Am Mondenteich

  • Kaera beobachtete eine Szene in den schwarzen Schemen, was sie an ein Erlebnis erinnerte, welches sie erlebt hatte. Es war ein Trainingskampf. Doch sie wusste genau, dass diese Kämpfenden unmöglich hier sein konnten. Erneut schüttlete sie den Kopf. Sie musste sich konzentrieren.
    Tatsächlich konnte sie den Blick lösen, als der Yassalar die Frau fallen ließ. Offensichtlich sah er in den Schemen ein Bedrohung. Der junge Mann, der niedergekniet war, reagierte schnell und zog die Frau ans Ufer. Kaera war nicht sicher, dass der Yassalar noch lange abgelenkt sein würde, doch sie wollte jetzt etwas tun.
    Also kniete sie neben der Frau nieder, strich ihr ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht und flüsterte: "Jetzt wird alles gut..." Die Nymphe beugte sich über sie und horchte auf ihren Atem. Gleichzeitig fühlte sie den Puls am Handgelenk der Frau. Zwar war dieser etwas schneller als gewöhnlich, doch er fühlte sich kräftig und gleichmäßig an. Kaera atmete auf. Die Frau war nicht mehr in Gefahr, doch es war besser, wenn sie jetzt erwachte. "Bitte, ihr müsst jetzt aufwachen, damit wir von hier verschwinden können", flüsterte sie der Frau zu und drückte ihre Hand.

    Nutze die Talente, die du hast,
    die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen. :stern:


    Henry van Dyke

  • Es wollte ihm nicht gelingen, den Schattengestalten auch nur ein Stück näher zu kommen. Mit jedem Schritt, den er näher an eine der Erscheinungen herangelangte, schien diese ebenso weit von ihm abzurücken. Der Zauber, der ihn erfasst hatte, entfaltete noch immer seine Wirkung, während dessen Urheber die Nymphe durchs Wasser und an Land zog. Erst, als die Trugbilder sich aufzulösen begannen, erkannte Zeciass sie als das, was sie wirklich waren. Der verklärte Ausdruck wich von den Zügen des Yassa'Dhar und machte Verwirrung Platz.


    Etwas war geschehen und sein Verdacht, dass ihn ein Zauber getroffen hatte, wurde rasch zur Gewissheit. Nicht nur war Amelie plötzlich aus seinem Griff verschwunden, auch sein Standpunkt zum Ufer hatte sich ohne seinen Willen verändert.
    Bei den Niederen entdeckte Zeciass kurz darauf die völlig durchnässte Nymphe. Verbissen die Luft ausstoßend, musterte er den Niederen, dessen Kleidung ebenfalls durchweicht war. Er hatte ihm die Nymphe entrungen. Sein Niederknien hatte nur der Täuschung gedient.


    Mit zornig geballten Fäusten dastehend, wurde die Mimik Yassa'Dhar berechnend. Sein finsterer Blick streifte Amelie, ehe er sich jedes äußerliche Detail der anderen Niederen einprägte, die sie umgaben.

  • Ein letztes Mal riss Tamrin mit aller Gewalt an den schmalen Schultern und die Nymphe kam auf dem Ufer zu liegen, nur die Füsse noch auf Höhe der Wasserfläche. Der Schwung ließ ihn erneut rückwärts taumeln, er fing sich jedoch, blieb auf den Beinen und presste einen Moment lang die Hände auf seine nassen Knie, um mit gesenktem Kopf wieder zu Atem zu kommen und seiner eigenen Anspannung und Angst wieder Herr zu werden. Zum Glück reagierte die fremde Frau unverzüglich und kümmerte sich um die Bewusstlose. Tamrin sah zu Tári, die unweit neben ihm stand. "Tári ? Deine Tanzlehrerin !" etwas eindringlicher und lauter "Tári !!"


    Der Blick des jungen Mannes suchte beim Aufrichten den Meereselfen. Die nervöse Unruhe kehrte schlagartig zurück, als er dessen eisigen Blicks gewahr wurde und die drohend zusammen geballten Fäuste sah. Abermals hob er beschwichtigend seine Hände. "Nur helfen!", keuchte er bittend in der Allgemeinsprache. Wenn doch Tári nur mit dem Mann reden könnte, dachte er verzweifelt....

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    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Die tanzenden Schemen lösten sich einfach auf. Die Halbelfe konnte es nicht verhindern.. In größter Verwirrung starrte Tári in die Leere, die das seltsame Schauspiel hinterlassen hatte. Ganz langsam löste sie ihre Augen von der Stelle und begann sich umzublicken. Was tat sie hier? Standen Tamrin und sie nicht gerade noch nahe der Tanzfläche und er hatte sie in seinem Arm gehalten um ... um zu üben...?
    Ihre Augen streiften die Anwesenden Personen und auch versuchte sie die Umgebung neu zu erfassen. Nur ganz langsam sickerte die Erinnerung in ihr Bewusstsein.
    Das Licht, welches ihr junger Begleiter gesehen hatte ... sie gingen ihm nach und hier trafen sie auf den Yassalar und er hatte Amelie auf seinen Armen.
    Ihre Gedankengänge waren so unerträglich langsam unterwegs und auch Tamrins Worte drängen nicht sofort zu ihr durch. Was war das nur gewesen...?
    Tári riss den Kopf herum und schüttelte ihn einmal kräftig. Amelie lag am Boden und die fremde Frau kümmerte sich bereits um sie. Sie schien Fachkundig zu sein. Tári schloss zu ihnen auf. "Amelie!", sprach sie den Namen der zarten Tänzerin aus. Ihre Augen suchten sie ab. Keine offensichtlichen Wunden ... aber der Blutgeruch von zuvor? Einen Moment blieb ihr Blick an dem zierlichen Hals von Amelie hängen. Dort hatte sie leichte Verfärbungen, hatte jemand sie etwa gewürgt...? Tári schnaubte missbilligend. Hoffentlich konnte die Fremde mit den kundigen Fingern ihr helfen. Die Halbelfe wand den Blick. Tamrin versuchte den Schwarzhäutigen zu beschwichtigen, ihr Blick suchte nun jenen. Er sprühte vor Zorn und sogleich klingelten ihre Sinne wieder warnend. Sie knurrte ihn an. "Wenn es Euch wirklich um die Frau geht, dann lasst es gut sein. Was auch immer vorgefallen sein mag, ihren Zustand hat sie Euch zu verdanken. Nicht wahr?"

  • Das Geblubber der Niederen perlte von ihm ab, während sich die kampfbereite Körperhaltung des Yassa'Dhar entspannte. Der richtige Moment zur Rache würde sich rasch nähern, wenn er sich für eine Weile im Schatten treiben ließ.


    Wortlos trat er zurück und sein Eintauchen ins dunkle Nass war kaum hörbarer als ein entferntes Flüstern. Sollten sie nur glauben, er habe sie ziehen lassen...

  • Nein ... Nicht ... jaulte es in Tamrin auf als das drohende Knurren aus Tári's Richtung auf seine gereizten Sinne traf. Das konnte sie doch nicht machen, sah sie denn nicht auch, dass sie diesem schwarzen Elfen in dieser Situation - unbewaffnet und mit einer Ohnmächtigen - hoffnungslos unterlegen waren ? Die Worte flossen unverständlich an seinen Ohren vorbei, Tamrin war wie erstarrt und sein Blick nur auf den Yassalar geheftet.
    Seine Augen wurden groß als der sich mit einer fließenden Bewegung abwandte und verschwand, das leise Glucksen des Wassers ahnte Tamrin mehr als dass er es wirklich hörte. Ungläubig sah er auf die Stelle, an der nur noch in Unruhe geratene kleine Wellen verrieten, dass dort gerade eben noch jemand gestanden hatte.
    Er war verschwunden.
    Fast hätte Tamrin hysterisch aufgelacht. Er war wirklich weg.
    Wirklich ?
    Mit zitternden Knien überwand er die kurze Distanz zu den beiden Frauen und der ohnmächtigen Tanzlehrerin. Bis eben hatte Tamrin einfach gehandelt, ohne nachzudenken - jetzt kroch unerbittlich der Schock in seinen Gliedern empor. "Wir müssen hier verschwinden." mahnte er eindringlich an Tári's Adresse, an Beleriarnai war gerade nicht zu denken. "Sofort!" Unruhig gingen seine Augen zwischen der Fremden, der liegenden Amélie und dem Wasser hin und her. "Ist sie außer Gefahr ? Kann sie getragen werden ?" fragte er nervös. Es zog ihn zurück zum Fest. Dorthin, wo viele Leute waren. Gerade boten sie den Schutz, nach dem es ihn verlangte.

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    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Fest hatte die Halbelfe ihren Blick auf den Schwarzhäutigen gerichtet, welcher sich ohne ein weiteres Wort in das dunkle Nass zurückzog. Seine Bewegungen waren so geschmeidig und fast komplett Geräuschlos, dass Tári noch eine Weile auf die dunkle Wasseroberfläche starrte. Erst als sich ihre Sinne etwas beruhigt hatten und sie nicht ständig mit der Botschaft an Gefahr bedrängt wurde, atmete sie tief durch und sah Tamrin an, der lieber bereits Meilen weit von hier weg sein wollte. Auch ihr Herz raste und sie hatte ihren Herzschlag nun überdeutlich in den Ohren. Aber der junge Mann hatte Recht, es wäre am Besten diesen Fleck so schnell als möglich zu verlassen. "Mhm.", stimmte sie Tamrin zu und wand sich an die Fremde. In möglichst ruhigen Sätzen wollte sie dann von der fremden Frau wissen, was Tamrin schon gefragt hatte. So ließ Tári sich versichern, dass Amelie - ihre Tanzlehrerin - nicht in Lebensgefahr schwebte und stabil genug war um getragen zu werden. "Es sieht alles gut aus.", meinte sie dann zu Tamrin. Wir können sie von hier fort bringen. Ihr Blick kehrte zu der ruhigen Wasseroberfläche zurück.

  • Tamrin folgte mit den Blicken dem Austausch der beiden Frauen. Er musste an sich halten, um nicht ungeduldig von einem Bein auf's andere zu treten. Was redeten die denn noch so lange ? Davon war doch mindestens die Hälfte überflüssig, da war er sich sicher.
    Endlich sprach Tári zu ihm, was er hatte hören wollen. Die fremde Frau kontrollierte derweil gewissenhaft noch einmal den Zustand der zarten Nymphe, bevor sie etwas zur Seite trat und Tamrin dabei half, den immer noch willenlosen Körper auf die Arme zu nehmen. Es scherte ihn nicht, dass Amélie's nasse Kleidung nun auch seine eigene Oberbekleidung noch durchfeuchtete - Hauptsache, sie kamen jetzt endlich fort von hier. Als Ausgleich dafür schien die Tanzlehrerin beinah nichts zu wiegen. Tári starrte noch immer auf die Stelle im Wasser, wo der dunkle Meereself verschwunden war. "Tári ?" sprach er sie an. "Kommst Du ?" und registrierte erleichtert, dass die andere Frau ihm bereits aufmerksam die Blätterranken zur Seite hielt, damit er mit der Bewusstlosen leichter hindurch treten konnte. Scheu lächelte er sie an. "Danke!" Seine Zunge erinnerte sich inzwischen wieder an die noch fremde Sprache. Die Fremde antworte, aber Tamrin schüttelte nur bedauernd den Kopf und hob die Schultern, so gut das mit der Frau auf den Armen eben ging. Sie schien zu begreifen und ergriff nickend seinen Ellenbogen, um ihm die Richtung zu weisen. Tamrin war froh, dass sie da war. Sie schien zu wissen, was sie wollte und was sie tat und das beruhigte seine Nervosität mehr als alles andere es gekonnt hätte. Er folgte ihr zurück auf die Musik und die Lichter zu.

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    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Stimmen drangen an ihre Ohren. Jemand schien sich um sie zu kümmern und sich zu sorgen. Mit geschlossenen Augen versuchte sie zu lauschen und erkannte darunter Táris Stimme. Und der Andere musste Tamrin sein. Langsam sickerten die Erinnerungen in Amelies Kopf zurück. Sie waren am Mondenteich. Der Yassalar - oder was auch immer er war - hatte sie angegriffen und ihrer Sinne beraubt.


    Und dann hob sie jemand auf seine Arme. Doch es waren nicht die des Schwarzen. Nein ... Langsam öffnete sie ihre Augen und erkannte das Blätterdach über sich. Jemand hatte es beiseite geschoben und Tamrin trat hindurch. Die Musik des Festes war wieder deutlicher zu vernehmen. Scheinbar wollte er sie dorthin zurück tragen.

  • Der Yassalar war wirklich verschwunden und die Wasseroberfläche blieb ruhig. Auf Tamrins Aufforderung hin ging sie ein paar Schritte rückwärts. Kein Yassalar und keine Schemen mehr. Unter dem Vorhang aus Blättern hielt sie ein weiteres Mal inne und versuchte zu verstehen, was diese Schemen wohl gewesen sein mochten. Wie sie so dahingetanzt waren ..... Was war das nur gewesen ? Der Schwarzhäutige, welcher im See verschwand, vielleicht? Der Ort blieb ruhig und irgendwie unglücklich zurück. Vorsichtig ließ Tári den Blättervorhang hinunter gleiten und machte sich eiligen Schrittes der Fremden und Tamrin, welcher ihrer Tanzlehrerin auf den Armen hatte, hinterher. „Geht es?“, wollte sie dann von dem jungen Mann wissen. „Hat sie sich schon bewegt?“ Immer wieder huschten ihre Augen noch zu dem eigentlich wunderschönen Baum zurück.

  • Der Rückweg hatte beinah etwas Unwirkliches. Die bezaubernde Nymphe auf den Armen, die Fremde, die selbst im spärlichen Licht unter dem Blätterdach nicht minder berückend erschien und ihn federleicht berührte und so durch die Dunkelheit geleitete. Fort von der Stelle, an der es ihm eben noch so brandgefährlich erschienen war wieder zurück dorthin, wo sich alle fröhlich und ausgelassen amüsierten, völlig ahnungslos von der dramatischen Szene, die sich unweit von Tanz und Fest abgespielt hatte. Fast etwas hilfesuchend sah Tamrin sich nach Tári um. Sie markierte für ihn gerade den einzigen vertrauten Punkt inmitten all des Geschehens und es tat ihm gut, ihre Stimme unmittelbar hinter sich zu hören. "Nein, bewegt glücklicherweise nicht." Er blickte auf das aparte Gesicht hinunter. "Aber ich glaube, sie hat die Augen geöffnet." gab er dann frohen Mutes weiter.
    Nach einigen weiteren Schritten erreichten sie die ersten Feuer wieder. Die Fremde schenkte ihm ein wunderschönes Lächeln, welches Tamrin's Blick etwas länger gefangen hielt als nötig und deutete auf eine Bank in Nähe. Nah genug am Fest und vom Schein der Fackeln dezent beleuchtet - aber noch weit genug entfernt vom lebhaftesten Trubel, um nicht sofort Aufmerksamkeit zu erregen. Tamrin nickte überdeutlich und steuerte sie gemeinsam mit der Fremden an. "Ja." konnte er Tári nun auch bestätigen. "Sie ist wieder zu sich gekommen, glaube ich. Kannst Du Ihr sagen, dass wir uns erst mal dort auf der Bank niederlassen. Vielleicht möchte sie etwas zu trinken ?" bat er Tári um Hilfe. "Oder doch besser einen Heilkundigen ?"

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    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Tári sagte etwas, das sie nicht verstehen konnte und Tamrin antwortete ihr. Vorsichtig versuchte Amelie, sich aufzurichten. "Tári?", erklang ihre heisere Stimme. "Ist er weg?" Sie drehte den Kopf in Richtung der Weide, um nach dem Yassalar Ausschau zu halten. Doch weit und breit war nichts von ihm zu sehen. Und dennoch hatte die Nymphe das Gefühl, nicht schnell genug von diesem Ort fort zu kommen.


    So rutschte sie schließlich von Tamrins Armen, um selbst gehen zu können, hielt sich aber an ihm fest, da ihre Beine immer noch schwach waren.


    So humpelte sie langsam an Tamrins Seite zu der Bank, welche ganz in der Nähe stand, um sich darauf nieder zu lassen. "Ich danke Euch. Wenn Ihr nicht gekommen wärd ..." Doch an dieser Stelle brach Amelie ab. Darüber wollte sie nun wirklich nicht nachdenken.

  • Mit jedem Schritt von dem sie sich dem See entfernten wurde der jungen Frau etwas leichter. Auch wenn sie sich dem fröhlichen Fest immer weiter näherten blieb die leise Sorge, ob Amelie diesen Vorfall unbeschadet überstanden hatte. Es war nicht viel Zeit die verging bis Tamrin antwortete und dennoch kam es ihr lange vor.
    Seine Worte brachten dann doch leise Erleichterung mit sich und bald schon erklang auch die Stimme ihrer Tanzlehrerin. „Ja.“, antwortete sie ihr ruhig. „Er ist weg, es wird alles gut.“ Amelie erholte sich so rasch, dass Tamrin sie absetzen konnte und sie sogar die wenigen Schritte zu einer Bank bereits wieder selber lief oder humpelte, aber auch das würde sich sicher schnell wieder geben.
    Ohne die Aufmerksamkeit ihres jungen Begleiters, wüsste Tári nun nicht wie es sonst wohl für Amelie ausgegangen wäre. Sie hatte das Licht nicht gesehen und war nun sehr froh, dass sie nachgesehen hatten.
    Tári griff dann die Fragen von Tamrin auf und sah Amelie, noch immer mit leiser Sorge an. „Ihr braucht Euch nicht zu bedanken. Hauptsache Ihr erholt Euch schnell wieder.“ Tári lächelte sie leicht an. „Braucht Ihr etwas Amelie? Etwas zu trinken oder sollen wir doch lieber nach einem Heiler Ausschau halten?“

  • Tamrin kam beinah ins Straucheln als sich die Tanzlehrerin unverhofft zu bewegen begann. "Nicht! Vorsicht!" murmelte er erschrocken während er leicht schwankend nach seinem Gleichgewicht suchte. Die Nymphe sagte Tári's Namen und stellte eine Frage, zappelte dann wieder mehr und Tamrin sah sich genötigt, ihren Halt aufzugeben und sie so gut er es vermochte wieder auf die Füße gelangen zu lassen. Von hinten sprach Tári Worte in Beleriarnai, zu schnell, als dass Tamrin mehr als einzelne Worte wie 'er', 'es' oder 'alles' verstehen konnte. Und vielleicht konnte er sich auch nicht richtig konzentrieren, denn während Amelie sich Halt suchend an seinen Arm klammerte, stieg ihm der süße Duft ihres Haares in die Nase. Fürsorglich legte er den Arm um sie und so bewältigten sie die letzten Schritte bis zu der anvisierten Bank recht gut. Fast widerstrebte es Tamrin, die zarte Frau los und auf der Bank Platz nehmen zu lassen. Er verstand nicht, was sie zu ihm sagte. Aber es spielte keine Rolle. Ihre Stimme war pure Melodie und er hätte ihr stundenlang zuhören können. Tári sprach zu Amelie und Tamrin machte ihr automatisch etwas Platz - die strenge Vernunft, dem Platz zu schaffen, der besser helfen konnte, besiegte das flüsternde Verlangen, nah bei Amelie zu bleiben. Sie brauchte Hilfe!


    Misstrauisch und mit steiler Falte in der Stirn wich Tamrin gleich noch ein paar Schritte zurück.
    Lagen seine Nerven noch blank wegen dem Geschehen ? Oder war das etwa diese Nymphenverführung, von der Tári gesprochen hatte ? Auch bei der dritten Frau dann ? Heimtückisch geradezu. Und er fühlte es immer noch verlangend in ihm pochen - obwohl er sich nun doch darüber klar geworden war. Amelie war immer noch ein bezaubernder Anblick, obwohl die Geschehnisse die äußere Erscheinung ziemlich ramponiert hatten, aber das ..... dieses unerklärlich starke ...... Tamrin's hilfloser Blick suchte Tári, die lächelnd und warmherzig auf Amelie einsprach ... und vor ihrem Lächeln verpuffte die seltsame Anziehung, die er gespürt hatte. Tári war so ......... Tamrin's Züge entspannten sich und er löste seine verkrampfte Haltung, die ihm erst jetzt wirklich bewusst wurde. Sein Herz machte einen erschrockenen Hüpfer in seiner Brust und eisern ignorierte Tamrin das leise Vibrieren seiner Haut, dort, wo Tári's Finger sie so sacht berührt hatten. Nervös trat er von einem Bein auf's andere und strich sich durch die Haare. Das war alles gar nicht gut. "Soll ich ihr etwas holen ?" krächzte er hoffnungsvoll zu den drei Frauen hinüber und schluckte ein "Bitte!" nur mit Mühe hinunter.

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    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • Es erleichterte die Nymphe ungemein, als Tári ihr bestätigte, dass der Yassalar fort war. Schwer atmend ließ sie sich auf der Bank nieder und lehnte sich nach hinten. Kurz schloss sie ihre Augen, nur um sie gleich darauf wieder zu öffnen. Tári sagte ihr, dass alles gut werden würde. Hoffentlich behielt sie recht. Amelies rechte Hand umfasste ihren Hals, an dem sie zuvor noch den groben Griff ihres Angreifers verspürt hatte. "Wie konnte ich nur so dumm sein?" Ein weiteres Mal in ihrem Leben verfluchte die Nymphe sich selbst, einem männlichen Wesen blind vertraut zu haben.


    Sie blickte zwischen ihren Begleitern hin und her und vernahm Táris Worte, die sich erkundigte, ob sie etwas zu trinken oder gar einen Heiler brauche. Ihr männlicher Begleiter schien bereit, ihr eins von beidem oder womöglich sogar beides beschaffen zu wollen. "Bitte etwas zu trinken", brachte Amelie mit heiserer Stimme hervor. Ein Heiler wäre wohl überflüssig. Schon bald würde Amelie den Palast der Nacht aufsuchen und zu ihrer Göttin beten, die ihr gewiss beistehen und wieder neue Kräfte verleihen würde.

  • Amelie hatte es mit Tamrins Hilfe zu der Bank geschafft und ließ sich sogleich dort nieder. Ihre Tanzlehrerin war wach und soweit auch einigermaßen bei Kräften. Doch was auch immer vorgefallen sein mochte es hatte der Dunkelhaarigen schwer zugesetzt. Amelie führte eine Hand zu ihrem Hals. Stirnrunzelnd betrachtete Tári sie dabei. Noch immer konnte sie nicht verstehen was der Yassalar mit ihr gemacht hatte und zeichneten sich dort an dem zarten Hals Male ab? Tári unterdrückte ein Knurren, ballte aber fest ihre Fäuste. Sie hatte geahnt, dass diese große dunkle Gestalt gefährlich war. Sie hatte ja versucht Amelie zu warnen, doch die Tänzerin hatte wohl nur Augen für ihren Begleiter gehabt. Tári schimpfe sich in Gedanken gerade selbst. Sie hätte sie warnen MÜSSEN. Aber sie hatte es nicht getan...hatte davon abgelassen obwohl ihr Gefühl so eindeutig Alarm schlug.
    "Ihr konntet doch nicht wissen, dass er etwas im Schilde führen würde. Ausgerechnet hier.", versuchte sie aufmunternde Worte zu finden. Tári war auf dem Gebiet bei weitem nicht so bewandert, wie andere junge Frauen ihres Standes und Alters, die jetzt einen ganzen Wortschwall auf Amelie losgelassen hätten. Aber was brauchte sie solche Worte auch in der Wildnis?
    Unzufrieden mit sich sah sie Tamrin auf seine Frage hin an und ihr Blick wurde weicher. Was, wenn er nicht gewesen wäre...? Jetzt sah er allerdings ein bisschen so aus wie sie sich fühlte, man konnte es ihm fast an der Nasenspitze ansehen. Doch war es eher die Essenz die sich in seinem Geruch verändert hatte, die Tári sein Unwohlsein verriet. Sie lächelte leicht, Tamrin war so bemüht. Sie war so froh, ihn hier zu haben und nicht eine alte Schachtel die sie maßregelte. "Etwas zu trinken hätte sie gern. Ich bleibe bei ihr." Tári lächelte erneut und löste ihre verkrampften Hände, es war immerhin alles in Ordnung, dank Tamrin. Auch wenn sie ihn unbedingt noch etwas fragen wollte. Aber das ginge später, wenn sie für sich waren... "Kanntet Ihr ihn den schon länger?" wandte sie sich wieder an Amelie.

  • "Zu trinken...Wunderbar!" stieß Tamrin hervor und drehte sich so abrupt um als knallte jemand mit einer Peitsche hinter ihm her. Bloß weg erst einmal von diesen merkwürdigen Frauen und den höchst verwirrenden Empfindungen, die sie auslösten. Allesamt!
    So schnell ihn die zitternden Knie trugen bewegte er sich den zunächst nur schwach beleuchteten Weg entlang auf die hell erleuchtete Tanzfläche zu. Von dort aus würde er gut wieder zum Ausschank finden. Als der junge Mann die ersten Ausläufer der Menge erreichte und sich an Leuten und Tischen vorbei zu lavieren begann, fiel ihm siedend heiß ein, dass er gar nicht nachgefragt hatte, was genau er eigentlich zu Trinken mitbringen sollte. Er verlangsamte seine Schritte. Und jetzt ? Zurückgehen..... um Himmels Willen! Nicht, bevor er sich wieder einigermaßen gefangen hatte. Fast wäre er in einen Kerl hinein gerannt, so breit wie groß, der ihn kritisch musterte. Tamrin's unglückliche Miene schien dann allerdings sein Mitgefühl auszulösen, denn der Mann lachte nur bierselig und klopfte ihm fast tröstend auf die Schulter. Dazu ergoss sich ein Schwall gelallter Worte über ihm, von denen Tamrin kein einziges verstand. Er grinste verzerrt und unecht und verneigte sich dankbar vor dem Mann, wobei er leicht ins Torkeln geriet, da er längst dem nächsten Gast im Weg gestanden hatte. Nahe des Tanzpodests hatte das Menschengedränge zugenommen.
    Tamrin ließ sich etwas davon treiben, denn es ging in die von ihm gewünschte Richtung. Dabei fühlte er, ob seine Münzen noch an Ort und Stelle im Umhang waren und war erleichtert als seine Finger sich um das runde kühle Metall schlossen. Das hätte gerade noch gefehlt.
    Dieses Mal landete er am anderen Ende des Tresens. Eine große brünette Dame blickte ihn mürrisch und herausfordernd zugleich an. Offensichtlich wollte sie hören, was sie ihm bringen sollte. Wenn er das nur selber wüsste. Tamrin setzte ein verlegenes Lächeln auf und tat so als studiere er einen der Aushänge an der Rückwand, während er fieberhaft überlegte, was Tári ihm zuvor gesagt hatte....... Bier, Wein... Beerenwein, Saft, Tee..... "Chraft und Beewinn ?" fragend sah er die Frau an, die ihn musterte und dann mit "Den Wein würd ich an Deiner Stelle für heut Abend lassen, Kleiner!" davon watschelte und Tamrin lächelte ihr dankbar hinterher. Weil sie ihn anscheinend verstanden hatte und auch, weil sie keinerlei komische Empfindungen hervor rief. Schnell kam sie mit zwei Bechern zurück, Tamrin legte ihr die abgezählten Münzen auf den Tresen. "Na, wenigstens das klappt noch." nickte die Brünette, die Münzen einstreichend und wandte sich schon dem nächsten Verdurstenden zu.
    Tamrin murmelte ihr ein höfliches "Lebt wohl!" hinterher, ergriff seinen Fang und schlug sich zuallererst ein wenig hinter den Ausschank, um dem gröbsten Wogen der Menge zu entkommen und spähte von dort nach einem weniger bevölkerten Rückweg, damit in seinen Bechern auch noch etwas übrig wäre, dass er Tári's Tanzlehrerin geben könnte bei seiner Rückkehr.

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