"Zehn ???? TAGE ???????????" Mit einer Mischung aus tiefstem wütenden Grollen und einem kaum merklichen Hauch von Verzweiflung waren die Worte der hünenhaften Gestalt entfahren, die sich dabei mit einer raschen Bewegung, die man dem Riesen im ersten Moment schwerlich zugetraut hätte, zu dem Zwerg umgedreht hatte. "Das! ist! zu! lange!" Voller Zorn hämmerte er seine Faust auf eine alte hohe Truhe, vor der er gestanden und einige Arbeiten des Schmieds betrachtet hatte, die dort an der Wand darüber aufgehangen waren. Das konnte er hier gefahrlos tun, denn die Truhe war mit geschmiedeten Beschlägen eingefasst und der Schmiedemeister, der die Hände über seinem beachtlichen Bauch gefaltet hatte und den Wüterich mit leisem Schmunzeln betrachtete, verstand sein Handwerk.
"Seht, mein zorniger Kunde...." sagte der zwergische Schmiedemeister und sein Schmunzeln vertiefte sich etwas. " ... Euer Schwert ist entzwei gebrochen. Es ist eine hervorragende Arbeit eines meiner verehrten Brüder - aber es bedarf sorgfältiger Arbeit, um es wieder in seinen hervorragenden Zustand zurück zu versetzen. Es ist möglich - aber es braucht diese Zeit. Wenn die Bruchstelle nicht mehrfach geschmiedet wird und zwischendrin immer wieder ausreichend Zeit zum Aushärten bekommt ......" der mächtige lange Bart des Zwergs wippte bedauernd im Kopfschütteln seines Trägers hin und her. Dabei war Meister Xoron seinem ungeduldigen Kunden durchaus zugetan.
Er konnte sich für die Augen der Welt verhüllen, wie er wollte. Einen Zwerg konnte er damit nicht täuschen. Nicht nur der ungewöhnlichen Größe oder der massigen Gestalt wegen. Schon dieses steife arrogante Gehabe mit dem er sich ziemlich vergeblich um eine gängige, ihm fremde, Höflichkeit bemühte und dieses ständig im Hintergrund schwelende Temperament, dass er nur so mühsam - oder auch nicht - beherrschte, waren für Meister Xoron Beweis genug gewesen. Obwohl er selbst noch nie zuvor einen gesehen hatte. Die Oberfläche mochte dieses Volk fast vergessen haben - wahrschenlich war es auch besser so - aber in den Legenden und Geschichten aller Zwerge existierten sie immer noch. Unrühmlich war ihr Part in dem entsetzlichen Krieg gewesen. Und nur das Volk der Zwerge hatte danach langsam festgestellt, dass man mit diesen eigenartigen Geschöpfen .... Schöpfungen ..... durchaus auskommen konnte, wenn man ein paar Dinge beachtete. Elegant das tiefe Misstrauen ignorierte, dass sie allen anderen Völkern gegenüber an den Tag legten, sich nicht an der Verachtung stieß, mit der sie die Welt der Oberfläche betrachteten und ihr unendlich überzogenes Selbstbild und Ehrgefühl, an dem sie beinah zu ersticken drohten, nicht beleidigte, mit dem sie permanent bemüht waren, diese brodelnde ohnmächtige Aggressivität, die in ihnen steckte, zu kontrollieren.
Nun ja ... wenn man bedachte, dass sie von Drachen abstammten........
Vielleicht war es besser für alle, dass sie die Abgeschiedenheit gewählt hatten. Die meisten Personen mochten Reptilien nicht, wegen ihrer starren Unbeweglichkeit und dieser irritierenden Geschwindigkeit, mit der eine Schlange oder eine Eidechse dann doch wie aus dem Nichts heraus agierte. Und das als zwei Meter hohe Erscheinung mit mindestens 200 Pfund Gewicht ?
Aber Meister Xoron wusste augenblicklich, dass er einen Drak'khir vor sich hatte. Und betrachtete ihn mit nicht geringer Neugier.
Allerdings war es nun wohl an der Zeit, zu zeigen, dass er sich in sein Metier und die Ehre seiner eigenen Kunst auch von einem brodelnden zornigen Drak'khir nicht würde hineinreden lassen.
" .... dann wird dieses Schwert nie mehr zu altem Glanz und alter Zuverlässigkeit zurück finden. Es ist Euch überlassen. Ich könnte Euch zweifelsohne ein vergleichbares Schwert neu schmieden - aber auch das nähme zehn Tage in Anspruch. Und Ihr seid nun einmal nicht mein einzigster Kunde. Aber wenn Ihr Pfusch wollt, dann seid Ihr in meiner Schmiede verkehrt !" Meister Xoron's Stimme zeigte unmissverständlich an, dass dieser Rauswurf ernst gemeint war. Für einen Augenblick befürchtete er fast, doch einen Schritt zu weit gegangen zu sein. Ohne jedes Blinzeln wurde er von goldbraunen Augen mit geschlitzen Pupillen fixiert, das Beben der breiten tiefen Brust seines Gegenübers war sogar durch den Umhang hindurch deutlich zu sehen. Die Hand auf der Truhe zitterte.
Es dauerte mehrere Sekunden - einer Unendlichkeit gleich, wenn man ungewiß auf den Vulkan starrt und nicht zu sagen vermag, ob er ausbrechen wird oder nicht - bis die Gestalt des Hünen sich straffte. "Zehn Tage.", sagte er mit mühsam unterdrückter Wut. "Was bekommt Ihr für Eure Arbeit, Schmiedemeister, wenn ich zusätzlich ein Messer erwerben möchte ?"
Meister Xoron's freundliches Lächeln kehrte in sein bärtiges Gescht zurück, denn er war klug genug, die gezollte Hochachtung, die seiner Arbeit da gerade in mehr als unscheinbaren Worten dar gebracht worden war, zu erkennen. Die Daumen seiner immer noch gefalteten Hände begannen, um einander zu kreisen, während er überlegend die Lippen schürzte. "Zwölf Goldstücke. Messer führe ich nicht - aber einen Dolch sollt Ihr bekommen, der Euch Euer Messer nicht wird missen lassen. Und 18 Goldstücke bekomme ich als Vorleistung für meine Schmiedearbeiten. In acht Tagen könnt Ihr es abholen."
Wohlwollend sah Meister Xorron zu, wie der Riese ohne Widerrede und auch ohne jedes Anzeichen dafür, dass er die verkürzte Verarbeitungsdauer überhaupt registriert hätte, eine überaus prallgefüllte Geldkatze vom Gürtel unter dem Umhang hervorholte, zu ihm an die Ladentheke heran trat und ihm dreißig Goldstücke auf den Tresen abzählte. "Wählt einen geeigneten für mich aus!" herrschte er ihn in Befehlston an. Meister Xoron bekam langsam ehrlichen Spaß an diesem ungewöhnlichen Kunden. Er nickte beflissen, ging hinüber zu einer weiteren Waffentruhe und wählte eine gänzlich unverzierte aber hervorragende Waffe aus. Kurz prüfte er sie, ging dann zu seinem Schleifstein hinüber und beseitigte noch ein paar kaum merkbare Lagerspuren an der Klinge. Dem Drak'khir kehrte er getrost den Rücken. Einen vertrauenswürdigeren Kunden könnte er kaum haben, da war er sich sicher.
Noch einmal betrachtete er seinen Kunden von oben bis unten als er ihm den Dolch reichte. Wirklich ungewöhnlich. "Ihr könnt Euer Sattelzeug hier in der Schmiede lassen solange Ihr in der Stadt verweilen müsst.", bot er ihm an. "Wendet Euch von meiner Schmiede nach rechts, geht bis zur nächsten Strassenkreuzzung und biegt dann nach links ab. Nach etwa ..." er musterte Khoor noch einmal eindringlich " 300 Schritten, würde ich sagen, kommt Ihr an ein kleines aber sauberes Gästehaus."
Abermals fixierten ihn diese starren Augen von oben und die Sekunden quälten sich dahin. "Ich nehme Euer Angebot an Schmied." kam es irgendwann aus der Kapuze heraus, nachdem der Hüne den Dolch eingesteckt hatte, ohne ihn auch nur im Mindesten zu prüfen. Sie schienen einen großen Schritt voran gekommen zu sein.
Unbeeindruckt und geschäftig ging Meister Xoron zu einer Ecke gegenüber der Esse und räumte einige Decken und Beschläge zur Seite. "Stellt es nur hierher.", winkte er dem Fremden und als dieser ihm Folge geleistet hatte und der schwere Sattel nebst Zaum in der Ecke verstaut war, sprach der Zwerg den Hünen abermals an. "Werter Freund - in dieser Stadt herrschen Umstände, die Euch sehr befremdlich vorkommen werden. Lehnt Pfeifen ab. Und nehmt nur Essen und Getränke entgegen, deren Fertigung Ihr mitansehen konntet oder die solcher Konsistenz sind, dass nichts hineingeschmuggelt werden kann. Und den reichlichen Inhalt Eurer Geldkatze solltet Ihr neugierigen Augen ebenfalls vorenthalten. Es ist die Oberfläche. Und ich bin am meinem Werklohn interessiert.", lächelte er verschmitzt.
Khoor starrte den Zwerg erneut regungslos an. Ein Zwerg. Ein ......... Bekannter. Inmitten lauter fremdartigen Personen, die ihn häufig verwirrten und denen er tiefes Mißtrauen entgegen brachte - eine Person, der er von vornherein so etwas ähnliches, wie Vertrauen entgegen brachte. Schließich zog er abermals die Geldkatze hervor, griff ohne Ansehen hinein und stopfte den Handinhalt in eine Tasche seines Umhangs. Den Beutel ließ er auf seinen Sattel fallen.
"Khoínoor Charad dek l'Bryre." sagte er mit leichter Verneigung. "Euren Name und Eure Schmiede werde ich in Ehren halten, Meister Xoron!" Damit verließ er die Schmiede ohne sich noch ein mal um zu sehen.
Meister Xoron's Blick wanderte zu den beiden Bruchstücken des Schwertes hinüber. Was mochte sein ungewöhnlicher Kunde nur damit angestellt haben ?