihen.
    Aber er hatte es geschafft und langsam wurde das Gefühl der Panik und Angst durch Freude und Erleichterung ersetzt. Dann besah er sich endlich mal genauer seine Beute.
    Aus hellem Leder waren die halbhohen Stiefel gefertigt und es war weich und geschmeidig. Drei kleine Schnallen aus Messing waren zum Schließen vorgesehen, die er nun eilig auffriemelte. Denn das Spannendste war nun, ob die Schuhe auch passen würden. Schnell stülpte er sich das Schuhwerk über seine Füße. Zu klein waren sie schon mal nicht, aber er hatte vorne noch ordentlich Platz. So eng es ging zog er die Riemen zu, damit seine Füße wenigstens ein wenig halt in den Schuhen bekommen konnten. Zu groß war besser als zu klein und vor allem besser als nichts. Vielleicht konnte er noch was Stroh oder so finden, damit er nicht nach vorne rutschte.
    Dann hörte er wieder Schritte und schnell raffte er sich auf. Vielleicht war ihm doch jemand gefolgt? Sein Herz hämmerte ihm augenblicklich wieder bis zum Hals. Und die einzige Tarnung, die ihm zur Zeit einfiel, war, dass sie sicherlich nach einem weißhaarigen Jungen suchten. Braune Haare wären nun viel unauffälliger und so wünschte er sich braune Haare.