Elaiyas Musikwerkstatt

  • Seoul spürte die etwas komische Stimmung. "Du hast recht. Gehen wir. Danke für die Gastfreundschaft," sagte er höflich und ließ sich von Kaera führen. Dankbar dafür, dass sie sich so um ihn kümmerte. Er schenkte ihr ein Lächeln.

  • Es war der Tag nach dem Maskenball - noch.. denn die Dämmerung hatte schon eingesetzt
    Feanor ging mit langen Schritten den Weg zu Elaiyas Musikwerkstatt entlang.
    Die dunklen Locken trug er offen, über der durchtrainierten Brust lag ein weites, schwarzes Hemd unter dem eine dünne, silberne Kette hervorlugte.


    Elaiya hatte ihn gebeten, sie am Vormittag zu besuchen - und den Tag vergeblich gewartet. Doch ohne seine Verspätung zu bereuen, trat Feanor an die Tür der Musikwerkstatt - und öffnete sie, so als wäre selbige nur am Rahmen angelehnt gewesen.


    "Elaiya.. schön dich zu sehen." Sprach Feanor, als die Halbnymphe sich zu ihm umdrehte und ein vielsagendes Lächeln umspielte seine Züge.
    "Du siehst fantastisch aus.." Feanors Stimme hatte einen verlangenden Unterton, als er auf Elaiya zutrat und anstalten machte, sie zur Begrüßung zu umarmen.

  • Elaiya hatte den ganzen Vormittag über gewartet und es nicht fertig gebracht, irgendetwas zu tun. Dabei wartete die Bestellung einer Kundin aus dem Künstlerviertel dringend auf die Fertigstellung, und grade mit dem Stück wollte sie sich besondere Mühe geben - die Kundin war nämlich eine echte Künstlerin und Musikerin. Sie musste sich eingestehen, dass sie ziemlich enttäuscht war. Gegen Mittag ging sie dann doch an die Arbeit und sagte sich, dass Feanor wohl heute nicht mehr auftauchen würde. Es war ihm möglicherweise etwas dazwischen gekommen. Aber eigentlich hätte er dann ja Nachricht schicken können. So fühlte sie sich den ganzen Tag unzufrieden und enttäuscht und es viel ihr ziemlich schwer, sich auf ihre Arbeit zu komzentrieren. Außerdem wuchs auchihre Sorge wegen dem, was laut Feanor vorgefallen sein sollte.


    Gegen Abend packte sie ihre Werkzeuge und die immewr noch unfertigfe Harfe beiseite und beschloss, noch ein wenig nach draußen zu gehen. Vielleicht traf sie ja auf Sicil - es war immer ein bisschen unklar, wie und wo sie zusammen sein konnten. Sie wollte gerade die Treppe zu ihrem Schlafzimmer hochsteigen, um sich umzuziehen, als ein leises Geräusch sie herumfahren ließ. Da stand Feanor - lächelte sie an, als wäre er nicht einen ganzen Tag zu spät und durch eine geschlossene Türe aufgetaucht. Sie musste ihn wohl etwas entgeistert angesehen haben, doch das störte ihn nicht weiter. Ein wenig verändert kam er ihr in diesem Moment schon vor, aber andererseis hatten sie sich zwei Jahre nicht gesehen. Wahrscheinlich - ganz bestimmt - hatte sie sich auch verändert. Und das Verlangen in seiner Stimme, als er sie umarmte, jagte ihr einen Schauer über den Rücken - der keineswegs nur unangenehm war, wie sie leicht erschrocken feststellte. Seine Umarmung war so vertraut.... wieder überkam sie Heimweh. Doch dann löste sie sich wieder von ihm und sah ihn ernst an.


    "Hattest du einen anstrengenden Tag?", fragte sie. "Ich habe auf dich gewartet.... na, egal, jetzt bist du ja hier. Darf ich dir etwas anbieten? Und dann lass mich bitte nicht länger im Ungewissen. Was ist geschehen, worüber du so dringend mit mir sprechen musst?"

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  • Feanor drehte Elaiya den Rücken zu und entfernte sich einige Schritte von ihm. Mit dunkler Stimme sprach er zu ihr, ohne sich wieder umzudrehen.


    "Ich habe die belogen, Elaiya. Es ist nichts passiert.. aber es wird etwas geschehen. Schon sehr bald.." Bargen seine Worte Geheimnisse, so wirkte das Lächeln, dass er Elaiya jetzt über die Schulter schenkte offen und ehrlich.


    "Weiß du eigentlich, warum ich damals aus Waldheim fortging? Nein, wahrscheinlich erahnst du es nicht mal." Der Mann mit den dunklen Locken trat wieder auf die Halbnymphe zu und fasste sanft ihre Hand.
    "Du warst der Grund, Elaiya. Nur du.." Er seufzte leise, blickte Elaiya aber weiterhin in die Augen.
    "Weißt du, wie es sich anfühlt, wenn man liebt, denjenigen aber nicht besitzen kann? Weißt du, wie es ist, wenn man tagtäglich denjenigen sehen darf, sein Haar berührt und den Durft seiner Haut immer um sich hat, ihn aber nicht berühren darf?"
    Feanors Hand ließ Elaiya los, hob sich uns strich ihr sanft über die Wange.


    "Es ist der schlimmste Schmerz, den man fühlen kann. Ich mußte damals gehen, denn sonst hätte ich dir meine Freundschaft nicht mehr schenken können."
    Soviel Ernst lag in der Stimme Feanors und sein durchdringender Blick sorgte für eine zusätzliche Intensität seiner Worte.


    "Sag, Elaiya.. liebst du Sicil? Liebst du ihn so sehr, dass du darauf verzichten würdest, ihn zu sehen, damit ihm kein Unheil geschieht?"
    Feanors Frage war eindeutig nicht darauf gezielt, zu erfahren OB Elaiya Sicil liebte. Auch wenn Elaiya es in keinsterweise erwähnt hatte, schien er es zu wissen, sich seiner Sache ganz sicher zu sein. Nein, er wollte wissen, wie sehr sie ihn liebte. Wie stark war das Band an Gefühlen zwischen der Nymphe und dem Nachtelf?

  • Ich habe dich belogen, Elaiya." Der Satz echote durch ihre Gedanken. So wie alles andere, was Feanor zu ihr gesagt hatte. Für ein paar Minuten war sie schlicht unfähig, etwas zu erwidern. Warum hatte er sie belogen? Es wäre kein Vorwand nötig gewesen, um um ein Treffen zu bitten. Sie hätte diese Bitte auf jeden Fall gewährt. Aber vielleicht war er sich dessen nicht sicher gewesen. Vielleicht. Doch sie konnte nicht wirklich darüber nachdenken, Feanor hatte zuviel anderes noch gesagt, das es ihr schwer machte, einen klaren Gedanken zu fassen. Was würde geschehen, schon sehr bald? Wieso musste sie Feanor, der ihr so lieb und teuer war, solchen Schmerz zufügen? Und warum brannte seine Berührung nun auf ihrer Haut wie Feuer - warum zog sein offensichtliches Verlangen nach ihr sie so sehr an, obwohl sie ihr Herz jenem Nachtelfen geschenkt hatte, der so geheimnisvoll und ungreifbar war wie das Mondlicht?


    Feanors Blick hielt sie gefangen, und in einem glasklaren Augenblick erkannte sie die Antwort auf diese Fragen. Der Fluch ihrer Mutter holte sie ein. Es war zwecklos, davonzulaufen, vor Flüchen konnte man nicht fliehen...und auch Sicil würde dagegen nichts ausrichten können. Diese Erkenntnis brach wie ein Sturm über sie herein, nach dem nichts mehr so ist, wie es war. Kraftlos ließ sich auf eine Bank sinken.
    "Ich habe 16 Jahre lang mit angesehen, wie sich mein Vater nach meiner Mutter verzehrte. Und davor habe ich erfahren, wie sehr meine Mutter sich danach sehnte, meinem Vater anzugehören und es doch nicht konnte.", sagte sie schließlich leise. "Beide dachten, sie wärten stark genug, gegen den Fluch der Nymphen anzutreten, und sie haben sich getäuscht. Weißt du, warum ich jahrelang vor jeder Beziehung zurückgeschreckt bin, die über bloße Freundschaft hinausgeht? Weil ich Angst davor hatte, dem gleichen Fluch zu erliegen. Wäre es besser gewesen für dich, mich zu besitzen - für kurze Zeit, nur um dann festzustellen, dass du mich nicht halten kannst? Deine Freundschaft war mir die wichtigste in meinem Leben, Feanor, und es tut mir mehr leid als ich sagen kann, dass ich der Grund für diesen Schmerz bin."


    Die Halbnymphe stand auf und ging nun ihrerseits ein paar Schritte. Sie versuchte, ihre Gedanken zu ordnen, ehe sie fortfuhr. "Sicil...ist wie ein Feuer, in dem ich eines Tages verbrennen werde.", sagte sie dann. "Ich liebe ihn, aber ich kann mir seiner nie sicher sein. Oh, ich zweifle nicht an seinen Gefühlen für mich, aber es gibt in seinem Leben noch andere, dunklere Mächte, die ihn umtreiben. Auch er kämpft gegen einen Fluch, und wenn mein Fluch uns nicht zuerst auseinanderreißt, so wird seiner das ganz sicher eines Tages tun. Vielleicht wäre es besser gewesen, auch dieser ... Liebe gar nicht erst nachzugeben. Jede Nymphe hofft, eines Tages den Einen zu finden, dem sie treu sein kann, aber zu oft schlägt diese Hoffnung fehl.Wie soll ich nun deine Frage beantworten?"


    Elaiyas Gedanken glitten zurück zu jenen Stunden, als Sicil in Shirashais Gewalt war und sie darauf und dran, ihn zu verlieren. Wie er sie verlassen wollte, um sie vor Unheil zu bewahren und wie sie darauf bestanden hatte, in dieser Sache ihre eigene Entscheidung zu treffen. Sie beschloss, auch dies Feanor zu erzählen. Wenn sie ihrem Freund nicht vertrauen konnte, wem dann? "...und nun fragst du, ob ich Sicil verlassen würde, wenn ihn das retten könnte - das hieße, ihm genau das anzutun, was ich ihm vorgeworfen habe." Elaiya holte tief Luft; es klang fast wie ein Schluchzen. "Aber die Antwort lautet ja - ich würde darauf verzichten, ihn zu sehen, wenn ich ihn dadurch vor Unheil bewahren könnte. Da ich nun erkannt habe, dass ich ihn verlieren werde, welchen Sinn hat es dann, das Unvermeidliche hinauszuzögern und ihn dadurch in Gefahr zu bringen?" Elaiya wandte sich zu Feanor um und blickte ihn aus Augen an, in denen kein Fünkchen Hoffnung mehr lag. "Und nachdem du dies nun alles weißt - sag mir, was du mit dieser Frage bezweckt hast? Weißt du von einer Gefahr, die Sicil droht? Und was ist es, was schon sehr bald geschehen wird?"

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    Einmal editiert, zuletzt von Elaiya Shiya'Sandra ()

  • "Ich bin diese Gefahr." Antwortete Feanor trocken und seine Stimme klang plötzlich dunkler als zuvor. Dann begann Feanors Gestalt plötzlich zu flackern. Hätte Elaiya noch für einen Augenblick lang annehmen können, ihre Augen würden ihr einen Streich spielen, so mußte sie sich im nächsten Moment eingestehen, dass dies nicht sein könnte.


    Feanor hatte sich vollkommen aufgelöst. Vor ihr stand nicht mehr der gutaussehende Elf aus vergangenen Tagen, sondern eine schwarze Wolke schwebte vor ihr, die zunächst zwar noch die Umrisse Feanors behielt, sich dann jedoch frei inm Raum bewegte.
    Und auch wenn da nichts mehr war, was zu Elaiya sprechen konnte, hörte die Nymphe eine Stimme.


    "Ja, schau mich an.. ich habe mich verändert in den letzten Jahren. Ich bin nicht mehr der, der ich war." Die Schattenwolke hüllte Elaiya ein, strich ihr über die Haut, bevor sie sich langsam wieder vor ihr sammelte und festigte.
    Als wäre nie etwas geschehen, stand Feanor wieder vor ihr. Die dunklen Augen noch ein wenig schwärzer als zuvor, die Kleidung bestehend aus schwarzen Schatten.


    "Du hast es besser als ich, Elaiya. Ich werde dich vor eine Wahl stellen, die ich nie hatte." Feanor - oder das, was er zu sein schien, fasste Elaiya bei den Schultern und sah ihr in die Augen. Verlangen, gepaart mit unsagbaren Schmerz war in seinem Blick zu erkennen und doch waren es die Worte, die er sprach, die noch tiefer zu einem eindringen mußten.


    "Dich konnte ich nie haben, Elaiya und da mache ich dir keinen Vorwurf dras. Doch es gab nach dir eine andere Frau in meinem Leben. Eine Frau, die mich machte zu dem, was ich bin. Die mich zum Diener derer machte, deren Diener ich nie sein wollte."
    Feanor hielt einen Augenblick inne, damit seine Worte besser wirken konnte.
    "Ja, ich bin ein Kind der Nacht." Als Feanor dieses aussprach, flackerte sein Antlitz erneut, gerade so, als wolle er sich wieder in einen Schatten verflüchtigen.


    "Shirashai ist nun meine Herrin, Gebieterin und Göttin. Und sie ist es, die mich mit einem Angebot zu dir schickt."
    Abermals hielt Feanor inne. "Seit dem ich so bin, wie ich bin, habe ich schon viele getötet. Nicht darauf geachtet, ob das Opfer gerechtfertigt war oder nur aus einer Laune Shirashais geschah. Nicht überlegt, wem ich Schmerzen zufüge und wer in seinem Leid endlich Erlösung findet. Ich war Todesengel und Lebensspender zu gleich. Doch dich.. dich kann ich nicht so einfach umbringen, Elaiya. Shirashai stellt dich vor ein Ultimatum. Entweder, du verschwindest alleine aus Nir'alenar und triffst deinen Sicil nie wieder - oder ich muß dir dein Leben nehmen.."


    Feanor sah fast bekümmert aus und strich mit seiner Hand über Elaiyas Wange.

  • Elaiya wich vor Feanors Berührung zurück, und nun ziegte sich in ihrem Gesicht nicht nur Hoffnungslosigkeit und Trauer. Nein, sie wirkte nun furchtsam wie ein Reh, und gleichzeitig sprach Ekel aus ihrem Blick - Ekel vor dem, was aus ihrem besten Freund geworden war, ihm, dem sie immer vertrauen zu können geglaubt hatte. Und ein wenig ungläubig wirkte sie auch. Sie konnte noch gar nicht fassen, was Feanor (insgeheim scheute sie davor zurück, diesen Namen noch mit dem Wesen vor ihr in Verbindung zu bringen) ihr gerade offenbart hatte. Aber das Gefühl, wie er sie als Schatten umhüllt hatte, würde sie wohl nie vergessen - es hatte gleichzeitig wie Feuer gebrannt und war von tödlicher, lähmender Kälte gewesen.


    "Ich habe dir vertraut!", stieß sie hervor. "Ich wäre Sicils wegen von der Stadt fortgegangen, um ihn zu schützen, wenn irgendeine Gefahr bestanden hätte. Und ich dachte, du kommst als Freund, um mich zu warnen. Und was bist du stattdessen? Sag mir wenigstens, warum Shirashai mein Unglück will und Sicils. Und dann werde ich gehen. Ja, ich entscheide mich dafür, weiterzuleben - aber glaube mir, mein Leben wird ab sofort nur noch dem einen Zweck dienen, als Zaubersängerin gut genug zu werden, dass ich meine eigenen Lieder machen kann. Mein erstes Lied, Feanor, wird dazu bestimmt sein, eine Waffe gegen die Kinder der Nacht zu sein. Mein zweites Lied wird Sicil aus Shirashais Umklammerung befreien." Ein letztes Mal blickte sie dem, der einmal ihr Freund gewesen war, in die Augen, und ihr Blick wurde ein wenig weicher. "Mit meinem dritten Lied aber werde ich eine Lösung suchen, dich zu erlösen. Dies wird das nächste und letzte Mal sein, dass wir uns wiedersehen. Denn vertrauen werde ich dir nie wieder können. Geh jetzt, Feanor, und lass mich allein."


    Damit wandte sie ihm den Rücken zu, ohne sich noch einmal umzusehen. In diesem Augenblick war es ihr egal, was er tat, und wenn er sie doch noch angriff. Sie wusste, dass sie sich mit ihren hochtrabenden Worten hohe Ziele gesteckt hatte - aber Zeit bedeutete einer Nymphe nichts, und sie brauchte irgendeine Hoffnung, die sie in den kommenden Jahren am Leben erhalten würde.

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  • "Shirashai?" Feanors Stimme wurde dünner. "Shirashai liebt ein gutes Spielzeug und sie hat deinen Sicil ausgewählt.."
    Wieder hätte Elaiya das Schauspiel bewundern können, dass aus dem früheren Freund nichts mehr als einen Schatten machte. Feanor löste sich geradezu auf und verteilte seine Substanz in den Schatten des Raumes.


    "Hätte ich dich nie geliebt, Elaiya, hätte ich nicht gezögert, dich zu dem zu machen, was ich jetzt bin.." Sprach er einen letzten Gruß und zum ersten Mal konnte Elaiya abgrundtiefe Ehrlichkeit in der Stimme hören. Das war der Feanor, den sich gekannt hatte. Der Feanor, der ihr noch ein letztes Mal die Erinnerungen an die gemeinse Zeit schickte, bevor er sich wieder in eines der grausamen Kinder der Nacht verwandelte.
    "Und wenn du dich Shirashais Willen nicht beugst, wird sie Schlimmeres schicken als mich. Sei dir dem stets bewußt."


    Die Stimme Feanors klang nur noch verzehrt und als Elaiya sich nach einiger Zeit umdrehte, war von dem Elfen nichts mehr zu sehen. Sie stand alleine in ihrer Werkstatt und nichts erinnerte an das Kind der Nacht, das ihr die unheilvolle Botschaft übermittelt hatte

  • Elaiya drehte sich erst herum, als sie sich sicher war, dass Feanor - oder das Wesen, das sich seiner bemächtigt hatte - ihr Haus verlassen hatte. Und so lange erlaubte sie sich auch nicht, ihren heftig widerstreitenden Gefühlen nachzugeben. Erst als sie schließlich allein war, ließ sie sich auf die Treppe sinken und weinte bitterlich, wie lange hätte sie nicht zu sagen gewusst. Ihre Welt lagt in Scherben -sie hatte den Mann getroffen, von dem sie annahm, er könne ihren Fluch brechen, und ausgerechnet ihn hatte eine übelmeinende Göttin sich zum Spielzeug erkoren. Sie hatte an der Akademie ihren Gesang vervollkommnen wollen, und nun war es ihr verboten, die Stadt zu betreten. Was blieb ihr noch? Ihr Wille zu überleben, zu lernen und schließlich Rache zu üben...


    Die Tränen versiegten. Elaiya richtete sich auf und ein neuer, entschlossener Ausdruck trat in ihre Augen, doch gleichzeitig schien jede Wärme aus ihnen gewichen zu sein. Wenn sie nicht in der Akademie lernen konnte, würde sie eben anderswo nach Meistern der Liedzauberei suchen, angefangen bei ihrem Vater. Wenn wahre Liebe ihr versagt blieb, dann sollte sie vielleicht aufhören, gegen ihr Nymphenerbe anzukämpfen... den Tod zu wählen, oder noch Schlimmeres, das Shirashai ihr durch Feanor in Aussicht gestellt hatte, hieße jedenfalls aufgeben und jede Hoffnung von vorneherein zunichte zu machen. Und dazu war sie nicht bereit, denn im Grunde liebte sie das Leben, immer noch, und es hätte auch Sicil nicht davor bewahrt, sie zu verlieren.


    Sie stieg die Treppen hinauf und packte zusammen, was sie an Kleidern und Schmuck hatte und gut mitnehmen konnte, dann packte sie auch ihre Werkzeuge ein sowie ihre Harfe, ihr Meisterstück. Die erst halbfertigen Musikinstrumente ließ sie zurück. Zuletzt schrieb sie einen Brief an Sicil, in dem sie ihm erklärte, was geschehen war und warum sie gezwungen war zu gehen. Der reif endete mit
    ...ich werde wiederkommen, irgendwann - wenn ich genug gelernt habe, es mit den Dienern der finsteren Göttin aufzunehmen. wieviele Jahre darüber ins Land gehen, weiß ich nicht. Ich erwarte nicht, dass du auf mich wartest, genausowenig wie ich versprechen kann, im Exil, das vor mir liegt, treu zu bleiben. Ich habe erkannt, dass man vor seinen Flüchen nicht davonlaufen kann. Jeder wird dir sagen, dass man eineNymphe letztendlich nicht halten kann. Ich möchte - wie du - keine Versprechungen machen, die ich nicht halten kann. Wenn ich bei dir bleiben dürfte, vielleicht hätten wir es zusammen geschafft, aber das ist mir nun versagt. Nimm dich vor Shirashai in Acht, Mondlicht - Lebe wohl.


    Im Morgengrauen des nächsten Tages verließ Elaiya ihr Häuschen und Nir'alenar, ohne nocheinmal zurückzuschauen. Einen Teil ihres Schmuckes und ihres ersparten Geldes gab sie für ein Reitpferd aus, in einem der größeren Dörfer auf ihrem Weg, und dann wandte sie sich zum Silberfluss, zur Heimat ihrer Mutter, Shir'elei an ihrer Seite.

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  • Sicil hatte den Weg zu elaiyas Haus im Abendrot begonnen und war nun hier, als der Mond sich hinter dem Horizont blicken ließ. Er war in guter Stimmung und hatte Elaiya länger nicht gesehen, das letzte Mal, als sie bei ihm Übernachtet hatte, nachdem sie Beron über den Weg gelaufen war. Er ging mit weit ausgreifenden Schritten auf ihr Haus zu. Je näher er kam, desto mehr hatte er das Gefühl drohender Gefahr, seine Nackenhaare stellten sich auf und er bemerkte, dass Elaiyas Haus nicht erleuchtet war. Blätter hatten sich über den Tag auf ihrer Schwelle gesammelt und die Tür war nicht verschlossen. In Sicils Kopf schrillten alle Alarmglocken, Beron, Räuber, was war mit Elaiya? er Zog seine Dolche und schlich sich ins Haus. Langsam durchsuchte er Zimmer für Zimmer aber Elaiya war weg. Ihre Kleider waren weg, kein Schmuck mehr und ihre geliebte Harfe war auch nirgends zu finden. Sicil kam in das Wohnzimmer, sah den Brief auf dem Tisch und las, was Elaiya ihm hinterlassen hatte, Sicil stand in geschwungenen Lettern auf dem Papier.


    Sein Blick verfinsterte sich, seine Augen brannten vor Zorn und aus einem Augenwinkel lief eine Träne die auf seiner Wange verharrte und dann klingend zu Boden fiel. sie war auf der Wange zu Mondkristall geworden. er hob sie auf, und legte sie an die Stelle wo die Muschel gestanden hatte in der Elaiyas Perle und seine Träne gewesen waren. Dann kontrollierte er alle Fenster, ging hinaus, rollte den Brief zusammen und versiegelte die Tür des Hauses symbolisch mit Mondlicht, dass er kondensieren lies, ebenso wie er den Brief mit diesem Material umschloss.


    "Die Würfel sind gefallen!" sagte er mehr zu sich als zu jemandem bestimmtes, setzte seine Kapuze auf und verschmolz mit den Schatten am Waldrand. Shirashai wollte spielen, gut, das Spiel hatte begonnen...

    '...by the pricking of my thumbs, something wicked this way comes...'
    William Shakespeare, Macbeth (IV, i, 44-45)
    "Life is Honour. It Ends when Honour Ends"
    Akinwande Oluwole Soyinka, Death and the King's Horseman
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