Beiträge von Daerid Canvele

    Er hatte es kaum zuende gedacht als ein Knall aus der Halle ertönte. "Bewaffnet!", beantwortete der Assassine seine eigene Frage mit spröder Stimme. Mit einem Fehlverhalten dieses armseligen Personals rechnete er erst gar nicht mehr. Dem Satyr hingegen schien der Schuss neuen Mut eingeflößt zu haben. Der Valisar schloss für eine Sekunde die Augen als die Hufe in klapperndem Zorn zur Tür eilten und sie aufgerissen wurde. Weiter reichten Mut und Zorn allerdings nicht. Pottler verharrte in der Tür und starrte auf die Szenerie als habe er soeben die nächste Kugel in den Leib bekommen und diese ihn so sicher und vollständig gestoppt wie eine unsichtbare Wand.
    Was auch immer Pottler in der Halle sah - es verschlug ihm jedenfalls auch die Sprache.


    Träge löste Daerid sich von der Wand und machte zwei Schritte auf Sprungbart zu. "Reicht Dir Dein Stoff nicht mehr, Willian ?", fragte er in fast freundlichem Tonfall. "Oder warum tust Du alles dafür, möglichst nahe am Tod entlang zu wandeln ?" Im toten Winkel der Tür blieb er stehen. "Was siehst Du ?", fragte er vollkommen ruhig.

    Der Valisar war mit seinem Standort soweit einverstanden. Wenn der Ankömmling ihm die Sicht auf Sprungbart verstellen wollte, würde er ihm vollständig den Rücken zukehren müssen. Das war soweit akzeptabel. Er hatte es sich kaum bequem gemacht und seine letzten Vorbereitungen getroffen als es an der Tür klopfte und der Wächter, mit dem er selbst bereits nähere Bekanntschaft geschlossen hatte, zur Tür herein humpelte.
    "Allein ? Bewaffnet ?", schnarrten die Fragen des Assassinen auf dessen Meldung in den Raum hinein. "Nur der Syreniae, Pottler.", befahl Daerid in einem Ton, der eindeutig besagte, dass dieser Punkt für ihn nicht zur Diskussion stand. "Und wenn er allein gekommen ist, dann haltet draussen gefälligst Eure Augen offen, wer das Etablissment danach noch betreten will. Oder sich in der Halle verdächtig "klar" herumdrückt."


    Sprungbart wurde nervös. Das war nicht gut für ihn, aber jeder Hinweis darauf würde es vermutlich nur schlimmer machen. Der Wachmann warf Daerid einen Blick zu und zog mit Pottlers Anweisungen von dannen. Und der Assassine war schon zum zweiten Mal an diesem Abend versucht, sich einem Abgang anzuschliessen. Bei soviel Dilletantismus war an die Schaffung einer günstigen Ausgangslage nicht zu denken. "Dein Spiel, Pottler.", zuckte Daerid angesichts solcher Unzulänglichkeiten im Gleichklang zu der sich hinter dem Wachmann schließenden Tür mit den Schultern. Stumm und kalt verfolgte er Sprungbarts Monolog. "Hast Du einen Gott, William ? Zeit, ein Gebet zu sprechen. Vielleicht hält der heute Nacht die Hand über Dich, wo Du so leichtfertig alle Vorteile aus der Deinigen her gibst." sprach er trocken. Es war dem Valisar unbegreiflich, dass jemand sich so irrational verhalten konnte. Aber Sprungbarts unsteter Blick zur Tür verriet den Grund. 'Und mir Gefühle als etwas besonders Erstrebenswertes andrehen wollen.', dachte der Valisar mitleidslos und war ernsthaft versucht, hinter den Geschäftskontakt William Pottler so oder so einen Haken zu machen.

    Der erste Streifen hatte akzeptable Konsistenz erreicht und Daerid widmete sich dem Zweiten, während er einen Schritt zurück getreten war, Pottler mit ausdruckslosen Augen zusah und nicht die geringsten Anstalten machte, ihm zu helfen.
    Er hörte Sprungbarts Beteuerung, nichts mit der gerüchteweise beabsichtigten und dann offenbar fehlgeschlagenen Beseitigung dieses Syreniae zu tun zu haben. Vielleicht war es die Wahrheit, vielleicht auch nicht. Heute Abend wäre sie es wohl besser.
    Daerids Blick lag weiterhin unverwand und regungslos auf dem Satyr - aber seine Gedanken kreisten um die letzte Nacht. Um dieses bizarre Bild. Nebel. Dicker Nebel, einer schmierigen Suppe gleich, die nur hin und wieder einige Spitzen in der Oberfläche offenbarte. Vielleicht Kuppeln, Dachspitzen - vielleicht aber auch nur dicke Blasen, die sich empor reckten, um noch mehr Nebel nach oben zu spucken und wie eine aufplatzende Eiterblase dem unerbittlichen Druck unter dem Nebel nachzugeben. Und dann war die Oberfläche aufgebrochen. Strahlendes, gleissendes Licht stand hoch über dem Morast, in dem sich ein dicker Krater gebildet hattet. Unendlich weit entfernt schien es zu sein. Dicke, klumpige Fetzen des zähen Nebels spratzten umher und umrahmten eine Spirale aus feinstem silbernem Rauch, die sich in wildem Wirbeln und Kreiseln dem Licht entgegen bewegte. Flügel patschten aus der Nebelsuppe heraus, ein paar Federn erst nur, verzweifelt schlagend, denn immer wieder saugte sich der widerwärtige Matsch an ihnen fest - noch ein Schlag... und noch einer, die die dünne Rauchsäule immer wirbelnder dem Licht entgegen trieben und irgendwann in diesem infernalischen Kampf gegen das Element löste sich das Flügelpaar mit einem satten Schmatzen von der Oberfläche des Nebelsumpfes und folgte dem Rauch in das gleissende Licht.......


    Daerid Canvele hatte sich schon lange an Minaril's schlechten Scherz gewöhnt. Die Dinge waren, wie sie nun einmal waren - und hin und wieder waren solche Visionen ganz aufschlußreich und sagten etwas über seine Zielobjekte oder auch Auftraggeber aus. Diese hier hatte Daerid als wertlos abgetan - weil sie mit der dummen, leichtfertigen kleinen Hure vom frühen Abend schlicht keinen einzigen Berührungspunkt gehabt hatte. Aber jetzt ......


    Der Assassine hatte Gefühle studiert wie kaum ein Zweiter. Er hatte keine - dafür fand er sich mit diesen Traumbilder ab. Es gab schlechtere Abkommen. Gefühle waren mächtig - wenn man sie verstand und sie für sich und seine Zwecke einsetzen und manipulieren konnte. Eine simple rationale Analsye von Gefühl und Verhalten und wenn Daerid überhaupt jemals in seinem Leben doch ein Gefühl sein eigen nennen sollte - da war er sich absolut sicher - dann würde es Belustigung sein. Belustigung darüber, wie albern der Gedanke der Fühlenden war, dass ihre persönlichen Gefühle sie zu etwas ganz Besonderem machten und sie von anderen Fühlenden unterschieden. Dabei war es immer derselbe Einheitsbrei, wenn man es streng logisch analysierte.
    'Es ist die Sehnsucht, die Dich treibt, Geflügelter.', dachte er stumm - aber mit Gewißheit. Ein machtvoller Antrieb, zweifellos.

    Seine Aufmerksamkeit richtete sich wieder vollständig auf Sprungbart, der ihm einen Brocken grauen .... Nebels ..... Pamps vor die Nase hielt und diesen dann mit dem Sockel einer Marmorbüste bearbeitete. Blutrot glühte die zerstossene Masse auf, um innert Sekunden wieder nur noch farblose graue Asche zu sein. Pottlers Gebaren zeigte eindeutig, dass das Zeug ihn faszinierte und dass er seine Verschwendung bereute - dass er höchstwahrscheinlich die Wahrheit über diese Substanz gesprochen hatte. Daerid hätte beinah tatsächlich eine Augenbraue gehoben, als Sprungbart ihm einen Brocken seines ihm so wertvollen Stoffes entgegenhielt. Allerdings hätte er sich eher die Zunge abgebissen als Pottler auch nur mit einem Wort an seinen Gedanken über Rauschgift oder Gefühle teilhaben zu lassen und so suchte er das malträtierte Tuch abermals aus seinem Umhang, ließ sich den Brocken hineinlegen und verstaute ihn sorgfältig eingewickelt wieder in seinem Umhang. Typisch Fühlende - ständig im permanenten Irrtum gefangen, dass es bedauernswert sei, keine Gefühle zu haben.


    "Es könnte gut für Dich sein, wenn er nicht auch aus Rache den Weg zu Dir gesucht hat.", knüpfte der Assassine kommentarlos an Sprungbarts Antwort hinsichtlich der Beeitigung des Syreniae an. "Warum tust Du eigentlich nicht das Naheliegenste, William ? Und gibst dem Syreniae falsche Informationen, machst dann ein paar Tage Urlaub und überläßt es der Schlange, ihren Fehlschlag von damals endlich zu korrigieren ?", fragte Daerid emotionslos, wandte sich geschmeidig um und betrachtete seine Rückwand des Raumes genauer. Eine Stelle war etwas zu auffällig nicht zugestellt und der Valisar wählte seinen Standpunkt etwa in Türbreite davon entfernt. An die Wand gelehnt starrte er Pottler an.
    "Und wenn Du flüchten musst, Pottler - nie in einen Raum mit nur einem Ausgang."

    @Ascan - auf das, was der beschließt, gebe ich lieber keine Prognosen ab ?(


    @Maida - so genau weiß ich das noch gar nicht - ich war allerdings davon ausgegangen, dass Eure entweder gemeldet werden - oder zumindest so viel Aufruhr entsteht, dass Ihr nicht unbemerkt plötzlich im Raum stehen könnt - aber mal sehen, was passiert.
    Ich hatte es aber ohnehin so verstanden, dass das da ein eher schlichter Raum ist, ohne größere Versteckmöglichkeiten und das auch als Grundlage für die Posts genommen.
    Von daher wohl ja *nickt*

    Ascan *tätschelt dem Flattermann die Schulter* wenn Du mal so ca. 3 Wochen gaaaar nicht weißt, was du machen sollst, kannst Du ja mal versuchen, Daerid davon zu überzeugen auf etwas herum zu kauen, was länger als 3 Sekunden in Pottlers Büro herum lag ......... der Blick :yeah:

    Der Assassine verzog keine Miene als Sprungbart mit dem Brief auf ihn deutete. Wäre er kein Valisar gewesen, hätte er sich womöglich geschmeichelt gefühlt, dass Pottler es bereits als besiegelungswürdigen Handel ansah, wenn Canvele versprach für diese eine Nacht nicht gegen ihn zu handeln – aber so nahm er dies schlicht zur Kenntnis. Immerhin lebte sein Geschäft nicht zuletzt auch davon, dass sein Wort etwas galt und zumindest in Sprungbart's Bild von ihm war dies anscheinend der Fall. Stumm verfolgte er den Abgang der Zwergin, um seine ungeteilte Aufmerksamkeit dann dem Satyr zuzuwenden. In seiner Erinnerung suchte er nach den Namen, die Sprungbart von sich gab. Die graue Schlange, Bran Boréas - der Rabe …......


    Gift und Rauschgift waren nicht Daerid's Geschäftszweig und er interessierte sich auch nicht im
    Mindestens dafür – viel zu auffällig. Ein Giftanschlag war eine höchst unsichere Methode und das Gift selbst trug immer auch die Handschrift seines Erzeugers und somit den potentiellen Verrat in
    sich. Aber der Nachtmarkt war ein ewig flüsternder Moloch, der Gerüchte ebenso wie Wahrheiten immerwährend ausspie, wie ein von Pottlers Kreationen im Endstadium Abhängiger die Brocken seines eigenen Magens. Für jeden, der hier unten Augen und Ohren offen halten musste, war es praktisch unmöglich, nicht irgendwann und irgendwo einen Brocken davon abzukommen – und letztendlich wühlten sie wohl alle in denselben unappetitlichen Brocken herum. Daerid hatte mit dem Raben keinerlei Verknüpfungen – und dann hatte dieser sich nicht in nennenswertem Stil mit Auftragsmorden befasst, soviel war sicher. Punkt für Sprungbart, wie Daerid geschäftsmäßig resümierte.


    Aber … da waren auch Flüstereien über dessen Beseitigung gewesen, wenn er sich recht erinnerte ...... Verrat, Untreue, Aufbegehren...... Gewissen ? Die Todsünden hier in den Tiefen unter Nir'alenar, wo die Dunkelheit Freund und Feind zugleich war. Nur dort oben – dort konnte man auf Gnade und Vergebung hoffen, von seinem Gott, seinem Geschäftspartner, seinem Herrn, seinem Ehepartner. Hier unten ? Niemals ! Diese Blöße konnte sich in der dunklen Welt niemand geben. Niemand, der an der Macht und am Leben bleiben wollte.
    Die graue Schlange hatte einen Namen auf dem Nachtmarkt. Und wenn dieser Rabe seiner von ihr angeordneten Beseitigung tatsächlich entgangen war – dann war er auch über seine Rasse hinaus
    keinesfalls jemand, den man unterschätzen durfte.


    Ein Syreniae....... gehört hatte Daerid von ihnen. Natürlich.
    Begegnet war er noch keinem. Insofern war es ihm nicht möglich, einzuschätzen, inwieweit das, was man über ihre beeindruckenden Beeinflussungsfähigkeiten munkelte, auch tatsächlich der Wahrheit entsprach. Und Sprungbart wollte etwas von ihm. Was an den Worten des Satyr war Manipulation ? Und was entsprach den Tatsachen ? Weder hier unten, in der Schwärze unter der Stadt, noch oben im Licht sah man viele Angehörige dieses geflügelten Volkes. Vielleicht eine Parallele zu seinem eigenen Volk. Die Voraussetzungen für eine Karriere in der Finsternis waren nahezu perfekt - aber vielleicht lag es grundsätzlich nicht in der Natur eines Syreniae - eben so wenig wie in der eines Valisar - sich ihrer natürlichen Gegebenheiten für das, was von fühlenden Personen gemeinhin als niedere Zwecke bezeichnet wurde, zu bedienen.


    Der Assassine beschloss, diese Möglichkeit im Hinterkopf zu behalten, dass es sich auch bei diesem Geflügelten so verhalten könnte. Nur könnte – denn, immerhin – IHN selbst gab es schließlich auch hier unten. Der Rabe war also Pottlers Vorgänger gewesen. Sicher, dann war Sprungbart für ihn ein denkbarer Weg, der zur Grauen Schlange führen konnte. Und Sprungbart's Angst wurde nachvollziehbarer. Selbst wenn der Syreniae nicht so skrupellos sein sollte wie Pottler ihn darstellte - die Graue Schlange hatte schon mehr als einmal bewiesen, dass es lebensgefährlich war, ihr Missfallen zu erregen. So oder so, Daerid glaubte, Pottlers Zwickmühle zu verstehen.
    Nun – wie auch immer sich das Ergebnis dieser Nacht darstellen würde, es war eine Möglichkeit, eine Begegnung mit mit Syreniae praktisch unter klinischen Bedingungen ablaufen zu lassen.


    Lautlos stieß der Assassine sich von der Wand ab, bewegte sich geschmeidig zum Schreibtisch hinüber und starrte auf die Tischplatte hinunter. Ungerührt holte er zwei seiner präparierten Tücher aus seinem Umhang hervor und begann, mit einem von ihnen akribisch die Ecke der Tischplatte vor ihm zu säubern. Dann erst bediente er sich seines kleinen Skalpells und ebenso virtuos, wie er noch vor wenigen Stunden damit eine Zunge zwischen rot geschminkten Lippen entfernt hatte, schnitt er nun zwei akkurate hauchdünne Streifen von dem anderen Tuch hinunter und verstaute Skalpell und Tuchrest wieder in seinem Umhang. "Du solltest ihn hier drin erwarten, wo er seine Flügel nicht wirklich gebrauchen können wird und seine Bewegungsfähigkeit diesbezüglich eingeschränkt ist. Am Schreibtisch, damit Du in Deckung gehen kannst, wenn nötig. Und platziere den Tisch so, dass jeder Eintretende sich zwischen uns befindet, ob er will oder nicht." Der Valisar hob den Kopf, wandte ihn Sprungbart zu und musterte ihn aus gleichgültigen, unter Kapuze so eben noch zu erkennden, Augen. "Und William, wenn Dir Dein Leben lieb ist, reiß Dich zusammen und wiederhole deutlich jedes wichtige Wort, das er zu Dir spricht. Warst Du an seiner .......... Absetzung .................... beteiligt ?“ Sorgsam faltete Canvele einen der Streifen etwas zusammen, steckte ihn in den Mund und begann, nahezu unsichtbar darauf herum zu kauen.

    Ich frag vorsichtshalber schon mal:
    Was darf Daerid denn über Mme Delvipis und Bran Boreas, deren Positionen und Verhältnis zueinander und die Vorkommnisse von damals wissen ?
    Ist es okay, wenn ich ihm da ein bisschen nachtmärktisches Gerüchtewissen verpasse ?
    Hat den Vorteil, dass das dann ja auch nicht in jeder Hinsicht korrekt sein muss.

    Interessiert betrachtete der Assassine die Reaktion des Blonden, der so sehr zusammenschrak, dass er die unter seinen Arm geklemmten Dokumente gleich mit der Feder zusammen fallen ließ. Der Valisar wurde nicht von Wut oder gar Scham über den Irrtum behindert sondern konnte unmittelbar zum nächsten Punkt übergehen. Seine kalten Augen wanderten an dem Satyr empor, nachdem sie sich von einem versiegelten Umschlag zu seinen Hufen gelöst hatten und studierten ihn eindringlich. Dieser blonde Teil seines Personals sagte über Sprungbart mehr aus als über den Kerl selbst. Bekam der Satyr nichts Besseres mehr ? Ohne sichtbare Regung nahm Daerid zur Kenntnis, dass Pottler zur Zeit keinen Auftrag vermitteln konnte. Vielleicht war das im Augenblick auch besser, denn Pottler's Reaktion auf den sich gerade noch am Boden befindlichen Umschlag, ließ den Assassinen sich fragen, ob er womöglich gerade Zeuge des Anfangs von Pottlers Untergang wurde. Sprungbart war ein Exzentriker - aber ein wohldurchdachter so lange Daerid ihn kannte. Jetzt aber geriet er gerade offensichtlich aufrichtig außer sich. Und das bedeutete selten etwas Gutes.
    Der Blonde verschwand und die Tür fiel ins Schloß. Und Pottler's Reaktion auf den Inhalt dieses Umschlags bestärkte den Valisar darin, dass Pottler in einer Krise steckte. Der Valisar war kurz davor, ebenfalls zu verschwinden.
    Kein Auftrag - und mit dem Rest und seiner Entwicklung hatte er nichts zu schaffen.
    Doch bevor er sich rühren konnte, begann Sprungbart, das Wort an ihn zu richten.


    Nachdem Sprungbart geendet hatte, blieb Daerid einige Momente lang stumm, ohne den Blick von dem Satyr oder der Zwergin abzuwenden. So schnell hatte selbst er nicht mit einer Bestätigung seiner Vermutungen gerechnet. Im Grunde spielte es für ihn keine Rolle, ob er mit Sprungbart Geschäfte machte oder mit seinem Nachfolger. Pottler war bislang - so seltsam das ob seiner Erscheinung und der Art, die er an den Tag zu legen pflegte, auch anmuten mochte - jederzeit diskret und zuverlässig gewesen und seine Informationen immer zu 100 % korrekt. Der Assassine war sich der Nachteile neuer Geschäftsbeziehungen bewusst - zunächst hatte man immer auf zwei Fronten sein Augenmerk zu richten. Hier hatte Sprungbart bislang Pluspunkte gesammelt.
    Lohnte es sich möglicherweise, ihn noch etwas länger in seiner Position zu halten ?
    Nun - möglicherweise verhielt es sich so.


    Ein lange trainiertes Lächelns umspielte die schmalen Lippen des Valisar. "Du kannst den Tod bei mir kaufen Wiliam - aber Daerid Canvele ist nicht zu kaufen. Außerdem ..." zum allerersten Mal bewegte der Assasine sich sichtbar und deute eine fast unmerkliche Verneigung in Richtung der Feuerzwergin an. "... hast Du ja bereits eine äußerst fähige Leibwächterin in Deinen Diensten, wie ich sehe. Ich hingegen - bin nur Experte darin, niemals einem Auftraggeber zugeordnet werden zu können."
    Mal ganz abgesehen davon, dass er als Leibwächter unter Umständen Leute würde töten müssen, die er viel lukrativer einzeln aus dem Weg räumen konnte - aber das behielt er für sich.
    "Da andererseits unsere geschäftlichen Beziehung ausgesprochen zufriedenstellend verlief, kann ich Dir anbieten, bis zum Morgen hier zu verweilen und mir die Angelegenheit anzusehen. Und Dir versichern, dass ich mich keinesfalls gegen Dich stellen werde. Allerdings nur unter zwei Bedingungen: Erstens betrete ich nicht Deine Festhalle - außer, um das Gebäude zu verlassen.
    Und zweitens will ich wissen, worum es sich bei der Angelegenheit handelt.
    Andernfalls gehe ich meiner Wege." Abwartend und unbewegt betrachte der Assassine den Satyr.

    Der Lärm, die Musik und die Geräusche übereinanderrollender Leiber machten es unmöglich, zu bestimmen, was jenseits der Tür genau vor sich ging.
    Ohne jede Vorwarnung wurde sie jäh aufgestossen und prallte vom Schwung getrieben mit lautem Knall gegen die danebenliegende Wand. Nichts an Daerid bewegte sich. Kein Glied seines Körpers regte sich, nicht der kleinste Muskel in seinem Gesicht zuckte und sogar die Falten seines samtenen Umhangs und der Kapuze, die ihm mittlerweile wieder weit über die Wangen fiel, schienen dem Lufthauch der sich öffnenden Tür zu trotzen.
    Pottler stolzierte in den Raum hinein, jeder Zoll seiner Erscheinung, angefangen von dem exzentrischen Federhut, dem überdimensionalen Schnurrbart über den reinweißen Anzug bis hin zu seinen Hufen die personifizierte Beleidung von Canvele's feinem und stilvollem Sinn für Schönheit. Allerdings - das musste Daerid zugeben - Pottler inszenierte das groteske Bild von sich selbst mit solch einer Perfektion, dass er es fast schon wieder für anerkennungswürdig befand.
    Soweit nichts Neues also. Vielleicht ungewöhnlich schnell für Sprungbarts Verhältnisse. Die Augen des Assassinen huschten über die Dreiergruppe und verengten sich leicht. Der stierende hasserfüllte Blick aus den blutunterlaufenen Augen der Zwergin interessierte Daerid zunächst nicht weiter. Dafür fixierte er den anderen. "Vielleicht können wir etwas für unser beider Zufriedenheit tun, William.", klang die entnervend melodische Stimme wie bizarrer Gesang aus Canvele's Mund hervor. Die Unscheinbaren waren oft die Gefährlicheren. Und Daerid lieber vorsichtig als tot.
    "Wenn Dein blonder Begleiter an seiner Gesundheit hängt, lässt er auf der Stelle diese Feder fallen. Und bitte ihn doch, stattdessen lieber die Tür zum Festsaal und seinen Rauchschwaden wieder zu schließen. Ich hänge auch sehr an meiner Gesundheit, wie Du weißt. Und nachdem wir etwas für unser aller Gesundheit getan haben, mein Freund ..." Canvele verstand es, dem für ihn völlig bedeutungslosen Wort einen fast freundlich anmutenden, heimeligen Klang zu verleihen. "... lass uns sehen, ob wir unserer zufriedenstellenden geschäftlichen Beziehung nicht ein weiteres Kapitel hinzufügen können." Kühl und abschätzend legte Canvele's Blick sich in den des Satyrs. Daerid sah keinen Sinn in unnötigen Zeugen, wie Pottlers Figuren es in seinen Augen waren - aber wenn der eigenwillige Exzentriker darauf bestand, war es dem Assassinen gleich, wie viele Mitwisser dieser sich aufhalsen wollte. Das war nicht sein Problem. Und wenn es das wider Erwarten doch werden sollte, kein besonders langwieriges.

    Ich würde es vorziehen, Pottler wäre eigenständiger NPC.
    Da seh ich einfach die Gefahr geringer, dass er zu sehr von Deiner Vorstellung abweicht, wenn ich den nach meiner Vorstellung von Deiner Vorstellung darzustellen versuche.


    Versteht man das :gruebel: ?

    Daerid liess sich Zeit. Er hatte Zeit. Sorgsam und routiniert hatte er die etwas entfernte Umgebung der kleinen Halle - seinem anvisierten Ziel - auf Zeichen ungewöhnlicher Aktivitäten abgesucht. Wobei schon ein besonderes Gespür dafür nötig war, um hier unten etwas als ungewöhnlich zu klassifizieren. Aber wie dem auch sei - diese Nacht schien den Satyr William Pottler nicht mit geplanter Offensive belästigen zu wollen. Nicht dass Daerid ein Angriff auf Pottler tangiert hätte. Vermutlich tangierte es sogar den Satyr nur am Rande. Der war schon mit ganz anderen Schwierigkeiten fertig geworden - und die Schwierigkeiten umkreisten einen wie die Motten das Licht, wenn man es in den dunklen Geschäften des Nachtmarkts erst einmal in eine Spitzenposition geschafft hatte. Die wollten nämlich auch viele andere innehaben. Und Daerid hatte keinerlei Interesse, sich zwischen den Fronten irgendwelcher bedeutungsloser Machtkämpfe wieder zu finden.
    Gelassen musterte der Assassine den Eingangsbereich der Halle. Zwei Wächter standen dort - eher proforma - denn es kam eigentlich nicht vor, dass hier jemandem der Einlass verwehrt wurde. Im Gegenteil - es konnten gar nicht genug Leute Pottlers exzessiven Veranstaltungen beiwohnen, damit sie sie möglichst alle mit der fortan schier unstillbaren Sehnsucht nach den Substanzen verliessen, die Pottler ihnen jederzeit mit größtem Vergnügen verkaufte. Canvele fand, dass sie es nicht besser verdienten. Warum begab man sich in eine solche Abhängigkeit ? Daerid selbst hatte mit Rauschgift nichts im Sinn. Auch nicht mit den exotischen Giftkreationen, von denen man im Zusammenhang mit Pottler hier und da munkeln hörte. Aber - und hier täuschte der Eindruck, den man von dem Satyr fälschlicherweise sehr leicht gewinnen konnte - Pottler war beileibe nicht nur der launische egozentrische Gastgeber und Drogenhändler. Er war auch ein durchtriebener Perfektionisnist. Wenn er schon den Tod verkaufte, ob auf Raten oder direkt, dann auch vollumfänglich. Und so hatte er für diejenigen seiner Kunden, deren Nervenkostüm dem Gedanken des vergifteten Anverwandten in den eigenen vier Wänden oder des erstickenden Kontrahenten in der unmittelbaren Nähe nicht gewachsen war, auch immer ein alternatives Angebot parat.
    Und hier befand sich Daerids Verbindung zu William Sprungbart Pottler. Irgendein lukrativer Auftrag war hier regelmäßig abzugreifen.
    Daerid sann kurz darüber nach, ob er den Mann, der an der Längsseite der Halle patroullierte, für eine gewisse Zeit aus dem Verkehr ziehen sollte, um im Falle des Falles einen freien Fluchtweg vom Dach zu haben. Er entschied sich dagegen. Seine scharfen Sinne hatten ihm längst verraten, dass die Geräusche, die aus den Wänden von Pottlers Domizil hervordrangen, ebenso wie der Geruch, der wie ein unsichtbarer giftiger Nebel in der Luft hing und der Halle eine Aura der Warnung verlieh, die jedes Wesen mit sensiblen Sinnen eigentlich davon zurück halten müsste, sie freiwillig zu betreten - beides wie immer waren, wenn Daerid Pottler aufgesucht hatte. Achselzuckend nahm Daerid das Seidentuch ab, welches seine untere Gesichtshälfte verhüllte, gab seine Deckung auf und trat offen zum Eingang der Halle hin.
    Die beiden Männer mit körperlich durchaus beeindruckender Statur - aber anscheinend bereits leicht vernebelten Sinnen - betrachteten den hochgewachsenen Neuankömmling grinsend. "Junge, Du siehst aber wirklich so aus als könntest Du dringend Entspannung und Spaß gebrauchen.", feixte einer von ihnen bei Daerid Canvele's Anblick. Die Lippen des Valisar verzogen sich zu einem verächtlichen Lächeln - eine sorgsam einstudierter Gesichtszug - während ein kaum wahrnehmbares Schütteln seiner linken Hand eine feingliedrige Kette aus seinem Ärmel hervorbrachte, die sich im selben Moment schon um die Knie des Sprechers wickelte und diesen mit nur wenig Kraftanstrengung seitens des Assassinen auf den Boden beförderte. Unverzüglich machte Daerid einen Schritt auf den anderen zu. Sein stechender Blick schien Eiszapfen auf den Mann zu verschiessen, der zurück gewichen war und mit einem Messer vor dem Valisar herumfuchtelte. "Mach Dich nicht unglücklich.", klang es völlig ruhig und melodisch aus dem eingefrorenen Lächeln. "Ich will ihn sehen. HINTEN !" Der Mann nickte langsam "Verstanden !". Lautlos und unverzüglich wandte sich der Assassine wieder dem anderen zu, der sich inzwischen von der Kette befreit und wieder aufgerappelt hatte und nahm ihm diese aus der Hand. "Danke !" sprach er und durchschritt den Eingang. Der Überrumpelte wurde von dem anderen am Arm gepacht als er hinterher stürmen wollte. "Bist Du verrückt ?", zischte er. "Ich glaub, ich kenn den. Der hat Dich zerlegt bevor ich den Mund wieder zubekommen habe!", wisperte er eindringlich. "Sagen wir Pottler Bescheid."
    Das Gesicht des Valisar war indes womöglich noch eine Spur verächtlicher geworden als die Halle mit ihrem berauschenden Ambiente sich um ihn herum legte. Sinnevernebelnde Gerüche und Bilder boten sich ihm, geeignet, einen um den Verstand zu bringen. Männer und Frauen - tanzend, spielend, kopulierend - und denjenigen, die herumliefen, war anzusehen, dass sie weder auf ihre erste Droge noch ihr erstes sexuelles Erlebnis aus waren. Und so rochen sie auch. Der Valisar versagt sich jeden Atemzug und steuerte zielstrebig eine fast unsichtbare Tür in einer der hinteren Ecken an. Hier und da musste er unsanft die eine oder andere Hand von sich stoßen und erst, als die Tür hinter ihm ins Schloß gefallen war, stieß er die Luft aus den Lungen hervor. Mit verschränkten Armen lehnte er sich an die gegenüberliegende Wand, die Eingangstür unablässig im Visier, und verharrte regungslos. Er kannte Pottler und wusste, dass dieser ihn einige Zeit warten lassen würde. Mal mehr - mal weniger. Daerid Canvele hatte Zeit.

    Seine kurzweiligen Studienobjekte waren sich offenbar einig geworden, denn sie setzten sich gemeinsam und einträchtig in Bewegung - wohin auch immer. Daerid's Augen folgten ihnen unbeteiligt, er machte aber keinerlei Anstalten, den Sichtkontakt zu ihnen durch auch nur die leiseste Veränderung seiner Körperhaltung länger zu erhalten als möglich. Sobald das ansehliche Pärchen seinem durch die Wände der Lagerhalle begrenzten Blick entschwunden war, wandten sich seine Augen scheinbar träge wieder dem sonstigen Geschehen am Hafen zu und seine Gedanken der Planung des weiteren Tagesablaufs. Wo Daerid Canvele auch hinkam - sein Lebensweg und seine Profession hatten es mit sich gebracht, dass er sich so ziemlich überall bei verschiedenen ehemaligen wohlhabenden Auftraggebern selbst einladen konnte und dies auch ohne jede Hemmungen tat. Es interessierte ihn nicht, ob dies seinen "Gastgebern" willkommen war oder - und das war es den meisten - eher unheimlich. Aber so unerfreulich Canvele's Besuche im Rahmen eines Auftrags auch waren - als selbsteingeladener "Gast" verhielt er sich jederzeit vorbildlich und tadellos.
    Er beschloss, zu dem aktuell Beglückten zurück zu kehren und sich den Rest des Tages zu erholen. Scharfe, wache Sinne und ein perfekt funktionierender Körper waren sowohl seine Lebensversicherung wie auch sein Broterwerb - ausreichende Erholung hatte absolute Priorität, wenn er sich jederzeit darauf verlassen können wollte. Dennoch - ein Name kam ihm in den Sinn, dessen Bleibe auf dem Rückweg lag und die Tageszeit war bestens geeignet, um lichtscheues Gesindel in den eigenen vier Wänden anzutreffen. Mit einer einzigen fließenden Bewegung verliess der Assassine seinen heimlichen Beobachtungsplatz und verschwand in den Gassen und Winkeln des Seeviertels.