Er traf sie völlig unvorbereitet. Kein Bauchmuskel konnte angespannt werden und der Atem, den sie eigentlich hätte ausstoßen sollen, um die Folgen des Schlags zu lindern, blieb ihr in der Brust stecken. Sie wollte atmen, schnappte verzweifelt nach Luft, doch ihr Körper füllte sich nur mit einem krampfenden Schmerz, unter dem sie sich krümmen musste.
Trotz des Anflugs von Panik konnte sie ein Schnappen der Kiemen unterdrücken, es war ohnehin nutzlos und schmerzhaft in der Trockenheit, und da sich ihr Sichtfeld zunehmend verdunkelte und zusammenzog, schloss sie die Lider. Uera schwankte, spürte sich auf die Knie sinken, sich schwer auf den Holzdielen aufstützen und wenn sie es vermocht hätte, so wäre ihr sicher ein Schmerzensschrei entkommen.
Ihr Bewusstsein floh vor ihr und das Ringen nach Luft wurde immer unerträglicher, alle Gedanken blieben auf der Strecke und in ihrem Kopf hallten nur einige seiner Worte nach, als wollten sie Uera in die Dunkelheit begleiten. Erlöst … Herz deines Volkes … Schmutzblut …
Ein rasselndes Aufschnaufen brachte nach nicht enden wollenden Sekunden des Erstickens endlich wieder Atemluft in ihre schmerzenden Lungen und das erste, was sie von sich gab, war ein schmerzerfülltes Wimmern. Diesem erbärmlichen Geräusch folgte zugleich ein kräftiges Husten und schließlich ein zitterndes Schweigen. Da ihr Gesicht dem Boden zugewandt war, konnte der Yassalar es nicht sehen, doch schmerzverzerrt wie es schien, so zuckte auch ein Grinsen über die Züge hinweg. Mit einer fahrig wirkenden Geste wollte sie Worte untermalen, die sie noch nicht über die Lippen bringen konnte und sie hustete heftig, bevor sie mit rasselndem Atem zu ihm aufblickte, sich halb aufrichtete. Ihre Iris war eisgrau, als wäre alle Farbe aus ihr gewichen, die Pupillen waren weit und unfähig, seinen Umriss scharfzustellen.
In ihrem Herz wohnte keine Liebe für die niederen Völker … in ihrem Herz wohnte nur eins: der unbezwingbare Wille ihr Bestes zu geben dem Volk ihrer Ahnen nützlich zu werden. Er musste sie strafen, es war seine Pflicht … sie hatte sich dumm verhalten indem sie sich widersetzt hatte. Doch was wäre ihre Loyalität schon wert, wenn sie diese jedem entgegenbrachte, der ihr mit einem Messer in einem dunklen Hinterhof auflauerte und sie um ihr Leben erpresste?
Auf der anderen Seite war das, was er ihr bieten konnte, unbezahlbar … es war in seiner Macht, ihrem Leben einen Sinn zu geben. Sie verachtete sich selbst dafür, diese einfache Einsicht nicht schon früher getroffen zu haben. Es ging um mehr als sie überblicken konnte, es ging niemals um ihr Leben … es ging nie um sie. Sie war nur ein einzelnes, völlig insignifikantes Steinchen in einem Mosaik. Und sie musste sich in dieses einfügen. Er hatte vollkommen recht … sie hatte ihr Glück nicht begriffen, hatte ihre Chance nicht gesehen.
Die Schmerzen durchtränkten ihren Körper mit einer eigenartigen Kraft, denn sie hatte gelernt, dass er ein Freund sein konnte … ein treuer Freund, wenn man ihn gewähren lies. Sie war zäh und während manch ein anderer womöglich noch auf dem Boden liegend nach Atem gerungen hätte, raffte sie bereits die Schultern und der Ausdruck ihrer blassen Züge wurde einsichtig, fast anerkennend.
"Ich habe jede Strafe verdient ...", quälte sie dünn hervor, holte mehrmals flach und mühevoll Luft und sprach dann unter höchster Anstrengung weiter, "... was kann ich tun, Zay'rass … damit du mir eine zweite Chance gewährst?"