Beiträge von Shizar

    Nachdem die beiden Gestalten wieder verschwunden waren, befahl Shizar dem Rauchgeist, wieder in die Kiste zurück zu kehren, bis sie Verwendung für ihn haben würde. Mit einem laut hörbaren Ausatmen, wandte sie sich schließlich zu der Treppe um und ihre Stimme schallte überaus laut im Befehlston durch das Haus.


    "Dandara, schlepp Deinen faulen Hintern zu mir und zwar unverzüglich! Wir haben zu tun!"


    Lauter Protest erklang von oben, als die Fee sich stöhnend in die Höhe reckte und dabei einige Verwünschungen vor sich hin murmelte. Shizar war ihre Verstimmung allerdings gleichgültig - es gab einige Dinge, die in Erfahrung gebracht werden mussten und die keinen Aufschub duldeten...

    Shizar beglich ihre Rechnung gleich nach Zalida und erwartete schon beinahe kein weiteres Wort mehr von der Ashaironi, als diese sie tatsächlich noch einmal ansprach. Und ihre Worte versetzten die Schattenmagierin in Erstaunen, auch wenn man ihr dies äußerlich nicht anmerken konnte.
    So senkte die Halb-Ashaironi ebenfalls ihre Stimme und blickte Zalida interessiert an - was auch immer ihr Geschäft sein mochte, es sah ganz danach aus, als ob es nichts sei, das man allzu laut erwähnen sollte.


    "Nun, offenbar bin ich noch nicht auf euren Laden gestossen... sagt, welche Waren führt ihr denn, die für mich von Interesse sein könnten? Ich bin guten Quellen niemals abgeneigt, wenn sie meiner Arbeit dienlich sind..."

    Shizar verzog angewidert das Gesicht, als ein Hauch des Nebels ihre Nase streifte und auch Dandara ließ ein leichtes Stöhnen vernehmen, während sich die Schwaden legten. Die Gefahr schien jedenfalls vorüber zu sein und so ließ die Halbelfe den Zauber los, der zuvor noch die Ashaironi und sie selbst geschützt hatte.


    "Feuermagier und Diebespack. Welch eine wunderbare Gesellschaft an einem Abend wie diesem. Beinahe erscheint es mir passend..."


    Mit einer gelangweilten Geste winkte sie nach einer der Schankmaiden, die mit einem Nicken zu verstehen gab, daß sie gleich an den Tisch kommen würde. Langsam beruhigte sich das Geschehen im Korallenriff wieder und die Leute wandten sich an ihre Tischpartner, um mit diesen die Geschehnisse der letzten Minuten zu diskutieren und sich darüber auszutauschen.


    "... aber ich muss gestehen, daß mir die Freude an diesem Abend vergangen ist."

    "Dhaiharas... nun denn... so überbringt eurem Herren meine Nachricht und meinen Dank für sein großzügiges Geschenk."


    Äußerlich vollkommen gefasst, arbeitete es in Shizars Inneren fieberhaft. Sie hatte noch von keinem bekannten Magier namens Dhaiharas gehört und das verwunderte sie. Shizar hatte es sich zu einem privaten Vergnügen gemacht, Aufzeichnungen über alle Schattenmagier Beleriars zu machen, deren Existenz ihr zu Ohren kam. Und von einem Schattenmagier, der merkwürdige Geschenke machen konnte und entsprechend über große Macht verfügen musste, hätte man in gewissen Kreisen doch sicherlich hören müssen. Ja, Shizar würde Nachforschungen anstellen müssen - sobald die beiden Wesen ihr Heim verlassen hatten.

    Shizar sog mit einem scharfen Zischen die Luft zwischen ihren Zähnen ein, als sie das 'Geschenk' erblickte. Ein Schattenrauchgeist war kein Spielzeug - es war ein mächtiger Diener und jener, der ihr dieses kleine Geschenk zukommen ließ, war ganz offensichtlich weitaus mehr als ein reiner Gönner - diese Person musste über Macht verfügen.
    Etwas in ihrem Magen verkrampfte sich auf unangenehme Art und Weise und jagte einen Schauer durch ihren Körper. Gleichzeitig spürte sie die Erregung, die sie immer dann erfasste, wenn sie mit einer Ausgeburt der Schattenmagie konfrontiert wurde und eine solche in ihre Hände bekam.
    Etwas gefasster wandte sie sich nach einem Augenblick zu den beiden Gestalten um.


    "Richtet eurem Herren meinen Dank aus. Vielleicht möchte er sich bei Gelegenheit persönlich vorstellen... ihr könnt ihm sagen, daß ich einem Besuch seiner Person nicht abgeneigt wäre, um die Gründe für dieses Geschenk zu erfahren..."


    Das war riskant und Shizar verfluchte sich einmal mehr für ihre unstillbare Neugier. Doch sie musste erfahren wer - oder was - dahinter steckte. Und aus welchem Grund...

    "Nun, hoffen wir's..."


    Shizars Stimme war ein kaum hörbares Murmeln, während sie den beiden Gestalten beim Öffnen der Kiste zusah. Ein Gönner... alles was Shizar nicht brauchte, war ein Gönner aus den Schatten. Innerlich begann sie langsam wirklich nervös zu werden, während sie Dandara dafür verfluchte, daß sie einfach ein kleines Nickerchen machte und Shizar dabei hilflos diesen Schattenwesen aussetzte.
    Lediglich die Tatsache, daß 'Tante' es wohl kaum riskieren würde, einem ihrer Werkzeuge ernsthaft Schaden zuzufügen beruhigte sie ein klein wenig.


    Die Formel verwirrte sie - sie wurde in keiner ihr bekannten Sprache gesprochen und hatte wenig mit der Schattenmagie gemein, die sie normalerweise wirkte.

    "So, meinte er das? Und wer ist euer Herr, wenn ich fragen darf? Ich nehme normalerweise keine Geschenke von Unbekannten an, wie ihr sicher verstehen werdet..."


    Shizar betrachtete die Gestalten mit einer leichten Skepsis, doch da ihr solcherlei nicht selten geschah, verwunderte es sie auf der anderen Seite nicht. Wäre aber "Herrin" nicht passender gewesen? So wie die beiden Gestalten aussahen, waren sie Kreaturen jener liebenswürdigen Person, die Shizar am liebsten aus ihrem Leben gestrichen hätte, wäre es ihr möglich gewesen.
    Trotzdem folgte eine elegante Geste, die auf die Tür und in das Innere des Hauses wies.


    "Nun, dann wollen wir den 'Inhalt' nicht verschrecken, nicht wahr? Tretet ein und bringt ihn herein."


    Shizar hoffte, daß Dandara sich mittlerweile von ihrer Ruhestelle erhoben hatte, denn so wie es aussah, würde sie die Hilfe der Fee gebrauchen können.

    Shizars Augenbrauen hatte sich über ihrer Nase zusammen gezogen und ihre Augen wirkten nun mehr wie schmale Schlitze, die die Szenerie beobachteten. Zwar hatte der Angstzauber die Magierin nicht mit Schrecken erfüllt, doch er machte sie vorsichtig. Sie hatte nichts gegen Feuermagier, doch sie hasste es, wenn diese ihre Magie so offen zur Schau stellen mussten, wie es dieser tat. Alles was auffällig und laut war, war ihr zuwider. Unangenehme Gesellen - zu aufbrausend und deswegen auch gefährlich und unberechenbar. Es war besser, gleich etwas zu unternehmen, bevor die drei Gestalten sie ins Visir nehmen würden.
    Die Halbelfe wechselte einen Blick mit Dandara und legte dann eine Hand auf Zalidas Arm - nicht um diese zurückzuhalten, sondern um die Ashaironi in den Feenzauber mit einzubeziehen. Warum sie dies genau tat, war Shizar in diesem Augenblick selbst nicht wirklich bewusst. Wahrscheinlich lag es daran, daß Zalida dem Volk ihres Vaters entstammte und sie noch immer nicht die Hoffnung aufgegeben hatte, mehr darüber zu erfahren. Ihre Lippen murmelten einige kurze Worte und Dandara blickte zuerst entsetzt auf die Magierin, bevor sie bläulich zu glühen begann.
    Langsam kroch der Schattenzauber über Shizar und Zalida und die Schattenaura wob sich um die beiden Frauen und ließ ihre Konturen verschwimmen. Im dämmrigen Korallenriff würden beide Frauen nun nicht mehr allzu gut sichtbar sein, was der Ashaironi wohl mit Sicherheit auch gleich auffallen musste.


    "Vertraut mir - es ist besser, wenn man nicht in das Blickfeld von Feuermagiern gerät, besonders wenn sie einheitliche Kleidung tragen."


    Shizars Stimme klang trocken und war noch immer nicht von Emotionen gefärbt. Innerlich schüttelte sie den Kopf über das Handeln der Zwergenfrau - auch wenn diese dreist und unverschämt gewesen war, so wünschte sie ihr nicht direkt Schaden - und sie war auf dem besten Wege zu Schaden zu kommen. Die Cath'shyrr war der Halb-Ashaironi bisher nur am Rande aufgefallen - sie wusste kaum etwas über die Probleme zwischen Ashaironi und Cath'shyrr und so berührten sie diese auch nicht. Zumindest war sie klug genug gewesen, sich aus dem Streit herauszuhalten, bevor es zu spät war.

    Es war durchaus ein merkwürdiger Zufall, daß Shizar ausgerechnet an diesem Abend noch in der Villa weilte. Allerdings war es noch recht früh und ab und an musste sich jeder Magier seinen Studien widmen. Dandara döste in einer Ecke nahe des großen Kamins, der einen behaglichen Lichtschein in das Zimmer warf und schien sich in diesem Augenblick von nichts stören zu lassen - noch nicht einmal das laute Klopfen schreckte die Schattenfee auf, es entlockte ihr lediglich ein ungehaltenes: "Kannst Du nicht dafür sorgen, daß ich nicht gestört werde, Shizar? Ich werde mich niemals erholen können, wenn Du nicht für Ruhe sorgst! Und Du weißt, daß ich unausstehlich werden kann, wenn ich nicht genügend Erholung hatte!", das die Halbelfe mit einem verächtlichen Zischen quittierte.


    "Du solltest vorsichtig sein, daß Du nicht langsam zuviel Fett ansetzt, Dandara. Sonst passt Du nicht mehr in Deine ohnehin zu engen Kleider. Außerdem bist Du immer unausstehlich."


    Langsam erhob sie sich von dem Tisch, an dem sie über ein Buch gebeugt gesessen hatte und ging zur Tür hinab, die sie gelassen öffnete. Ihr Blick streifte die beiden düsteren Gestalten die davor standen, dann die hölzerne Kiste, die sie trugen. Etwas war seltsam an dieser Kiste, auch wenn Shizar nicht erfassen konnte, was es wirklich war. Ein ungutes Gefühl braute sich in ihrer Magengegend zusammen, als sie an ihre liebe 'Tante' denken musste, mit der sie keine Blutsbande verbanden.
    Äußerlich war ihr davon jedoch nichts anzumerken, als sie gelangweilt und gedehnt nach dem Begehr dieser beiden Gestalten fragte.


    "Ihr wünscht...? Ich kann mich nicht daran erinnern, etwas bei Madame Ylare's magischem Versand geordert zu haben..."

    Gerade wollte Shizar die Lippen öffnen, um Dadane noch eine weitere Frage zu stellen, als ein anderes Geschehen im Korallenriff ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Ihre dunklen Brauen zogen sich für einen Augenblick über der Nase zusammen - es war keineswegs gewöhnlich, daß solcherlei Ärger im Korallenriff angefangen wurde, da dieses Gasthaus doch einen deutlich höheren Standard besaß als jene, in denen Ärger an der Tagesordnung war.
    Fenir schien noch nichts bemerkt zu haben - was auch schlecht möglich war, da er sich momentan nicht in dem Gastraum befand. Ergeben seufzend blickte Shizar zu Dandara empor, die ihrerseits ein Nicken sandte.
    Mehr brauchte es nicht zwischen der Halb-Ashaironi und ihrer Fee - auch wenn sie oft Auseinandersetzungen hatten, so verstanden sie sich dennoch blind, wenn es darauf ankam. Ihre Bindung stand über solchen Dingen und war ebenso fest wie die Bindung zwischen anderen Magiern und ihren Feen.
    Und wenn es nun eben Ärger geben sollte, dann sollte es so sein - dieser Abend verlief ganz und gar nicht so, wie Shizar es sich vorgestellt hatte, aber sei's drum - man musste nur auf alles vorbereitet sein.

    Ein wenig besänftigt lehnte sich Dandara auf Shizars Schulter zurück, doch sie bemühte sich nicht zu verbergen, daß es in ihren Augen noch immer gefährlich funkelte. Shizar wirkte unterdessen leicht gelangweilt und folgte der Richtung in die Zalida nickte mit den Augen, nur um dort noch einmal die erste Quelle ihres Unmutes vorzufinden. Tatsächlich hinderte die Zwergin Shizar daran, mehr über die Ashaironi zu erfahren, denn es war kaum zu vermuten, daß diese nun einen fröhlichen Plausch beginnen würde.
    Sie seufzte leise und lehnte sich dann ebenfalls auf ihrem Stuhl zurück, um die Zwergenfrau noch ein weiteres Mal einer intensiven Musterung zu entgehen.


    "Und was bringt euch auf die Idee, daß wir - während unseres konspirativen Treffens - tatsächlich Gesellschaft gewünscht haben und gerne als Quelle eures Interesses dienen? Ich verstehe durchaus euren Forschungsdrang... aber ich bin so schrecklich ungerne das Ziel von derlei Dingen, wie ihr sicher versteht..."


    Shizars Stimme klang süßlich, war jedoch deutlich von ihrem Sarkasmus gefärbt. Ein Lächeln das niemals ihre Augen erreichte spielte über ihre Lippen und ließ für einen Moment einen ungeschützten Blick auf ihre beiden etwas zu spitzen Zähne zu, die für eine Elfe ein klein wenig zu lang waren.

    Nun, eines musste man dieser bärtigen Zwergin schon lassen - sie war durchaus unerschrocken und ließ sich nicht sonderlich einfach von ihrem Vorhaben abbringen. Eine schwarze Braue hob sich in dem sparsamen Versuch eine gewisse Emotion zum Ausdruck zu bringen empor und Shizar besah sich das seltsame Geschöpf ein wenig näher, nur um dann die wenig begeisterte Zalida mit ihrem Blick zu streifen. Nein, sie wirkte keineswegs, als ob sie sich bei der Zwergin entschuldigen würde.
    Dandara hatte unterdessen weniger Hemmungen. Die Schattenfee musterte die Zwergenfrau eingehend und beugte sich dann auf Shizars Schulter vor, um auch keinen Zweifel an ihrer Musterung zu lassen. Wenn sie eines wirklich hasste - neben der Tatsache, daß Feen so schwer an die menschlichen Schönlinge dieser Stadt herankamen - dann war es die Ignoranz der größeren Lebewesen, die einer Fee nicht zubilligen wollten, für sich selbst zu sprechen.
    So blieb ihr Tonfall auch nicht ohne diese gewisse Spur von Eis in der Stimme, die einer Valisar alle Ehre gemacht hätte.


    ""Mein Name ist Dandara - und wenn ihr nicht vorsichtig seid, dann sorge ich dafür, daß euer hübscher Bart in Flammen aufgeht."

    Shizars Gesicht zeigte keine Regung - weder bei der Beleidigung des Volkes, dem sie sich zugehörig fühlte, noch bei dem Auftritt der wild gewordenen Zwergenfrau. Man konnte weder erkennen, ob sie amüsiert war, noch ob irgendetwas sie in Wut versetzte. So sparte sie sich also eine Antwort auf die Worte der Ashaironi - sie wäre in der merkwürdigen Tirade dieses... weiblichen...? Wesens ohnehin nicht mehr hörbar gewesen und begnügte sich damit, diese mit einer hochgezogenen Braue zu mustern.


    Dandara regte sich auf Shizars Schulter und ließ ein aufgebrachtes Seufzen vernehmen - die Schattenfee hasste alles was über die Maßen laut war und Shizar ließ ein leises "Shhh..." vernehmen, um das Wesen zu beruhigen. Es war bei dieser Lautstärke ohnehin nicht zu verstehen. Dennoch konnte Shizar es nicht verhindern, daß die kleine, in schwarzes Leder gewandete Schattenfee mit ihren Fledermausflügelchen auf ihrer Schulter sichtbar wurde und es sich - äußerlich vollkommen entspannt - auf dieser bequem machte.


    Lediglich das 'konspirative Freundin' rang der Halb-Ashaironi ein amüsiertes Lächeln ab und sie drehte den Kopf ein wenig zur Seite, um der Fee einen wissenden, jedoch für andere vollkommen undeutbaren Blick zu senden. Als die Zwergin endlich schwieg, öffneten sich die blassen Lippen der Schattenmagierin und ihre stets gelangweilt wirkende Stimme schnitt durch die im Gasthaus entstandene Stille.


    "Konspirativ...! Hast Du das gehört, Dandara? Nein, wirklich - diese Zwergenfrau muß ausgesprochen scharfsinnig sein, wenn sie solcherlei gleich auf den ersten Blick erkennt. Tatsächlich - wir planten gerade den Fürsten der Stadt zu stürzen - wie gut, daß ihr dies gleich herausgefunden habt."


    Der winzige Kopf der Schattenfee nickte zustimmend und ihre erstaunlich kräftige Stimme schloß sich der Magierin an - weniger emotionslos, aber mit einem durchaus trocken wirkenden Beigeschmack.


    "Ein wundervolles Kompliment... und so überaus treffend. Ich wüsste nur gerne, warum sie sich dann in unser konspiratives Treffen einmischt..."

    Die Ashaironi hatte scheinbar nichts bemerkt oder diesen unangenehmen, kleinen Ausrutscher übergangen. Dandara entspannte sich auf Shizars Schulter, ließ jedoch in ihrer Wachsamkeit nicht nach. Allerdings hielt sie mit ihren Vorwürfen für einen Augenblick inne, was der Halbelfe einen leisen Seufzer der Erleichterung entlockte.
    Interessiert musterte sie die Ashaironi aus den Augenwinkeln und versuchte ihr Gegenüber und ihre Aussagen einzuordnen. Sie konnte sich kaum vorstellen, daß sie eine Ausgestoßene war... doch wer konnte dies schon mit Bestimmtheit sagen? Man sah niemandem sein Erbe an. Wer sollte dies besser wissen als Shizar selbst? Neugier begann sich in der Halbelfe zu regen. Eine ungesunde Neugier, die am Ende selten gut tat und die sie letztenendes wieder zu Dingen teiben würde, die ungesund sein konnten. Äußerlich merkte man ihr das natürlich nicht an, denn ihre gleichgültige Miene verzog sich für keinen Augenblick.


    "Man könnte beinahe meinen, daß ihr euch hier nicht sonderlich wohlfühlt."


    Sie nippte an ihrem Wein und stellte den Kelch dann entspannt auf den Tisch zurück, als habe sie jegliches Interesse an dem Getränk verloren. Tatsächlich, es war ein guter Jahrgang. Ein seltener noch dazu und Shizar genoß das Gefühl auf ihrer Zunge, bevor sie schließlich weitersprach.


    "Seid ihr so sicher, daß überhaupt ein gutes Bild von den Elfen dieser Stadt existiert, das man beschmutzen könnte?"


    Die Aussage blieb vage, spielte jedoch auf den Elfenadel an, der durchaus keinen durch und durch guten Ruf bei den anderen Völkern besaß.

    "Shizzzar..."


    Shizar konnte es nicht verhindern, daß sich bei der Nennung ihres Namens ein ungebetenes Zischen einschlich, das auf ihre Herkunft zurückzuführen war. Normalerweise kümmerte es sie kaum - in Elfenkreisen schrieb man es ihrem exzentrischen Wesen zu und nahm weiter keine Notiz davon. Doch hier saß sie keiner Elfe gegenüber, sondern einer echten Ashaironi. Dandara hatte diesen kleinen Patzer natürlich ebenfalls bemerkt und so drang ein leises, resigniertes Seufzen an Shizars Ohr.
    Die Halbelfe reagierte nicht weiter darauf und hoffte, daß man ihr ihr gemischtes Blut nicht ohne weiteres anmerken würde und daß die Ashaironi das Zischen ebenfalls auf eine gewisse Exzentrik schob.
    Ihr Blick wanderte zu dem Tisch hinüber und sie musterte den Elfen ein wenig eingehender, bevor sie gespielt enttäuscht über sein Verhalten den Kopf schüttelte.


    "Eine Schande für die Elfen dieser Stadt. Er muss wahrhaftig tief gesunken sein, wenn er sich auf Diebstahl verlegt hat. Wahrscheinlich ein Ausgestoßener..."


    Das Wort glitt ihr mühelos über die Lippen und Shizar zeigte keinerlei Emotion als sie es aussprach, obgleich es doch ihr eigenes Leben und das ihrer Eltern so perfekt ruiniert hatte.

    "Ich danke euch..."


    Shizar ließ sich ohne weitere Umschweife an dem Tisch nieder - selbstverständlich verunzierte kein Lächeln ihr Gesicht und sie verkniff es sich, Zalida allzu neugierig zu mustern. Die Frau erschien ihr kühl - nun gut - womöglich konnte sie ein wenig mehr über das gefürchtete Naturell der Ashaironi in Erfahrung bringen, wenn sie sie für eine Weile beobachtete.
    Kurz darauf trat eines der Schankmädchen an den Tisch, um Shizars Bestellung aufzunehmen. Ein Glas Wein - ein ausgesprochen guter Jahrgang, wenn man sich damit auskannte - mehr wünschte die Adelige nicht.


    Für einen Augenblick musterte sie den Elfen, den die Ashaironi zuvor davongeschickt hatte und den Zwergen, der sich nun zu ihm gesellte. Eine Augenbraue wanderte empor, bevor ihre emotionslose Stimme ein: "Ungebetene Gesellschaft?" hervorbrachte, dem ein Nicken in Richtung des Tisches folgte.
    Shizar machte dabei keineswegs den Eindruck, auf einen lustigen Plausch aus zu sein - sie nahm nicht an, daß ihre Gesellschaft daran interessiert war. Es war lediglich eine Feststellung.

    Shizars Augen streiften die Anwesenden für einen Augenblick, dann trafen sie auf die Augen einer anderen Frau, die offenbar gerade einen Elfen abserviert hatte und nun allein an ihrem Tisch saß. Man merkte ihr die Überraschung nicht an - Shizar war zu gut darin geübt, ihre Gefühle zu verbergen - aber dennoch, es gab keinen Zweifel daran, dort saß eine leibhaftige Ashaironi.
    Zwar hatte sie bisher nur einen Angehörigen des Volkes ihres Vaters gesehen, aber es gab keinen Zweifel daran, welchem Volk diese exotisch wirkenden Frau angehören mochte. Dandara musste dies ebenfalls bemerkt haben, denn fie Fee versteifte sich auf Shizars Schulter und ein geflüstertes "Nein, nein! Das wirst Du nicht! Shizar!", drang an das Ohr der Magierin.
    Doch Shizar ignorierte die Fee und hatte sich schon in Bewegung gesetzt, geleitet von dem unwiderstehlichen Drang, sich selbst ein Bild von den Ashaironifrauen zu machen.
    Das Spiel war gefährlich, daran bestand kein Zweifel - wer sonst könnte ihr wahre Natur entschlüsseln wie die Frau dort an diesem Tisch? Erkennen, weshalb ihre Zähne ein wenig spitzer waren? Doch wenn es um Mysterien und Geheimnisse ging, war Shizar nie zu halten.
    So trat sie also an den Tisch der Fremden heran und nickte ihr grüßend zu. Ihre Stimme klang desinteressiert und war von keinerlei Emotion gefärbt, als sie sie schließlich ansprach.


    "Verzeiht, aber das Gasthaus ist heute Abend ein wenig zu gut gefüllt. Würde es euch stören, wenn ich mich für einen Augenblick zu euch setze, bevor ein anderer Tisch frei wird?"


    Dandaras entsetztes Keuchen dran an das Ohr der Halbelfe, doch Shizar wischte es innerlich beiseite und schenkte ihrer Fee keine Reaktion, die auf ihre Anwesenheit schließen ließ.

    Die Villa Lyadar gehörte einstmals zu den bedeutendsten Adelshäusern der Stadt und dies ist noch immer sichtbar geblieben, auch wenn die Lyadar selbst schon lange nicht mehr hier ansässig sind und schon gut 100 Jahre vor dem Untergang Beleriars Nir’alenar verlassen hatte. So ragen noch immer die weißen Türmchen in die Luft an denen die Banner der Lyadar mit dem goldenen Einhornwappen flattern und die unverkennbar der elfischen Bauart angehören.
    Doch schon lange sind hier keine Diener mehr emsig damit beschäftigt das Leben ihrer Herrschaften zu organisieren und die meisten Fenster in den oberen Stockwerken wirken staubig und werden von dicken Samtvorhängen verdeckt, die schon in die Jahre gekommen sind.
    Auch der große Garten mit dem einstmals makellos angelegten Park besitzt nun eher eine wilde, naturbelassene Schönheit und so mancher durfte sich schon an den Dornen der roten Rosen stechen, die überall in Büschen zu wachsen scheinen. Die Wege sind von allerlei Kräutern überwachsen und die Bäume verwandeln den einstmals sonnigen, hellen Ort in ein Reich der Schatten, in dem es so manchem Besucher unheimlich zumute ist.
    Im Inneren der Villa setzt sich dieser Eindruck schließlich fort – stets scheinen die Räume im Halbdunkel zu liegen und wirken auf eine merkwürdige Weise unbewohnt. Lediglich in Shizars Arbeits- und Schlafräumen im obersten Stock ändert sich dies, was wohl darauf zurückzuführen ist, daß dies die einzigen Räume des Hauses sind, die wirklich bewohnt werden. In ihrem Arbeitszimmer und dem angrenzenden Raum befinden sich allerlei Kuriositäten – manche von Wert, andere nicht – die Shizar aus Interesse zusammengetragen und erforscht hat. Viele Schriftstücke und Bücher tragen die spinnwebfeine Handschrift der Hausbesitzerin, die gerne über allerlei merkwürdige Begebenheiten und rätselhafte Ereignisse Buch führt, um zu enträtseln, was wohl dahinter stecken mag. Wie gut, daß niemand Kenntnis davon hat, denn Shizar hat im Laufe der Zeit allerlei interessante Geheimnisse der Bewohner von Nir’alenar gelüftet und so mancher Skandal schlummert sicher verwahrt in einer magischen Truhe aus unverwüstlichem Schwarzeichenholz, die durch ein bestimmtes Befehlswort geöffnet werden kann. Jedoch nur dann, wenn es von Shizar selbst ausgesprochen wird.
    Shizar hat nicht allzu viel Interesse an den Besitztümern ihrer Familie und so sind alte Portraits in der Ahnengalerie von Spinnweben überwuchert, samtige Sitzgelegenheiten weisen das ein oder andere Loch auf und Staub liegt über den einst so hell glitzernden Kristallleuchtern.
    Allerdings zieht sich dieser Eindruck des Verfalls nicht bis in die große Bibliothek hinein, in der alles fein säuberlich geordnet und staubfrei ist. Stets finden sich hier allerlei Schreibinstrumente und Aufzeichnungen – und die Tür ist jederzeit verschlossen und wird von Zaubern geschützt, wenn Shizar nicht in ihrer Villa weilt.
    Alles in allem wirkt die Villa Lyadar genau so, wie ein Haus, das für seine Bewohner viel zu groß ist und an dem aus irgendeinem Grund nicht mehr allzu viel Interesse bestehen kann – wen wundert dies? Schließlich ist die exzentrische Shizar nur recht selten zuhause...

    Shizar kam nur selten in das Korallenriff. Ihr lagen eher die dunkleren Häuser der Stadt und sie bevorzugte eine andere Atmosphäre, wenn sie ausging. Allerdings war das Korallenriff ein Haus, an dem man nicht ständig vorbei gehen konnte, wenn man zu gewissen Kreisen der Stadt gehörte.
    So trat sie also an diesem Abend mit einem vollkommen gleichmütigen Gesichtsausdruck in das gut gefüllte Gasthaus und seufzte leise, als sie die vollen Tische erblickte. Es war zuweilen nicht einfach, im Korallenriff einen Platz zu finden und dies war einer dieser Abende.
    Wie es nicht anders zu erwarten war, verspürte Shizar in diesem Augenblick ein leichtes vibrieren auf ihrer Schulter, das sie sehr genau darauf hinwies, in welchem Gemütszustand sich Dandara befand - die Schattenfee amüsierte sich köstlich über diese - für Shizar recht unangenehme - Lage und äußerte gleich darauf ein spitzes "Habe ich es Dir nicht gleich gesagt? Aber nein, Du musstest ausgerechnet heute an diesen Ort kommen."
    Ja, Shizar hasste die Schadenfreude ihrer kleinen, unsichtbaren Begleiterin von Zeit zu Zeit, doch sie dachte gar nicht daran, ihr den Gefallen zu tun auf das Spielchen einzugehen.
    "Halt den Mund, Dandara. Sonst bringe ich Dich zu Eleria Anuriel und lasse Dich mit ihrer Lichtfee spielen."
    Ein gekränktes Schnauben ließ darauf schließen, daß Dandara nicht allzu glücklich über diese Aussicht war, doch wenigstens war sie endlich still und Shizar konnte in Ruhe den Blick über die Anwesenden schweifen lassen.