Beiträge von Ji'Sai

    Ji konnte Mallalais Worte sehr gut nachvollziehen. Obwohl sie scheinbar besser mit geschlossenen Räumen zurecht kam als er, wusste sie wie er sich fühlte. Er war ebenso wie sie ein Naturwesen, dem es Unbehagen bereitete nicht den Wind zu spüren, den freien Himmel zu sehen oder in frisches Wasser zu tauchen. Die Sylphe wollte ihm gerade antworten, als ihr ein Mann zuvorkam, der offenbar aus dem Nichts erschienen war. Naylia stieß einen überraschten Laut aus und Ji hörte ihm aufmerksam zu. Minaril? Mit dieser Göttin hatte sie zuvor nie etwas zutun gehabt. Was wollte sie also nun von ihr und Naylia und den anderen?


    Nachdem Kyria ihre Frage gestellt hatte, fügte Ji'Sai hinzu: "Und woher wisst Ihr so viel über uns? Also warum sind gerade wir ausgewählt worden?" Die Frage war wahrscheinlich nicht wichtig, aber es interessierte sie dennoch.

    Ji'Sai ging wieder ein paar Schritte zurück und zog die Augenbrauen stark zusammen. Wie hatte sie nur vergessen können, dass sie es mit einem Menschen und einer Yassalar zutun hatte? Beide waren nicht wie sie in der Lage zu fliegen. An Seile und Proviant hatte sie einfach nicht gedacht. Aber natürlich würden sie beides benötigen, denn die Sylphe würde keine der Frauen tragen können. Und die Kleine an ihrer Hand würde noch weniger dazu in der Lage sein. Sie blickte auf die junge Sylphe hinab und schenkte ihr ein hoffungsvolles Lächeln, als sie ihre Entschlossenheit wahrnahm. Nein, Zeit sollten sie wirklich nicht verlieren.


    Sie nickte Tassia zu und antwortete: "Dann lasst uns zunächst ein wenig Nahrung kaufen, danach die Seile holen." Als Tassia dann fragte, ob sie fähig wäre zu klettern, musste sie lachen. Energisch schüttelte sie den Kopf und einige weiße Strähnen fielen ihr ins Gesicht. "Nein, klettern kann ich nicht. Aber wenn es hilft, kann ich das Seil in der Höhe anbringen, sodass es für euch leichter wird hinaufzukommen." Während sie sprach flatterte sie mit ihrem schimmernden Flügeln und blickte die Frau freundlich an.


    Dann nahm Ji'Sai das Schnaufen wahr, welches Naylia plötzlich von sich gab. Es galt der fremden Fee und die Sylphe wusste sofort woran es lag. Als Windfee brachte Naylia der Erdfee ohnehin Misstrauen entgegen, was sich mit deren Worten nun noch verstärkte. Naylias Haare nahmen einen dunkelroten Schimmer an, ihre Augen waren unverwandt und wütend auf Sati gerichtet. Ji wusste nicht, wem sie glauben schenken sollte. Julian konnte sich durchaus irren. Ji'Sai kannte sich in der Gegend zu wenig aus, um zu wissen wo Felsengeier nisteten.


    "Wir sollten uns jetzt erst einmal schnell um das Essen kümmern, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Vielleicht könnten wir noch jemanden fragen, wo wir Felsengeier finden, um nicht in die falsche Richtung zu laufen? Ich wüsste allerdings nicht wen." In den Städten kannte sie sich nicht aus, wusste nicht, ob es hier überhaupt jemanden gab, der diese Frage würde beantworten können. Jetzt sah sie sich erst einmal um, dann ging sie mit Lavenia auf einen Stand zu, der mit vielversprechenden Lebensmitteln wie Brot und Kuchen ausgestattet war. Aber Ji hatte natürlich keine Ahnung, was ihre beiden Begleiterinnen bevorzugten. Fragend sah sie von Tassia zu Yassalaria und wartete ab.

    Ji'Sais Augen erhellten sich, als Julian sie direkt ansprach und ein leichter, roter Schimmer legte sich auf ihre Wangen. Naylia kicherte in sich hinein, aber die Sylphe beachtete sie nicht, stattdessen anwortete sie: "Felsengeier? Ja, das sollte zu schaffen sein!"
    Dann ging ihr Blick zu der Yassalar. Sehr begeistert war sie nicht, dass ausgerechnet sie sie begleiten sollte. Aber Ji wusste genauso gut, dass sie es alleine nicht schaffen würde. Also brachte sie ein Lächeln zustande. "Ich wäre dankbar für Unterstützung", sagte sie aufrichtig und sah dabei von der Yassalar zu Tassia.


    Im nächsten Augenblick spürte sie die kleine Hand in ihrer und sah erstaunt, dass die junge Sylphe neben ihr stand. Ji beugte sich ein wenig hinunter und lächelte. Es sollte eigentlich ein aufmunterndes, hoffnungsvolles Lächeln werden, doch als sie die schlaffen Flügel der Kleinen erblickte, gelang ihr lediglich ein trauriges, gequältes. Sie wusste nicht was sie sonst sagen sollte, also entschied sie sich für das Offensichtliche. "Hallo. Du willst uns also begleiten? Wir werden deine Freunde schon retten. Versprochen." Sie drückte sanft die Hand und wandte sich dann wieder an die anderen. "Dann sollten wir uns schnell auf den Weg machen." Mit ein paar leichten Schritten ging sie in die Richtung, die Julian ihnen gewiesen hatte, wandte sich dann wieder um, um zu sehen, ob die anderen beiden ihr folgten.


    Dabei fiel ihr Blick auf die andere Fee, die ihrer kleinen Freundin folgte und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. Argwöhnisch betrachtete Ji'Sai sie und auch Naylia, die noch immer auf ihrer Schulter saß, schien nicht begeistert zu sein. Sie murmelte unverständliche Worte vor sich hin und ließ die fremde Fee nicht aus den Augen.

    Ji'Sai folgte den anderen stumm. Sie hatte keine Ahnung, wo sie waren, die Straßen waren ihr allesamt unbekannt. Innerlich war sie angespannt, aufgeregt - schließlich wusste sie nicht, was sie nun erwartete. Und sie grübelte nachwievor, woher der Fremde so viel über sie wusste.


    Nach einiger Zeit hatte die kleine Gruppe offenbar ihr Ziel erreicht. Die Sylphe öffnete erstaunt den Mund und betrachtete das Gebäude genauer. Der violette Nebel faszinierte sie am meisten und dennoch zögerte sie bevor sie hineintrat. Eigentlich verursachten ihr Räume nur bedingt Unbehagen. Doch jetzt und hier zweifelte sie, dass alles was sie in dem Gebäude erwartete gut war. Und falls Gefahr lauerte, wäre sie in den Räumen eingeschlossen - ihre Fähigkeit zu fliegen wäre nutzlos. Ji verspürte ein wenig Angst, letztendlich siegte jedoch die Neugierde. Schließlich gingen auch die anderen - Naylia eingeschlossen - hinein und so betrat sie ebenfalls den Vorraum.


    Während sie sich noch umsah, verließ der Mann die Gruppe und Ji hörte, wie die Menschenfrau ihm hinterher rief. Auch wenn Ji'Sai sich etwas unbehaglich ihr gegenüber fühlte, war sie in diesem Fall ihrer Meinung. Sie hätte auch gerne eine Antwort auf diese Fragen. Sie sah sich kurz um und ihr Blick fiel auf Mallalai, der nicht sehr glücklich schien. Mit ein paar federleichten Schritten war die Sylphe bei ihm und berührte leicht seinen Arm, während ein leichter Windhauch ihn zu berühren schien.
    Flüsternd sprach sie zu ihm: "Ihr seid nicht der Einizge, dem diese Räume nicht behagen. Aber es passiert uns schon nichts. Ich bin mir sicher." Und obwohl sie eigentlich daran zweifelte, kamen diese Worte voller Überzeugen, was sie selbst überraschte. Ji blieb neben Mallalai stehen und sah wieder zu der Frau und dem Unbekannten.

    Aufmerksam beobachtete Ji'Sai die Gestalt, die auf sie zukam und auch Naylia hatte sich aufrecht hingesetzt und starrte auf den lilafarbenen Mantel. Seine Worte verwirrten Ji zunächst - bis sie meinte sich selbst darin zu erkennen. Und Naylia bestärkte diesen Eindruck als sie nach dem vierten Satz mit großen Augen fragte: "Sind wir gemeint?" Die Windfee konnte es anscheinend ebenso wenig wie die Sylphe glauben. Woher kannte der Unbekannte sie, woher wusste er so viel über sie? Aber obwohl Ji überrascht war, fürchtete sie ihn nicht. Aus irgendeinem Grund wollte sie ihn dennoch begleiten. Und da auch Mallalai sich bereits einige Schritte entfernt hatte, folgte sie ihm und dem fremden Mann. Naylia gluckste an ihrem Ohr - anscheinend freute sie sich. Ihre Abenteuerlust war offensichtlich ebenso schnell zurückgekehrt, wie sie zuvor verschwunden war. Ji drehte sich noch einmal zu der Frau und dem Gnom um, um zu sehen, ob sie auch folgen würden. Dann setzte sie gespannt ihren Weg fort.

    Ji wäre auch gerne so mutig gewesen wie der Mann neben ihr. Beeindruckt lauschte sie seinen Worten, hoffte dabei inständig, dass sie Wirkung zeigen würden. Und offensichtlich taten sie das, denn der griesgrämige Mann auf dem Karren machte ihm letztendlich ein Angebot, welches Julian Schwarzberg enthusiastisch annahm. Ji ließ sich von seinem Tatendrang mitreißen, denn das war eine gute Gelegenheit die kleine Sylphe zu befreien - wahrscheinlich die einzige. Sie nickte und öffnete den Mund, um ihm zu antworten, doch eine Frau kam ihr zuvor und so schloss sie ihn wieder, um stattdessen zu hören, was sie zu sagen hatte.
    Es war eine Yassalar wie Ji'Sai feststellte. Natürlich war sie skeptisch. Ji bezweifelte, dass eine Yassalar jemandem ohne Gegenleistung helfen würde - wahrscheinlich nicht einmal jemandem ihres Volkes. Aber kurz darauf gesellte sich eine Menschenfrau zu der kleinen Gruppe und verkündete, dass sie an der Suche teilnehmen wollte.


    Ji wandte sich nun an Julian und antwortete schließlich: "Ich werde Euch auch begleiten. Wir sollten alles versuchen, um ihnen zu helfen." Ji nickte heftig und sah noch einmal kurz zu ihrer Artgenossin. "Es gibt bestimmt einen Weg und wir sollten nicht aufgeben bevor wir es versucht haben." Ihr Blick ruhte kurz auf der Yassalar, bevor sie wieder Julian ansah. Sie war nun fest entschlossen etwas zu unternehmen. Sie musste einfach. Plötzlich spürte sie etwas auf ihrer Schulter. Naylia war wieder zurückgekehrt und starrte ungläubig auf die Ketten der Sklaven. Ji versprach ihr leise, dass sie ihnen helfen würden, wandte sich dann wieder abwartend an die anderen.

    Eigentlich hatte die Sylphe sich einen schönen Tag machen wollen. Sie mochte den Markt, denn es gab immer interessante Dinge zu entdecken und sie liebte es die geschäftigen Leute zu beobachten, die über Preise diskutierten, sich anregend unterhielten und letztendlich alle zufrieden aussahen. Ji war bereits einige Zeit unterwegs und bester Laune. Auch Naylia war wie immer begeistert und entfernte sich des öfteren um sich Stoffe oder andere Dinge anzusehen. Also bewegte Ji'Sai sich alleine durch die Menge und natürlich fiel die unscheinbare junge Frau mit dem langen weißen Gewand und den ebenso weißen langen Haaren dabei niemandem auf.


    Erst als sie abrupt stehenblieb, wurde sie von einem älteren Mann angerempelt und beschimpft. Aber das kümmerte sie nicht, denn sie konnte ihre Augen nicht von dem abwenden, was sie entdeckt hatte. Mit offenem Mund starrte sie auf die kleine Sylphe, besonders auf das eiserne Halsband, das um ihren schmalen Hals lag. Im ersten Moment begriff Ji nicht, was das bedeutete. Aber sie fühlte sich auf einmal elend und unendlich traurig. Sie schluckte schwer und versuchte ihre Gedanken zu ordnen. Anscheinend befand sich ihre Artgenossin in Gefangenschaft. Schlagartig fühlte sie sich in die Vergangenheit versetzt als sie Naylia zum ersten Mal gesehen hatte. Wie aus weiter Ferne drangen die lauten Rufe des Mannes an ihre Ohren. "...die euch bis in den Tod verpflichtet ist? Hier bekommt ihr sie! Kommt her, schaut her!" Ji ging tatsächlich ein paar Schritte auf den Karren zu, jedoch nicht um "etwas" zu kaufen. Sie stand nun unmittelbar davor und starrte auf die kleine gebeugte Gestalt, die stur auf den Boden blickte.


    Was sollte sie jetzt nur tun? Kurz sah sie sich um, wo Naylia abgeblieben war, konnte sie aber nirgends entdecken. Also kehrte ihr trauriger Blick zu dem Karren und der Kleinen zurück. Wie konnte jemand bloß zu so etwas Bösem fähig sein?

    Naylia kam sogleich angeflogen und ließ sich auf Ji'Sais Schulter nieder. Leise verkündigte sie ihren Unmut den Gnom zu begleiten. Ihr war anscheinend die Lust an einem Abenteuer vergangen.
    Ji jedoch war tatsächlich sehr neugierig geworden. Und sie mochte den Gnom irgendwie und deswegen entschied sie einfach ihn zu begleiten. Wenn es ihr langweilig werden würde, konnte sie die kleine Gruppe schließlich immernoch verlassen. Die Sylphe verbeugte sich leicht und erwiderte: "Wir werden Euch sehr gerne begleiten."
    Naylia stieß nur ein genervtes "Pffft" aus und rollte sich auf Ji'Sais Schulter zusammen.

    Ein wenig amüsiert beobachtete Ji'Sai wie Mallalai die Hand hob und den Wind zu spüren versuchte. Offenbar hatte er noch nie jemanden ihres Volkes getroffen. Was kein Wunder war. Zwischen ihnen lagen Welten - sie würde nie in die seine gelangen, ebenso wie ihm die ihre versagt blieb - und auch die Sylphe war bisher nur wenigen Meereselfen begegnet.


    Als der Gnom zu sprechen begann, lauschte sie ihm aufmerksam. Obwohl Ashti'viana ihr weitaus lieber war, konnte sie ihm gut folgen. Doch das, was er beschrieb, kannte Ji selber nicht. Nir'Alenar war ihr wahrscheinlich ebenso unbekannt wie dem kleinen Mann. Aber es war auch nicht an ihr zu antworten. Schließlich waren seine Worte an den Meereselfen gerichtet, der, wie sie nun feststellte, einigermaßen verwirrt aussah. Hatte er überhaupt etwas verstanden? Als er jedoch antwortete zerstoben ihre Zweifel. Mallalai. Es erinnerte Ji an die sachten Wellen die ans Ufer gespült wurden, nur um sogleich wieder zurückgezogen zu werden.


    Erschrocken sah Ji'Sai, dass die Menschenfrau zurückkehrte. Hoffentlich würde der Wind ihre Gemüter nicht erneut aufbrausen, dachte sie. Aber anscheinend hatte die Frau eine Lösung für das Problem des Gnoms gefunden. Ji fragte sich, was sie nun tun sollte. Sich ihm anschließen? Zumindest für eine kurze Zeit? Seine Worte hatten sie neugierig gestimmt.


    Ihre Gedanken wurden unterbrochen, als sie den überraschten Ausdruck auf dem Gesicht der Frau sah. Die Sylphe bewegte ein wenig ihre Flügel, die nun das Licht einfingen und bunt schimmerten. Sie erinnerten an ihre Augen, die ebenso alle Farben zu besitzen schienen. Dabei grinste Ji die Frau an. Es gefiel ihr, wenn sie andere beeindrucken konnte.

    Ji verfolgte wie Mallalai zu träumen begann. In seinen Augen schien sich plötzlich und unerwartet Trauer zu spiegeln und ohne zu wissen warum, bekam die Sylphe Mitleid mit dem Meereswesen. Aus einem verborgenen Grund empfand sie das Bedürfnis ihn zu trösten. Hatte es etwas mit der Menschenfrau zu tun? Oder mit dem, was Ji gesagt hatte? Doch bevor sie etwas sagen oder tun konnte, wurde beider Aufmerksamkeit auf die Windfee gerichtet. Das Zurückweichen Mallalais führte Ji'Sai auf Naylia zurück und wieder einmal schämte sie sich für ihre Begleiterin. Doch als der Meereself sie rügte, unterdrückte Ji nur mühsam ein Lächeln. Innerhalb kürzester Zeit bekam Naylia nun zum zweiten Mal zu spüren, was es für unangenehme Folgen haben könnte jemanden zu ärgern.


    Die Windfee ließ nach seinen harten Worten von Mallalais Haarschmuck ab und flog in sein Blickfeld. Die Unterlippe weit nach vorne geschoben, musterte sie ihn aus den klaren Augen. Sie kam noch ein wenig näher und piekste ihn in die Nase. Einem trotzigen Kind gleich schaute sie ihm entgegen. Aus misstrauischen Augen schienen plötzlich dunkle Rottöne ihre Wut zu beschreiben und auch ihre Haare schienen feuerrot zu leuchten. Aber so schnell sie wütend geworden war, so schnell änderte sich ihre Stimmung wieder. Die Neugierde siegte anscheinend über den Trotz. Und so verblassten Augen- und Haarfarbe bis lediglich ein zartes Orange übrig blieb. Aber dennoch fragte sie nicht, so wie Mallalai es verlangt hatte. Ihr Stolz war einfach zu groß. Naylia starrte ihn nur weiter an, sah abwechselnd von seinen Augen zu dem Schmuck in seinem Haar und wieder zurück.


    Ji'Sai wusste, dass Naylia ihn sich zu gerne weiter angesehen hätte. Aber sie wusste ebenso, dass sie Mallalai nie fragen würde. "Es tut mir leid", entschuldigte sie sich bei dem Meereselfen. "Manchmal weiß sie sich wirklich nicht zu benehmen." Sachte schüttelte sie den Kopf, ihre Haare wogen dabei wie in einer leichten Brise - obwohl kein Wind wehte. Dann erhob sie sich langsam - sie konnte nicht länger hocken - und stellte sich vor: "Mein Name ist übrigens Ji. Und das ist Naylia." Mit einem Kopfnicken deutete sie auf die Windfee, die jedoch nicht reagierte. Mit einem kurzen Blick zu dem Gnom, fügte dann leiser hinzu: "Seinen Namen kenne ich noch nicht, aber er wollte sich offensichtlich mit Euch unterhalten." Ji lachte leise und offen.

    Die Sylphe blickte den Meereselfen mit großen Augen an und nickte überrascht. "Ich danke Euch sehr. Und ja, das stimmt. Die Freiheit des Windes ist mir lieber als der harte Erdboden." Ji'Sai richtete sich etwas unbeholfen auf und öffnete ein wenig die schimmernden Flügel damit Mallalai sie sehen konnte, blieb dann neben dem Meereselfen hocken. Sie lächelte zart und ihre Augen nahmen die Farbe schimmernden Blaus an. Türkis und Dunkelblau vermischten sich und leuchteten ihm entgegen.


    Naylia war in der Zwischenzeit näher heran geflogen und betrachtete den Meereselfen nun neugierig. Oder genauer gesagt, sie betrachtete den klappernden Schmuck in dessen Haaren. Und so schnell dass Mallalai es nicht hätte verhindern können, saß die kleine Windfee auf seinem Kopf und zog an einer Koralle. "Was hast du denn da?", lachte sie ihm entgegen, ließ dabei nicht von seinem Haar ab.

    Ji'Sai atmete ein wenig erleichtert aus, als die Menschenfrau gehen wollte. Angespannt war sie aber nach wie vor. Sie fühlte sich einfach nicht wohl hier. Warum hatten die beiden sich auch so furchtbar streiten müssen? Die Sylphe konnte nicht nachvollziehen, wie der Streit überhaupt begonnen hatte. Aber was würde es bringen sich nun darüber den Kopf zu zerbrechen? Die Situation hatte sich schließlich wieder beruhigt... oder?


    Ji'Sai beschloss sich erst einmal zu dem Meereselfen und dem Gnom zu stellen bis die Frau wiederkam. Also machte sie ein paar Schritte auf die beiden zu, doch schon im nächsten Augenblick stolperte sie, konnte sich nicht fangen und fiel vor die Füße des Meereselfen. Einen Moment blieb sie reglos liegen, wusste nicht ob sie nun lachen oder weinen sollte, nahm nur Naylias Gelächter wahr und lief rot an.

    Forscher? Erfinder? Philosoph und Archäologe? Die Sylphe konnte sich nicht vorstellen, dass jemand so viele Berufe haben konnte. Aber der Gnom schien sehr intelligent, also warum sollte er nicht auf so vielen Gebieten bewandert sein? "Ich bin Ji'Sai und das ist Naylia." Die Sylphe deutete auf die Windfee und wollte sich gerade entschuldigen, dass sie sich mit Augengläsern nicht auskannte, da lief der Gnom auch schon um den Brunnen herum. Etwas verdutzt sah Ji ihm nach. Naylia hob nur die Schultern und murmelte: "Siehst du? Er dankt nicht einmal."


    Aber darauf hörte Ji'Sai nicht. Sie dachte kurz nach und folgte dem kleinen Mann. Vielleicht würde er wieder Hilfe brauchen? Also blieb die Sylphe in angemessenem Abstand stehen und lauschte den Worten, die nun fielen. Doch je länger sich das Meeresgeschöpf und die Menschin unterhielten, umso unbehaglicher wurde ihr. Die Atmosphäre war angespannt und wenn Ji sich nicht für den Gnom verantwortlich fühlen würde, wäre sie schon längst gegangen. So blieb sie schweigend neben ihm stehen und wartete ab. Sich in dieses Gespräch einmischen wollte sie nun wirklich nicht.

    Mit weit aufgerissenen Augen starrte Naylia den Gnom an. Sie hatte sich sehr erschrocken, dennoch hatte sie sich gerade noch fangen können und war nun wieder auf Augenhöhe des Gnoms geflogen. "Grube gräbt? Ich habe doch keine Grube gegraben!", rief die Windfee dann empört und drohte ihm mit ihrem Zeigefinger. Was bildete dieser kleine Mann sich nur ein? Als er ihr auch noch die Hand hin hielt, drehte sie sich mit verschränkten Armen zur Seite, schloss die Augen und hob die Nase. "Pah! Erst ärgerst du mich und jetzt willst du Hilfe? Nö!" Stur blieb sie in ihrer jetztigen Position.


    Ji'Sai war nun auch bei den beiden angekommen und schnappte noch die letzten Worte des Gnoms auf. Etwas schüchtern trat sie an ihn heran, entschuldigte sich für ihre kleine Freundin und fragte dann: "Preis der Forschung? Was erforscht Ihr denn?" Die Sylphe wollte die Unterhaltung auf ein anderes Thema bringen, aber es interessierte sie auch tatsächlich. Dann reichte sie dem Gnom etwas zögernd die zarte Hand und sah sich auf der Suche nach dem Brunnen um. Als sie ihn gefunden hatte ging sie langsam darauf zu.


    Naylia folgte eingeschnappt, murmelte leise: "Gruben graben... Sowas Gemeines! Und jetzt müssen wir auch noch helfen... Gemein!"

    Eine Weile war die Sylphe über die Stadt geflogen und hatte das Schauspiel unter sich beobachtet. Sie hätte gerne geholfen, aber der Trubel der im Moment herrschte, hatte ihr doch Angst gemacht und so näherte Ji'Sai sich nur langsam dem Boden. Auch ihre kleine Gefährtin, die Windfee Naylia, flatterte aufgeregt umher - sie wollte anscheinend nichts verpassen und der Schrecken der ersten Sekunden war schon längst vorüber.


    Ji'Sai sah wie mehrere Verletzte in Häuser getragen wurden und andere sich aufgeregt unterhielten. Nicht nur sie wollte wissen, was geschehen war. Natürlich. Sanft berührten ihre Füße den Boden und die Sylphe faltete sofort ihre Flügel auf diese besondere Weise, die sie beinahe verschwinden ließen. So konnte sie niemanden stören und sich selbst nicht verletzen. Das Gedränge war ihr noch immer unheimlich.


    Und tatsächlich wurde sie im nächsten Moment beinahe von einem Mann umgerannt, der eine bewusstlose Frau trug. Eine Frau mit Flügeln, eine Syreniae, wie Ji'Sai feststellte.


    Doch lange konnte sie sich nicht wundern, denn schon im nächsten Augenblick bemerkte Ji'Sai wie Naylia auf einen Gnom zuflog, der anscheinend hilflos mit den Armen ruderte. Ji'Sai hatte ihn zuvor nicht bemerkt, aber er benötigte offensichtlich Hilfe. Die Windfee jedoch flog auf Augenhöhe mit dem kleinen Mann und lachte. "Kannst du nichts sehen?" Ihre kleinen Hände fuchtelten vor dem Gesicht des Mannes herum und Naylia selbst flatterte dabei noch hin und her. Ji'Sai sah sich nervös um, bevor sie der Windfee mit rotem Kopf folgte. Hoffentlich bekommt das niemand mit.

    Ji'Sai seufzte leicht als auch die Syreniae die Gaststätte verließ. Alle gingen nun und der Abend, der so wunderschön begonnen hatte, endete mit einem solch schrecklichen Ereignis. Der schöne Gesangswettbewerb... Noch vor kurzer Zeit war die Sylphe sehr glücklich gewesen, doch nun wusste sie nicht, was sie tun sollte. Die Freiheit der Natur rief auch nach ihr, doch sie wollte nicht gehen. Vielleicht wollte sie Shiai nicht alleine lassen, vielleicht wollte sie sich nicht durch die Menge schieben. So blieb sie wo sie war. Sie setzte sich neben Shiai und überlegte, was sie nun tun oder sagen könnte. Sie beobachtete, wie Naylia sich ein weiteres Mal auf der Schulter der Edelelfe niederließ und da kam ihr ein Gedanke.


    "Weißt du, all das ist eigentlich nicht so schlimm, wie es jetzt scheint. Selurian wird sich bestimmt um den Mann kümmern. Er ist jetzt frei wie der Wind." Ji'Sai nickte Shiai zu und der Glanz kehrte in ihre Augen und die leichte Bewegung in ihre Haare zurück. Naylia lächelte und nickte, um ihre Zustimmung auszudrücken. "Ja, genau."

    Naylia nickte und tätschelte Thalassias Wange. Sie wusste nicht, was sie sagen oder tun könnte, um die Syreniae zu beruhigen. Sie selbst war schließlich sehr beunruhigt. So etwas hatte sie noch nie erlebt und sie wusste nicht damit umzugehen. So blieb sie nur schweigend auf Thalassias Schulter sitzen und wartete ab.




    ~


    Nach einer Weile nahm Ji'Sai sich wieder zusammen und sah sich für kurze Zeit in der Gaststätte um. In solchen Momenten wurde ihr bewusst wie wenig sie hierhin gehörte. Unmengen von Stimmen drangen an ihr Ohr und einige Gäste stürzten an ihr vorbei hinaus. So auch die Zaubersängerin, wie die Sylphe schmerzlich feststellte. Sie dachte wieder an den Gesangswettbewerb, der nun wohl vorüber war. Wie schade...


    Wieder sah Ji'Sai hinüber zu dem Toten. Wahrscheinlich konnte sie ihm nicht helfen und sie war sowieso nicht in der Lage sich einen Weg zu ihm zu bahnen. Zu viele drängten sich um ihn herum. Also beschloss Ji'Sai zu Naylia zu gehen.


    Sie kam fast zeitgleich mit Shiai an. Doch diese wirkte so verstört, dass sie anscheinend nichts von ihrer Umwelt wahrnahm. Also wandte die Sylphe sich der Syreniae und Naylia zu und sagte: "Der Musikwettbewerb ist nun wohl zu Ende?" Es war mehr eine Feststellung als eine Frage und Ji'Sai wusste selbst, dass sie überflüssig war. Doch was sollte sie sonst sagen? Über den Tot sprach sie nicht gerne. Aber schweigen konnte sie auch nicht. "Was sollen wir jetzt tun?"

    Ji'Sai sprang erschrocken auf, blieb dann jedoch angespannt stehen. Wie gebannt blickte sie erst auf den Geist, dann auf den Toten. Ganz still stand sie da, war nicht fähig sich zu bewegen. Selbst ihre Haare schienen nicht mehr von dieser ständigen Bewegung erfasst zu sein, wie sonst. Die Flügel der Sylphe, die vorher noch sorgfältig gefaltet waren, sodass niemand sie hatte sehen können, hingen nun schlaff hinunter. Sie schienen ein wenig von ihrem Glanz verloren zu haben.


    Ji'Sai wollte gerne den Blick abwenden, wollte Zalida ansehen, sie fragen, was da gerade geschehen war. Wollte eine Erklärung, doch sie konnte sich nicht umdrehen. Stattdessen murmelte sie "Oh bei Selurian" und eine einzelne Träne rann ihre Wange hinab.



    ~


    Naylia war ebenso erschrocken wie die Sylphe. Im ersten Moment konnte sie nicht glauben, was sie sah, hielt es für einen üblen Scherz. Als sie begriff, dass es keiner war, sprang Shiai schon auf. Dabei dachte sie wohl nicht mehr an die Windfee, die auf ihrer Schulter gesessen hatte und die nun hinunterfiel. Es dauerte einige Sekunden, bis Naylia sich gefasst hatte und ihre Flügel benutzte. Wäre die Situation nicht so schrecklich gewesen, hätte dieser Fall wohl lustig ausgesehen und Naylia hätte gelacht. Doch in diesem Moment, konnte sie nichts tun. Sie flog hinüber zu Thalassia, die noch nicht zu dem Toten geeilt war und fragte mit trauriger Stimme: "Wer war das denn?"

    Naylia hatte die weiteren musikalischen Darbietungen verfolgt. Wenn die anderen beiden meinten, es sei besser zu warten, bis man den vermeintlichen Betrug erörterte, so war dies wahrscheinlich so. Die Windfee hatte sich zuvor noch nie mit so etwas auseinandersetzen müssen und so vertraute sie auf die Erfahrungen Shiais und Thalassias.


    Nun da die letzte Sängerin geendet hatte, würde sich die Jury entscheiden müssen. Naylia ging noch einmal alle Sänger und Sängerinnen gedanklich durch. Viele waren gut gewesen und sie war froh, nicht alleine einen Sieger oder eine Siegerin bestimmen zu müssen.


    Auf Shiais Frage antwortete Naylia flüsternd: "Vielleicht sollten wir ihn einfach fragen?" Verstohlen blickte sie hinüber zu dem Edelelfen. Wie konnte jemand versuchen zu betrügen? Das war gemein.

    Ji'Sai beobachtete die Edelelfe genau, nachdem Zalida sie auf die merkwürdige Geste aumerksam gemacht hatte. Und sie hatte recht, irgendetwas stimmte da nicht. Die Sylphe warf einen kurzen Blick zu der Jury und überlegte, ob man ihr Bescheid sagen sollte, doch genau in diesem Augenblick schienen Naylia und die anderen zu tuscheln. Ji sah wieder zu Zalida, deutete auf die Jury und flüsterte: "Anscheinend hat die Jury es ebenfalls bemerkt."


    Jetzt war Ji'Sai wirklich froh, nicht in der Jury zu sitzen. Naylia würde damit keinerlei Probleme haben, aber sie selbst wäre wahrscheinlich sehr verzweifelt gewesen. Aber immerhin konnte die Edelelfe nicht mehr gewinnen und Elaiyas Chancen hoben sich.




    ~


    "Betrug?" Empört und mit viel Verachtung in der Stimme sprach Naylia dieses Wort aus. Womöglich auch ein wenig zu laut. Aber sie kümmerte sich nicht darum, ob der Edelelf es gehört haben könnte. "Das darf man doch nicht machen!" Die Windfee rümpfte die Nase und musterte die Edelelfe - durchaus mit Abneigung, denn sie hatte schon vorher gewusst, dass sie diese Frau nicht mochte. Dann sah sie Thalassia und Shiai fragend an: "Und was machen wir jetzt?"