Beiträge von Silene Sana'Santaly

    Silene schätzte die Wahrscheinlichkeit als sehr hoch ein, dass ihm die Berührung mit der kalten, porzellanartigen Haut unbehaglich war, doch hätte sie nicht gewusst, warum es den Nachtelfen in seiner Entscheidung in irgendeiner Art beeinflussen würde, hatte er doch die Nennung seines Namens verwunden ohne in Hysterie auszubrechen.
    Dennoch war Silene die anfängliche Skepsis nicht entgangen - Skepis hemmt Spontaneität, hemmt die Intuition in ihrer schicksalhaften Art zu agieren. Schlecht für ein akkurates Ziehen der Lossteine.


    Dass nun der Ausdruck einer unbändigen Entschlossenheit in seinen Augen stand, war Silenes Meinung nach nicht verwunderlich. Viele empfanden diese, wenn sie ihren ersten Schrecken überwunden hatten, doch viele verloren sie genauso schnell wieder, wenn sie auch nur die erste Ahnung ihrer Zukunft erhalten hatten.
    Ob der Nachtelf zu diesen Personen gehörte?
    Eine sachlich Art des Zweifelns erschien in Silenes Gedanken und sie nickte unmerklich dazu - nein, auf dem Rücken dieses Elfen lastetesn Jahre voller schwerer Geschehnisse und voller schwerer Gefühle.


    So nahm Silene des Nachtelfen Hand entgegen und forderte ihn beinahe sacht auf, 7 Steine zu entnehmen und sie auf den kalten Marmor der Tischplatte zu legen, gerade wie es ihm beliebte.

    "Ihr könnt Euch glücklich schätzen.", entgegenete die Valisar, schnell, humorlos und kalt. Worte, die aus ihrem Mund wie eine Ohrfeige klingen mochten, von eisiger, jähzorniger Hand ausgeführt ... doch war es lediglich die Kälte, die ihrem Gegenüber entgegenschlug, sich voller Kraft gegen sie lehnte wie eine Woge aus eisigem Wasser. Die Yassalar hatte es auf den Punkt gebracht.
    Wenn Silene es vermocht hätte, sie hätte sich verletzt gefühlt. Doch da ihr diese Art und Weise des Ausdrucks verwehrt blieb, und weil sie nicht empfand, was sie hätte empfinden müssen schwieg sie die schwarze Gestalt ausdauernd an.
    Was war sie für ein Wesen? So voller Stolz, so voller Kraft und Macht ... und gerade sie sollte mit ihren Worten eine Valisar zu verletzen vermögen? Welches Recht nahm sie sich dazu heraus? Welch Trugschlus mochte dahinter stecken? Silenes blick heftete sich auf ihrer beide Hände, wie sie schwarz neben weiß mit einander kontrastierten. Klare Beweggründe, noble Sätze - was sie sein konnte, was sie sein wollte - es war ihr alles Wert. Alles, dass sie nehmen konnte, alles, dass sie geben konnte.
    Umgekehrt stellte sich Silene die gleiche Frage: Wieviel war es ihr selbst wert, ihre in ihrer nunmehr nutzlose Hülle, ihre des wahren Lebens beraubte Seele wachsen zu sehen?


    "Es ist viel, dass Ihr gebt und nehmt um das zu füllen, was Eure Gottheit Euch einst formte... Ihr strebt damit einem einzigen Ziel zu, Ihr mögt eine gerade Strecke dorthin kennen - ich lüge nicht, wenn ich sage, dass Leichen Euren Weg säumen - und doch habt Ihr Euch verirrt... wie seltsam."


    Silene wusste, dass ihre Worte vermutlich mehr auslösen würden, als es sie es berechnen und abschätzen konnte, doch genau das war es, dass sie sah. Was tat eine Yassalar hier? War sie nicht mehr dazu prädestiniert in den Meeren Jagd auf Mira'tanar zu machen, mit den Schattenhaien zu schwimmen?
    Silene sehnte sich nicht nach diesen unendlichen Möglichkeiten, nach dieser Variabilität der eigenen Persönlichkeit. Ihre Persönlichkeit hielt sich längst nicht mit solchen Dingen auf - es gab sie gewissermaßen nicht mehr. Das Einzige, das davon geblieben war, war ihr Kodex - konservierte Verhaltensmuster, aufgebaut auf logischen Schlüssen und Erinnerung.


    "Ich kann meine wahre Bestimmung vielleicht niemals erfüllen, doch auf meinem Weg ist keine Verirrung. Er ist gerade, leer, offen."

    Es ist sicher., dachte Silene und wandte den Blick von der Elfe ab. Es hat sich oft genug bewahrheitet um als Sicherheit zu gelten. Die Valisar leerte ihren Becher und stellte ihn beseite, dann schüttelte den Kopf und zeigte ein freundliches Lächeln auf ihren kalten Lippen.
    "Ich danke Euch, Shiai, doch es ist nun an der Zeit zu gehen." Silene verschränkte die Arme locker vor der Brust und beschloss Shiai nun ihren Gedanken zu überlassen, nachdem sie ihre Plicht erfüllt hatte. Sie hatte neues gelernt, und das erfüllte Silene mit einer sehr aufbauenden Stimmung, wen man es so nennen konnte. Sie war sich in diesem Moment gewiss, ihre rechte Pflicht getan zu haben.


    "Ich schätze Euer Fest hat den gewünschten Effekt erzielt und es werden in nächster Zeit mehr Kunden nach Euren Fähigkeiten und Eurem Wissen verlangen.", sagte sie noch, während sie sich langsam in Richtung des Tisches bewegte, an dem die beiden Musiker noch saßen und sich unterhielten. Silenes Rahmentrommel lag unangetastet auf dem Tisch. "Ich wünsche Euch eine schöne Zeit Shiai, behaltet meine Worte im Gedächtnis so wie ich Eure behalte.", sagte sie mit einem letzten Blick auf die Elfe, nahm ihr Instrument zur Hand und wandte sich zum Gehen, wie sich auch Izarinâth und Llienth höflich bedankten und sich verbaschiedeten.

    Unüberlegt, ungeordet - chaotisch kamen ihr die Gedanken vor, die über Sicils Lippen kamen. Unbedacht, unvorsichtig. Impulsiv.
    Sie lauschte sienen Worten dennoch genau, filtrierte sie mit Analysen, Gegenüberstellugnen und suchte die Muster darin zu lesen. Es war nicht schwer zu sehen, was geschehen war, was den Nachtelfen zu dem gemacht hatte, was er nun war, wie er nun vor ihr saß; innerlich wohlweißlich verwundet, doch nach außen stets die Mauern errichtend, die ihn zu schützen vermochten indem sie ihn einsperrten. In einem Strudel ...


    "Eure Worte enthalten viel Weisheit, Sicil i Undómê.", entgegnete sie, während ihr drittes Augen den Namen irgendwo aus dem fest gewobenen Netz, dass ihn umgab, herauslas. "Der ewige Friede des Zeitlosen wird auch Euch irgendwann ereilen - früher oder später. Wobei ich Euch natürlich letzeres wünsche."


    Silenes Finger spannten sich, sie bettete die Hände aueinander, dann sah sie ein wenig nach vorne geneigt in die güldenen Augen des Nachtelfen, die so verwunderlich sonnengleich waren - auch wenn ihm der Blick auf die Sonne, angesicht zu angesicht, wohl auf immer versagt bleiben würde. Ihr Verstand meldete eine Fehlkalkulation, doch Silene beachtete ihn nicht. "Ihr fragt ob es besser wird ... denn Ihr selbst könnt nichts verrichten. Ich weiß, wie hoffnungslos Euch Euer Leben erscheint, ich verstehe es."


    Silene hob dem Elfen eine ihrer weißen Hände entgegen, und zog mit der anderen das schwarze Säckchen herbei. "Lasst es uns herausfinden."

    Silene hatte ihre Worte fortgesandt wie eine Pfeilsalve... bewusst, doch nicht abzielend und doch hatte sie genau getroffen. Vielleicht hatte Zarasshin auch selbst dazu beigetragen, in dem sie sich aufflatternd in ihre Schussbahn bewegt hatte.
    Alle Abbilder der Reaktionen, die in Zarasshin unweigerlich ablaufen mussten, waren nicht überraschend für Silene, sie waren logische Folgen einer logisch getroffenen Entscheidung. Ihre Worte hatten sich tief in der Yassalar vergraben, wie ein Speer mit hässlichen Widerhaken verfangen und eine wahre Sturmflut von meeresschäumenden Gefühlen ausgelöst.
    Lediglich die Ergebenheit hatte Silene nicht erwartet, die sich fließend mit Widerwillen durchmischte, doch war sich die Seherin sicher, dass ihre Worte nicht annähernd so tief vorgedrungen waren, als sie es zu tun vermocht hätten, denn ihr schwarzhäutiges Gegenüber hatte sich trotz allem erfolgreich unter Kontrolle.
    Sie musste sich nicht ihrer seherischen Fähigkeiten bedienen um zu sehen, dass es Neugierde war, Wissbegier, welche die Yassalar an ihren Platz fesselten wie Ketten.Nicht umsonst war sie hier - und Silene war sich der Tatsache sicher, dass die Yassalar längst ohne ein Wort gegangen wäre, wenn es keinen handfesten Grund für ihre Begegnung gäbe - wenn dort nicht etwas war, dass sie von Silene gewinnen konnte; etwas, dass sie hier erfahren würde und nachdem es sie dürstete wie es nur Wasseratmer dürsten konnte.
    Silene wusste nicht, was es war, denn ihr drittes Auge blieb geschlossen; die plätschernden, plaudernden Stimmen, die ihr sonst alles zuverlässig herbeitrugen, prallten nun an ihr genauso ab wie an jedem anderen, der sie nicht zu hören vermochte.
    Es würde sich ergeben.


    "Ersteres.", entgegnete Silene und sah die Yassalar wieder direkt an. "Denn ich bin vertrauter mit ihnen, als Ihr es je sein werdet."


    Silene hob ihre freie Hand um sich mit einer grazilen Handbewegungen eine silberne Strähne - nicht unähnlich dem Silberhaar ihres Gegenübers - aus dem geisterhaften Gesicht zu streifen, ohne den Blick von der Yassalar abzuwenden. Man sah Silene ihre vielen Jahre nicht an, wie man einem Menschen ansah, dass er alterte - doch wenn man sensibel genug war, dann erkannte man die Augen, die zu viel gesehen haben, als dass man es in einem endlichen Leben verwerten konnte. Viel zu viel.
    Ihre Hand legte sich gelassen und doch wie berechnet auf die hölzern-rauhe Oberfläche des Tisches, nicht weit der Kratzer, welche die Yassalar ihr zugefügt hatten.


    "Doch habe ich sie scheinbar für Euch gefunden. Auch wenn ich nicht für Euch danach gesucht habe.", fügte sie hinzu, das bange Erschaudern, das Pochen des rauschenden Blutes in Zarasshins Ohren wie in ihren eigenen hörend. Keine der geläufigen Trost spendenden Lösungen schienen in Sichtweite zu sein. Das Einsamste hatte begonnen. Das zerstörerischste Selbstgespräch zu dem man fähig war ... wie ein Erdrutsch vom Land ins Meer niedergegangen, lärmend ins schäumende Nass versinkend- "Was wäre die Erfüllung der Pflicht, wenn sie keine Opfer kostet? Darum müsst Ihr selbst wissen; Was erwartet Ihr... und was ist es Euch wert?"

    Auch Silene lenkte ihren Blick auf den Garten, lauschte und bemerkte, dass die Flötistin und der elfische Harfist ihr Spiel beendet hatten und sich nunmehr leise unterhielten.Der Garten - war er nicht ein Abbild des Gärterns, der ihn sich geschaffen hatte?
    Wenn Shiais Garten einer dieser Gärten war, so konnte sie sich glücklich schätzen. Sie besaß eine solch riene Seele, einen solch guten Kern, dass Silene beim Gedanken an diesen das Feuer der Sehnsucht wieder zu spüren bekam. Es hockte in ihrer Brust wie ein Parasit, wie ein gehässiger Funke, der sein Futter gerochen hatte und begann an ihrem gefrorenem Herzen zu nagen.


    "Ihr werdet sehen, Shiai, dass jedem dass widerfährt, dass er sich verdient hat.", sagte die Valisar kühl, ohne den Blick vom Garten abzuwenden. "Und Ihr habt verdient, dass Ihr Euch von der Schwere Eures Herzens befreien könnt."


    Die Seherin wusste um Shiais Inneres, sie wusste um die Gedanken und Fragen, die aus der Vergangenheit stammten, die miteinander fochten als ginge es um Leben und Tod - die verwickelt in ihren Kampf ihre Seele verletzten.


    "Ihr wisst einen Ort, eine Zuflucht.", ergänzte sie und sah an den Flecken, an dem sie den kühlen Elfen Aravilar zuletzt gesehen hatte. "Ihr müsst ihn nur aufsuchen."

    Silene war sich nicht sicher, welche Antwort die Yassalar ob dieser Frage erwartete. Sie begann damit tiefer zu schauen, als nur die ersten zwei Ebenen der Frage zu analysieren - die wörtliche Sachebene, die der Valisar vorgaukelte, dass die Yassalar Zeit zur genüge hatte, stellte sie in den HIntergrund .. und die Sinnebene, die von ihrer Ungeduld erzählte, von all den ungesagten Worten, Empfindungen und Gedanken, die um ihre schwarze Gestalt, wie eine Gewitterwolke, tief hingen, wurde klarer und schärfer umrissen.
    Silene hatte nicht vor in den Gedanken der Yassalar zu lesen, nein - dazu war sie nicht befugt, doch sie empfing in diesen vielen Schwingungen ein Detail, dass sie dazu zwang, zu antworten, wenn sie ihrem Kodex treu bleiben wollte.


    "Pflicht.", antwortete Silene, so kurz und unvermittelt, dass es wie ein Monument wirkte, dass es klang wie das Geräusch eines, ins dunkle Wasser geworfenen Steines. Und um die Macht des Wortes nicht zu brechen, und doch um sie geschmeidig zu halten, blickte Silene wieder direkt in die opalsilbernen Augen der Yassalar. "Und wer die Pflichttreue bis zum Tod kennt, der wird nicht mehr verwirrt von Gewinn und Schaden, Leben oder Untergang... Es sei denn, und das versteht sich von selbst, er hat Gefühle."


    Silene betrachtete die geschlossene Hand der Yassalar um ihr Wasserglas, in dessen Sphären sie zuvor gereist hatte, dessen Klarheit nun durch schwarze Haut verdunkelt wurde. Silenes Gedanken richteten sich auf einen neuen Aspekt der Situation. Sie beide saßen an einem Tisch, rein zufällig, wenn man an den Zufall glaubte und ihn nicht widerlegen konnte, sich gegenseitig physisch nahe, doch mental so fern, so fern.
    Silenes sehendes, inneres Auge schloss sich behäbig. Hier war nicht wichtig, was die Botschaften ihrer Gedanken waren - Silene hatte genug gehört und gesehen.


    "Aus der Leere tönt kein Lied. Kein Lied der Sehnsucht, dass dem Schmerz Schönheit verleiht ... kein Lied des Mutwillens, das einem Geier gleich über dem Kopfe kreist und nach Beute schaut. Die Pflicht ist die Rettung - sonst fällt man der Schwäche und dem Schweigen zum Opfer.", fügte sie hinzu, und wollte dabei nicht tröstend oder erklärend wirken. Sie wollte gar nicht wirken. Sollte die Yassalar die Worte nehmen wie sie waren und sich selbst darin zurechtfinden, so war SIlenes Pflicht erfüllt. Wenn nicht, so ebenfalls.
    Dies war die Gestalt Silenes Gleichgültigkeit.

    Silenes Körperhaltung veränderte sich kaum, nur dass sie ihren Kopf ein wenig schräg hielt, um die Worte der Yassalar in vollkommener Schärfe wahrzunehmen, zeugte davon, dass sie sich bewegt hatte. Zustimmung druchfloss ihre Gedanken, doch sie sprach diese nicht aus, dessen bewusst, dass es die Yassalar mit Bestätigung erfüllen würde. Ingeheim wusste die schwarze Gestalt doch längst, dass sie Recht hatte.
    So schwieg Silene auf ihre Worte hin und verfolgte die Yassalar lediglich mit Blicken, bis diese sich erdreistete sie mit ihrer Hüfte anzustoßen, ihre unerschütterliche Haltung zu verändern, die zur Salzsäule Gewordene zu bewegen.
    Es blieb beim Versuch, dieses Verhalten zu deuten, doch fragte sich Silene, was sie damit bezwecken hatte wollen. War es lediglich ein Ausdruck ihrer Selbsicherheit, dass sie dies tat?
    Statt weiter zu interpretieren rückte Silene beinahe ergeben ein winziges Stück zur Seite, um der Yassalar den Raum zu geben, den sie einforderte.


    "Wenn es so ist, begleite ich Euch gerne auf dem Weg zu dieser Befriedigung, und liefere Euch diesen Anreiz.", entgegnete Silene und senkte den Blick auf ihre Hand, die immer noch wie ein Briefbeschwerer auf dem Umschlag des Buches ruhte. Dort bündelten sich wohl ihr Blick und der unergründliche Blick der Yassalar in einem Punkt. Wissen, Macht ... Macht, Wissen, dieses royale Prinzip der Macht kannte Silene nur all zu gut. Das dritte Element dieser Gleichung schien man aber oft zu vergessen. Das Geheimnis. Wissen bedeutete nur dann Macht, wenn man es für sich alleine besaß. Sonst war man lediglich ein Mitwisser ... "Wobei ich zu bezweifeln wage, dass Ihr meiner Begleitung bedürft .. oder täusche ich mich?"


    Konnten Valisar sich täuschen? Silene konnte es sicherlich. Nicht nur subtile, zerbrechliche Gefühle, Leidenschaften, Vorlieben und Abneigungen konnten in die Irre führen - auch die gnadenlose Treue Regeln gegenüber konnte sich nicht bewähren; und dass war das einzige, das Silene kannte. Regeln, Prinzipien, Funktionalität. Es gab keine Kompromisse.
    War sie mit der Yassalar so eng verbunden?

    Ich fühle mich jetzt einfach mal angesprochen ... auch wenn ich mir nicht sicher bin ob meine Meinung dazu eine Gewichtung hat.


    Ich habe deine Beiträge bis dato immer mit Freude gelesen, ich persönlich habe "Tassia" irgendwie lieb gewonnen, auch wenn wir uns im Spiel nie begegnet sind. Schade, dass du sie "stilllegen" möchtest, aber ich verstehe es.


    Auch wüsste ich nicht, warum du keine Chance erhalten solltest, mit einem neuen Charakter, oder mit den alten, neu anzufangen.


    Du hast dir doch Gedanken darum gemacht, dich gekümmert ... dir liegt was am Sternenmeer. Und hey, die Schicksalsschläge musstest du verarbeiten, das hat Vorrang ;)
    Das du dennoch hier bist und das schreibst, ist für mich Beweis genug.


    Herzlich Willkommen zurück ... fühle dich gedrückt, du unbeschriebenes Blatt Tassia ;)

    Silene akzeptierte die Tatsache, dass sie Shiai nicht helfen konnte, nicht gerne... aber rational kalkuliert war es vernünftig. Etwas zu tun, dass nicht rational war ... barg ein Risiko, ein unglaublich großes Risiko. Denn einmal die heiligen Regeln ihrer selbst gebrochen - würde es ein leichtes sein, sie wieder zu verletzen. Zumal alles außerhalb Silenes Kodex, der sich so sehr von dem der anderen Valisar unterschied, gefährlich war, hier würde sie die Kontrolle verlieren, sich in etwas hineinwagen, dass sich nicht erfassen ließ, was sie blind machen würde für das was sie tat.
    So groß war das Wagnis, so klein die Geste, als Silene ihren Becher beiseite stellte und die, von dessen Hitze erwärmte, Hand auf Shiais rechte Schulter legte. Eine uralte Geste, die Anteilnahme, Mitgefühl ausdrücken sollte und doch so unwirklich und falsch erschien.
    Die Seherin blieb stumm, lediglich ihre Augen sprangen zwischen Shiais Augen hin und her, suchten darin zu lesen, ob ihre Geste Wirkung zeigte oder verschallte, verrauchte, verschwand zum Nichts. Sie laß den Drang darin erneut zu verdrängen, fort zu laufen, das Thema zu wechseln, so zu tun, als wäre nichts gewesen...


    "Nun verstehe ich Euch, Shiai.", sagte sie leise, weil es nun unnötig war lauter zu reden, so nahe wie sie beisammen standen. "Ich verstehe Euch, aber ich kann nicht mit Euch fühlen. Ich hoffe, es tut Euch dennoch gut zu wissen, dass die einzige Person, der Ihr dies anvertraut habt ... zumindest verstanden hat, was in euch vorgeht."


    Die Art, wie sich die Seherin zeigte unterschied sich so völlig von der, wie sie sonst in Erscheinung trat. Wären diese Augen nicht gewesen, die kalte Stimme, die nun mehr kühle Hand auf Shiais warmer Schulter ... man hätte vergessen können was man vor sich hatte. Silene löste ihre Hand wieder von der Schulter der Elfe und löste auch ihren Blick von ihr, widmete sich wieder dem Tee in ihrem Becher... und es schien, als sei nichts gewesen.

    Shiai, eigentlich gibt es bei Pferden keine ernstlichen Bedenken. Solange man sie respektvoll behandelt, tun sie das mit dir auch ;) Es sei denn man hat Pech und begegnet den falschen...


    Sop, time's over - ich mach mich dann mal auf den Weg zum Geshcichte lernen mit ner Freundin ... bis heute Abend ;)

    Shiai war nahe daran, die Fassung zu verlieren, die sie dazu befähigte ihre Tränen zurückzuhalten, Alter Schmerz stieg auf, alter Gram und Silene schien es als würde Shiai diese inneren Wunden nicht anrühren wollen. Vielleicht gab sie sich Mitschuld daran, dass Kia auf dieser, der anderen Seite der Götterwelt stand, dass sie verehrte, was Shiai abneigte ... Silene begriff das Dilemma in dem sie sich befand.


    "Zwang ist oftmals nicht sichtbar, Shiai.", sagte sie und widersprach Shiais hilflosen Versuch, sich selbst zu beruhigen. "Vielleicht ist es sie selbst, die sich zwingt Narion zu verehren, vielleicht liegt es nicht an ihr ... doch seid Euch gewiss: es ist nicht Eure Schuld. Ihre Gedanken sind frei wie die Vögel, die frei entscheiden auf welchen Baum sie sich setzen, solange sie nicht aufgescheucht werden oder nur dieser eine Baum zur Verfügung steht um darin zu nisten. Doch noch immer können sie entscheiden... und in diese Entscheidung kann leztendlich niemand hineinspielen - auch Ihr nicht."


    Silene war sich nicht sicher, ob ihre Worte die angezielte Wirkung entfalten würden, aber sie war sich um so mehr sicher, dass Shiai dieses Thema behandeln musste. Für die Valisar wäre es unmöglich zu leben, ohne einen gedanklichen Konflikt ausgefochten zu haben, es lag in der Natur ihrer Gedanken, Fehler, Widersprüche zu suchen und zu beheben. Das war es oft, was den Fühlenden schadete: sie konnten verdrängen.
    Und stießen sich damit den giftigen Dorn des Grams noch tiefer ins Herz.

    Silene nahm den Tee entgegen, nahm auch ihre Worte dankend an. Ihre Unfähigkeit Gefühle zu empfinden rettete sie davor zu erschrecken, als sie Narions Namen vernahm.
    Narion.
    Es gab keinen Namen, welcher der Valisar unangenehm war, das konnte sie nicht empfinden, aber dieser Name vermittelte ihr einen Hauch von Abscheu, wenn es diese in ihrem Geist noch gab. Sie hatte genug Grund ihn zu hassen, abgrundtief zu hassen ... grausam, dass sie diesen Hass nicht empfinden konnte. Wie zynisch, dass sie diese Grausamkeit nicht empfinden konnte.
    So hatte er auch dieser Familie einen Grund gegeben sich zu spalten.
    Kia hatte dieses Gefühl gestärkt, hatte in ihr jene absurde Art von Stolz aufwallen lassen, die Silene schon in vielen anderen Herzen gelesen hatte, die Anhänger eines Gottes wie Narion waren. Es war ein berauschendes Gefühl, dass blind machte, verblendete und den Geist verschwendete wie keine Droge es vermochte.
    Das Shiai dies nicht empfand, dass es sich in ihr dagegen auflehnte war ein gutes Zeichen... sie trug einen unzerstörbaren guten Kern in sich.


    "Ich vermute,", begann die Seherin lesie, nahm einen Schluck des dampfenden Tees, der für sie fad nach Kräutern schmeckte, in Wirklichkeit vermutlich einzigartig und köstlich war, "Ihr habt Euch mehr selbst von ihr abgewandt, als sie von Euch. Es hat Euch geschmerzt, habe ich recht? Ihr habt nicht so aufwachsen können, wie Ihr es Euch gewünscht hattet."

    Die Seherin beantwortete seine gestikulierte Frage mit einem Nicken und einer, von einer federleichten Hand ausgeführten, einladenden Bewegung, die ihm bedeutete, dass er sich setzen konnte. Der gepolsterte Stuhl bot einen gemütlichen Sitzplatz für lange Zeit ... und Silene hatte den Eindruck, dass es durchaus eine Weile dauern konnte, wenn sie erst angefangen hatte für ihn zu deuten.
    Sie erkannte seine Unruhe, empfing die Schwingungen seiner Unsicherheit. Mit Sicherheit war ihm etwas mulmig dabei, sich hier zu setzen, einem wie ihm musste das Nervöse, Misstrauische wohl angeboren sein, wenn er vorhatte zu überleben. Doch es gab nichts, dass Silene hätte tun können um ihm dieses Gefühl zu nehmen ... vielleicht wäre es sogar noch schlimmer geworden, wenn sie ihren Schleier entfernt hätte.
    Vielen war es durchaus angenehmer, wenn sie nicht all zu direkt damit konfrontiert wurden, dass eine gefühllose Person direkt vor ihnen saß und die Zukunft aus ihnen herauslas.
    So zupfte sie den halbtransparenten Stoff mit einer dezenten Fingerbewegung zurecht und legte ihre weißen Hände wieder aufeinander wie zuvor.
    Er war gespannt? War es nur ein Wort oder war er es wirklich? Silene meinte nicht die übliche neugierige Anspannung aus ihm herauszulesen, nicht jene nervöse Erwartung, die viele mit Silenes Blick assoziierten ... es war eher eine innere Spannung, unangenehm wie ein verkrampfter Muskel im Nacken.


    "Mit Verlaub; Euch all jenes zu eröffnen, das Ihr nicht wisst, würde Ewigkeiten andauern ... und schließlich bin auch ich nicht allwissend.", gab Silene zu bedenken, hatte bewusst seine Frage wörtlich genommen. "Doch wenn Ihr mir sagt, was Ihr Euch fragt, so werde ich nach Antworten suchen."

    Die Valisar rührte sich nicht, schloss ihre Augen.
    Lediglich ein schwaches Beben ihrer Wimpern ließ erahnen, dass sie die Yassalar wahrnahm, die sich nun zielstrebig auf ihren Tisch zu bewegte. Wie ein Kriegsschiff, dass die Wellen teilte, so schien die Yassalar eine Bugwelle aus sich kräuselnder Luft vorauszuschicken; die sich der Valisar entgegenlehnte wie Sturmwinde, die an ihrer Erscheinung zerren wollten.
    In ihrer Trance, ihrer Versunkenheit mochte es Silene bemerken, doch niemals würde es ihr Inneres erreichen.
    Ihre Augen öffneten sich blind, wie aus eisblauem Wasser auftauchende Blasen von schwarzer Luft, erschienen ihre Pupillen und fixierten die Yassalar, welche ihr ein solch gewaltig freudloses Grinsen entgegenwarf, dass sie aus ihrer Trance erwachte, ihre Gedanken glasklar fließen ließ.
    Es blieb ihr keineswegs unklar, auf was die Yassalar hinauswollte, doch waren die Informationen, die sie aufnahm zu vielfältig, zu farbig, als dass Silene sie vollständig hätte erfassen können. Wäre sie in diesem Moment fähig gewesen Verwirrung zu empfinden, vielleicht hätte sich ihrer weiße Stirn in schwache Falten gelegt und ihr Blick sich fragend auf die schwarze Gestalt gerichtet, deren Herzschlag laut bis an ihre Ohren drang.
    Wie die Schritte von harten Stiefelabsätzen schallte das beständige Pochen.


    Noch immer ungerührt, die Lippen nur einen Hauch breit teilend, wie zu einem Wort, dass nicht gesprochen werden wollte, löste sich ihr Blick vom Unsichtbaren hinter der Yassalar und stellte ihre Gestalt scharf, ihr Gesicht, dessen harte Züge von ihrem Inneren erzählten. Wieviel logen sie?


    "Ihr seid gekommen um mich zu Schrecken?", fragte Silene unvermittelt, und wenn es eine Steigerung von Kälte gab, so sprach diese nun aus ihrer Stimme. "So sucht Ihr wohl eine Befriedigung des Reizes, welcher darin besteht, Unmögliches durch mögliche Gedanken zu Wahrheit zumachen..."

    Der Nachtelf hätte seine Kapuze nicht abnehmen müssen, um Silene seine Herkunft zu verraten. Doch die Geste tat ihre Wirkung.
    Flüchtige Gedanken streiften sie in ihrer steingleichen Starre, doch die einzige Bewegung, die man vernehmen konnte, war das Niederschlagen ihrer Augenlieder und ein tiefes Atmen.
    Es klang fast wie ein Seufzen und doch war es nicht mehr als ein kaltes Ausatmen, das Ausstoßen eines kalten Hauchs. Silene blickte den Elfen lange an, ließ ihre Gedanken wie Wolken vorrüberziehen, hörte sich seine Fragen schweigend an, ehe sie sich endlich aus ihrer Starre löste und das Kinn ein wenig anhob um ihn genauer anzusehen.
    Im Halbdunkel des Zeltes, im geheimnisvollen Schimmern der blauen Laternen, im Meereslicht, schienen seine Augen zu leuchten wie die der zahlreichen Nachttiere, denn sie saugten jedes noch so spärliche Licht auf um zu sehen. Mit diesen Augen konnte er selbst im Dunkel vermutlich perfekt sehen... wie ironisch, dass ihm deswegen noch lange nicht der Blick in die Zukunft gewährt wurde.
    Silene erkundete Gemeinsamkeiten, die sie hatten. Es war ein Zusammentreffen zweier Verfluchter, zweier Sehnsüchtiger. Was hatte es zu bedeuten, dass eine Sehnsucht nach der Sonne, genauso grausam sein konnte, wie die Sehnsucht nach all den Gefühlen? Oder war sie gar noch grausamer? Zu wissen, dass man sie niemals erreichen konnte, erfüllt bis in die letzte Faser von Sehnsucht, Trauer, Hass auf eine Göttin, Verzweiflung, Wut und ungebändigter Zorn ... Schmerz. Das Gefühl von Schmerz.
    Eines der Gefühle, die SIlene besonders begehrte. So viele beneideten sie darum, es nicht zu empfinden.


    Er wünschte sich Objektivität. Eine solch reiche Quelle an Objektivität wie Silene konnte man wohl kaum finden.


    Sie analysierte die Gründe für die ersten Fragen, die er ihr entgegenbrachte, für die ersten Worte, die er an sie richtete. Sie wägte ab, welche der Fragen ihm wichtiger war, welche zuerst einer Antwort bedurften.


    "Seid gegrüßt.", erwiderte sie höflich, ließ ein Lächeln über ihre Lippen perlen. Sie verengte ihre Augen unmerklich ein wenig, als sie berechnete, wie weit sie gehen konnte. "Lasst mich mit einer Frage antworten: Konntet Ihr auf jenem Schild, dort draußen an meinem Zelt - etwas davon vernehmen, dass meine Fähigkeiten jemandem vorenthalten bleiben?"
    Silene löste die Geste ihrer Hände auf und legte sie stattdessen aufeinander. "Betrachtet es realistisch... das ergäbe keinen Sinn."
    Wieder ließ sie ein Lächeln durch den Raum schweben, doch diesmal starb es schon bevor es auf ihrer Mimik erscheinen konnte. Sie sah ein schweres Schicksal auf dem Nachtelfen lasten, ein Schicksal, weit schwerer als man es vermuten könnte. Das alles ging über die Verachtung einer Hautfarbe, einer Göttin oder eines Volkes hinaus ... es waren tiefe Wunden, die er mit sich trug, die er verbarg.
    Nun, da seine Kapuze sein gesicht nicht mehr verdeckte wurden sie seinen Gesichtszügen offenbar; sie sprachen ihre ganz eigene Sprache. Sie begegnete seinem goldenen Blick ohne ihr Zutun mit blanker Kälte.


    "Zu Eurer ersten Frage.", nahm sie den Gesprächsfaden wieder auf. "Was ich verlange, hängt davon ab, was es Euch wert ist Eure Antworten zu erhalten."