Des einen Glück...?

  • Als Djamilas Stimme erklang war Junipers Wut auf Panmatea augenblicklich verloschen. Mit großen und neugierigen Augen sah sie die ihr Fremde an. 'Schwäne', bildete sie lautlos mit ihren Lippen das Wort nach. Sie war noch zu klein, um die Völker Nil'Anors zu kennen. Für sie gab es Begriffe die sie mit irgendwelchen Dingen in Verbindung brachte - Syriane mit großen Flügeln zum Beispiel - aber deren wahre Bedeutung oder was damit in Verbindung stand, blieb ihr noch verborgen.
    Leise murmelnd drehte die Kleine sich um und verschwand im Wageninneren, um über dieses für kleine Leute große Rätsel ihre Tante und zugleich Lehrerin genau zu befragen.
    Panmatea sah Djamila noch immer an, mit einer gewissen Neugier. Nicht ob ihrer Herkunft, sondern sie hatte sie gestern tanzen gesehen und auch nun sprach die fremde Frau davon. Panmatea tanzte gerne, es war jetzt schon eine Leidenschaft von ihr. "Ist das ein Talent Eures Volkes, das Tanzen?", fragte sie bei der blassen Frau nach. "Könnt Ihr nicht ein bisschen davon erzählen? Wie habt Ihr es gelernt? Wann habt Ihr damit angefangen?" Das Interesse des Mädchens war geweckt und die Fragen sprudelten aus ihr heraus.
    Atashkada war selbst etwas neugierig und so ließ sie Panmatea ungehindert ihre Fragen stellen und schmunzelte leise dabei.

  • Die kleine hatte schon etwas niedliches. Die größere war wieder im Wagen verschwunden, vielleicht wollte sie erstmal den Schock verdauen, dass jemand von Schwänen abstammte, aber das war Djamila egal. Es war ja nicht so, als hätte sie unanständige Sachen an die kleinen weitergegeben. Über dei nächste Frage musste die schmunzeln. Die kleine Dheoran schien wirklich interessiert zu sein.
    "Viele von meinem Volk sind sehr gute Tänzer. Aber viele sind auch begabte Künstler, in nahezu allen Bereichen. Fast kein Cygnai kann nicht irgendetwas sehr gut." Wenn sie allein an alle ihre ehemaligen Freunde aus Lheoran dachte...
    "Ich habe das tanzen angefangen, da war ich, na, vielleicht etwas jünger noch als du." Sie war damals wirklich sehr jung gewesen. Aber so war das nunmal. Sie war nicht traurig oder wütend deswegen, sie war stolz, heute eine so gute Tänzerin zu sein. "Ich habe jeden Tag geübt. Jeden Tag. Immer. Nicht nur, weil meine Eltern es wollten, irgendwann wollte ich es selbst. Ich wollte die beste Tänzerin werden, und naja" Verlegen strich sie sich eine Haarsträhne zurück. Es wäre selbst für sie zu viel gewesen, jetzt zu sagen, dass sie es auch war. "Es ist das, was ich am liebsten mache. Wenn du möchtest, kann ich dir gerne ein paar Schritte später zeigen.", bot sie der kleinen an mit ihren großen Augen an.

  • "Unsere Völker sind gar nicht so verschieden.", befand Panmatea und äußerte es freundlich. "Auch bei uns gibt es unterschiedliche Talente." Das Mädchen lächelte leicht. "Sängerin wie meine Mutter, Artist wie mein Vater, Musiker wie der Bruder von Juniper...", begann sie aufzuzählen und deutete mit einer Geste an, dass es noch weitere gab. Diese Geste wirkte bei der achtjährigen etwas fehl am Platz, diese musste sie sich wohl bei den Erwachsenen irgendwo abgeschaut haben. Die Augen von Panmatea begannen zu leuchten. "Ihr würdet mir wirklich ein paar Schritte zeigen?", fragte sie leise aber mit großer Freude in der Stimme. Ja das Mädchen hatte Djamila tanzen sehen und würde sich gerne einiges von ihr Zeigen lassen.

  • "Natürliche zeige ich dir gerne ein paar Schritte." Sie lächelte die Kleine gewinnend an. Wenn sie etwas konnte, dann dieses Lächeln. Auch wenn sie es nicht unbedingt so meinte, wie zu den Gelegenheiten, in denen sie es sonst einsetzte. Sie überlegte schon, welche Schritte sie ihr zeigen könnte, vor allem zu Melodien, die auch hier bekannt waren. Aber das sollte kein Problem sein, das, was am gestrigen Abend gespielt wurde, war nicht so unüblich. Und dazu würde sie ihr schon etwas zeigen können.
    "Sagt, Atashkada, was lernen die Kinder eigentlich schon so früh bei Euch?" Sie hatte sich zusammengereimt, dass die beiden kleinen dort vor ihnen Unterricht hatten und fragte sich, vor allem bei der kleineren, was sie denn jetzt schon lernen sollten. Andere Völker lehrten ja auch immer andere Sachen. Djamilas Schulbildung hatte auch zeitig angefangen, aber nie in einem Wagen... Sie war also etwas neugierig. Ebenso wie die kleine in dem Wagen vor ihr.

  • Panmateas Augen hingen bewundernd am strahlenden Lächeln Djamilas. Von drinnen erklang eine weiche und dennoch unnachgiebige Stimme. Jene forderte das Mädchen auf das Fenster zu schliessen und sich wieder dem Lernen zu widmen. "Vielen Dank, darauf freue ich mich schon so sehr.", sagte das Mädchen und schloss das Fenster mit einem glücklichen Winken.
    "Sie ist viel zu ernst für ihr Alter.", seufzte Ataschkada leise. Die Dheoran ließ ihren Blick einen Moment durch das Fenster fallen. Tja was lernten die Kinder bei ihnen eigentlich. Ihr eigener Unterricht war nun doch schon einige Zeit her. "Panmatea ist acht Jahre alt. Sie lernt Lesen, Schreiben, Rechnen, Geschichte... alles in der Allgemeinsprache und auf ihr Alter zugeschnitten. Die jüngere - Juniper - lernt anhand von Bilderbücher unsere Volkssprache kennen - für alles andere ist sie noch zu jung.", erklärte Atashkada der jungen Frau freundlich. "Unsere Sprache - das E'helir - wird uns schon immer sehr früh mit auf den Weg gegeben, denn das ist die Sprache, die Schrift E'lors - unserer Gottheit." In jener wurden die Geschichten die gesammelt wurden festgehalten und die Tätowierungen in dessen Runen gestochen. "Wie lehren die Cygnai ihre Kinder?"

  • Djamila nickte interessiert. Es unterschied sich nicht wirklich von den Sachen, die auch anderswo unterrichtet wurden, aber sie hatte ja auch nicht nach dem Stoff gefragt. Der unterschied sich sicher.
    "Das ist unterschiedlich", meinte sie, etwas missmutig. Sie fand die Teilung der Cygnai in die gehobenen und die grauen noch nie gut - und je länger sie reiste, desto mehr entwickelte sie einen Hass darauf. Es war für sie schon Grund genug, nie wieder nach Hause zurück zu kehren. "Je nach..." Sie räusperte sich kurz. "Geburt des Kindes. Aber lesen und schreiben gehört immer dazu. Malen, tanzen, Musik. Die schönen Künste eben" Ihr Lieblingsfeld. Sie zuckte die Schultern.

  • "Nun das ist wohl bei den meisten Völkern so, dass Unterschiede hinsichtlich des gesellschaftliches Standes gemacht werden.", sagte Atashkada leicht nachdenklich ob des Missmuts Djamilas. Zu welchem Stand sie wohl zählte? Bei den Menschen, das wusste sie - wurde sich in den unteren Ständen noch nicht einmal darum gekümmert, ob die Kinder lesen und schreiben lernten. Gut das war etwas, was bei den Dheoran nicht möglich wäre, denn ihre Aufgabe war es ja Geschichten zu sammeln und aufzuschreiben. Aber anderswo... hing das Leben von anderen Fähigkeiten ab. Aber so wie es klang hatten sogar die Cygnai mit niederem Stand zumindest diese Möglichkeit, diese konnte einem doch so unendlich viel eröffnen, fand sie. "Die schönen Künste?", wiederholte sie und lächelte fröhlich. "Für die schönen Künste haben wir auch viel übrig. Die Kunst meines Neffen habt ihr ja schon gehört. Das ist bei uns auch sehr vielseitig. Akrobatik, Tanz, Musik, Malerei, Schnitzerei.... Düfte...", schwärmte sie. Allein ihre Familie war so breit aufgestellt, dass sie sich gegenseitig immer unterstützen konnten. Und das war es, was ihr so gefiel. Einer hatte eine Idee und jeder brachte sein eigenes Talent mit ein, um etwas besonderes daraus zu machen. So war neben ihren akrobatischen Vorstellungen auch das Handpuppentheater entstanden und vieles mehr. "Und haben die Cygnai für ihren Unterricht Schulen?", wollte sie dann von Djamila wissen.

  • "Ich hatte eine Lehrerin bei mir zu Hause, für mich und meine beiden Schwestern, das ist bei den meisten gehobenen so." Ihre Lehrerin hatte sie bis zu einem gewissen Alter vergöttert. Frau Tschirchirnus war sehr gebildet gewesen, für ihre Kinder hatten die Familie D'Or keine Kosten und Mühen gescheut. Aber irgendwann war Djamila klar geworden, dass sie nicht so weiter machen konnte. Frau Tschirchirnus war immer mit ihr zufrieden gewesen, wenn die genau das tat, was sie wollte. Aber Djamila wollte noch so viel mehr. Und sie wusste, dass sie das nie kriegen würde.
    Und deswegen strengte sie sich einfach noch mehr an. Damit sie schnell wegkommen würde.
    "Aber die Cygnai aus der unteren Schicht gehen in eine öffentliche Schule, die ersten Jahre zumindest." Man gestand ihnen schon viel ein, aber nicht genug, fand sie.

  • Atashkada lauschte den Worten der jungen Frau und nickte verstehend dazu. Was sollte sie auch dazu sagen. Es war nunmal bei jedem Volk anders. Die Strukturen, die Gebräuche, die Schulbildung... Plötzlich lagen Pfeiftöne in der Luft, ähnlich jenen als sie gestartet waren und doch in einer anderen Reihenfolge. Die Dheoran gab diese in gewohnter Manier weiter.
    "Wir werden gleich eine Rast einlegen.", informierte sie Djamila und nahm die Fahrleinen mehr auf. Kurz darauf schon bogen sie von der Straße ab und kamen auf einer weiten Fläche einmal mehr in Kreisform zu stehen.
    Unweit war das leise Rauschen eines Baches zu hören und das Summen von Bienen lag in der Luft. Die Wagentüren wurden stürmisch geöffnet. Kinder rannten und sprangen sogleich im Rund der Wagen fröhlich lachend und quietschend umher.
    Die Wagenlenker stiegen von ihren Böcken herab und begannen die Pferde aus den Anzen zu lösen, so auch Atashkada. Sie lockerte die Riemen und tauschte Kopfstück gegen ein Halfter aus. "Wir tränken nun die Pferde und dann werden wir wohl eine Kleinigkeit zu Mittag essen.", ließ sie Djamila wissen. Oonah, die Stute, folgte der Dheoran bereitwillig, die sich fröhlich noch mal an die junge Cygnai wandte "Kommt mit, Ihr wollt Euch bestimmt auch die Beine etwas vertreten. Und Euch vielleicht etwas erfrischen?" Atashkada wand sich um und kleine Kinderhände streckten sich ihr entgegen. Panmatea und einige andere Kinder saßen schon auf den Rücken der Pferde und die kleine Juniper wollte auch. Lachend warf die Dheoran ihre Nichte in die Höhe und setzte sie vorsichtig auf den Rücken der Scheckstute. Juniper quiekte vergnügt und hielt sich am Geschirr fest. So ging es dem Fluss entgegen.


    Lazarion hatte sich den ganzen langen Weg einsam gefühlt. Oft glitt sein Blick auf die Stelle welche er Djamila angeboten hatte. Und ebenso oft suchten seine Augen die vor ihm fahrenden Wagen ab, um sie irgendwo zu erblicken. Ohne Erfolg.
    Irgendwann hatte er das Stück Papier und seinen Bleistift wieder hervorgezogen und immer wieder auf seine Notizen gestarrt. Weit war er noch nicht gekommen und so vieles wollte noch in ungelenkten Bahnen heraus.
    Als das Signal erklang war das Papier bereits recht voll geworden, auch wenn es sich so nicht spielen lassen würde. Einiges an Zeit und ein Feinschliff musste noch sein, ehe er die Melodien aus seinem Inneren über seine geliebte Geige in die Welt entlassen konnte.
    Beides erneut bei Seite gepackt lenkte auch er auf den Rastplatz ein und kümmerte sich um Mimiteh. Mit ihr als sein Schatten machte auch er sich langsam auf den Weg zum Bach und hielt dabei verstohlen Ausschau nach Djamila.

  • Djamila war froh über die Pause. Auch wenn sie noch nicht lange gefahren waren, wollte sie sich ein wenig die Beine vertreten. Sie lächelte die Dheoran an und nickte. Sogleich lief sie an ihr vorbei und drehte sich ein wenig im Sonnenlicht. Es war ein schöner Tag. Vielleicht war ihr Gesprächsthema gerade sehr anstrengend gewesen, aber im Moment fühlte sie nicht mehr die Anstrengung, jetzt fühlte sie sich unglaublich entspannt. Hier zu stehen, die ganzen fröhlichen Menschen um sich, Kinder die lachten, wiehernde Pferde... Gegen so viel Glück konnte auch sie sich nicht verschließen.
    Aber ein Auge hielt nach Lazarion Ausschau. Ob er sie auch suchte? Nun, sie würde sich nicht auffällig nach ihm umsehen, das wäre nicht richtig. Lieber beobachtete sie Atashkada, wie sie mit den Kindern spielte. Dabei konnte sie nicht anders, als zu lachen. Es war einfach richtig.

  • Zahlreiche Schuhpaare lagen vor dem kühlen Nass des Flusses und es wurde viel gelacht und geredet. Belustigt sah Atashkada der jungen Frau bei ihren anmutigen Bewegungen zu, ehe sie sich mehr auf ihre kleine Nichte konzentrierte. Am Fluss selbst, streifte Atashkada die Schuhe ab, raffte den Rock, band ihn sich in ihrem Tuch nach oben und ging an der Seite ihrer Stute in die erfrischende leichte Strömung hinein. Die größeren Kinder saßen zum Teil ohne Begleitung auf den Rücken der Tiere, aber Juniper war noch zu klein und das Pferd zu groß. Außerdem nutzte Atashkada die Möglichkeit sich zu erfrischen.


    Flüssige, anmutige Bewegungen waren es, welche Lazarions Aufmerksamkeit erweckten, obwohl er sie nur aus dem Augenwinkel sah. Er wand den Kopf und erblickte die wunderschöne, hellhäutige junge Frau, nach der er sich den ganzen Weg lang gesehnt hatte. Der junge Dheoran hielt direkt auf sie zu, es war praktisch nicht mal ein Umweg für ihn. Schritt für Schritt ging es ihr entgegen. Ihre Augen hingen an den Kindern auf den Pferden und sie sah so glücklich und wunderschön aus. Leise räusperte er sich, um sie nicht zu erschrecken. "Mylady...", erklang seine Stimme melodisch. "Wie ich sehe habt Ihr den ersten Weg gut hinter Euch gebracht. Ihr seht noch bezaubernder aus, wenn ihr glücklich seid." Er lächelte sie offen an. "Wie wäre es? Habt Ihr Lust auf Mimiteh..." Lazarion deutete auf seine Stute. "...ins Wasser reiten?"

  • Djamila verfolgte die Bewegungen der Dheoran interessiert. Sie wäre auch gerne ins Wasser gegangen, aber irgendetwas hielt sie ab, sie konnte es auch nicht greifen. Scham? Angst? Aber diese ganzen Fröhlichen Menschen zu sehen, war schön. Ganz im Gegensatz zu ihrer letzten Tortur. Nein, sie dachte kaum noch daran, versicherte sie sich.
    In dem Moment trat Lazarion an ihre Seite und wenn sie nicht vorher schon gestrahlt hätt, hätte sie es sicher jetzt getan. Sie machte einen anmütigen Knicks und sagte: "Es wäre mir eine Ehre" Natürlich konnte sie reiten, es war auch kein Problem für sie, auf das Pferd zu kommen, theoretisch. Mit Sattel. Aber das würde sich hier als schwieriger herausstellen.
    "Würdet Ihr mir helfen?", fragte sie ihn. Ihr war die Antwort schon klar, aber fragen musste sie trotzdem.

  • Als die ersten Pferde ihren Durst gestillt hatten, ritten einige der Kinder im Fluss etwas auf und ab. Es spritze erfrischend auf die Umstehenden und das Gelächter und fröhliche Gequietsche war groß. Die älteren Kinder hatten nichts als Schabernack im Kopf. Mit einer Hand im Geschirr des Tieres verhakt, ließen sie sich auf die andere Seite etwas hinunter rutschen, um mit den Händen das Wasser zu erreichen. Plitsch und platsch machte es einige Male, bis die Hemden doch etwas durchnässt waren. Atashkada lachte fröhlich und Juniper quietschte vergnügt. Panmatea das Mädchen von zuvor saß etwas abseits auf einem Fels und betrachtete das Treiben von dort aus, die Füße auch ins Wasser gestreckt.


    Die junge Frau strahlte wie ein leuchtender Stern am Himmel. Zumindest stellte Lazarion sich einen solchen so vor. Noch nie hatte er mit seinen eigenen Augen einen Stern erblickt, doch es musste ein ebenso atemberaubender Anblick sein. Er lächelte Djamila an und nickte. "Sehr gerne helfe ich Euch." Lazarion verknotete das Seil am Halfter zu Zügeln. Mimiteh war wie die anderen auch eine friedliche und ruhige Stute. Und so wusste er die junge Frau gut aufgehoben. Der junge Mann strich das Seil bedacht über Kopf und Hals des Pferdes, als er nah an Djamila herantrat. Zu nah vielleicht. Sogleich hatte er ihren betörenden Duft in der Nase und so schloss er für einen Moment die Augen. Hoffentlich würde sie den weiteren Weg mit ihm fahren...
    Er wollte gar nicht wissen, ob sie wußte was sie tun musste. Lieber wollte er es ihr zeigen. Denn so konnte er nah bei ihr sein. Behutsam nahm er eine Hand der jungen Cygnai und legte sie auf einen der Lederriemen des Geschirrs. "Gut festhalten.", sagte er leise und mit leicht rauer Stimme. Danach trat er etwas zurück, um sich einen sicheren Stand zu suchen. Ließ sich ihren Fuß in seine Hände stellen. "Auf drei... Stützt Euch richtig ab!", bat er sie. "Eins , zwei, drei..." Leicht wie eine Feder kam ihm die blasse Schönheit vor, wie sie sich anmutig auf sein Pferd heben ließ und sich zurecht setzte. Nicht einen Moment hatte er die Augen von ihr lassen können...


    ***


    Es war ein herrlicher Anblick für den Dheoran, die junge Cygnai auf seinem Pferd zu betrachten und die Freude darüber stand ihm ins Gesicht geschrieben. Seine Lippen kräuselten sich zu einem strahlenden Lächeln und seine Augen glänzten. Lazarion war an den Bach getreten und machte sich etwas frisch, doch nicht eine ihrer anmutigen Bewegungen war ihm entgangen, denn sein Blick haftete an ihr und nur wenige kurze Unterbrechungen gab es.
    Mehrmals wollte sich Lazarion von dem Anblick losreißen, um seiner Familie zur Hand gehen, wie es üblich war. Aber er konnte es irgendwie nicht und bekam hier und da von einem seiner 'Brüder' einen gutgemeinten Klaps auf die Schulter.
    So wartete Lazarion auf die junge Schönheit und als sie nun endlich wieder zu ihm herüber ritt, half er ihr von Mimiteh hinunter.
    Gemeinsam versorgten sie die Stute und gesellten sich dann zu dem Rest der Familie. Das Mittagessen war einfach gehalten. Brot, etwas Käse und ein bisschen Obst standen zur Auswahl. Der junge Dheoran versuchte Djamila jeden Wunsch von den Augen abzulesen und war sehr aufmerksam mit ihr. Als dann der nächste Aufbruch angestimmt wurde, bat Lazarion die junge Schönheit, sie wolle mit ihm fahren. Sie ließ ihn etwas zappeln, stimmte dann aber zu worüber sich der junge Mann sehr freute.
    Lazarion half Djamila hinauf auf den Kutschbock und spannte Mimiteh mit sorgsamen Handgriffen ein.


    Atashkada und auch der Rest der Familie beobachteten im Stillen genau was sich vor all ihrer Augen abspielte. Atashkada war zuversichtlich, dass die beiden den richtigen Weg für sich finden würden. Auch wenn sie Lazarion noch nie zuvor so erlebt hatte.


    Die jungen Leute unterhielten sich lange und viel. Es war nicht immer ein leichtes Gespräch und hier und da schaute Lazarion auch etwas mürrisch drein.
    Bis spät in den Abend wurde gefahren und so kamen sie der nächsten Stadt, dem nächsten Dorf für Lazarions Geschmack viel zu schnell näher. Er kämpfte doch noch immer darum die junge Cygnai für sich zu gewinnen. Er hoffte einfach die Zeit würde ihm reichen und sie würde bei ihm bleiben.
    Der Abend war gemütlich und eher von ruhiger Stimmung. Allen steckte die nun doch lange Fahrt in den Knocken und bald schon verabschiedeten sich die ersten und gingen zu Bett.
    Lazarion ließ es sich nicht nehmen und stellte der jungen Frau erneut seinen Wagen zur Verfügung, während er - nach einem leidenschaftlichen Gutenachtkuss, der ihm den Schlaf raubte - davor sein Nachtlager aufgeschlagen hatte.
    Die Türe stand offen und bis spät in die Nacht waren die leisen Stimmen Djamilas und Lazarions zu hören. Wie gern hätte er sie eng umschlungen gehalten und sich von ihrem Duft einhüllen lassen.


    Der nächste Morgen startete früh und in gewohnter Manier, auch Djamila hatte sich scheinbar bereits etwas eingelebt und half. Erst auf dem Kutschbock fand sich wieder Zeit für die jungen Leute und sie führten ihre Unterhaltungen fort. Das nächste Dorf rückte immer näher und näher. Die Pause des Tages wurde recht kurz gehalten und so würden sie das Dorf am frühen Nachmittag erreichen. Lazarion war sich mittlerweile sehr sicher, Djamila würde bei ihm bleiben. Sie lachten so viel miteinander, tauschten eindeutige Blicke und es knisterte gewaltig zwischen ihnen. Das Dorf würden sie am gleichen Tag sicherlich noch verlassen und sie würde mit ihm gehen.
    In Gedanken malte er es sich bereits aus, wie schön es für sie beide werden würde und wie glücklich sie miteinander sein würden.


    Das Dorf kam und es wurde gerastet, während ein Teil der Familie Besorgungen erledigte oder andere Geschäfte machte.
    Gerade noch hatten die jungen Leute gemütlich im weichen Gras an den Wagen gelehnt gesessen und sich etwas von der langen Fahrt erholt, als Lazarion in tiefer Unruhe hochschreckte. Er musste eingenickt gewesen sein. Djamila war weg...? Der Platz neben ihm war leer. Hastig und etwas ungelenk stemmte sich der junge Mann in die Höhe und begann eilig nach der jungen Frau zu suchen.
    Der Wagen war leer, in der Nähe des Wagens war sie auch nicht. Irgendwie war allgemein der gesamte Rastplatz wie leergefegt, was er sich nicht erklären konnte.
    Leise Stimmen drangen an sein Ohr und er folgte deren Richtung. Am anderen Ende des Platzes, vor den Wagen in Richtung Dorf standen viele um die blasse schöne Frau versammelt. Sie trug ein kleines Bündel mit sich und es sah nach Verabschiedung aus.
    Atashkada hatte sie gerade in die Arme geschlossen und wünschte ihr für ihren weiteren Weg alles erdenklich Gute. Ebenso, dass sich die Wege erneut kreuzen mochten.


    Die Kiefer des jungen Mannes waren fest aufeinandergebissen, als er sich Djamila und seinen Familienangehörigen näherte. In seinen Augen war der Schmerz geschrieben, dem ihm die junge Frau mit ihrem Handeln bereitete. Lazarion wollte der jungen Frau anbieten bei ihr zu bleiben, nicht weiter mit seiner Familie zu reisen, sondern mit ihr. Unüblich für einen Dheoran, aber für sie...
    Lazarion öffnete seinen Mund doch kam er nicht dazu auch nur ein Wort zu bilden. Djamila erklärte in höchst dramatischen Worten warum sie nun gehen müsse und dass er sie besser vergessen solle. Es wäre nunmal ihr Leben... ehe er sich versah lief die junge Frau auf das Dorf zu. Zu gern hätte er all seinen Schmerz der Kuppel entgegengebrüllt. Es war nicht an ihm sie aufzuhalten, er hatte sein Bestes gegeben und sie hatte sich gegen eine Zukunft mit ihm entschieden.


    Vielleicht war die Zeit zu kurz gewesen, vielleicht hätte es aber auch nichts gebracht hätte er mehr Zeit gehabt.


    Mit schmerzverzehrter Miene schüttelte er alle Hände und Worte ab die ihm Trost und Hoffnung spenden sollten. Lazarion war sich sicher in Djamila seine Liebe gefunden zu haben und diese hatte nicht so gefühlt, wie sollte er so etwas je wieder fühlen?
    Der Schmerz über den Verlust, gegen den er nichts unternehmen konnte war einfach zu groß...


    Die Dehoranfamilie zog noch am späten Nachmittag weiter. Mit ihr auch Lazarion der immer wieder seine traurigen Augen auf das Dorf richtete. Aber keine blasse Schönheit tauchte auf, um diesen Schmerz zu stillen.

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