Beiträge von Grinosch

    "Aaaah, Klivv, alter Rattenfänger." Tara begrüße ihr Gegenüber mit einem Nicken und sah dann hinter sich.
    "Jetzt hat das Mistding zwei Schwänze.." Desinteressierte zuckte sie mit den Schultern und schritt dem etwas zu kurz geratenem Mann entgegen. Erfreut klopfte sie ihm auf den Oberarm. "Genau dich habe ich gesucht."


    Tara nahm ihre Pistole und schob sie in den passenden Gurt, der auf ihrer Hüfte lag.
    "Lange haben wir uns nicht gesehen. Ich hoffe dir ist es gut ergangen. Und du hast recht, ich brauche etwas."
    Viele empfanden Klivvs Anwesenheit eher als unangenehm. Tara aber wusste, dass es weitaus unangenehmere Gesellen gab. Jene, die einen versuchten zu blenden mit ihrem Gehabe und ihrer geleckten Art. Jene, die mehr sich als ihren Geist pflegten. Jene, die Umgangsformen wichtiger als Ehre fanden.
    Klivv hingegen war ihr in der Hinsicht immer als angenehmer Zeitgenosse erschienen. Er verstellte sich nicht, er war direkt und kam sofort zum Punkt und vertrödelte damit nicht seine Zeit mit unwichtigen Dingen. Und Rattenfang war in einer Stadt wie Nir'alenar sowieso von solch einer Wichtigkeit anzusehen, dass er all ihren Respekt hatte.


    So gab Tara Klivv ein kleines Beutelchen aus langweiliger, brauner Jute. Ein Teil von Taras Existenz lag in ihm. Zwei Würfel. Taras Glückswürfel. Nur dummerweise hatten diese ihr Glück sonstwo gelassen und waren unausgeglichen. In 5 von 7 Würfeln warf der eine eine 3. Die denkbar ungünstigste Zahl im Glücksspiel.
    "Schau sie dir an. Sie haben mich schon 35 Golddukaten gekostet und einen ganzen Beutel Schwarzpulver." Fügte sie schlecht erklärend hinzu.


    Einst sagte ich, dass unsere Schicksale miteinander verwoben sein - wenn auch nicht auf die Weise, die du hier... äh... mit den anderen Damen.. verwoben bist....
    Und wenn es fordert, dass meine Pistole deinen Hintern rettet, dann sei es mir ein Vergnügen. :D


    Ausserdem sind Trinkspielchen keine Spielchen. Wenn dann müssen schon ein paar Münzen dabei rumspringen. :hmmm:

    "Wie langweilig." Antwortete Tara und rollte die grünen Augen. Ein wenig Alkohol hatte noch auf keinem Raubzug geschadet. Er machte die Gedanken klar und die Muskeln geschmeidig. Sofern man nicht zu viel trank. Was sich manchmal wiederum als Problem darstellte..


    "Ich habe keine Beute gemacht, ihr habt keine Beute gemacht, er.. " Tara deutete mit der Pistole auf den im Gebüsch liegenden Aran. Es sah aus, als wäre er eingeschlafen. Wahrscheinlich hatte auch er sein Vorhaben mit einer gehörigen Portion Rum begleitet. Schlimm, wenn man sich so gehen ließ...
    ".. er scheint noch den größten Gewinn am heutigen Abend gemacht zu haben. Und das sollte nun wohl niemand wissen."


    Die Augen schlossen sich zu zwei Schlitzen und Tara sah sich um. Die Straße war leer, die nächste enge Seitengasse nicht weit von hier. Ein paar Schritte und sie könnte in der Nacht entschwinden.
    "Auf das wir uns nie gesehen haben." Antwortete sie schlussendlich der Corvae und nickte ihr zu, bedacht darauf das eigenwillige Zucken des Corvaen-Kopfes nicht zu imitieren und doch eine Spur kantiger als normal.
    Fast genauso ungelenk suchte Tara den nächsten Schatten auf. Doch, Corielle irrte sich. Ein Schlückchen Rum wäre an dieser Stelle genau das Richtige gewesen. Vielleicht fand sie in der Nähe ja noch ein Wirtshaus..

    Regnerisch war der Tag. Und grau. Unwirtlich, ungemütlich, unangenehm. Ein Tag, den man genauso gut an einem unangenehmen Ort verbringen konnte. Oder mit Rum verdrängen musste. Oder beides.


    Tara hatte das rote Haar gut unter einem Kopftuch versteckt. Sie mochte es nicht, wenn sie aufgrund der wilden Mähne schon von weitem erkannt wurde. Nicht in den Katakomben. Nicht, wenn sie quasi unbewaffnet war. Und nicht, wenn ihre Laune an einem regnerischen Tag ins bodenlose glitt.


    Still schritt sie durch die kalten, klammen Gänge. Besah sich jede Abbiegung genau. Sie war schon lange nicht mehr hier gewesen. Hoffentlich gab es den Rattenfänger überhaupt noch. Ratten waren gefährliche Tiere, das wusste man als Pirat nur zu gut. Sie verbreiten Krankheiten fast so schnell, wie sich Gerüchte um die Adelsfamilien in Nir'alenar verbreiteten.
    Und wenn man dann noch in solch unfreundlicher Gegend wohnte...


    Als hätte Tara es geahnt, lief ihr im selben Augenblick ein besonders großes Exemplar über den Weg. Die Rothaarige zögerte nicht lang, griff sich ihre Steinschlosspistole, zielte und schoss. Da Tier beendete sofort seinen Weg und ergoss sich in einer roten Pfütze durch den schmalen Gang.
    "Widerliches Viehzeug." seufzte Tara und schritt über den Kadaver. Nun, wenigstens sollte der Schuss dafür gesorgt haben, des Rattenfängers Aufmerksamkeit zu erhaschen. Weit konnte seine Unterkunft nicht mehr sein...

    Larial Damahir sah sich um, doch offensichtlich war ihr Weitblick in der Nacht nicht sonderlich ausgeprägt. Sie erspähte Aran nicht, geschweige denn, dass sie etwas von Corielle oder Taras Existens ahnte.


    Augenblicke später schloß sie die Läden. Wahrscheinlich glaubte sie, der Pirat habe sich abgesetzt - was ja auch in gewisserweise stimmte.


    Hörbar seufzte Tara und sank zu Boden.
    "Bei Narions Hintern, wo bin ich hier nur wieder gelandet? Hat einer von euch ein Taschenfläschchen dabei? Ich könnt'nen Schluck gebrauchen..."

    Verflixt, jetzt tauchte doch tatsächlich diese Damahir am Fenster auf.
    Nur schlecht konnte Tara die Frau dort oben erkennen, aber es schien, als wenn Aran zumindest Geschmack bewiesen hätte. Etwas, was sie ihm zugegeben nur begrenzt zugetraut hätte.


    Tara nahm die Pistole runter und presste sich näher an die Mauer. "Geschäfte.. seltsame Geschäfte, so mitten in der Nacht." Zischte sie Corielle zu.
    "Dennoch, im Moment sitzen wir alle in der gleichen Patsche."
    Mit angehaltenem Atem sah die Rothaarige zu Aran. Hatte Larial Damahir ihn schon gesehen? Was würde sie von seiner Flucht halten? Und würde er zumindest Tara und Corielle nicht mit in die Angelegenheit hineinziehen?


    Eine leichte Beute hatte Tara vermutet. Jetzt hockte sie mit einer Rabenfrau unter einem Fenstersims und mußte mit ansehen, wie Aran Eisenklinge vor einer Konkubine flüchtete. Keine perfekte Nacht.

    "Freudiges Wiedersehen.." wiederholte Tara leise knurrend. Sie hatte mit Aran noch ein Hühnchen zu rupfen - wegen der missglückten Entführung und der Herunterwirtschaftung der "Muschel" - aber gleichzeitig wußte sie, dass sie bei Aran damit sowieso auf Granit beißen würde.
    Er würde sie süffisant anlächeln, irgeneinen Witz machen und damit wären die Geschehnisse für ihn dann vergessen.


    Taras Blick folgte Corielle und versuchte die Puzzlestücke des Gespräches in ihrem Hirn zusammenzusetzen.
    Aran glaubte offensichtlich, diese gefiederte Frau habe etwas, das ihm "gehöre". Doch warum war sie hier?
    Die Rothaarige wollte gerade eine entsprechende Frage an die Corvae richten, als sie das Licht über sich sah.
    Sie fluchte. Warum brachte sie sich für nichts und wieder nichts in eine solche Gefahr?


    Mit einem Satz folgte sie Corielle und drückte sich an die Fassade. Langsam hob sie erneut ihre Pistole und zischte der Corvae zu "wo sind wir hier, wer ist das da oben und weswegen bist du hier?"
    Dann glitt ihr Blick auf Eisenklinge. Warum flüsterte sie eigentlich? In seinem Zustand würde er sowieso alle verraten...

    Die Art, wie er sprach ließ kein Zweifel. "Aran Eisenklinge." Sprach Tara laut aus.
    Er mußte es sein - und einen Augenblick wußte die Piratin nicht, ob sie lachen oder den Trunkenbold gleich erschießen solle.
    Sie entschied sich.. für nichts von beiden, aber richtete ihre Pistole stattdessen auf den lallenden Hutträger.


    "Schnürrt euch wieder zu und behaltet den Hut." Tara redete mit Corielle ohne den Blick von Aran abzuwenden.
    "Wenn ihr mit dem da Geschäfte machen müßt.. oder ihn bestehlt.." Ein bitteres Lachen kam über die Lippen der Piraten "dann habt ihr die Sachen, die ihr am Leib tragt weitaus nötiger als ich."
    Schlußendlich nahm Tara die Pistole runter.


    "Aran Eisenklinge.. ein Wunder, dass du Dreckskerl noch unter den Lebenden bist.." Tara meinte das Ernst. So wie Aran in der Vergangenheit dem Alkohol zugesprochen und rumgehurt hatte, hätte es sich nicht erschüttert, wenn er eines Tages leblos auf irgendeiner Straße gefunden worden war. Todgesoffen, von einem Ehemann erstochen oder einfach an irgendeiner Krankheit verreckt.


    "Das Glück scheint dich doch irgendwie zu mögen."

    Taras Laune wechselte von "amüsiert" hinüber zu "genervt". Versuchte dieses Federvieh jetzt auch noch Spielchen zu spielen?


    "Der Degen wäre ein Anfang." Sprach die Rothaarige und deutete mit dem Kinn an, dass Corielle ihn ihr zu werfen solle.
    "Eure Hosen entsprechen nicht ganz dem, was ich zu tragen pflege.." Mit näselnder Stimme versuchte Tara nun die Corvae nachzuahmen. ", aber eure Bluse gefällt mir tatsächlich. Los. Zieht sie aus." Taras Tonfall zeigte deutlich, dass sie keine Scherze machte. Es war vielleicht nicht ganz ehrenhaft, einem Opfer die Kleidung zu stehlen, wenn es sonst angeblich nichts besaß - aber Piraten waren nun mal selten ehrenhaft. Und dieses feine Blüschen ihres Gegenübers war immer noch tragbarer, als die klitzernden Oberteilchen, die sie dem Wanderzirkus geklaut hatte.


    "Und den Hut. Ich will euren lustigen Hut. Und ihr.." Erst jetzt schenkte die Rothaarige der anderen Person einen Funken von Aufmerksamkeit. "Ihr setzt euch wieder hin. Sofort."
    Der Mann hatte sich mittlerweile wieder mit Weste und Hut ausgestattet und irgendetwas kam Tara daran plötzlich bekannt vor. "Halt.. tretet lieber einen Schritt vor. Kenn ich euch?"
    Sie legte den Kopf schief und wartete daraus, dass der Mann einen Schritt aus den Schatten trat.

    Tara sah das Vogelwesen von oben nach unten hin an, hob dann die freie Hand zum Kinn und machte ein überlegendes "hmm..".


    "Eine wahrlich gute Frage, die ihr da stellt. Halte ich es für angebracht...?"
    In der Dunkelheit der Nacht waren die Augen der Piratin kaum zu erkennen, doch bei Tageslicht, hätte man in ihnen gesehen, wie amüsiert Tara über das geckenhafte Verhalten der Frau war.
    Was erwartete dieses Federvieh? Das sie sich höflich entschuldigte und wieder ging? Tara mußte ein Lachen unterdrücken.


    "Nun, wenn es denn lukrative Geschäfte sind.. hmm.. ja, doch, dann halte ich es für angebracht, euch bei diesen zu stören."
    Einige Sekunden mußte Tara überlegen, was sie nun tun wollte. Der durchzechte Abend ließ sie nur schwer klar denken. Wenn diese Beiden sich tatsächlich für "Geschäfte" getroffen hatten, so konnte das alles bedeuten. Von großem Reichtum über den Tausch von billigen Sammelmuscheln.
    Sie konnte die Dinge hinterfragen - oder sich aber für die einfachste Piratentat der Welt entscheiden.


    "Aber ich lasse euch und eure Geschäfte gerne wieder allein. Gebt mir einfach, was immer ihr dabe habt.. und dann zieht geht eure Wege." Großmütig nickte Tara.

    Noch immer hatte Tara sich nicht von der Stelle bewegt. Die Augen waren weiterhin auf das seltsame Diebespaar gerichtet.
    Mit Runzeln auf der Stirn versuchte die Piratentochter zu ergründen, was da vor sich ging.


    Für einen Diebstahl ging dies hier alles zu langsam. Für eine Liebelei waren die beiden zu distanziert.
    Aber was in Eriadnes Namen ging da vor sich? Und vor allen Dingen - gab es hier noch etwas zu holen?
    Tara sah sich um. Ach, was sollte sie noch warten. Die Zwei würden schon ein paar Münzen bei sich haben.


    Und mit dieser Gewissheit trat Tara aus dem Schatten. Die Pistole im Anschlag, das rote Haar im Nachtwind wehend.


    "So spät noch unterwegs?" Unterbrach sie die zwei Fremden in ihrer Unterhaltung.

    Ein wenig in der Ferne zuckte Tara zusammen, als der vermeintliche Liebhaber/Einbrecher, unsanft auf dem Boden landete.
    Das mußte weh getan haben. Sehr.


    Eigentlich hatte sie vorgehabt, den Fremden zu überraschen, sobald er unten angekommen war - kurz zuvor meinte sie jedoch unweit von dem Gefallenen ebenfalls eine Bewegung gesehen zu haben. Gleich eine Diebesbande?
    Sie zog das einzig halbwegs kostbare - wenn auch eher aus sentimentalen, als aus werttechnischen Gründen - aus dem Halfter an ihrem Gürtel. Ihre Pistole. Vorsichtig spannte sie sie und hoffte sehr, dass die Diebe dabei nicht das verräterische Klicken hörten.

    Es war einer dieser Abende gewesen, die man im Nachhinein auch getrost hätte vergessen können.
    Tara - noch immer vollkommen mittellos - hatte den Plan gehabt, in einem der bestbesuchtesten Gasthäuser in Nir'alenar ihr Glück beim Spiel herauszufordern.


    Nun, es sei soviel gesagt, es war bei einem Plan geblieben.


    Stattdessen hatte die Rothaarige nur zwei bis drei Getränke zu sich genommen. Zwei bis drei Getränke zuviel, wohlgemerkt. Ihren Geldkummer hatte sie regelrecht ertrunken, bis sie tatsächlich vor die Tür gesetzt wurde. Kein Wunder, den letzten Rum hatte sie weder mit barer Münze bezahlen können, noch durch einen Augenaufschlag von irgendjemand erschnorren können.


    Frustriert wanderte sie nun durch das Adelsviertel. Wenn sie in dieser Nacht schon unter einer Brücke schlafen mußte, dann wenigstens unter einer vornehmen.
    Sie hatte sich gerade eine nette Ecke ausgeguckt, als sie es in der Nähe rascheln hörte. Tara spannte alles an und versuchte mit zusammengekniffenen Augen zu erkennen, was da vor sich ginge. Plötzlich tauchte in einem der Fenster etwas auf.. ein... Hintern?


    Tara mußte lachen. Vielleicht war ihr das Glück an diesem Abend ja doch noch holt! So manch ein heimlicher Geliebter war durchaus bereit, die ein oder andere Münze springen zu lassen um ein Geheimnis zu wahren.

    Die teure Bluse! Isabella würde ausrasten, wenn sie den Schnitt sah! Doch nicht so Tara. Die Piratin bemerkte zwar, dass der Adelige sie getroffen hatte, jedoch spürte sie keinen Schmerz und das war die Hauptsache. Intakte Kleidung war ein Luxus, dem sich ein Pirat sowieso nur sehr selten hingeben konnte.


    Doch Sarandirs Angriff war gefährlich gewesen, das wuße die Rothaarige. Und er war sicherlich nicht weniger entschlossen diesen Kampf zu gewinnen, als sie es war. Dennoch war da etwas, dass den Adeligen vorhin einen Moment zu lange hatte zögern lassen. Er sah keine Notwendigkeit in einem Kampf. Noch nicht.
    Tara zog die Stirn in Falten. Der Grund war klar. Die "Katze" hatte hier keinen Namen und sie selbst hatte sich nicht als Piratin zu erkennen gegeben. Wahrscheinlich hielt Sarandir sie für nichts anderes als eine übereifrige Frau, die sich ein wenig Geld mit illegalen Dingen dazu verdiente. Die Grausamkeit und Skrupellosigkeit, die eine Frau wie Tara an den Tag legen konnte, würde er wahrscheinlich nicht einmal vermuten - und ein wenig tat der Rothaarigen das leid.
    Es war eine Sache jemanden für ein wenig Geld übers Ohr zu hauen. Einem gleichwertigen Gegner aber das eigene Ich zu verheimlichen konnte schon fast als Feige gelten. Und war Sarandir nicht gleichwertig? Nun, sicherlich. Tara hatte viel von ihm gehört und sie war sich sicher, dass er das was sie an Willen und starrem Blutdurst in ihre Kämpfe legte, mit seiner Technik problemlos wett machen konnte. In einem fairen Kamp wäre er ihr wahrscheinlich überlegen - doch wann kämpften Piraten schon einmal fair?


    Tara beugte sich zur Seite, wich einem weiteren Hieb aus und versuchte gleichzeitig mit ihrem kurzen Dolch nach Sarandirs Hand zu stechen, während sie den Abstand zum Adeligen verringerte. Wenn sie weit genug kam.. nun, ein Tritt zwischen die Beine würde Taras Gewinnchancen sicherlich erhöhen.