Beiträge von Djamila

    Djamila verfolgte die Bewegungen der Dheoran interessiert. Sie wäre auch gerne ins Wasser gegangen, aber irgendetwas hielt sie ab, sie konnte es auch nicht greifen. Scham? Angst? Aber diese ganzen Fröhlichen Menschen zu sehen, war schön. Ganz im Gegensatz zu ihrer letzten Tortur. Nein, sie dachte kaum noch daran, versicherte sie sich.
    In dem Moment trat Lazarion an ihre Seite und wenn sie nicht vorher schon gestrahlt hätt, hätte sie es sicher jetzt getan. Sie machte einen anmütigen Knicks und sagte: "Es wäre mir eine Ehre" Natürlich konnte sie reiten, es war auch kein Problem für sie, auf das Pferd zu kommen, theoretisch. Mit Sattel. Aber das würde sich hier als schwieriger herausstellen.
    "Würdet Ihr mir helfen?", fragte sie ihn. Ihr war die Antwort schon klar, aber fragen musste sie trotzdem.

    Djamila war froh über die Pause. Auch wenn sie noch nicht lange gefahren waren, wollte sie sich ein wenig die Beine vertreten. Sie lächelte die Dheoran an und nickte. Sogleich lief sie an ihr vorbei und drehte sich ein wenig im Sonnenlicht. Es war ein schöner Tag. Vielleicht war ihr Gesprächsthema gerade sehr anstrengend gewesen, aber im Moment fühlte sie nicht mehr die Anstrengung, jetzt fühlte sie sich unglaublich entspannt. Hier zu stehen, die ganzen fröhlichen Menschen um sich, Kinder die lachten, wiehernde Pferde... Gegen so viel Glück konnte auch sie sich nicht verschließen.
    Aber ein Auge hielt nach Lazarion Ausschau. Ob er sie auch suchte? Nun, sie würde sich nicht auffällig nach ihm umsehen, das wäre nicht richtig. Lieber beobachtete sie Atashkada, wie sie mit den Kindern spielte. Dabei konnte sie nicht anders, als zu lachen. Es war einfach richtig.

    "Ich hatte eine Lehrerin bei mir zu Hause, für mich und meine beiden Schwestern, das ist bei den meisten gehobenen so." Ihre Lehrerin hatte sie bis zu einem gewissen Alter vergöttert. Frau Tschirchirnus war sehr gebildet gewesen, für ihre Kinder hatten die Familie D'Or keine Kosten und Mühen gescheut. Aber irgendwann war Djamila klar geworden, dass sie nicht so weiter machen konnte. Frau Tschirchirnus war immer mit ihr zufrieden gewesen, wenn die genau das tat, was sie wollte. Aber Djamila wollte noch so viel mehr. Und sie wusste, dass sie das nie kriegen würde.
    Und deswegen strengte sie sich einfach noch mehr an. Damit sie schnell wegkommen würde.
    "Aber die Cygnai aus der unteren Schicht gehen in eine öffentliche Schule, die ersten Jahre zumindest." Man gestand ihnen schon viel ein, aber nicht genug, fand sie.

    Djamila nickte interessiert. Es unterschied sich nicht wirklich von den Sachen, die auch anderswo unterrichtet wurden, aber sie hatte ja auch nicht nach dem Stoff gefragt. Der unterschied sich sicher.
    "Das ist unterschiedlich", meinte sie, etwas missmutig. Sie fand die Teilung der Cygnai in die gehobenen und die grauen noch nie gut - und je länger sie reiste, desto mehr entwickelte sie einen Hass darauf. Es war für sie schon Grund genug, nie wieder nach Hause zurück zu kehren. "Je nach..." Sie räusperte sich kurz. "Geburt des Kindes. Aber lesen und schreiben gehört immer dazu. Malen, tanzen, Musik. Die schönen Künste eben" Ihr Lieblingsfeld. Sie zuckte die Schultern.

    "Natürliche zeige ich dir gerne ein paar Schritte." Sie lächelte die Kleine gewinnend an. Wenn sie etwas konnte, dann dieses Lächeln. Auch wenn sie es nicht unbedingt so meinte, wie zu den Gelegenheiten, in denen sie es sonst einsetzte. Sie überlegte schon, welche Schritte sie ihr zeigen könnte, vor allem zu Melodien, die auch hier bekannt waren. Aber das sollte kein Problem sein, das, was am gestrigen Abend gespielt wurde, war nicht so unüblich. Und dazu würde sie ihr schon etwas zeigen können.
    "Sagt, Atashkada, was lernen die Kinder eigentlich schon so früh bei Euch?" Sie hatte sich zusammengereimt, dass die beiden kleinen dort vor ihnen Unterricht hatten und fragte sich, vor allem bei der kleineren, was sie denn jetzt schon lernen sollten. Andere Völker lehrten ja auch immer andere Sachen. Djamilas Schulbildung hatte auch zeitig angefangen, aber nie in einem Wagen... Sie war also etwas neugierig. Ebenso wie die kleine in dem Wagen vor ihr.

    Die kleine hatte schon etwas niedliches. Die größere war wieder im Wagen verschwunden, vielleicht wollte sie erstmal den Schock verdauen, dass jemand von Schwänen abstammte, aber das war Djamila egal. Es war ja nicht so, als hätte sie unanständige Sachen an die kleinen weitergegeben. Über dei nächste Frage musste die schmunzeln. Die kleine Dheoran schien wirklich interessiert zu sein.
    "Viele von meinem Volk sind sehr gute Tänzer. Aber viele sind auch begabte Künstler, in nahezu allen Bereichen. Fast kein Cygnai kann nicht irgendetwas sehr gut." Wenn sie allein an alle ihre ehemaligen Freunde aus Lheoran dachte...
    "Ich habe das tanzen angefangen, da war ich, na, vielleicht etwas jünger noch als du." Sie war damals wirklich sehr jung gewesen. Aber so war das nunmal. Sie war nicht traurig oder wütend deswegen, sie war stolz, heute eine so gute Tänzerin zu sein. "Ich habe jeden Tag geübt. Jeden Tag. Immer. Nicht nur, weil meine Eltern es wollten, irgendwann wollte ich es selbst. Ich wollte die beste Tänzerin werden, und naja" Verlegen strich sie sich eine Haarsträhne zurück. Es wäre selbst für sie zu viel gewesen, jetzt zu sagen, dass sie es auch war. "Es ist das, was ich am liebsten mache. Wenn du möchtest, kann ich dir gerne ein paar Schritte später zeigen.", bot sie der kleinen an mit ihren großen Augen an.

    Djamila musste lächeln und warf einen kurzen Blick zu Atashkada, die die Situation wohl ähnlich witzig fand. So eine Frage wurde ihr noch nie gestellt. Aber vielleicht konnten nur Kinder auf sowas kommen? Viel zutun hatte sie ja nicht mit ihnen, deswegen konnte sie das nicht sagen. Oder die Erwachsenen trauten sich nicht so etwas zu fragen. Aber Fragen wurden immer gestellt, und Djamila gab gerne Auskunft. Sie hatte das Gefühl, das jede Frage sie mit geheimnisvollem umwehte.
    Auf die zweite Frage konnte sie immer nur noch vor sich hingrinsen. Als Lazarions Name viel setzte ihr Herz kurz aus, aber sie lies es sich nicht anmerken.
    "Mein Volk stammt von Schwänen ab, dewegen habe ich die Flügel.", gab sie die einfache Antwort. "Keiner von uns kann allerdings noch fliegen, aber viele können sehr gut tanzen."

    Atashkada schien sie verstanden zu haben und sie nickte bestätigend.
    Irgendwas musste einen dch dann dort halten. Und wenn es nicht die Liebe
    war, was denn sonst? Sie konnte sich nicht vorstellen, wegen Geld oder
    irgendetwas ähnlichen banalen irgendwo hängen zu bleiben. "Danke", meinte sie zu der Dheoran, sie war wirklich sehr nett.


    Ihr war der Wagen vor ihnen nicht wirklich aufgefallen. Also, dass er da
    war schon, aber was drinnen vor sich ging hatte sie nicht wirklich
    interessiert. Jetzt sahen zwei Kinder aus dem kleinen Fenster an der
    Rückseite des Wagens. Automatisch musste sie sie anlächeln, eigentlich
    hatte sie es nicht so mit Kindern, aber sie versuchte trotzdem nett zu
    sein. Und während der Wagen fuhr musste sie auch nicht mit ihnen spielen
    oder so. Sie musste über die Frage lächeln. Ja, nach ihren federn und
    den Flügeln wurde sie häufig gefragt. "Kitzeln eure Haare? Manchmal jucken sie ein bisschen, wie eine Haarsträhne, aber eigentlich nicht." Sie musste immer noch lächeln. Sie mochte es, als etwas besonderes gesehen zu werden.

    Djamila sah
    kurz lächelnd zu ihr hinüber, aber sie hoffte, auch wenn es ein
    aufgesetztes Lächeln war, dass die Dheoran es nicht bemerkte. Eigentlich
    war Djamila sehr gut darin, Gefühle vorzuspielen, die nicht da waren.
    Meistens ging sie dabei aber von Desinteresse aus und heuchelte ihr
    interesse nur, hier war es wohl etwas komplizierter. Sie fühlte sich
    nicht so gut, wollte aber nicht, dass Atashkada es mitbekam. Warum auch
    immer. Vielleicht wollte sie weitere Fragen vermeiden, oder einfach
    nicht, dass sie mitleid haben würde. Am Ende müsste sie sich dankbar
    zeigen! Innerlich schüttelte sie sich. Nein, so lange sie es konnte
    sollte die Dheoran aus ihrer Gefühlswelt, zumindest der negativen,
    rausgehalten werden. Und weil sie eh den Wagen lenken musste sollte das
    ja auch nicht so schwer sein.


    Doch sie ging gerne auf ihre zweite Frage ein. Deswegen mochte sie die
    Frau neben sich: Es war leicht mit ihr zusammen zu sein, und so einfach
    das eine Thema einfach hinter sich zu lassen.


    "Man sieht so viele schöne neue Orte und so
    viele nette Menschen. Nirgends ist es wie an einem anderen Ort, auch
    wenn sich die Menschen irgendwie doch ähneln. Ich könnte mir schon
    vorstellen irgendwo sesshaft zu werden, aber dafür muss es in mir klick
    machen, versteht Ihr? Ich muss spüren, dass der Zeitpunkt da ist" Sie machte eine kurze Pause. "Naja, und das war bisher noch nicht so"

    "Nun, nicht wirklich", meinte Djamila kichernd. "Sie
    bleiben eher unter sich in Lhorean, dort wurde ich auch geboren. Aber
    ich hab schon früh gemerkt, dass die Welt dort nichts für mich war. Es
    hat mich eingeent, ich musste einfach raus." Während sie sprach
    sah sie weiter nach vorn und sah fast die anmutigen Gebäude ihrer
    Heimatstadt vor sich. Ja, Beleriar hatte sehr viele schöne Ecken, es
    gefiel ihr überall sehr gut, aber Lhorean empfand sie immer noch als
    ihre Heimat. Auch wenn ihr klar war, dass sie vermutlich niemals dorthin
    zurückkehren würde. Innerlich seufzte sie bei dem Gedanken an ihre
    Eltern, aber es war nur ein kleiner Moment der Schwäche, nichts
    bedeutendes.


    Dennoch schockierte sie die nächste Frage der Dheoran. "Nein", antwortete sie stockend. "Wie kommt ihr darauf? Weil ich alleine unterwegs bin? Ich bin erwachsen"
    Dass sie ausgezogen war, weil sie die beste Tänzerin der Cygnai war,
    das sagte sie besser nicht. Denn selbst sie wusste, dass das nicht
    besonders erwachsen war. "Ich brauche meine Eltern nicht mehr",
    sagte sie mit etwas mehr Nachdruck, vielleicht auch um sich selbst zu
    überzeugen. Nein, sie wusste, dass sie sie nicht brauchte und sie wollte
    sie auch nicht. Was sollten sie ihr auch nützen? Nicht, dass sie ihr
    jemals im Weg gewesen wären, aber sie wären ihr im Moment nur
    hinderlich. Auf ihre letzten Worte wusste sie nichts zu sagen, deswegen
    schwieg sie und dachte, nach sehr langer Zeit kam es ihr vor, an ihre
    Eltern. Ob sie sie vermissten?

    Ja, was wollte
    Djamila den sagen? Die Wahrheit war sehr verlockend, weil Atashkada
    immer so nett zu ihr gewesen war, aber so ganz dazu durchringen konnte
    sie sich nicht. Sie wollte schließlich nicht, dass sie die Achtung vor
    ihr verlor. So überlegte sie kurz, auf die zweite Frage konnte sie nur
    lächeln.


    "Ich denke, wir liegen vielleicht gleich auf",
    meinte sie lachend. Dheoran waren auch immer unterwegs, ebenso wie sie.
    Vielleicht noch mehr als sie, aber sie hatte schon viel gesehen. "Ich habe schon viel gesehen und war in vielen Ecken, aber es hat mich nirgens richtig gehalten" Sie wollte nirgends gehalten werden, aber das war ja eine andere Geschichte. "Es ist schon sehr schön. Ihr wart sicher schon fast überall oder? Gibt es einen Ort, der Euch besonders gefällt?" Vielleicht konnte sie ja von ihrer Vergangenheit ablenken?

    Als sich ihr
    Zugpferd langsam, aber gemächlich in Bewegung setzte, sah sich Djamila
    aufgeregt um. Die ganze Kolonne trabte langsam los und auch wenn es
    seine Zeit brauchen würde
    bis sie ihr Ziel erreichen würden, fand es Djamila eine recht angenehme
    Art zu reisen. Wesentlich besser als Kutscher, die ihre Tiere bis ans
    äußerste hetzten und ihnen kaum verschnaufpausen gönnten. Und wenn man
    die Last dieser Tiere hier bedachte, dann war sie ganz Stolz auf diesem
    Wagen zu sitzen, in dem man offensichtlich mit seinen Tieren umgehen
    konnte.


    Dass sie einige Zeit unterwegs sein würden hatte sie bereits geahnt,
    deswegen nickte Djamila nur. Für das Pferd war es nicht schwer den
    anderen Tieren und Wagen zu folgen, deswegen folgte Djamila Atashkadas
    Beispiel und lehnte sich entspannt zurück. Was sollten sie nun auch
    machen? Es würde ein langer Tag werden, vielleicht konnten sie sich die
    Zeit mit reden vertreiben?


    Doch auf die Worte ihrer Sitznachbarin lief sie nur rot an, eine
    schlimme Sache, die sie eigentlich nicht gewohnt war. Sie versuchte es
    zu überspielen, indem sie abermals nickte und sagte: "Vielen Dank, Atashkada. Ich möchte niemanden zur Last fallen. Ich werde genauso mich an den arbeiten beteiligen wie Ihr."
    Sagte sie ihr und es war ihr Ernst. Sie konnte die Dheoran doch nicht
    so ausnehmen. Sie waren alle so freundlich zu ihr. Ein neuer
    Charackterzug, der Djamila nicht gefiel. Ganz und gar nicht. Sollte sie
    sich noch schudlig fühlen?


    Sie versuchte sich einzureden, dass dies eine völlig neue Situation war
    und ungewöhnliche Situationen erforderten ungewöhnliche Aktionen, aber
    so ganz funktionierte das nicht. Vielleicht war Rogbert an mehr Sachen
    Schuld, als er ahnte...

    Erleichtert gab Djamila ihr Kleid an Atashkada weiter und wischte sich die nassen Hände am Rock ab, eine Angewohnheit, von der sie eigentlich nichts hielt, aber irgendwie musste sie ja die Hände trocken bekommen. Sie nickte ihr kurz zu, dann bestieg sie den Kutschbock ohne Mühen. Djamila war es gewohnt, mit der Kutsche zu fahren und des öfteren durfte sie auch vorne mitfahren. Ob Atashkada selbst fahren würde? Und wo war Lazarion?
    Djamila hatte kaum Zeit, sich umzusehen, da saß die Dheoran auch schon neben ihr. Sie bemerkte das Adrenalin in ihrem Körper und strich sich kurz mit den Händen über die Beine um sich zu beruhigen, was ihr nur mäßig gelang. Ein neues Leben, ja, das würde sie sich nun aufbauen. Sie war dankbar für die Hilfe der Dheoran, wirklich. Sie fragte sich, wie lange sie wohl unterwegs sein würden, verwarf die Gedanken daran aber schnell, weil sie keine genaue Karte der Gegend im Gedächnis hatte. Die Aufbruchsstimmung trug ihr übriges zu ihrer Aufregung bei, aber sie versuchte sie so gut wie möglich zu kaschieren. Hoffentlich konnte Atashkada fahren, sie hatte schon Kutschfahrer erlebt... Davon wollte sie gar nicht erst anfangen. Aber sie traute ihr zu, dass sie es konnte. Es war schließlich ihre Verantwortung, ihr Heim von einem Ort zum anderen zu bringen, irgendwan war man dann darin geübt, wie sie selbst im tanzen.
    Wenn sie doch nur Lazarion noch einmal hätte sehen können.

    "Wunderbar", sagte Djamila und nahm
    das Bündel von Atashkada entgegen. Bevor sie in den Wagen ging, umarmte
    sie die Dheoran kurz und verschwand dann die kurzen Stufen in dem dunkel
    des Wagens.


    Auch wenn er schön eingerichtet war, verschwendede Djamila kaum einen
    Blick darauf, sie dachte an Lazarion und an ihren Kuss. Ob er sie wohl
    beim nächsten Mal küssen würde? Sie würde es nämlich nicht immer mit
    sich machen lassen, das SIE IHN küssen müsste. Und sie hatte fest vor,
    sich wieder mit ihm zu küssen. Sie wollte sie Sache mit Rogbert nicht
    auf sich sitzen lassen. Sie wollte nach vorne Blicken und in diesem
    Moment wurde ihr klar, dass Lazarion ihre Chance dazu war. Vielleicht
    schaffte sie es ja...?


    Schnell hatte sie ihre Sachen abgestreift, die von Atashkada
    überzuziehen gestaltete sich als etwas schwieriger, da in den Kleidern
    der Dheoran kein Platz für Flügel eingedacht war. Aber auch das
    meisterte Djamila, sie war ihre Flügel schließlich gewöhnt. Während sie
    ihr Kleid etwas auswusch, schüttelte sie besagte Flügel etwas. Manchmal
    war sie traurig, dass sie nicht mit ihnen fliegen konnte. Aber ihre
    Mutter hatte immer gesagt, dass sie dafür so gut tanzen konnte. Wenn sie
    meinte.


    Sie wrang das Kleid so gut es ihr eben möglich war aus, dann drehte sie
    sich um und bemerkte, dass sie keine Ahnung hatte, wo sie es aufhängen
    sollte. Sie trat aus dem Wagen und sah sich nach Atashkada um.
    Hoffentlich konnte sie ihr helfen, zumal das Kleid immer noch auf ihre
    Schuhe tropfte...

    Gerne wäre Djmila mit einem kichernd durch das Lager gelaufen, aber sie
    verkniff es sich. Es musste reichen, dass sie über alle Maßen lächelte,
    als Andeutung, dass etwas vorgefallen war. Ja, sie war auch sonst
    fröhlich, lächelte, wann immer es ihr möglich war, aber niemals reichte
    ihr lächeln so sehr an ein grinsen herran, wie in diesem Moment.


    Lazarion zu küssen war die Sünde Wert gewesen. Auch wenn sie es
    eigentlich nicht als Sünde sah, war ihr klar, dass es keine gute Idee
    gewesen war. Aber sie hatte nicht widerstehen können. Gerne hätte sie
    auch ein wenig getanzt, aber das wöre doch zu auffällig.


    Da, Atashkada hatte nach ihr gerufen und nachdem sie sich ein wenig
    umgeschaut hatte, sah sie sie nicht weit entfernt stehen. Leichtfüßig
    trat sie an sie heran und lächelte auch sie an. Sie sollte ernsthaft
    damit aufhören.


    "Wenn wir noch Zeit dafür haben, würde ich mich gerne noch hier umziehen, ansonsten warte ich natürlich" Es
    fiel ihr schwer still zu stehen, aber sie zwang sich dazu, dass hatte
    sie von ihren Eltern beigebracht bekommen. Wie sah es denn aus, wenn sie
    hier herumtänzelte? Das würde kein gutes Licht auf sie werfen.


    Dennoch sah sie seine Tante freundlich an. Sie war ihr wirklich eine
    gute Freundin gewesen. Vielleicht kannten sie sich noch nicht sehr
    lange, aber Djamila war sich sicher, wenn sie sich länger kennen würden,
    wären sie gute Freunde. Oder sie war einfach zu zuversichtlich im
    Moment.

    Sie lies sich in seinen Augen fallen. Sie konnte nicht
    anders. Tausendmal hatte sie es gesehen, bei ihren Geschwistern, bei
    ihren Freunden in Lhorean, der Stadt der Cygnai, aber außerhalb ihrer
    Geburtstadt hatte sie genug Liebespaare gesehen. Dass sie einige Male
    teil dieser Paare gewesen war, nun, dass musste sie ja nicht unbedingt
    an die große Glocke hängen, oder? Warum hatte sie nur solche Worte
    jemals gesagt? Konnte sie sie nicht eifach zurücknehmen? Leider war ihr
    das nicht vergönnt.


    Doch seine Worte liesen sie aufhorchen. Und hinterliesen einen dumpfen
    Schmerz in ihrem Herzen. Sie schüttelte sacht den Kopf und lächelte
    leicht. Wenn er es denn so verstanden hatte...


    "Nicht ganz, das ist wohl das Problem...",
    murmelte sie, stellte sich auf die Zehenspitzen und drückte ihren Mund
    ganz kurz auf seinen, sie lies ihm keine Zeit zu reagieren, dann löste
    sie sich endgültig von ihm und sah sich um, nicht dass sie noch jemand
    gesehen hatte. Dann schenkte sie ihm ein kleines Lächeln und verschwand
    um Atashkada zu suchen, sie mussten schließlich bald aufbrechen und es
    sollte nicht an ihr liegen, dass sie zu spät loskamen.


    Sie war zufrieden mit sich, was auch immer sich gerade noch wie ein
    schwarzer Schatten auf ihre Seele gelegt hatte, war nun weg. Und sie
    lächelte unablässig auf ihrer Suche nach Atashkada.

    Wäre sie ein Syreniae gewesen, dann wären seine
    Berührungen auf ihren Flügeln wohl unangenehm gewesen. Oder eher nicht
    unangenehm, eher an dem Ort an dem sie sich befanden unpassend. Aber
    Djamila konnte ihre Flügel nicht zum fliegen benutzen, sie war dazu
    verdammt auf der Erde damit zu verweilen. Dennoch waren seine
    Berührungen schön für sie und sie kuschelte sich noch etwas mehr in
    seine Arme.


    Seine Stimme hinterlies bei ihr Gänsehaut. Sie bog ihren Kopf etwas
    weiter zurück um ihm in die Augen zu sehen, allerdings berührten sich
    ihre Körper noch. Was sollte sie ihm den antworten? Sie wusste es selbst
    nicht. Kurz sah sie zu Boden, nur um ihm wieder in die Augen zu sehen.


    "Ich wollte Euch nicht verletzen. Ich hatte Angst das... ich Euch mit meinen Worten wehgetan habe."
    Sie schloss die Augen. Vielleicht war die Wahrheit wirklich nicht für
    jeden gemacht, aber hoffentlich für ihm in diesem Moment.

    Einen schrecklich langen Moment passierte nichts.
    Djamila dachte, dass er gegangen war, dass er sie verfluchen würde und
    nie mehr ein Wort mit ihr wechseln würde. Sie hasste sich selbst für
    ihre Worte, waren sie ihr doch in diesem Moment so weise vorgekommen.
    Wie hatte sie nur so etwas sagen können, was ihn verletzte? Vielleicht
    hatte ihre Mutter recht gehabt, manchmal tat die Wahrheit weh, und in
    diesem Moment hätte sie darauf verzichten sollen.


    Doch dann spürte sie seine Arme um sich und seine Worte legten sich
    langsam um ihr Herz. Ihr Körper hörte dennoch nicht auf, zu weinen und
    wurde immer wieder von schlurzern geschüttelt. Seine Hände, die sie
    streichelten beruhigten sie langsam. Sie legte ihre Hände auf seine
    Brust und atmete seinen Geruch ein, um sich noch mehr zu beruhigen.
    Seine Nähe tat ihr gut, zumal sie sich doch so sicher gewesen war, ihn
    für immer verschreckt zu haben! Ein Glück hatte sie damit falsch
    gelegen. Am liebten hätte sie sich niemals aus seiner Umarmung gelöst,
    aber sie wusste, sie konnte den Moment nur anhalten, nicht aufhalten.

    Er öffnete nicht, vermutlich war er ganz woanders. Enttäuscht wandte sie
    den Kopf ab. Wunderbar, ihr liefen immer noch Tränen die Wangen hinab
    und sie liesen sich nicht stoppen. Sie schloss die Augen und atmete
    durch. Ok, ganz ruhig. Vielleicht war er woanders.


    Und was sollte sie bitte sagen, wenn sie ihn gefunden hatte? Sie wusste
    es nicht, nur konnte sie ihn nicht so stehen lassen, auch wenn er
    gegangen war, was ja ihre Schuld war.


    Ihr Kopf drehte sich.


    Sie hörte seine Stimme und drehte sich um. Da stand er, zusammen mit
    einem wünderschönen Pferd. Gerne hätte sie die Hand ausgesteckt um sich
    an der weichheit des Felles ein wenig zu beruhigen, aber das schien ihr
    unpassend. Sie sah in seine Augen, nur um wieder weg zu sehen. Verlies
    sie etwa der Mut?


    "Ja", murmelte sie leise. Dann
    erinnerte sie sich, dass sie so viel bereits durchgestanden hatte. Sie
    war so oft schon auf sich alleine angewiesen gewesen, es konnte doch
    nicht so schwer sein! Sie nahm eine etwas aufrechtere haltung ein und
    sagte dann zu ihm. "Ja, ich suche Euch. Lazarion, ich" wieder wandte sie sich ab, was sollte sie nur sagen, was es ihm leichter machen würde? Es gab nichts.


    Verzweifelt wischte sie sich die Tränen von den Wangen.


    "Es tut mir leid", bestimmt hatte er
    sich abgewandt, sie bekam ja kein ordentliches Wort heraus, sie hätte
    es ihm nicht verübelt. Vielleicht nahm er ihre hohe Stimme nicht wahr,
    sie glaubte jedenfalls nicht daran. Wieder liefen ihr Tränen über die
    Wangen und ihr wurde bewusst, dass es vermutlich schon viel zu spät für
    sie war, sie hätte schon eher gehen sollen, jetzt war es für ihr Herz zu
    spät.

    Sie sah ihm nach. Gerne hätte sie ihm
    hinterhergerufen, aber das hätte nichts genutzt. Nicht in der
    Stimmung, in der er sich befand. Sie hatte ihm wehgetan und das,
    obwohl sie es nicht mal gewollt hatte. Absichtlich machte Djamila so
    etwas nur ganz selten, die meisten Menschen waren sich dessen
    bewusst, dass sie sich auf ein gefährliches Spiel einliesen. So war
    es nunmal. Sie hatte nie etwas anderes gewollt, aber als sie ihn nun
    so gehen sah, überkam sie eine eigenartige Traurigkeit. Tränen
    stiegen ihr in die Augen. Sie wollte das nicht, sie wollte nicht,
    das er ging. Was auch immer der Grund war.
    Sie stand auf. Sollte
    sie...? Konnte sie einfach...?
    Bevor sie wirklich wusste, was sie
    tat, war sie aufgestanden. Sie bemerkte Blicke auf sich, die sie
    sonst liebte. Das war es, wofür sie lebte, aber im Moment, weinend,
    konnte sie sich andere Sachen vorstellen. Sie lief, leichtfüßig
    über den Platz, sie hatte zu viel Zeit verstreichen lassen, denn
    sie sah ihn nicht mehr. Sicher war er in seinem Wagen. Atashkada sah
    sie auch nirgends, aber vielleicht sah sie sich auch nicht
    irdentlich genug um. Ihre Augen waren Tränenverschleiert, wie
    sollte sie irgendetwas sehen? Nur ihre eigenen Fehler, ja die sah
    sie klar und deutlich vor sich. Sie warteten praktisch darauf, dass
    sie sie ansah und sich in ihren wälzte. Aber diesmal würde sie es
    nicht so weit kommen lassen.
    Sie klopfte an seinem Wagen.
    Hoffentlich war es der richtige, für sahen sie im Moment alle
    gleich aus. In der Stimmung in der sie war, wollte sie eigentlich
    niemand sehen, aber er war ihr wichtig verdammt nochmal. Hoffentlich
    öffnete er ihr die Tür.