"Gut, mein Bruder.."
Sprach der Elf sanft und legte seine Hände auf Sicils Haupt. Leise begann er einen melodischen Singsang, in dem die anderen verschleierten Anwesenden einfielen.
Ein seltsam süßer Duft, der eine angenehme Schwere in Sicils Gliedern verbreitete lag in der Luft und die wenigen Lichtquellen verbreiteten ein heimeliges Schattenspiel in den Räumlichkeiten.
Langsam wurde der Singsang lauter und leidenschaftlicher und Sicil hörte den Elfen mit tiefer Stimme um die Gnade Liarils flehen. Plötzlich spürte der Nachtelf mehr als zwei Hände auf seinem Schopf liegen - jemand weiteres berührte sein Haupt. Und noch eine Hand legte sich auf seine Schulter. Eine dritte auf seinen Oberarm, weitere Hände fanden auf seinen Unterarmen und seiner Brust Platz.
Scheinbar suchte ein jeder der Anwesenden die Berührung zu Sicil.
"Erhöre uns, Liaril. Nimm unserem Bruder der Sterne den Fluch. Nehm unser Opfer und lass ihn unter deinem Licht.."
Der blonde Elf kam nicht dazu, weiter zu reden. Der ganze Raum wurde plötzlich von einem lauten Donnerschlag durchschüttert und unmittelbar strömten die Verschleierten auseinander, von Sicils Körper fort und starrten erschrocken auf die Mitte des Raumes.
Schwarzer Nebel hatte sich dort ausgebreitet und während der Hall des Donners noch von den Wänden wiedergegeben wurde, verfestigte er sich zu den Umrissen einer Person.
Erhaben und mächtig stand sie vor ihm und blickte auf den noch immer sitzenden Sicil nieder.
Sie - mondfarbene Haut, tiefschwarzes Haar. Es bestand kein Zweifel, dass Shirashai den Weg zu ihnen gefunden hatte.
"Ihr wagt es tatsächlich? Ihr wagt es Shirashai zu verärgern?"
Leibhaftig schritt die Göttin durch den Raum und an jedem Teilnehmer des Rituals vorbei. Spöttisch lächelte sie.
"Ihr glaubt doch wohl nicht, dass eure albernen Kapuzen euch vor mir schützen." Sie lächelte, zuckersüß und doch eiskalt, während sie einem der Verschleierten die Kapuze vom Kopf riß.
Eine brünette Edelelfe kam zum Vorschein, die mit schreckensgeweiteten Augen zu Shirashai hinaufsah.
"Was seit ihr für ein erbärmliches Volk.." Lachte sie und kam vor dem Elfen mit der sandigen Stimme zum Stehen.
"Ihr wißt, dass es ein Fehler war, sich mit mir anzulegen, oder?" Lächelte sie und der blonde Elf wich einen Schritt zurück.
Doch Shiraishai ließ ihn nicht fliehen, packte ihn beim Arm und augenblicklich wurde der Elf in eine Wolke schwarzen Vergessens gehüllt. Sekunden später war von ihm nicht einmal ein Haar zu sehen.
"Nun zu euch, Nachtelf.." Shirashai seufzte und schüttelte leicht den Kopf. "Wie oft habe ich versucht, euch eine gute Mutter zu sein? Ich sollte eigentlich froh sein, dass eure Liebe nicht mir gehört. Ein so schwaches Volk, dass sich vor sich selbst versteckt."
Sie lachte und höhnisch und trat einen weiteren Schritt auf Sicil zu - während die restlichen Versammelten immer mehr von der Göttin wegstrebten.
"In ein Pferd?" Khinosz sah Kaera schüchtern an, bedachte sie aber gleich darauf mit einem Wortschwall.
"Wenn der Sztein grosz genug wäre und man nicht viel wert auf die Folgszamkeit szeines Pferdesz legen würde - ja, ich denke, mit der entszprechenden Vorbereitung könnte man auch ein Pferd herbeizaubern. Aber esz wäre noch eigenszinniger, alsz jedesz Pferd esz jetzt szchon iszt. Und es bliebe ein Sztein - dasz Hinterteil würde euch nach einem szolchen Auszritt übelszt schmerzen.
Szo wie auch beszer niemand mein Szchwein szchlachten und eszen sollte.."
Norno schaute sich die junge Windfee an und zuckte mit den Schultern.
"Was wird mit den Tieren? Das wüßte ich auch gerne. Ihr nicht auch, Schönste.."
Sprach er Kaera an und in seinen Augen funkelte etwas, das dafür sprach, dass es eine Menge Dinge gab, die er lieber wissen würde. Zum Beispiel ob eine so hübsche Nymphe wohl mit ihm ausgehen würde.
Khinosz hingegen sah die Windfee entsetzt an.
"Natürlich werden szie zurückverwandelt! Szeht!"
Er deutete auf die Bühne, wo der große Magoris soeben die Katze in die Luft warf und vor seinen Füßen nur noch ein schwerer Felsklumpen zum erliegen kam.
Im selben Moment schwirrten zwei weitere Feen über die kleine Gruppe hinweg und blieben neben der Windfee in der Luft stehen.
Khinosz begrüßte seine Fee erfreut und gleich darauf nahm das kleine Wesen auf seiner Schulter Platz, während Lisaia es der Windfee gleich tat und die Arme vor der Brust verschränkte. Mit zusammengekniffenen Augen blickte sie Norno an, bevor ihr Blick weiter zu der Windfee schweifte. Mit hoher Stimmer sprach die kleine Fee ihr blauhaariges Gegenüber an.
"Ich kenn euch nicht? Wer seid ihr und wer ist euer Magier?"
Ungeduldigt trat "Piu" von einen Fuß auf den anderen.