Beiträge von Tamrin

    Irgendwie spürte er ihre Nähe lange bevor sie behutsam die Hand auf seinen Unterarm legte und augenblicklich wieder diese intensive Hitzewelle auf seiner Haut auslöste. Tamrin verstand sich selber nicht mehr. Stundenlang konnte er, ohne das es komisch war, neben ihr sitzen, mit ihr reden, mit ihr lachen, mit ihr schweigen, beim Laufen ihre Hand halten, mit ihr tanz.......... nein.
    Das war entschieden nicht die Wahrheit und schuldbewußt senkte er den Kopf ein wenig. Das Tanzen war ihm alles andere als einerlei gewesen und etwas verschämt fragte er sich immer noch, ob Tári das wohl ... bemerkt hatte......


    Er verstieß diese unangenehme Frage tief in sein Innerstes. Aber sonst fühlte er sich einfach nur pudelwohl bei diesen ganzen Dingen, dachte er trotzig.
    Und jetzt wieder ......... Was tat sie da bloß immer ?
    Tamrin's Blick durchstreifte die Sattelkammer. Sein Zimmer passte hier mindestens zweimal hinein, wahrscheinlich eher dreimal. Der piekfeine Stall dort, die pieksaubere Kammer, mit dem edlen teueren Ledersachen, den Decken. Nie zuvor war ihm der Unterschied zwischen Tári's Welt und seiner eigenen so deutlich geworden, wie jetzt gerade. Nicht einmal als er in ihrem Haus gewesen war. Vielleicht, weil ihm dort so viel anderes im Kopf herum gegangen war. Er wußte es nicht zu sagen. Dieses plötzliche Bewußtsein machte ihm grade tatsächlich etwas Angst. Diese wertvollen Pferde...... Ställe, von denen seine Nachbarschaft als Häuser nicht einmal träumen konnte.


    "Was ist, wenn sich das Pferd verletzt, Tári ? Und nicht mehr geritten werden kann. Oder lange Zeit nicht geritten werden kann und deshalb nicht verkauft werden kann. Ich kann so ein Pferd unmöglich bezahlen, Tári. Nicht jetzt jedenfalls." Tamrin's Stimme stockte. Warum nur hatte er nicht vorher einmal daran gedacht. Das hier waren keine Pferde im Gegenwert vielleicht seines Schwertes, wie man sie an jeder Ecke kaufen konnte in seiner Heimat. Für diese Pferde reichten vielleicht nicht mal 5 Schwerter. Und es waren die Pferde von Tári's Tante. "Ich ......." hilflos sah er Tári an. Er wußte längst nicht mehr zu sagen, welche Angst gerade die Schlimmste war. Angst, ihr diese Freude zu verderben und sie zu enttäuschen. Angst davor, dass das Pferd sich verletzten könnte. Angst davor, dass diese Sattelkammer Tári gerade in eine für ihn scheinbar unerreichbare Ferne gerückt zu haben schien. Er wagte kaum, in diese grauen Augen hinein zu sehen.

    Bald schon tauchte ein weiterer großer Umriß aus dem Nebel auf. Ein weitläufiges Stallgebäude aus Holz. Alles war sehr luftig gebaut und es herrschte penible Sauberkeit, hier und dort gab es sogar etwas Blumenschmuck. Als sie ein Stück weit am Stall entlang gegangen waren, kam ein Anbindebalken in Sicht. Dort band Tamrin das kleine Pferd weisungsgemäß an einer Metalloese fest und folgte Tári in das Innere des riesigen Gebäudes. Auch hier war es auf's Peinlichste sauber. Es roch nach Pferd und Stroh - obwohl gar keine Pferde zu sehen waren. Auch in dem abgeschlossennen Raum, den Tári öffnete, lag nicht ein Krümmel irgendwo herum.
    So viel Reinlichkeit hinterließ ein flaues Gefühl in Tamrin's Magen. Er fühlte sich an seinen Besuch im Schloß Imarkar erinnert. So sah es an Orten aus, wo Reichtümer gehortet wurden. Das mussten immens wertvolle Pferde sein hier. Was war, wenn sich das Pferd bei diesem Ritt verletzte ? Oder sonst ein Unfall passierte. Er bereute es allmählich, dass er dazu so gedankenlos ja gesagt hatte. Mit leidvollem Blick nahm er die Putzkiste hoch, die bei dem Schild stand, dass Tári ihm gezeigt hatte - am allerliebsten hätte er sich die Frage abgerungen, ob sie nicht doch lieber laufen wollten. Aber Tári's Stimme klang so ungemein glücklich, dass er es nicht über's Herz brachte.
    Mit schwerem Gedabken um unschöne Szenarien ging er zurück zu dem kleinen Pferd, suchte sich zwei Bürsten, die ihm irgendwie geeignet erschienen und begann, das hellbraune Fell mit steifen und verkrampften Bewegungen zu säubern. Das Pferd schien sich daran nicht besonders zu stören. Es schaute in der Gegend rum, schnaubte hier und da einmal und verhielt sich ansonsten sehr ruhig. Tamrin putzte so aus giebig und lange, wie es nur irgendwie möglich war. Noch ein Bürstenstrich .... noch einer .... aber irgendwann mußte er einräumen, dass da einfach kein Staub mehr übrig war. Zögernd legte er die Bürsten in die Kiste, verschloss sie übertrieben sorgfältig und trug sie wieder zurück in die Kammer mit all den Sätteln und Trensen.

    "Ist er zu klein, um ihn verkaufen zu können ?", fragte Tamrin neugierig. Er kannte Ponys. Zwerge und Gnome hatten auf Reisen oft solche kleinen Tiere dabei. Sie waren kräftig und zäh. Sein Sorgenkind beim Bäckermeister war weder das eine noch das andere - aber daran mochte er heute nicht denken. "Wenn er brav ist, werden wir schon miteinander auskommen.", sagte er zuversichtlicher als er sich fühlte und kletterte durch den Holzzaun hindurch. Der kräftige Falbe ließ sich geduldig über die Nase streichen und folgte ohne Widerstand als Tamrin den Halsring ergriff und Tári mit dem Pferd, dass leise laufen konnte, folgte. "Ja, brauche ich." antwortete er laut und nickte überdeutlich zu seinen Worten obwohl die blonde Frau es gar nicht sehen konnte. Für wen hielt sie ihn ? Nach so langer Zeit nahm er alles zum Festhalten, was er bekommen konnte. Am Tor angelangt ließ er sich einen Strick geben und legte ihn nach bestem Dafürhalten um Nase und Ohren des kleinen Pferdes. Sah etwas komisch aus, wie er selbst zugeben musste, aber den Falben schien es nicht zu stören und so passierten sie das Tor, dass Tári in der Zwischenzeit geöffnet hatte. Nach kurzem Warten ging es weiter. In Richtung der Stallungen, wie Tamrin vermutete.

    Tamrin beobachtete die Interaktion zwischen Pferd und Frau, jedenfalls soweit sie für ihn sichtbar war. Er musste lachen als das kleine Pferd abermals ausgiebig zu nicken begann als wolle es Tári's Aussagen beipflichten. "Essen ist immer gut.", nickte er verständnisvoll und betrachtete die schnobernde Pferdenase vor sich, rührte sich aber ansonsten nicht.
    "Was ich sage ?" wiederholte er Tári's Frage.
    "Ich habe nichts dagegen, wenn er mit möchte. Die Fallhöhe finde ich auch ganz ansprechend, ehrlich gesagt." Tamrin's Lippen verzogen sich in leiser Selbstironie. Und vor allem: 'Jede Menge Mähne zum Festhalten.', nickte die Stimme seines Unterbewußtsein zufrieden und dämpfte die Nervosität etwas, die so langsam in dem jungen Mann aufzusteigen begann. Es war wirklich recht lange her, dass er zum letzten Mal auf einem Pferd gesessen hatte.

    Da auch Tári nichts mehr besorgen musste, setzten sie ihren Weg durch die fast leere Stadt fort, zum Stadttor hinaus und in Richtung der Stallungen. Während die vielen Häuser und Leute und ihre Wärme in der Stadt keinen wirklichen Nebel zuliessen, stieg der Nebel hier draussen noch wie ein schweres nasses Tuch über den Wiesen auf und die vereinzelten Hüttchen oder Sträucher, die entlang der Stadtmauer und am Weg auftauchten, sahen beinahe ein wenig geisterhaft aus in der morgendlichen Stille, die nur vom leisen Geräusch ihrer Füße gestört wurde.
    Tamrin erinnerte sich noch an den Weg und war nicht überrascht als zu ihrer Linken der große dunkle Umriß der Scheune im Dunst zu erkennen war. Einige Augenblicke lang verweilten seine Augen und Gedanken dort und unwillkürlich glitt seine freie Hand zu seiner Schläfe und zu seiner Wange hinauf. War da etwa immer noch diese Hitze zu spüren ....... ?
    Er war ganz froh darum, dass Tári zielstrebig weiter ging und bald darauf die Umrise einer Holzumfriedung vor ihnen im Nebel auftauchten. Er lichtete sich mittlerweile fast sichtbar immer schneller und schneller. Es versprach, ein schöner Tag zu werden. Tári gab seine Hand frei und kletterte flink auf den stabilen Holzzaun, um sich auf die oberste Querstange zu setzen. Tamrin blieb davor stehen, verschränkte neben ihr die Arme und legte das Kinn darauf. Es dauerte einen Moment, bis die dunklen Pferdeleiber sich im Nebel herauskristallisierten. Eins, zwei, vier ... Tamrin hörte auf zu zählen. Immer mehr Pferde kamen auf sie zu und beäugten die frühen Störenfriede. Tári deutete auf eines der dunklen Pferde. Es war das Pferd, von dem sie ihm erzählt hatte. Das Pferd, das leise laufen konnte, wie Tamrin sich lächelnd erinnerte und er nickte.
    Tári hatte gerade begonnen ihm etwas über die Pferde zu erzählen, als noch eines bei ihnen eintrudelte. Es war ein recht kleines Pferd, wie Tamrin sah, mit zottiger Mähne. Dennoch wichen die größeren vor ihm zurück. Kess blieb es vor den beiden jungen Leuten stehen und nickte ausgiebig mit dem Kopf. "Guten Morgen!", sagte Tamrin höflich und sah dann zu seiner Begleiterin empor. "Was sagt es ?", wollte er wissen.

    Ein wenig verzaubert beobachtete Tamrin seine blonde Begleiterin, wie sie ihm mit blitzenden Augen, rosigen Wangen und einer Stimme, aus der sie den eigenen Übermut nicht wirklich heraushalten konnte, die Vorzüge genau dieser einen Stelle, die ihr vorschwebte, nahe zu bringen versuchte. Wie hätte er da zu wohl nein sagen können ? Kaum vorstellbar, dass sie vor nicht mal einer Woche als misstrauische Person mit harten verkniffenen Gesichtszügen vor ihm gestanden hatte - und jetzt, in dieser fröhlichen Unbeschwertheit, war sie so schön, dass es ihm den Atem verschlagen könnte.
    Er ertappte sich bei der Frage, was sie wohl gestern den ganzen Tag getan haben mochte und legte kurz unzufrieden die Stirn in Falten. Was bildete er sich nur ein ?
    "Nein.", antwortete er mit bemüht unbekümmerte Stimme und lachte. "Im Gegenteil. Mit den Pferden sind wir ja viel schneller. Und müssen auch nichts selbst zurück tragen. Wenn es für Euren Pferdehandel in Ordnung geht, dass die Pferde nicht da sind - dann ist es mir sehr recht. Ich bin schon recht lange nicht mehr geritten und bin wirklich gespannt, ob es noch klappt. Ich hoffe nur, Ihr habt ein braves Pferd da für mich." Kurz fiel ihm ein, dass er sie noch etwas fragen wollte - aber dafür war auch später noch genug Zeit, befand er.

    Mit flotten Schritten überwand Tamrin die letzte Distanz zu der jungen blonden Frau, die wie immer in Begleitung ihres großen grauen Hundes unterwegs war. Zumindest war er nicht zu spät dran, wenn sie auch gerade erst zum vereinbarten Treffpunkt gekommen war. Mit strahlenden Augen erwiederte er Tári's Morgengruß und ergriff auch die dargebotene Hand, um ihr zu folgen. Auf den Strassen ging es noch mehr als ruhig zu, aber vermutlich gab es genug neugierige Augen hinter den zahlreichen Fenstern. Aber andererseits war es wahrscheinlich so oder so nicht schicklich, dass sie zu so ungöttlicher Stunde nur zu zweit durch die Stadt liefen. Die Worte seiner Begleiterin irritierten Tamrin und er brauchte eine Weile, um das Stirnrunzeln zu überwinden. "Sag mal .......... hattest Du nicht gesagt, wir wollten nur nachholen, dass ich mir die Pferde einmal ansehe ? Weil wir es neulich nicht geschafft haben ?"

    --------> Ein Zimmer im Seeviertel .....



    Er vertrieb den Gedanken, denn oben an der Strassenkreuzung konnte er schon Tári's blonden Schopf ausmachen. Allerdings war ansonsten auch kaum jemand auf den Straßen unterwegs zu dieser frühen Stunde. Ein freudiges Lächeln erhellte seine Miene. Schon vom Weitem winkte er ihr fröhlich zu und beschleunigte seine Schritte.

    Tamrin's Augen rundeten sich und unwillkürlich versuchte er noch einmal einen Blick auf diese Amelie zu erhaschen. Aber die Menge hatte sie und den Yassalar bereits verschluckt. "Sie becirct Männer ?", fragte er erstaunt und fuhr ohne groß nachzudenken fort. "So wie sie aussieht, sollte sie das gar nicht nötig haben, sie noch zusätzlich zu becir......." Seine Stimme erstarb als er sich dabei Tári wieder zuwandte und ihre grollenden Augen bemerkte. "Ziemlich stark.", bestätigte er deshalb eifrig. "Köstlich - aber ziemlich stark. Probier ihn nur selbst." Er drückte ihr den Becher mit Wein in die Hand und nahm sich dafür den Saftbecher, den sie ihm anbietend entgegen hielt. Doch wenn Tári sich über seine Worte geärgert hatte, so zeigte sie es im Moment jedenfalls nicht. Fast schien es als würde auch sie etwas oder jemanden in der Menge suchen, denn ihre Augen glitten über das Getümmel an Personen vor ihnen. Auch die rothaarige junge Frau in der wenig festlichen Kleidung war mittlerweile in der Menge verschwunden. Schmunzelnd wurde Tamrin der wechselnden Stimmungen in Tári's Gesichtszügen gewahr. Lächeln, flüchtiges Stirnrunzeln, Unsicherheit ??, tieferes Stirnrunzeln........
    "Willst Du nicht einfach sagen, was Dir solches Kopfzerbrechen bereitet ?", fragte er sie mit fröhlichem Zwinkern.

    "Letzte Nacht im Korallenriff." antwortete Tamrin mit fester Stimme und sah der blonden Frau und dem großen grauen Hund nach, bis das Haus sie seinem Blick entzog.
    Ein bisschen eiliger trat er den Rest seines eigenen Rückwegs an - lediglich vor der Pfandleihe wurde er noch einmal etwas langsamer, weil ihm wieder der Gedanke im Kopf herum ging, wie sicher sie wirkte und wie günstig gelegen sie war. Er würde morgen dort sein Glück versuchen, nahm er sich vor und eilte jetzt wieder zügiger über die Brücke und dem Korallenriff entgegen, wo er durch den lebhaften Betrieb in der Gaststube hindurch im Gang zu den Zimmern verschwand, ohne groß aufzufallen. Auch oben im Zimmer hielt er sich nicht mehr lange auf sondern entledigte sich der Kleidung und ging zu Bett.