Der Nachtmarkt (alt)

  • “Ja, gehen ist gut“, stimmte Klivv überraschend schnell zu und schwang sich auf die Beine. Sein Fläschchen steckte er wieder weg, ohne auch nur selbst davon getrunken zu haben.

    “Ja, alles gut außer dem Ort hier“, erwiderte er auf Fanirs Frage. “Zu viele Leute hier um diese Zeit. Werden noch mehr. Noch schnell ein oder Zwei Besorgungen gemacht, dann bin ich weg…“ Als könne es ihm gar nicht schnell genug gehen diese Ankündigung in die Tat umzusetzen, schob er die schweren Vorhänge für die Rothaarige zur Seite und folgte ihr dicht auf den Fersen nach draußen. Dabei murmelte er Dinge wie Schlafwurz, Nachtschatten und Todeshauch vor sich hin, wohl die Einkaufsliste, an die er sich zu erinnern versuchte. Und dann konnte er bei der Gelegenheit auch gleich den Beutel mit den getrockneten Rattenzungen loswerden…

  • Fanir schob die Vorhänge zur Seite. Eigentlich fühlte sie sich gar nicht wohl dabei, diesen Ort hier als erste zu verlassen, wer wusste denn schon, wer direkt hinter den Vorhängen stand?, aber sie war wohl oder übel dazu gezwungen. Sie konnte ja nicht plötzlich sagen, er sollte vorgehen. Dennoch hielt sie den Vorhang zur Seite, als hätte sie eine Tür aufgehalten, sodass er wohl oder übel vor ihr vorbei musste. Besser fühlte sie sich dadurch nicht.
    Ihr Plan war es, gleich zu Oshligg zu gehen, der versprochen hatte, sie wieder nach oben zu bringen. Allein würde sie den Weg nicht finden. Sie kannte den Treffpunkt noch genau, deswegen verabschiedete sie sich direkt von dem kleinen Mann, der irgendetwas unverständliches vor sich hin murmelte. "Wiedersehen" murmelte sie nun ihrerseits und sah sich um. Er hatte nicht übertrieben. Ihr waren viel mehr Leute, hoffentlich würde sie unbeschadet zu ihrem Fähmann kommen.

  • Sie war zurück gestolpert, als Zeciass sie von sich gestoßen hatte, hatte sich mit den Händen an einem leeren Fass hinter sich abgestützt, abgefangen. Sie zitterte am ganzen Körper, als das Feuer ihre Gestalt einhüllte, doch es verbrannte sie nicht. Nichts weiter als ein angenehmes Kribbeln hinterließ es, verlosch aber schnell wieder. Doch für das Holzgefäß hinter ihr war es schon zu spät, das Feuer hatte übergegriffen, selbst wenn sie es noch nicht gemerkt hatte. Ihre Augen, welche einen Moment zuvor noch genussvoll geschlossen gewesen waren, öffneten sich träge und sahen hinab auf die Schwarzschuppe.


    Ein spöttisches Lächeln ließ ihre Lippen zucken und auch in ihren Augen war Spott zu sehen. Doch dort waren noch mehr Emotionen, welche nicht für ihren Gegenüber waren: Wut, Angst, Hass… Doch diese Emotionen waren tief verborgen hinter den Flammen, welche noch immer in ihren Augen loderten. Doch der Spott, der galt ihrem hochmütigen Begleiter. Sie beobachtete, wie er am Boden kauerte, klein und gar nicht mehr so Stolz, bevor er sich wieder aufrappelte, auf die Beine kam. Sie lehnte sich noch immer an dem Fass an, welches leicht schwelte, sah ihm entgegen


    „Tztztz.“ Die scharf ausgestoßenen Laute unterstrichen noch, was sie gerade von ihm hielt. Erelthea stieß sich von dem Fass ab, welches umfiel und nun vollends in Feuer aufging, überquerte den Abstand zwischen ihnen und tätschelte ihm die Wange. Ihre Haut war noch immer Warm, wie bei einem Fieber, aber bei weitem nicht mehr im gefährlichen Bereich.
    „Hat man dir nicht beigebracht, dass man nicht mit dem Feuer spielt?“

  • Seltsam leer lag sein Blick auf dem Flammenmädchen, das ihm vollkommen unversehrt ins Gesicht grinste. Ihre Schadenfreude drang wie eine vergiftete Klinge in seine Brust, mischte sich in seine Pein, nur um von der Dunkelheit verschlungen zu werden, die seinen Verstand überspülte. Hätte sie seine Gedanken lesen können, wäre sie vor ihm davongerannt. So jedoch... trat sie näher.


    Ihre Geste, mit der sie in diesem Moment seine Wange berührte, war ebenso lebensmüde wie einem Hai einen blutigen Arm vor die Nase zu halten. Noch während sie sprach, verwandelte sich das Zähnefletschen des Yassa'Dhar in ein strahlendes Lächeln. Seine ureigene Finsternis erhob sich in seiner Seele und stürzte sich in seinen Blick. Den anderen Hunger aus vollem Herzen begrüßend, gewährte er ihm die Kontrolle. Schnell wie der Biss einer Seeschlange, packte seine verbrannte Hand die ungeschützte Kehle des Flammenmädchens und drückte unbarmherzig zu. Der Schmerz, der dabei durch seine Haut fuhr, verging unbeachtet in der Gier, mit der seine Macht sich in sein argloses Opfer stürzte.
    Bebend vor dunkler Wut und Manie, sah Zeciass das Bewusstsein der Dai'Vaar noch kurz in ihren Augen zucken, bevor es schlagartig aus ihnen wich. Ihren noch erhitzten Körper ganz in seine Arme schließend, riss seine Dunkelheit an ihrem Lebenslicht und das scharfe Aroma des Feuers heizte seinen Hunger mit jeder Sekunde weiter an. Seine Verbrennungen heilten, doch der Wahn, mehr von ihrem lodernden Licht zu brauchen, wollte nicht schwächer werden. Ganz im Gegenteil merkte Zeciass, dass er noch tiefer in sie griff, seine Schatten um den Kern ihrer Flamme schloss, um nichts von ihrer Kraft ungenutzt zu lassen.


    Die Augen des Yassa'Dhar hatten sich geschlossen und seine Hand war auf die Wange seines Opfers gewandert, als ein irritierendes Flackern ihn den Blick heben ließ. Erschrocken bemerkte er, dass die Flammen der entzündeten Kiste auf den Berg aus morschen Leisten und Fässern übergegriffen hatten. Das aufgetürmte Gebilde zitterte, ächzte und bebte und neigte sich in diesem Moment gefährlich in ihre Richtung. Mit der Frau in seinem Arm zur Seite ausweichend, entgingen sie nur knapp dem Sturz der flammenden Trümmer, die tosend und krachend in die Nische prasselten. Auch einigen Standbesitzern war das Unheil nicht entgangen, das im Zwielicht des Nachtmarkts einem Leuchtfeuer glich. Wütende Stimmen wurden laut und Zeciass sah, dass bedenklich viele trockene Finger in ihre Richtung wiesen, während die Flammen bereits begannen, auch auf die Planen und Gerüste der Stände überzugreifen.


    Die Dai'Vaar in seinem Griff regte sich, wenn auch noch schwach, und Zeciass spielte mit dem Gedanken, sie kurzerhand auf die brennenden Trümmer zu werfen. Die Frage, ob sie auch dieses Feuer unbeschadet überstehen würde, erfasste ihn mit einer makaberen Faszination. Es stürzten jedoch immer mehr Niedere heran, die der drohenden Feuersbrunst mit Wassereimern zu Leibe rückten, sodass er sich stattdessen auf Abstand begab. Noch bevor das Flammenmädchen ganz zu sich kam, legte er sie im Schatten hinter einem der Stände zu Boden. Der Drang, ihre letzte Energie und damit auch ihr Leben zu stehlen, war gewichen, dennoch harrte er noch bei ihr aus, bis sie die Augen aufschlug. Im Dunkel mussten für sie höchstens seine langen Haare und das Weiß seiner Augen zu sehen sein, als er so auf sie hinab sah. Zeciass rührte keinen Muskel, bis er in ihrem entkräfteten Blick Erkennen aufblitzen sah, doch noch ehe sie die Kraft finden konnte, sich zu rühren oder ihn anzusprechen, trat er schweigend zurück. Er hätte sie töten können, das wusste er, aber nun würde auch sie es wissen... und das genügte ihm. Ohne noch einmal über die Schulter zu sehen, überließ er das Flammenmädchen sich selbst und kehrte zum regen Treiben des Marktes zurück.

  • Fanir hatte ihre Kaputze hochgeschlagen. Immer mehr Menschen strömten auf den Nachtmarkt um all die Waren zu kaufen, die es an der Oberfläche nicht gab. Sie schauderte, sie wollte gar nicht wissen, was hier alles gekauft wurde. Schnellen Schrittes versuchte sie sich durch die Massen zu schieben, aber bloß nicht allzu viele Menschen zu berühren. Natürlich war das ein vergebliches Unterfangen. Mehrmals wurde ihr hinterhergerufen, Waren angepriesen oder schlicht obszöne Versprechungen gemacht. Aber Fanir schlängelte sich weiter durch die Massen.
    Doch plötzlich ging ein Ruck durch die Menschen. Mehrmals hörte sie das Wort Feuer und jetzt schaute auch sie sich um. Sie war noch ein Stück entfernt von dem Punkt, an dem sie Oshligg treffen sollte, zu weit, wenn man bedachte, wie sie mitgerissen wurde, von eifrigen Helfen oder Schaulustigen. Sie wollte sich in die andere Richtung schlagen, kam aber kaum vorran. Was interessierte sie ein Feuer auf dem Nachtmarkt? Außer dass es unter der Erde brannte, war es nichts besonderes, eher gefährlich. Fanir konnte innerlich nur den Kopf schütteln, dass es wirklich Leute gab, die das begaffen wollten. Aber so waren die Menschen, dumm. Dass das Feuer sich ausbreiten könnte, daran dachten sie wohl nicht.
    Endlich, da war eine Lücke. Leichtfüßig ging Fanir darauf zu und ging schnell weiter, sie wollte die Massen schnell hinter sich bringen, nur raus aus diesem Markt. Ihre Flucht wurde schlagartig unterbrochen, als sie in jemanden hineinlief. Sie stolperte zurück und sah auf. Ihre Kaputze war durch das ganze Gedränge schon nach unten gefallen, ihr Blickfeld war also komplett frei um den Yassalar vor sich zu sehen. Ihr Herz setzte aus, als sie wusste, dass sie ihn schon einmal gesehen hatte. Und vor allem, wo sie ihn gesehen hatte.

  • Schlagartig war alles weg. Jedes Empfinden, jeder Gedanke. Sie war nichts weiter als eine willenlose Marionette in den Armen der Schwarzschuppe. Und dann langsam kamen ihre Sinne zurück. Als erstes bemerkte sie den staubigen Boden unter ihrem Körper. Dann klärte sich ihr Blick langsam, sie sah kurz noch Zeciass, bevor er aus ihrem Blickfeld verschwand. Es dauerte noch einige Momente, bevor sie sich stöhnend aufstützen konnte und die Geräusche an ihre Ohren drang. Feuer. Tja.


    Keiner eilte ihr zu Hilfe, doch damit rechnete sie auch nicht. Das hier war der Nachtmarkt, die Leute versuchten ihre Waren zu retten und nicht die Menschen, deren Leben deutlich weniger Wert war. Ihre Gedanken waren noch wirr und als sie endlich auf die Beine kam, legte sich ein Grinsen auf ihre Lippen.
    Hätte jemand auf sie geachtete, hätte dieser sich wohl gefragt, was mit der jungen Frau nicht stimmte, denn der Gesichtsausdruck wirkte wirr und verrückt. Und dann begann sie auch noch zu kichern, als sie sich langsam von der Szenerie davon schleppte.


    Oh ja, das war eine Erfahrung gewesen. Eine lebensgefährliche, wie ihr langsam bewusst wurde. Und sie musste sich eingestehen, dass sie den Yassalar vollkommen unterschätzt hatte, dass er ihr eines ausgewischt hatte. Eins zu Null wohl für ihn.
    Sie stecke die Hand in eine ihrer kleinen Taschen um zu schauen, ob ihre Beute noch da war. Oh ja, sie hatte den ihre Abendbegleitung bestohlen, gewisse andere Gelüste konnten einem doch sehr ablenken.
    Und auch wenn sie an diesem Abend verloren hatte, hatte sie auch gewonnen, auch einen kleinen Gewinn für sich gemacht. Mit einem Seufzen drängte sie sich langsam in Richtung des Steges, um sich zurück zu ziehen und ihre Beute zu begutachten.

  • Er war noch nicht weit gekommen, als er an einem Stand vorbei kam, der Schriftstücke feilbot. Der niedere Händler rief etwas von geheimen Zauberformeln und hielt dabei ein Pergament aufgespannt, auf dem seltsame Symbole schimmerten. Interessiert blieb Zeciass stehen und seine Hand wanderte zu dem Beutel an seinem Gürtel, nur um ins Leere zu greifen. Verdutzt wanderte der Blick des Yassa'Dhar hinab, doch es blieb dabei. Der Beutel war weg. „Tshiz!“, spie er hervor, denn es gab nur eine Person, die ihm nahe genug gekommen war, um ihn zu bestehlen. Der Reflex, herumzufahren und dem Flammenmädchen sein Gold aus den Taschen zu schütteln, endete in einem Zusammenstoß mit einer Niederen.


    Verärgert zog Zeciass die Stirn in Falten und nur der Schock auf dem Gesicht der Frau besänftigte seinen Unmut. Etwas an ihr war vertraut und plötzlich wusste er wieder, wo er diese grünen Augen schon einmal gesehen hatte. Sich ganz zu der Dai'Vaar drehend, entspannten sich seine Gesichtszüge. „Sag mir nicht, du bist mir gefolgt“, richtete er sein Wort an die Niedere, die ihm auf dem Fest so knapp durchs Netz geschlüpft war. Das Lächeln in seinem Mundwinkel wirkte verschmitzt, doch in seinen Augen lauerte gut verborgener Ärger. Hätte sie ihm den Fluch ihres Volkes nicht verschwiegen, wären ihm viel Schmerz und Schande erspart geblieben.

  • Fanirs Gesicht färbte sich rot. Ob sie dabei nur aussah, als wäre sie kurz draußen gewesen an einem kalten Tag oder ob sie dabei aussah wie eine Tomate, das war ihr egal. Die Tatsache allein war schon schlimm genug und dass er sie auch noch ansprach machte es nicht gerade leichter für sie. Ihr Herz schlug schnell, gerne hätte sie sich einfach umgedreht und wäre gegangen, aber leider musste sie in eine andere Richtung und noch dazu waren hinter ihr zu viele Leute damit beschäftigt das Feuer zu löschen.


    Also versuchte sie ihn nicht direkt in die Augen zu sehen und antwortete: "Nein... nein, keineswegs... ich ... ich hatte Geschäfte zu erledigen" Die Tatsache, dass sie sich beide hier wiedertrafen, war schon seltsam, aber ihn zu fragen, das würde sie sich nun niemals trauen! Ihr Kopf arbeitete, wie sie am besten aus der Situation hinauskommen konnte, aber ihr fiel keine Möglichkeit ein. Also sah sie weiter auf den Boden und hoffte das er das Interesse an ihr verlierte. Lange sollte das ja nicht dauern. Unwillkürlich strich ihre Hand über ihren kleinen Beutel mit dem Geld des Rattenfängers. Wenigstens war das ihr nicht bei ihrem Zusamenprall verloren gegangen.

  • Das Gesicht der Dai'Vaar hatte eine bedenklich rote Farbe angenommen, sodass Zeciass sie argwöhnisch musterte. Hoffentlich würde sie sich nicht gleich selbst entzünden wie ihre Verwandte. Ihre gestammelten Worte waren uninteressant, doch dass es ihr unmöglich schien, seinem Blick zu begegnen, amüsierte ihn. Der gesenkte Kopf und die schmächtige Statur erinnerten ihn daran, warum er eine so vielversprechende Beute in ihr gesehen hatte. Sie war eine Niedere ganz nach seinem Geschmack.


    „Du hattest Geschäfte... also hast du jetzt Zeit“, schlussfolgerte Zeciass entschieden , ergriff ihren Arm und zog sie beim Weitergehen schlichtweg mit. „Das trifft sich gut, denn ich habe Fragen und zufälligerweise...“ Kurz wanderte sein Blick über die Schulter zurück. „...bist du genau die Richtige, um sie mir zu beantworten.“

  • Perplex starrte Fanir auf ihren Arm, den der Yassalar umklammert hielt. Gerne hätte sie sich gewehrt, denn sie lies sich nur unfreiwillig mitziehen. Aber dafür brachte sie nicht den Mut auf. Und was sollte das heißen, dass sie diejenige war, die ihm Fragen beantworten konnte? Das konte sie sicher nicht! Sie war doch ein Niemand, ein Nichts! Sie wusste nichts und das war auch gut so, dann wurde sie nämlich nicht so über den Nachtmarkt geschliffen wie gerade.


    Die Kundschaft auf dem Markt schien es nicht zu stören, ein paar verwirrte Blicke begegneten ihnen, aber Fanir hatte das Gefühl, selbst wenn sie um Hilfe geschrien hätte, würde niemand eingreifen, also versuchte sie mit dem Yassalar schrittzuhalten um nicht hinzufallen. Leicht war es trotzdem nicht. "Was für Fragen? Ich weiß von nichts!" Dass das gerade nach einem Schuldeingeständnis klang, dessen wurde sie sich erst bewusst, als sie es ausgesprochen hatte.

  • Zeciass tat so, als habe er ihre Stimme im Gewühl der Leute überhört und tatsächlich wurde das Gedränge auf dem Rückweg so dicht, dass er so manchen schmerzhaften Griff anbringen musste, um eine begehbare Lücke zu schaffen. Dabei war das Feuer inzwischen so gut wie gelöscht.


    Als sie endlich dort ankamen, wo er das Flammenmädchen zurückgelassen hatte, war dieses bereits verschwunden. Mit einem unwilligen Knurren dachte Zeciass an seine zwölf Golddukaten und die zwei reinweißen Perlen. „Tshiz var!“, stieß er ärgerlich hervor und seine Hand schloss sich noch fester um den schlanken Arm seiner Begleitung. Zeciass bemerkte es und lockerte seinen Griff rasch, denn er hatte nicht vor, ihr ein Leid zu tun. Ohne ein Wort der Erklärung zog er den Rotschopf mit sich aus dem Halbdunkel, neben den Stand und damit wieder ins Fackellicht zurück. Die eigenwillige Auslage des Händlers bestand nur aus getrocknetem Getier, dennoch musterte der kauzige Niedere sie so misstrauisch, als säße er auf einem uralten Muschelriff.


    Der Yassa'Dhar fletschte die Zähne in seine Richtung, was den Händler zumindest davon abhielt, sie weiter unverhohlen anzustarren. Erst jetzt ließ Zeciass die Dai'Vaar los und betrachtete sie nachdenklich. Kurz darauf kratzte er sich mit einem sympathischen Lächeln an der Wange. „Nicht die beste Art und Weise, ein Gespräch zu beginnen“, seufzte er. „Aber in dieser Nacht scheint mir eh nichts zu gelingen. Ich hoffe, ich habe dir eben nicht weh getan.“

  • Wo wollte der Yasalar nur hin? Sie waren ein Stück entfernt von dem Punkt, wo das Feuer gewesen war, inzwischen war es wohl wieder gelöscht. Dennoch schien sich der ganze Nachtmakrt nur auf dieser Stelle zu befinden und ein ums andere mal mussten sie sich durch die Massen quetschen. Was für Fanir kein Problem gewesen wäre, so lief ihr Leben immer ab, unscheinbar von den anderen lief sie an ihnen vorbei. Aber dabei hielt kein Yassalar ihren Arm umklammert und zog sie wer weiß wohin.


    Sein Griff wurde plötzlich fester und Fanir hatte Angst, doch etwas falsch gemacht zu haben, und dass das ihr Ende war. Wieso war sie nur auf dem Nachtmarkt gekommen? Natürlich hatte sie das Geld gebraucht, aber bestimmt hätte es auch ohne weitergehen können. Irgendwie. Darin war sie doch geübt, aber nein, sie musste sich unbedingt beweisen. Wem denn? Sich selbst? Hatte sie das nicht schon längst aufgegeben?


    Sie blieben stehen und er lies endlich ihren Arm los. sie schüttelte ihn und ballte die Hand immer wieder zur Faust um wieder Blut in die Hände zu bekommen. Das er stark war hätte sie ja noch erwartet, aber so? Bei seiner Frage zuckte sie zusammen. War das so offensichtlich gewesen? Was sollte sie bitte antworten? Sie wurde rot und stammelte: "Nein, ...nein...geht schon", auch wenn das eine Lüge war. Sie spürte seinen Griff immer noch. Ein Blick in seine Augen reichte um sie komplett zu verwirren. Er lächelte. Und es schien nicht gespielt zu sein. Was war hier los?

  • Langsam nickend, behielt er die Rothaarige nach ihrer Antwort im Blick, bevor er zur Seite sah und wachsam den Strom der zwielichtigen Marktbesucher verfolgte. So gut wie alle trugen Masken oder verhüllten sich auf andere Weise, um nicht erkannt zu werden, was Zeciass dazu veranlasste, abwägend zu seiner Niederen zurückzuschauen. Seine Ausstrahlung kostete sie offenbar ihre Fassung. Den Abstand zu ihr mit einem einzigen Schritt überwindend, griffen seine Hände um ihre Schultern herum und bekamen ihre zurückgeschlagene Kapuze zu fassen. Wortlos hob er den braunen Stoff und deckte ihn langsam über ihren Kopf, sodass ein entfärbender Schatten ihr über Gesicht fiel. „Du bist zu leichtsinnig“, erklärte er ernst. „Es gibt hier genug niederen Abschaum, der dich allein dafür töten würde, dich mit mir gesehen zu haben.“


    Zeciass behielt seine Finger noch für einen Moment an dem dichten Gewebe und forschte dabei in ihren Augen, welche Reaktion seine Worte und seine unmittelbare Nähe in ihr auslösen würden.

  • Plötzlich machte er einen Schritt auf sie zu. Ihr Herz setzte aus und gerne hätte sie die Augen zusammengekniffen nur um ihren Ende nicht in die Augen sehen zu müssen, aber das konnte sie nicht, sie sah ihn weiterhin in die Augen. Wohl einer der größten Fehler, den sie je getan hatte. Zuerst dachte sie, er würde seine Arme auf ihre Schultern legen, aber griff um sie herum zu ihrer Kapuze um sie ihr aufzusetzen. Ihr Herz schlug schneller, aber sie konnte es sich nicht verkneifen erleichtert auszuatmen, als doch nichts schlimmes passierte. Recht hatte er ja leider, aber es gab bestimmt auch genug "Abschaum", wie er es nannte, die sie nur töten wollten, wenn sie wussten, dass sie eine Dai'Vaar war.


    Seine Hände lagen für ihren Geschmack zu lange an ihrer Kapuze und gerne hätte sie einen Schritt nach hinten gemacht um sie loszuwerden, aber sie traute sich nicht. Sie schaute ihm weiter in die Augen. Warum sah sie nicht endlich weg? Die Situation war viel zu gefährlich, aber trotz ihren hohen Adrenalinspiegel und trotz dass ihr Herz viel zu schnell schlug konnte sie nicht einfach gehen. Sie stand kurz davor, auf seine Worte eine Entschuldigung zu murmeln, aber sie konnte sich zurückhalten. Gerade so, aber vielleicht zu ihren Glück. Sattdessen nickte sie leicht und verfluchte sich selbst dafür.

  • Die Hände des Yassa'Dhar senkten sich langsam und ein Ausdruck, der entfernt an Wohlwollen erinnerte, zeichnete sich in seiner Mimik ab, als er sich wieder einen Schritt zurückbewegte. Zeciass ließ der jungen Frau jedoch keine Zeit, um auf andere Gedanken zu kommen, sondern streckte ihr ruhig seine Hand entgegen. Die Handfläche zeigte nach oben, sodass die Geste auf erstaunliche Weise jener glich, mit der er ihr am See seine Hand angeboten hatte. „Ich weiß, dass eine Dai'Vaar wie du Flammen auf ihrer bloßen Hand erschaffen kann“, sprach Zeciass mit gesenkter Stimme, von der er wusste, dass sie sowohl beruhigend als auch beschwörend klang. „Du brauchst es mir nicht zeigen, aber beschreib mir, wie es sich anfühlt. Wie ist es, ein solches Feuer in Händen zu halten?“


    Er hatte an ihrem Verhalten gemerkt, dass es vor allem seine Augen waren, denen sie nur schwer widerstehen konnte und so versuchte Zeciass auch jetzt, ihre Aufmerksamkeit ganz in seinem Blick zu bannen. „Es fasziniert mich sehr. Erklär es mir“, fügte er mit einem Lächeln hinzu, das verlockender kaum sein konnte.

  • Kurz sah sie auf seine ausgestreckte Hand. Einen kurzen Moment gab es in ihr etwas, was ihre Hand gerne auf seine gelegt hätte, aber im letzten Moment konnte sie sich zurückhalten. Ihre Blicke begegneten sich wieder und seine Worte verwirrten sie. Woher sollte er denn das wissen...? Damals am See hate sie nichts davon erwähnt, also musste er nochmal mit einer oder einem Dai'Vaar zutun gehabt haben oder jemanden der sich auskannte. Ohne auch nur einmal nachzudenken beschloss sie ihm zu antworten. Aber die Frage war was?


    Ihr Mund öffnete sich und schlosss ich wieder, ohne dass ein Ton über ihre Lippen kam. Was sollte sie denn bitte sagen? Sie sah zu Boden, von seinem Blick hatte sie sich vielleicht gelöst, aber nicht von dem Bann der scheinbar auf ihr lag. "Ich weiß es nicht... Ich kann das nicht." Ihre Stimme war leise, aber sie war sich sicher, dass er sie hören konnte. "Einmal ist es mir bisher passiert, aber... ich weiß nicht warum." Sie sah ihn wieder in die Augen. "Es war... beängstigend. Aber auch warm." Sie schüttelte den Kopf. Sie war froh, dass es ihr bisher nur einmal passiert war.

  • „Beängstigend und warm“, wiederholte Zeciass die zaghafte Beschreibung der Dai'Vaar dunkel, schloss dabei langsam die Finger seiner ausgestreckten Hand zur Faust und wirkte keinesfalls enttäuscht, sondern umso faszinierter. Die Schwärze in seinen Augen wurde noch tiefer, während sein Lächeln ungetrübt blieb. „Wie ist es mit dem Entflammen deines ganzen Körpers?“, führte er mit ruhiger Stimme seine Befragung fort.


    Sie war nervös, das war ihr anzusehen. Zeciass konnte es ihr nicht verdenken. Schon am See hatte ihre Unsicherheit seinen Jagdinstinkt geweckt und auch jetzt genoss er ihre Blicke, die sie kaum von ihm lösen konnte. Wenn er sich doch nur an ihren Namen erinnern könnte...

  • Der ganze Körper? Sie wurde nur noch nervöser. Was war das hier? Eine Befragung? Was passierte wenn sie die falsche Antwort gab, die, die er nicht hören wollte? Daran wollte sie gar nicht erst denken...


    "Wie gesagt, es ist mir nur einmal...bewusst passiert" Sie hatte den verdacht, dass ihre Nähe zum Feuer sie die ein oder andere Nacht gerettet hatte, aber dessen war sie sich nicht sicher. Er wollte etwas über die Flammen wissen, die sie schon bei anderen Dai'Vaar gesehen hatte. "Ich war in der Scheune ...und sollte etwas Stroh holen und... Ich war so wütend, weil ich ohne Abendessen ins Bett geschickt worden war, am Tag davor..." Undeutlich erinnerte sie sich an ihre Wut und ballte die Hände zu Fäusten. Wenn ihre Geschwister hier wären, was würde sie ihnen nicht alles sagen wollen! Und sich dann eh nicht trauen. "Es ... es kam ganz plötzlich. Auf einmal stand alles in Flammen und ich konnte mich gerade davor retten." Sie sah in seine Augen. Hoffentlich war das die Antwort, die er gesucht hatte. "Ich habe es nicht wieder versucht. Ich konnte nicht."

  • Autor: Klivv



    “Getrocknete Pulver von die Flattrmaus!“, krächzte die alte Vettel, nachdem sie einen kleinen Schluck ihres Stimmwässerchens genommen hatte, mit durchdringender Stimme. Das Zeug war schon reichlich alt und es war höchste Zeit, dass sie es loswurde. Eines der Säckchen hatte ihr sogar schon zu schimmeln begonnen… Nun, sie würde eben bald neues besorgen müssen. Ihr Lieferant verlangte gerade einmal fünf Pfenning pro Pfund und dass es sich dabei um einen Rattenfänger handelte störte sie nicht im Geringsten. Solange ihre Kunden darauf hereinfielen… äh damit zufrieden waren, wollte sie denken, war sie es auch. “Iste gut für glanzende Auge unde feines Haut.“


    Das Mütterchen war sehr stolz auf ihren gepflegten ausländischen Akzent. Tatsächlich enthielt er etwas von so ziemlich allen Mundarten, die in der Stadt zu hören waren, und hielt so für jedermann eine gewisse Mischung aus vertrauten um exotischen Klängen bereit. Man musste den Kunden schließlich etwas bieten, das hatte sie früh gelernt. Es war wohl etwa zu der Zeit gewesen, als ihr auch aufgefallen war, dass sich aus einer Hakennase und einem schielenden Blick durchaus Kapital schlagen ließ…


    “Wolle Sacklein für Liebste kaufe?“, krächzte sie geschäftstüchtig in das nächste Ohr, ohne dass ihr auffiel wie dunkelgeschuppt die dazugehörige große Gestalt war. Seit einigen Jahren nahm sie die Welt um sich herum ohnehin nur noch sehr schemenhaft wahr.

  • Hinter Zeciass breitem Kreuz räusperte sich jemand. Einmal. Zweimal.


    "Entschuldigung, könntet ihr vielleicht einen Schritt...!" Die Frau, die Fanir und Zeciass Unterhaltung störte machte eine ausladende Bewegung zur Seite. Doch niemand reagierte.


    Tara hatte sich gleich von der Höhle des Rattenfängers auf zum Nachtmarkt gemacht. Warum sollte man eine Besorgung auch aufschieben? Andere Pläne hatte sie für den heutigen Tag ja sowieso nicht.


    Dummerweise bedeutete das auch, dass ihre Steinschlagpistole mit der letzten Ladung Schießpulver, die sie noch hatte, gefüllt war. Es war also besser, wenn sie heute ausnahmsweise auf dem Nachtmarkt mal nicht in Schwierigkeiten geriet. Da ihre rote Mähne aber sonst bereits von weitem "Schwierigkeiten" zu rufen schien, hielt sie ihr Haar weiterhin unter dem dunklen Kopftuch versteckt.


    Der Schwarzschuppige schien sie noch immer nicht zu hören. Kein Wunder, so wie das Kräuterweib um sich spie.
    "Entschuldigung!!" Sprach die Piratin noch einmal im energischen Tonfall und tippte dieses Mal dem Mann, der nicht viel größer war als sie, auf die Schulter.

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