Das Lärmen der Gäste drängte durch die angelehnte Türe der Taverne und strömte ihr entgegen wie der Alkohol, welcher nicht minder großzügig an der Bar ausgeschenkt wurde. Doch das störte Erelthea nicht, ganz im Gegenteil: Sie war keine Dame, welche viel zeit darauf verwendete ihr Haar perfekt zu tradieren und das passende Kleid für die heutige Veranstaltung auszusuchen.
Natürlich, sie achtete auf ihr Äußeres, denn darauf war sie Stolz. Doch bei weitem nicht so sehr wie viele Adelige es taten. Auch ihre Tätigkeiten um das Geld für die nächtlichen Aussteifungen zu verdienen entsprachen nicht denen einer Dame: Ob nun als Leibwächter oder in einem Boxkampf, am liebsten war es ihr, wenn sie sich körperlich betätigen könnte. Doch heute Abend, so nahm sie es sich vor, würde sie es ruhiger angehen. Dass dies nicht geschehen würde, war ihr spätestens klar, als sie schließlich die schwarze Katze betrat.
Der Geruch von Schweiß, Testosteron und verschüttetem Alkohol drang an ihre Nase, zusammen mit dem Gelächter und Gegröle der Gäste. Hier gab es alles was man suchte: Unterhaltung, dunkle Geschäfte, einen Kampf. Und natürlich Alkohol. Der war nicht zu vergessen. Und das war auch der Grund, weshalb sie wieder hier her kam. Sie stieß die Türe auf und stapfte sehr umdamenhaft herein, nur um sie hinter sich wieder fest ins Schloss zu schlagen. Doch der Knall verursachte keinerlei Aufmerksamkeit, da der Lärmpegel um einiges lauter war. Schnell schritt sie zur Theke, wo sie mit lauter Stimme ein Starbier bestellte.
Als sie den zweiten Krug geleert hatte, war sie gerade in einem sehr amüsanten Gespräch mit einigen der anderen Gäste und dieses wurde regelmäßig von lautem Gegröle begleitet. Das Erelthea mitten unter ihnen war, schien keinem aufzufallen oder zu interessieren.
"Flammenmädchen!", rief jemand quer durch die Taverne und sie sah auf, über ihren Gesprächspartner hinüber zur Theke, wo die Wirtin mit grimmigen Blick sie zu sich winkte. Sie wirkte nicht glücklich darüber, dass sie als Brieftaube missbraucht wurde, was wohl niemanden verwundern dürfte. Also machte Erelthea sich gleich auf den Weg, wich einem torkelnden Gast aus, eher sie schließlich vor der Frau stand.
"Da will dich jemand sprechen." Sie deutete auf einen Tisch, welcher etwas abseits von dem dichten Gedrängel war, in den Schatten. Die Dai’Vaar sah interessiert in die dunkle Ecke, doch die Schatten waren zu dicht für ihre Augen, sodass sie gerade ausmachen konnte, dass dort wohl jemand saß. Sie dankte der Wirtin, bestellte noch einen Krug Bier und machte sich mit diesen in den Händen auf den Weg. Als sie schließlich vor der Gestalt stand, glaubte sie sich wage an das Gesicht erinnern zu können.
Ein Mann, wohl etwa in ihrer Große, mit zu eleganten Zügen für diese Gegend funkelte sie wütend unter seiner gold-braunen Haaren an. Sie begann sein ihr Gehirn zu Zermattern woher sie ihn kannte, doch es kam ihr einfach nicht in den Sinn.
"Dass ist also der widerwärtige Ort, an welchen ihr euch nun herum treibt, nachdem ihr meine Dienste verlassen habt?", zischte er ihr entgegen und sie blieb überrascht stehen. Überrascht und beleidigt. Wiederwertig? Dieser Ort? Er war gewiss nicht mit dem Adelsviertel zu vergleichen, doch wiederwertig?
"Noch immer besser, als in euren Gemäuern zu verweilen, mein Lieber Elliot." Sie erinnerte sich nun wieder, woher sie ihn kannte: Sie hatte für kurze Zeit als Mätresse für ihn gearbeitet. Bis es ihr zu dumm geworden war das Vorzeigepüppchen in teueren Gewändern zu spielen. Diese Rolle hatte sie so und so nicht gut ausgefüllt, sie war viel zu wenig unterwürfig gewesen.
Doch damals war es ihr wie eine einfache Möglichkeit vorgekommen an Geld zu kommen. Sie hatte wortwörtlich das Handtuch geworfen – und zwar ihm ins Gesicht – und ihm verkündet, dass sie kein Interesse mehr an dieser Arbeit hätte. Natürlich hatte ihn das fürchterlich empört, es hatte es als persönliche Beleidigung aufgefasst und ihr angedroht, dass sie es büßen würde, wenn sie nun verschwände. Sie hatte nur über ihn gelacht. Aber nun war er hier. Angst hatte sie nicht, ihre Augen funkelten amüsiert.
"Ihr seid ein abscheuliches Weib!", warf er ihr entgegen und sprang dabei auf. Sie grinste, spuckte vor ihn auf den Tisch und wandte sich ab.
"Mag sein. Doch ich hatte nie vor ein vorzeigbares Weib zu werden. Vor allem nicht eures." Sie nahm einen großen Schluck aus ihrem Krug, während sie sich wieder auf den Weg zurück zu fröhlicher Gesellschaft machte. Doch weit kam sie nicht, als sie einen kurzen, stechenden Schmerz an der Schulter spürte und Glas brechen hörte. Elliot dachte wohl, dass er sie damit aufhalten könnte sein Glas ihr den einen Schritt nach zu werfen, doch damit hatte er sich geirrt.
Sie wirbelte herum, nur um vor sich das viel zu hübsche Gesicht eines eingebildeten Mannes zu sehen. Einen Tritt mit dem Fuß später, landete er auch schon am Boden, rappelte sich aber sofort wieder auf und verpasste ihr einen Schlag in die Bauchgegend. Unter seinem schmerzvollem Gejaule – das Stahlkorsett, welches sie unter dem ledernen trug, hatte dazu geführt dass er nun einen stechenden Schmerz in seiner Hand spürte – ging Erelthea aufkeuchen unter. Er hatte es geschafft, nun war sie wirklich wütend auf ihn und ihr nächster Schlag zielte direkt in sein Gesicht.
Indessen hatte sich schon eine kleine Truppe um die beiden gebildet. Eine Schlägerei blieb hier nicht lange unbemerkt und sie konnte schon die ersten Wetteinsätze hören.