Der Palast der Nacht (alt)

  • Brennan traf diese Ehre wie ein Schlag, der ihm kurz den Atem raubte.
    Demutvoll drückte Brennan die Hand, in der er die Steine hielt, an sein Herz und verneigte sich vor Sharinoe.


    "Habt Dank für diesen Beweis eures Vertrauens. Habt Dank, Sharinoe, habt Dank, Shirashai."


    Tatsächlich fühlte Brennan sich mehr als geehrt. Nicht jeder Jünger bekam das Leben eines Wesens in die Hände gelegt und auch wenn Brennan Shirashai schon mehr als einmal leibhaftig begegnet war, hatte er mit so einem kostbaren Geschenk nicht gerechnet.


    "Ich werde mein Bestes geben, ihn wieder auf den richtigen Weg zu leiten und ihm die Liebe und Güte Shirashais lehren."


    Brennan hob wieder den Blick und ein Lächeln war auf seinen Zügen zu erkennen. Er wandte sich an Sicil und die ganze Körpersprache, die er dem Nachtelfen gegenüberbrachte, war nun viel entspannter. Der Vogelhändler erahnte Macht der Blutrubine und wußte, dass er keinen Angriff Sicils mehr zu befürchten hatte.


    "Wollt ihr mir folgen, Sicil i Undómê? Die Kinder Shirashais wollen beten und ich glaube, ihr seid noch nicht bereit dafür. Noch nicht."
    Eine sanfte Hand legte sich auf Sicils Rücken und drückte den Nachtelfen in Richtung Ausgang.

  • Shiya hatte Mühe der Handlung zu folgen, verstand nicht, wieso der Nachtelf so einen Wirbel verursachte und was er gegen die Göttin hatte. Aber seine Worte brannten sich wie eine Warnung in ihren Kopf. Wachsam beobachtete sie den weiteren Verlauf. Der Sinn hinter Shirashais Worten blieb ihr verborgen, doch ihre feinen Sinne meinten Gefahr zu spüren. Shiya wusste nicht mehr, wem sie glauben sollte. Womöglich hatte der Nachtelf recht und der schöne Schein, der hier herrschte, trügte die Anwesenden - sie eingeschlossen.
    Noch immer saß sie angespannt auf der Bank und wurde immer unruhiger, wusste nicht wie sie sich verhalten sollte. Ihren Begleitern schien es nicht besser zu gehen als ihr, denn beide hatten schon eine Zeit lang kein Wort mehr von sich gegeben. Wahrscheinlich waren sie ebenso verunsichert wie Shiya.


    Als Brennan den Nachtelfen hinausführte, stand Shiya langsam auf. Er war derjenige, der sie hierher geführt hatte. Wenn er nun ging, was sollte sie noch hier? Ohne ihn verspürte sie nicht mehr den Drang dem Gottesdienst zu folgen, denn mit ihm hatte sie auch ihre Informationsquelle verloren. Nach einem kurzen Blick auf Sharinoe bewegte sich auch Shiya geschmeidig auf den Ausgang zu und überlegte derweil, ob sie Brennan und dem Fremden folgen oder das Geschehene einfach vergessen sollte. Zumindest an Chavariya und Aves dachte sie in diesem Augenblick schon nicht mehr.

  • Sicil versuchte sich zu wehren, doch seine Beine und Füße versagten ihm den Dienst, die Stimme von Brennan, dem verhassten Jünger, hatte eine mehr oder weniger hypnothische Wirkung auf sicil und er folgte ihm auf die Strasse. Er versuchte sich zu wehren, versuchte Herr über seine Beine zu werden, doch sie gehorchten ihm nicht und Brennan war so überzeugend, es hörte sich alles so richtig an was er sagte. Sicil schüttelte den Kopf wie um den Schleier von seinen Gedanken zu bekommen, doch es brachte nichts.


    'Die Rubine', ging es ihm durch den Kopf,'Ich brauche die Rubine um wieder Herr über mich selbst zu werden.'


    Draussen auf der Strasse sog er die kühle Nachtluft tief in seine Lungen und sein Kopf klärte sich.


    "Was jetzt, Marionette. Wie willst du mich belehren?"

    '...by the pricking of my thumbs, something wicked this way comes...'
    William Shakespeare, Macbeth (IV, i, 44-45)
    "Life is Honour. It Ends when Honour Ends"
    Akinwande Oluwole Soyinka, Death and the King's Horseman
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  • "Aber bitte, Freund Sicil.."
    Brennans Stimme nahm wieder diesen warmen, samtigen Ton an.
    "Ihr wollt doch wohl nicht vor einer Dame versuchen, mich zu beleidigen, oder? Nein, das gehört sich nicht."


    Der Vogelhändler schob Sicil weiter, sah sich aber um ob auch Shiya ihnen folgen würde. Er lächelte die junge Frau an und erst als sie etwas Abstand vom Palast der Nacht gewonnen hatten, hielt Brennan in seiner Bewegung inne. Sie standen vor einer steinernden Bank und Brennan stellte Sicil frei, ob er Platz nahm. Mit ernstem Ton fuhr er fort.


    "Wenn eine Göttin jemanden um so einen Gefallen bittet, dann schlägt man ihn nicht aus. Ich hoffe ihr versteht mich da." Brennan sah Sicil an. "Ich will euch nichts böses tun und euch kaum durch Zwang bekehren oder gefügig machen." Er seufzte tief und sah Shiya an. Zumindest würde er beides nie und nimmer vor einer Frau zugeben.


    "Doch unsere Leben sind nun miteinander verbunden und wir sollten versuchen das Beste daraus zu machen. Habt ihr eine Unterkunft, Sicil? Oder eine Arbeit?"
    Brennan ging einen Schritt von Sicil zurück und stellte sich neben Shiya. Er hoffte sehr, dass die hübsche Frau eine beruhigende Wirkung auf den Unglückseeligen hatte.
    Leise flüsterte er ihr zu. "Es tut mir leid, dass ihr das miterleben mußtet. Normalerweise wird das Ritual der Blutsteine nur selten bei uns durchgeführt. Ich selbst habe es noch nie mit eigenen Augen gesehen. Doch dieses Wesen hier muß viel durchgemacht haben und scheint innerlich von Zorn und Wut aufgefressen zu werden. Es ist Shirashais Versuch, ihm so zu helfen, diesen Hass ablegen zu können."


    Was Brennan sagte, stimmte nicht ganz - aber er brachte es so überzeugend dar, dass man geneigt sein könnte es zu glauben. Dabei fühlte er sich in seiner Rolle derzeit nicht unbedingt sicher. Er wußte nicht, wieviel Macht er nun über Sicil hatte und ob er mit einem wütenden Nachtelf an seiner Seite sich nicht vielleicht selbst und die, an denen ihm etwas lag, in Gefahr brachte.

  • "Oh, wie edel von euch, Marionette! Wenn ihr dass nicht wollt, händigt mir einfach mein gefrorenes Blut aus und ich werde euch nicht behelligen. Was haltet ihr davon? Ihr glaubt doch wohl selbst nicht, dass ich mich von euch zu dem bekehren lasse, oder nur daran denke in meinen Einstellungen nachzugeben, die ich seit ich denken kann verachte ob dem was sie meinem Volk angetan hat."


    Sicil war stehen geblieben. Er kochte innerlich vor Wut, Wut auf sich selbst und Wut auf die Situation. Hätte er doch eher zwei Dolche geworfen oder sonst irgendetwas.


    "Was befehlt ihr jetzt, Marionette"


    Er sah Shiya mit unverholener Verachtung an, einerseits, weil die Situation so aussichtslos war und andererseits, weil sie freiwillig dem Gottesdienst beigewohnt hatte. Dann schüttelte er den Kopf, versuchte sich zu beruhigen und sprach zu ihr.


    "Glaubt ihm kein Wort, die Marionette der Göttin hier spricht mit gespalltener Zunge. Wenn ihr nicht in diesen Sumpf der Shirashai umgibt hineingezogen werden wollt, dann solltet ihr beser eurer Wege gehen. Vergesst diesen Abend, aber vergesst meine Warnung nicht."

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  • "Verdammt!" Für einen Augenblick schien Brennan zu vergessen, dass eine Dame anwesend war. Er trat auf Sicil zu und sah dem Nachtelfen in die Augen.
    Dann hob er die Hand, in der er die Steine hielt zur Faust geballt Sicil entgegen. Für einen kurzen Augenblick sah es sogar so aus, als wolle Brennan Sicil schlagen, doch im letzten Moment hielt er inne und besann sich Shiyas Anwesenheit.
    "Zuerst einmal, hör auf, mich Marionette zu nennen." Es würde sich zeigen, wie groß die Kraft der Blutrubine war. Brennan hoffte, dass sein Befehl tatsächlich Wirkung zeigen würde.


    "Ich will euch nicht bekehren. Wenn ihr Shirashai nicht huldigen wollt, ist das eure Sache. Es gibt noch genügend andere Götter die um Aufmerksamkeit betteln. Ich will nur eins. Ich will euch schützen."
    Brennans Worte klangen aus irgendeinem Grund ehrlich.
    "In eurem jetzigen Zustand stellt ihr eine größere Gefahr für euch selbst da, als für Shirashai. Sie ist eine Göttin - sie könnte euch jederzeit vernichten. Doch ist es eure grenzenlose Wut, die euch zu einem Spielzeug von ihr macht. Ihr nennt mich Marionette, aber handelt selbst genauso wie sie es sich wünscht."
    Die Augen des Vogelhändlers funkelten, als sich seine Faust wieder öffnete und die Rubine preis gab.


    Brennan sah Shiya an. "Glaubt ihm nicht. Weder ich bin ein Unmensch, noch ist es irgendjemand aus Shirashais Orden. Wir huldigen die Nacht, doch ist das ein Verbrechen?" Der dunkle Schopf schüttelte sich.
    "Ich schlage euch einen Handel vor, Sicil i Undómê. Für jeden Tag, an dem euer Zorn verraucht und ihr wieder mehr das Wesen werdet, dass nicht so von Hass zerfressen und fähig ist, dass es friedliche Gläubige bedroht, bekommt ihr einen der Steine zurück."

  • Shiya war den beiden gefolgt, hielt jedoch ein wenig Abstand und hörte vorerst lediglich zu. Dabei betrachtete sie den Nachtelfen genauer. Shiya musste sich eingestehen, dass sie nur sehr wenig, eigentlich gar nichts, über dieses Volk wusste. Der Nachtelf, der nun vor ihr stand schien äußerst verärgert zu sein und Brennans Worte bestätigten ihren Eindruck. Aber er sagte auch, dass Shirashai ihm helfen wolle. Und er sagte das mit einer solchen Überzeugung, dass Shiya nicht umhin kam, ihm zu glauben. Denn was sollte die Göttin mit ihren Taten sonst bezwecken? Entweder sie wollte ihm helfen oder ihm schaden. Letzteres wollte Shiya einfach nicht in den Sinn.


    Außerdem machte der Nachtelf wirklich einen merkwürdigen Eindruck auf sie. Dass er Brennan immer und immer wieder Marionette nannte, verstärkte dieses Gefühl noch, denn Brennan kam Shiya keineswegs wie eine Marionette vor. Der andere dagegen sprach verzweifelt, doch mit ebenso viel Gefühl. Die Cath bekam Mitleid mit dem Mann. Ihm musste tatsächlich etwas widerfahren sein, dass ihn äußerst wütend und verzweifelt werden ließ.


    Als er sie ansprach, plötzlich und mit deutlicher Verachtung, wurde Shiya aus ihren Gedanken gerissen und zuckte zusammen. Dennoch sah sie ihm, als sie sich wieder gefangen hatte, fest in die hellen Augen. Und sie wollte ihm antworten, wollte sagen, dass sie vorsichtig genug war und Gefahr, wenn es denn eine gebe, durchaus erkennen konnte. Und sie würde sich nicht abhängig von einer Gottheit machen, obwohl Shirashai keinen schlechten Eindruck auf sie gemacht hatte. Im Gegenteil.
    Aber bevor sie all das sagen konnte, kam Brennan ihr zuvor. Einen Moment schien er tatsächlich die Fassung zu verlieren und Shiya schoss durch den Kopf, dass der Nachtelf vielleicht doch Recht gehabt hatte. Doch dann sprach Brennan wieder vernünftig, glaubhaft und Shiya nahm ihm all seine Worte ab. Ja, Shirashai konnte dem Nachtelfen schaden, wenn sie wollte. Dazu bräuchte sie keinen ihrer Jünger. Also musste sie ihm helfen wollen.


    Shiya trat einen Schritt auf den Nachtelfen zu und blickte abwechselnd zu ihm und den Rubinen in Brennans Hand. Dann sprach sie mit leiser Stimme, die ihre Unsicherheit und ihr Unwohlsein ausdrückte: "Vielleicht solltet Ihr das Angebot annehmen? Weniger Hass würde Euch sicher nicht schaden und warum sollte die Göttin Euch Böses wollen?"

  • Sicils augen verengten sich zu Schlitzen, Schlitze aus denen das warme goldene Licht seiner Iris wie ein Hohn hervorleuchtete, er musterte Shiya erneut, sah ihr in die augen und wußte im gleichen Moment, dass er hier in seiner jetzigen Verfassung eher Schaden anrichten konnte, als dass er etwas bewirkte. Er sah ihr direkt in die augen, und sagte mit leiser belegter Stimme.


    "Was wisst ihr schon. Ihr und diese M..., diese M....." Sicil versuchte Brennan weiter mit dem Wort Marionette zu beschimpfen, doch er konnte es nicht, nicht dass er das Wort nicht hätte aussprechen können, doch weigerte sich sein Geist, das Wort für Brennan zu benutzen. Das war die Kraft der Steine, und Sicil fühlte sich ausgeliefert. Er ralisierte jetzt, wo der rote Vorhang der Wut langsam verflogen war, in welcher Situation er wirklich steckte. Er schloss die Augen, holte tief Luft drehte sich kurz weg und ging drei Schritte, dann drehte er sich wieder zurück zu den beiden, die Augen immer noch geschlossen.


    "Ich werde euch etwas erzählen, etwas über uns. Wagt es nicht mich zu unterbrechen, Jünger, nicht jetzt! Ich bin das was ihr seht, ich bin als Nachtelf geboren und kenne nichts anderes, aber wir Nachtelfen waren nicht immer so. Einst waren wir Elfen, Elfen die die Sonne liebten und den Tag der Nacht vorzogen, bis Sie kam und aus eifersucht auf ihre Schwester Eriadne einige der Elfen zu dem gemacht haben was ich bin. Habt ihr euch jemals gefragt, warum Nachtelfen eine Aura der Traurigkeit umgibt? Falls ihr je über euren Schatten gesprungen seid um euch mit einem zu unterhalten. Wir sind körperlich Kinder der Nacht, doch in unserem Inneren, in unserem´n Herzen sind wir immer noch das was wir einst waren. Das hat sie nicht ändern können. Wir verlangen nach der Sonne, wir sehnen uns nach ihr, doch würden wir diesem Sehnen nachgeben, würde sie uns verbrennen."


    Sicil zog den Ärmel seines Hendes Hoch um die Verbrennungen auf seinem Handgelenk zu zeigen, die darauf zurückgeblieben waren.


    "Als Sie merkte, dass sie unser Wesen nicht für sich gewinnen konnte, verlor sie das interesse und überließ uns unserem Schicksal. Das ist ein Grund für das was eben passiert ist. Der nächste ist, dass sie dafür gesorgt hat, nachdem sie mich kennenlernte als ich ihren Fluch abschütteln wollte, dass die Frau, der ich erlaute näher an mich zu kommen, verschwunden ist. Und nun bietet mir dieser Jünger, generös wie er ist, an, mir mein Leben zurückzugeben, wenn ich das, was meinen Zwiespalt und meine Wut erst entfacht hat einfach fallen lasse."


    Sicil öffnete die Augen, sah beide an, fixierte dann Brennan und sagte.


    "Lebt ihr lange genug um den Moment zu erleben, an dem ich euren Vorschlag in betracht ziehe?"

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  • Brennan kniff die Augen zusammen und sah Sicil an.
    "Was wollt ihr tun, wenn nicht meinen Vorschlag annehmen?" Brennan riss die Hand mit den Rubinen hoch. "Habe ich nicht Macht über euch? Könnte ich euch nicht befehlen, vor mir zu knieen?" Der Vogelhändler reckte das Kinn und einen Augenblick konnte man sich nicht sicher sein, ob er Sicil tatsächlich befehlen würde, auf die Knie zu sinken.


    "Ihr habt nur diese Chance, Nachtelf. Denn ich werde den Zorn meiner Göttin nicht auf mich ziehen und euch einfach gehen lassen. Nicht ohne dass ihr einen Funken Einsicht zeigt."
    Der Dunkeläugige drehte sich zu Shiya um und senkte das Haupt.


    "Es tut mir leid, Teuerste. Ich wollte nicht, dass ihr den Zorn der Göttin zu sehen bekommt. Gerne hätte ich euch ihre Herrichkeit gezeigt, doch.." Mitleidig sah Brennan Sicil an. "Diese Kreatur hat zuviel Hass in sich. Sind wir nicht alle von den Göttern verflucht? Auch ich werde niemals das echte Sonnenlicht sehen können oder einen Fuß von dieser Insel setzen können. Verfluche ich deswegen Narion oder Eriadne?" Brennan schüttelte den Kopf. "Es ist das gegebene Schicksal und ich würde nichts erreichen, in dem ich wie ein Floh die Götter beiße, so lange bis sie auf mich treten."


    Sein Blick ging wieder zu Sicil. "Ich werde euch behandeln wie jeden anderen. Ich werdet kein Sklave sein und dürft euch frei bewegen. Doch werdet ihr künftig bei mir wohnen und mir in meinem Geschäft zu Hand gehen. So lange bis ihr mir in die Augen sehen könnt und in mir den Menschen und nicht den Gläubigen seht."
    Der Dunkeläugige sah auf die Rubine in seiner Hand und dann zu Shiya. Wäre sie nicht dagewesen, wäre er anders mit Sicil umgegangen, dass wußte er. Aber so band ihn sein Wort und er widerstand, die Macht der Rubine weiter zu testen.

  • Sicil überlegte lange, dann sagte er


    "Habe ich denn eine andere Wahl ob der Wahl die du mir lässt?"


    Er war aus gutem Grund zum Du übergegangen.


    "Vergleiche deine Situation nicht mit der meinen. Die Menschen und Wesen dieses Kontinents hatten die Freie Wahl, sie hatten einen freien Willen, denn die Götter können zürnen, sie können drohen und sie können bestrafen, doch die Wahl blieb in der Hand derer, die schwach genug waren darauf hereinzufallen. Wir waren nicht schwach, wir wurden aber auch nicht gefragt, ob wir gernen Wesen der Nacht sein wollten und wir hatten nicht die Wahl uns dagegen zu entscheiden.
    Sei's drum. Ich werde mit dir gehen Jünger, ich werde bei dir wohnen und ich werde dir helfen, aber nicht weil ich es will, sondern weil du mir ebenfalls keine Wahl lässt. Ich habe in diesem Gotteshaus niemanden verletzt, noch habe ich jemanden in Gefahr gebracht, oder warst du in irgendeinem Moment von mir bedroht, hast du dich nur bedroht gefühlt? Du warst bedroht, weil du dazwischen gegangen bist. der einzige, der heute Nacht verletzt wurde bin ich selbst."


    Sicil zeigte seine Hand und die Schnittwunde, die er sich selbst beigebracht hatte.


    "Entweder ich gehe mit dir oder du zwingst mich dazu, zu was macht es dich, zu einem Jünger deiner Göttin, du hast gut aufgepasst und gelernt, Günstling!"


    Sicil lächelte offen, ein sehr hintergründiges Lächeln. Seine Wut war weg, wieder in dem Winkel seines Geistes, aus dem sie gekommen war, gut verschlossen um herausgeholt zu werden, wenn er sie brauchte. Er ging auf Brennan zu und wartete darauf, was er tun würde.

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  • Brennan schüttelte den Kopf. "Du bist einfacher gestrickt, als ich gedacht hatte, Nachtelf. Das wird dich zu einem guten Arbeiter machen, aber zu einem schlechten Zuhörer."
    Beinah traurig sah Brennan Sicil an. "Du hast mehr dort drinnen verletzt als nur dich. Du hast jede einzelne Person verletzt. Jedes Wesen, dass sich dort versammelt hatte um seinen Kummer und sein Leid der Göttin mitzuteilen. Jeden, der seine Freude und sein Glück mit der göttlichen Macht teilen wollte. Du hast ihnen alle einen Moment der Zweisamkeit gestohlen und sie vielmehr verletzt, als man es körperlich je könnte."


    Brennan verneigte sich vor Shiya. "Wollt ihr noch ein Stück mit uns kommen, meine Teuerste? Oder darf ich euch nach Hause begleiten? Ich glaube ich könnte diesem Nachtelf die ganze Nacht lang erklären, dass wir alle verflucht sind und keine Wahl haben, wer wir sind oder wie wir leben müssen, doch ist er so selbstverliebt, dass eine solche Diskussion keinen Sinn hätte und wir diesen Abend besser beenden."


    Der Vogelhändler seufzte und sah Shiya an. Hübsch war sie und gerne hätte er ihr mehr von Shirashai gezeigt und erzählt. Auch das hatte Sicil unmöglich gemacht. "Darf ich euch irgendwann wiedersehen?"

  • Sicil prustete, dieser Diener der Verderberin war zu sehr in sein eigenes Leben verstrickt, als dass er ihn verstehen würde und er wollte Sicil nicht verstehen, was sollte er sich mühe geben. Das nach über 250 Jahren die Ignoranz Sicil noch immer so auf die Palme brachte hätte er nicht gedacht. Nun war er Gefangener. Aber Dieser Kerl sollte sich wundern, die erste Pflicht eines Gefangenen ist die, auszubrechen. Er verstaute seine Gefühle wieder da, wo sie niemand verletzen oder mit Füßen treten konnte und ging teilnamslos hinter diesem Selbstverliebten Pfau her. Wenn Shirashai nicht seine Gelüste so gut befriedeigen würde, würde dieser Kerl wahrscheinlich auch nicht ihr huldigen.


    "Überlegt euch was ihr tut, ihr habt unsere Unterredung gehört!" zischte er Shiya zu.

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    Einmal editiert, zuletzt von Sicil i Undómê ()

  • Shiya verfolgte aufmerksam, was der Nachtelf zu berichten hatte. Seine Geschichte, die Geschichte seines Volkes... Die Cath'shyrr wollte es hören und doch wieder nicht. Sie hatte keine Ahnung gehabt, hatte nicht gewusst, was sein Volk hatte durchmachen müssen und immernoch tat. Sie bekam mehr und mehr Mitleid mit ihm, obwohl das womöglich gar nicht seine Absicht gewesen war. Hatte er mit seinen Worten Verständnis erreichen wollen, so hatte er auch dies bei Shiya erreicht. Zu sagen vermochte sie allerdings nichts. Ihre Gedanken überschlugen sich wild. Sie wusste nicht mehr, wem sie trauen konnte. Wahrscheinlich hatten sie beide ihre Gründe, denn das, was Brennan sagte, erschien ihr ebenfalls nicht unwahr. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass es für beide keinen Ausweg gab. Ja, alle waren sie gefangen in ihren Schicksalen und würden wohl nie zueinander gelangen. Oder doch? Gab es nicht immer einen Ausweg? Brennans Frage... "Sind wir nicht alle von den Göttern verflucht?"... stimmte, war so wahr. Auch Shiya wusste das, obwohl sie keine Gefangene dieser Insel war - aber auf eine andere Art und Weise. Doch es musste einen Ausweg geben...
    Aber wollte sie darüber nachdenken? Hier und jetzt? Wollte sie sich mit den beiden Fremden beschäftigen, obwohl sie sie noch immer nicht verstand? Vielleicht nicht verstehen konnte?


    Brennans Fragen kamen ihr gelegen, rissen sie aus den Gedanken. Und er gab ihr die Möglichkeit zu gehen - auf anständige Weise. Sie würde nicht die Unterhaltung unterbrechen oder einfach verschwinden müssen. Ein wenig dankbar, aber auch traurig, unsicher, lächelte sie Brennan an. "Nein, vielen Dank. Ich denke, dass ich nicht länger hierhin gehöre. Ihr solltet Eure Wege fortsetzen und hoffentlich klären, was es zu klären gibt. Nach Hause komme ich alleine." Sie kam ihm etwas näher und sagte aufrichtig: "Ich danke Euch, dass Ihr mir Eure Welt habt zeigen wollen. Und ja, wir werden uns wieder sehen. Bei einer besseren Gelegenheit als die jetzige."
    Dann wandte sie sich an den Nachtelfen. "Ich wünsche Euch Glück auf Eurem Weg, wohin er auch führen mag", war alles, was sie sagte. Shiya nickte Brennan noch einmal zu, drehte sich um und ging. Und schon jetzt dachte sie darüber nach, was wohl mit den beiden geschehen würde. Ob sie sich je annähern werden?

  • Höflich verabschiedete auch Brennan sich von Shiya und sah ihr kurz hinterher. Dann glitt sein Blick wieder zu Sicil und der Shirashai-Jünger mußte sehr um seine Beherrschung ringen. Dieser Nachtelf ließ das Feuer in ihm ständig auflodern und doch wollte Brennan sich nicht versucht fühlen, ihn so zu behandeln, wie das was er nun war. Ein einfacher Sklave. Ein Gefangener Brennans Gunst.


    Nein, er hegte tatsächlich die Hoffnung, dass Sicil irgendwann seine Bitterkeit verlor und nicht mit gezücktem Messer durch die Gegend und durch fremde Tempel lief.


    "Komm mit mir, Sicil i Undómê." Es war schwer, das nicht wie einen Befehl an einen Hund klingen zu lassen, doch Brennan meinte, es sei ihm gelungen.
    "Ich wohne nicht weit von ihr. Du wirst deine eigene Kammer bekommen. Es ist nur die Kammer eines Gesellen, aber sie sollte dir reichen. Ein Taschengeld werde ich dir ebenfalls zahlen, wenn deine Arbeit in der Vogelhandlung gut ist."


    Brennan setzte sich in Bewegung und umklammerte die Rubine fest mit seiner Faust. Er hoffte, dass der Nachtelf ihm folgen würde und blickte sich nicht um.

  • Sicil schlug die augen nieder und ergab sich fürs erste in diese vertrackte Situation, er trottete hinter Brennan her und war dabei so leise, dass seine Schritte kaum vernmmen wurden. Zu Shiya gewandt sagte er.


    "Auf wiedersehen hübsche Nachtschwärmerin, ich hoffe falls wir uns wiedersehen, dass die Vorzeichen anders gelagert sind als jetzt."


    Er deutete ein Handzeichen an, welches 'Gute Reise' bedeutete und beeilte sich geräuschlos, den Abstand zwischen Brennan und sich nicht zu groß werden zu lassen.


    "Darf ich bei euch ein schmutziges Tuch haben um meine Wunde notdürftig zu verbinden, Meister?"


    Sarkasmus troff aus dieser Aussage, jedoch konnte Sicil sich nicht zurückhalten. Er wußte dass es nur Öl auf das Feuer war, das Brennan schürte.

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  • "Ihr werdet bei mir alles bekommen, was ihr benötigt, Sicil." antwortete Brennan trocken.
    "Ich habe eine kleine Gesellenkammer, die ihr euch nach euren Wünschen einrichten könnt und es soll euch weder an Speis und Trank, noch an Kleidung und anderen Gütern fehlen. Ihr seid kein Sklave meinerselbst, sondern werdet bezahlt wie ein Geselle."


    Es erfüllte Brennan ein wenig mit Stozl, so großzügig sein zu können. Er hätte den Nachtelfen auch unter der Treppe schlafen lassen können und ihm nur Brotkanten und abgestandenes Wasser reichen müssen - Shirashai hätte das wohl kaum gestört.
    Aber auch wenn Sicil es nicht glauben können würde, Brennan wollte tatsächlich, dass der Nachtelf seinen Hass verlor. Und er würfe sein Bestes geben, dass zu erreichen.


    Wenig später standen sie vor der Vogelhandlung Brennans.
    "Hier sind wir. Euer Zuhause für die nächsten Monate.."

  • "Vögel, hm! Welch ein Beruf für einen wie euch. Ihr könntet euch im Wettstreit mit den schönsten exemplaren messen. Ein schillernder Charakter und keine Tiefe."


    Sicil ging hinter Brennan her und ließ sich ein wenig führen, nicht dass er wirklich interesse an den Dingen um ihn herum gezeigt hätte. Dann grinste er.


    "Habt ihr euren Laden bei Nacht offen, oder soll ich nachts saubermachen. Sogar euch dürfte schon zu Ohren gekommen sein, dass ich mit der Sonne nicht viel am Hut habe. Warum muss ich eigentlich bei euch wohnen, habe ich doch eine Wohnstatt, die mir sehr gefällt und die wohl jetzt den Dieben ausgesetzt ist."

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    William Shakespeare, Macbeth (IV, i, 44-45)
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  • Brennan schüttelte seufzend den Kopf. Dieses Wesen war offensichtlich mehr von Hass zerfressen als alte Schiffsplanken von Termiten.
    Der Dunkeläugige hielt an. "Wir werden schon eine passende Arbeit für dich finden, Sicil. Ordnung halten kann man zu jeder Tageszeit. Sei es mit Besen und Kehrblech oder mit Feder und Auftragsbuch. Wenn du möchtest, kann ich dir aber auch gerne ein paar Nachtvögel besorgen, die dir in deiner Lethargie Gesellschaft leisten."


    Langsam setzte Brennan wieder einen Fuß vor den anderen, lief weiter.
    "Wo ist deine Wohnstätte? Wenn ich dich dort nicht jede Nacht zur Arbeiten abholen muß, können wir darüber reden, dass du weiter dort wohnst. Allerdings wäre es mir lieber, wenn du die ersten Wochen dein Quartier bei mir aufschlägst. Ich möchte dich im Auge behalten." Ein scharfer Blick flog zu Sicil hinüber. "Und ich möchte, dass du die Tiere, die dort leben kennenlernst, versorgst und respektierst. Das ist vielleicht ein erster Schritt um dich von deinem Hass zu befreien.."

  • "Als ob du mich tatsächlich holen müßtest, du brauchst doch nur meinem Blut zu Befehlen und ich muss kommen."


    Sicil schüttelte den Kopf


    "Ich bleibe hier, eine Woche, dann möchte ich zurück zu meinem Heim. Ich werde dir nicht freiwillig sagen, wo ich wohne, nicht jeder der Anhänger der Göttin und auch nicht jedes Wesen ist immerhin so verständnisvoll wie du und bringt mich nicht beim ersten Anzeichen meiner Herkunft um. Also, wo kann ich meinen Körper niederlegen, und welche deiner Vögel soll ich versorgen?"


    Sicils Augen leuchteten noch unheilschwanger, aber er hatte sich fürs erste in sein aufgezwungenes Schicksal ergeben.


    "Sag mir, glaubst du wirklich, du könntest meinen Hass und meine Abscheu gegenüber der Göttin verändern oder sogar auslöschen? Denkst du etwas, das meinem Volk mit in die Wiege gelegt wird kann durch die Arbeit bei dir ausgelöscht werden? Ohne wieder deine Abscheu oder dein Bild von mir bestätigen zu wollen, ich glaube nicht, dass du Erfolg haben wirst, ich werde nicht aufhören die Göttin zu hassen, nicht nach dem was sie mir persönlich angetan hat. Ich muss aber zugeben, ich beginne mich für deinen Laden zu interessieren, vielleicht finde ich Vögel bei dir, die ich seit meinem selbstgewählten Exil nicht mehr zu Gesicht bekommen habe."


    Innerlich wieder ruhig wie eine Teichoberfläche bei Windstille stellte er die Fragen.

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