Seine Augen suchten, fanden aber nicht. Also erst einmal Abstand nehmen und selbst bestimmen, sich nicht bestimmen lassen; schon gar nicht von einem Yassalar.
Er selbst hielt die Fäden der Zeiten, der Augenblicke, die Reihenfolge seiner Tage in den Händen, wie die Muscheln seiner Kette, und Mallalai war sich nun sicher, dass er nicht so fest in seine Haut eingeschlossen war, wie es oft schien … seine Träume, sein Hoffen, waren der beste Beweis dafür, dass er nicht aufreißen musste, um sich zu ertragen, Platz in sich zu finden. Aufeinanderfolgende Schichten von Haut, abgepellt und geheilt, zerschnitten und vernarbt. Es sollten diese Erinnerungen, die ihn täuschen wollten, nicht wieder durchbrechen; man sollte sie mit diesem schwarzen, bedauerlichen Geschöpf fliehen lassen. Sie waren vielleicht nicht rückgängig zu machen, zeigten aber nicht in eine Zukunft, trugen ihn ihr nur entgegen. Sie konnten, verankert im Verstand, nicht wahrnehmen, aus was sein Herz bestand.
Jetzt war es doch anders. Nachgeben, ohne verletzt zu werden, nicht ein Hauch eines Wortes durfte den Sand unter seinen Füßen zum Rutschen bringen, der sich endlich nach einer Ewigkeit gefestigt hatte, ihn nicht den Wassersturz hinab spülen, wenn es noch Felsen zum Fassen gab.
Es würde anders beginnen und enden.
Wie vernünftig. Gegenwärtig.
Also blickte er zu Amaray zurück und brachte für sie sogar den Ansatz eines Lächelns zustande.
So wie dieser erste Atemzug wieder an die Oberfläche stieg und jäh alle Gerüche und Eindrücke sich in Mallalai ausdehnten, nahmen die Gefühle wieder ihre alte Bedeutung, die Personen nahmen ihr Gesicht an, die Häuser ihre Festigkeit, die zerbrochenen Schiffe wurden gegenwärtig.
Und nun sah er auch die Unsicherheit, die Angst, die sie mit der Leere erreichte … <i>so dass ich jäh im Schwimmen innehalte, und in Geschwindigkeit jagen und formen sich die absurdesten Angstbilder im Gehirn.</i> Angst, so konzentriert und plötzlich, dass er das Bittere darin schmecken konnte. Er kannte sie, die kam, wenn das Unbekannte sich vor einem aufbaute.
Und auch wenn sie versuchte so zu tun, als sei nichts gewesen, haftete etwas ganz Fremdes ihr an, weil Worte und Gesten gerade nur leere Hüllen waren, die die Furcht nicht füllen konnte, denn diese nahm alles, was man ihr gerade bot – lastete seine Aufmerksamkeit auf ihr, sein Atemklang, das Pochen des Blutes im gleichen Ton, weil alles noch so schwer erschien.
Ganz zart seine Geste: wenn sie es nur zulassen würde, dann höbe seine geöffnete Hand ihre Handfläche auf, ohne dass er seine Finger mit ihren verflechtet, bietet er ihr nur sanften Halt an. Wenn sie ablehnte, bliebe es eine haltlose Geste in der Leere, die die Trockenen Luft nennen. Wir ahnen immer ein Unglück auf uns zukommen und zugleich die Neugier ihm zu begegnen; sei gewiss: sie überflügelt zuletzt alle Angst, sagte der Mira’Tanar mild und hoffte an ihrer Seite zu genügen.
Dann sollten wir vermutlich zu den Hallen der Magie gehen und dort mit der Suche beginnen, schlug Mallalai vor, Bist du einverstanden, Amaray? Wie einfach das Heben und Senken seines Atems in der endlich wieder gefundenen Ruhe wurde, der sich in der kurzen Anstrengung des Auftauchens beschleunigt hatte: ein wenig Vergessen zu finden und Erinnerungen zu entschärfen, das hatte sie ihm bereits geschenkt.
Hinter der Maske betont ruhiger Gelassenheit betastete er sich selbst freudig erregt, neugierig, wie es sich entwickeln mochte und ebenso leicht verzweifelt, denn er war sicher den Yassalar verloren zu haben.