Furcht ergriff Besitz von ihr. Ihr Herz schlug unbarmherzig gegen ihre Brust. Sie versuchte nicht einmal mehr dies zu verbergen. Kyreia wusste, dass sie bei dem Versuch ohnehin kläglich scheitern würde. Also starrte sie Zeciass an, hörte wie er aussprach, was sie so sehr gefürchtet hatte - Ich hasse sie - , zuckte zusammen, als er seine Faust auf den Tisch donnern ließ.
Währenddessen zog sie sich etwas zurück, nahm ihre Hände vom Tisch und verbarg sie ineinander verschlungen in ihrem Schoß. Doch trotz allem blieb sie sitzen. Sie wollte abwarten, was er ihr noch zu sagen hatte - nun, da er endlich die Wahrheit sprach. Und obwohl sie all ihre übrig gebliebene Beherrschung aufbringen musste, schaffte sie es, nicht vor ihm zurückzuweichen. Überrascht vernahm sie seine Worte, die um ihre Hilfe baten.
Mit aufgerissenen Augen schaute Kyreia Zeciass an, all ihre Selbstbeherrschung war nun fort. Lange Augenblicke vergingen, in denen sie nicht wagte die Stille zu brechen. Sie war eine Nordelfe und darüber hinaus eine Priesterin der Liaril. Besonnen. Gerecht. Sie versuchte sich daran zu erinnern, was nun von ihr erwartet wurde. Sie sollte ein gerechtes Urteil fällen. Und doch wurde dies erschwert durch ihre eigenen Emotionen. Kyreia war enttäuscht. Obwohl das Gefühl, das etwas nicht stimmte, sie den gesamten Abend begleitet hatte, fühlte sie sich verraten durch die Täuschung Zeciass‘.
Aber hatte er sie tatsächlich getäuscht? Er hatte sie nicht angelogen… Oder? Kyreia versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. Zeciass war ehrlich gewesen, als er ihr gestand die Mira’Tanar zu hassen. Also war er auch ehrlich gewesen, als er sie um Hilfe bat? Kyreia beschloss, auf ihre Gefühle zu hören und dem Yassalar eine Chance zu geben. Er hatte nichts Unrechtes getan und hatte eine zweite Chance verdient. Dies war ihr Urteil als Priesterin.
Also löste sie ihre Hände voneinander und hob sie wieder, legte sie zunächst zaghaft, dann bestimmt auf seine Faust, die noch immer auf dem Tisch ruhte. Als sie ihm antwortete, schaute sie ihm fest in die Augen: „Ich verurteile dich nicht.“ Ein aufrichtiges Lächeln. „Und ich möchte dir helfen. Gerne möchte ich dir etwas von mir und Liaril erzählen. Aber dir muss bewusst sein, dass sich Liarils Lehren nicht an einem Abend erzählen oder gar verstehen lassen. Ich habe dafür ein ganzes Leben gebraucht.“ Kyreia zuckte leicht mit den Achseln und fügte dann hinzu: „Also was möchtest du zuerst wissen?“