Beiträge von Ta'shara

    "Ja, das möchte ich. Ehrlichkeit ist ein hohes Gut." murmelte Ta’shara leise, aber überzeugt. "Es mutet vielleicht seltsam an, wenn ich davon spreche, aber..." Ta'shara seufzte leise. Das einzige ehrliche Gefühl das sie bisher im Stande gewesen war zu empfinden, ohne es zu vergessen, war diese unsägliche Sehnsucht nach etwas, das sie nicht einmal wirklich gekannt hat. Und sie ging einem Beruf nach, der alles andere als ehrlich war. Wobei dies in ihren Augen etwas anderes war. Das tat sie, weil sie gut darin war, weil sie es konnte und sie es zur Perfektion bringen wollte, weil sie sich mit nichts geringerem zufrieden gab. Für Heuchelei hingegen hatte sie kein Verständnis. Es machte keinen Sinn, einem anderen etwas vorzuspielen.


    Im Halbdunkel betrachtete sie Brennans markantes Gesicht. Es gefiel ihr, wie unbeirrt er von Shirashai sprach. Es würde ihr ebenso imponieren, würde er von einer anderen Gottheit sprechen. Götter waren ihr im Grunde egal. Wenn überhaupt war sie ihrer überdrüssig. Götter waren ebenso unberechenbare und teils missgünstige Geschöpfe, wie alle fühlenden Wesenheiten. Göttern war zu verdanken, dass Beleriar im Meer versunken war. Göttern und deren Missgunst verdankte sie ihr Dasein, das jedem fühlenden Wesen trostlos und öde erscheinen musste. Würde es nach ihr gehen, gäbe es keinen Platz für Götter auf dieser Welt. Wohl aber für gefestigte und starke Menschen wie Brennan. Die Inbrunst mit der er von Shirashai sprach; das, was er in ihr sah, beeindruckte die junge Valisar und sie war überzeugt, dass sie hier am richtigen Ort war. Und sie war überzeugt, dass sie Shirashai verstehen würde.
    "Schlaf gut, Brennan Targo." flüsterte sie leise und schlief ein.

    "Erkläre mir eines, Brennan Targo. Deine Göttin, Shirashai, sie ist dunkel. Ihr folgen für gewöhnlich Wesen, die, nun, sagen wir mal, oft mit zwielichten Dingen zu tun haben. Diebe, Hehler… du weißt schon. Oft jene, die ihr als 'Menschen mit schlechtem Charakter' bezeichnet. Was genau hat dich zu ihr geführt?"


    Wenn sie auch schon viele Jahre auf dieser Welt weilte und für menschliche Verhältnisse bereits über einiges an Wissen verfügte, dieser Mann gab ihr Rätsel auf. Er schien skrupellos auf den ersten Blick. Egoistisch. Wie sie selbst folgte er einer … Bestimmung? War es das? Blieb sie deshalb hier, weil sie eine Art Verwandtschaft zu seinem Wesen empfand? Floss vielleicht doch mehr Ashaironi-Blut in ihr, als sie bisher vermutet hatte?


    Die junge Frau gähnte verhalten. Ihr Körper war müde, doch ihr Geist arbeitete rege. Brennan war nicht schlecht. Sie musste es wissen, denn der Kodex äußerte sich eindeutig über alles, was schlecht war. Brennann also war nicht schlecht; nicht im Sinne von dem, was sie wusste. Also das, was die Menschen dazu veranlasste, in jemandem Schlechtes zu sehen. Ta‘shara war verwirrt. Müde und verwirrt.
    "Ich möchte deine Göttin kennenlernen. Kannst du mich zu ihr bringen?"
    Gewiss würde sie klarer sehen, wenn sie sich ein besseres Bild von der Göttin machen könnte.

    Nach und nach verlöschten die Lichter. Sie konnte es hinter ihren geschlossenen Lidern 'sehen', bis es am Ende fast dunkel war und sie Brennans Bewegungen neben sich spürte, als er sich hinlegte und die leichte Bettdecke zurechtzog. In der Dunkelheit forderte er sie flüsternd auf, zu ihm zu kommen und sie folgte seiner Stimme, bettete ihren Kopf an seine Schulter. Ihre Hand ruhte an seiner Brust. Leicht und warm. Brennans Herz schlug gleichmäßig... schnell. Die junge Frau wartete auf seine Hände, seine Lippen, denn sie glaubte nicht daran, dass er sie nicht würde berühren wollen.


    Doch nichts geschah. Im Geiste zählte sie die Schläge seines Herzens. Wartete. Schneller als ihr eigenes, auch wenn ihres ganz im Gegensatz zu sonst mehr Schläge zählte. Dieser Abend, diese Nacht waren seltsam.
    Doch am Allerseltsamsten war der Umstand, dass sie im Arm eines Mannes lag, der sonst nichts weiter von ihr wollte.
    NEIN! Falsch! Ein Mann, dessen Reaktionen deutlich das Gegenteil bewiesen, wie sie gerade feststellte, der aber nichts weiter in dieser Richtung unternahm, was bei weitem noch seltsamer war.


    Ta’sharas Hand berührte sein Amulett. Hatte er es also wieder angezogen. Fast zärtlich strich sie darüber.
    "Ist sie es?“ fragte die junge Halbvalisar. "Gibt sie dir die Kraft oder bist du es allein?" Sie wusste nur zu genau um ihre Wirkung auf andere Wesen. Nicht umsonst hatte sie bei Unzähligen gelegen und mit ihnen das Lager geteilt.

    "Nicht ganz das, was ich für gewöhnlich trage." meinte Ta’shara leichthin und musste wider Erwarten lächeln. Die junge Valisar ließ sich aufhelfen und stand nun nahe bei Brennan. Sie konnte die Wärme seiner Haut spüren. Angenehm. Denn sie selbst fing an zu frieren. Hatte sie je auf so etwas geachtet?
    Ihr Kopf neigte sich ein wenig zur Seite, während sie Brennan wohlwollend betrachtete. Er sah wirklich gut aus, wie er so dastand und lächelte. Sie würde an der Seite eines faszinierenden und schönen Mannes schlafen und nicht frieren. Unwillkürlich musste sie an die 'goldene Kugel' vom Maskenball denken. Auch faszinierend. Und ein ausgesprochen guter Tänzer! Sie fragte sich, wie dieser wohl ohne Kostüm… aussähe. Noch interessanter die Überlegung, was genau denn Kostüm gewesen war und was nicht. Das Land unter der Kuppel war voll von Magie und Zauber. Manchmal allerdings auch Fauler. Doch der 'Goldene' war ihr in angenehmer Erinnerung geblieben. Ein Mann mit guten Manieren. Nicht aufdringlich sondern höflich und zuvorkommend. Wie Brennan. Ein Verhalten Seitens des Vogelhändlers, wie sie es so nicht erwartet hatte.


    Wieder schloss die junge Valisar ihre Augen, als Brennan ihr über die Wange strich. Irgendwas war anders in seiner Berührung als bei den ungezählten anderen, bei denen sie schon gelegen hatte und die immer auf ihre Kosten gekommen waren. Aber sie fühlte es nicht real. Das von eben war schon nichts weiter mehr als eine bloße Ahnung. Sie hatte keine Erinnerung für ein Gefühl. Beinahe so, als gäbe es keinen Platz dafür in ihrem Kopf. "Ich kannte mal jemanden, der hat vergessen, wer er war. Ein Unfall. Ähnlich ist das bei uns Valisar, mit dem, was Gefühle sind."
    Die junge Frau legte ihre Hand kurz auf Brennans Hand an ihrer Wange. Eine Geste, die sie einmal in irgendeinem Park beobachtet hat.
    "Danke, dass du bleibst." Ta’shara wusste selbst nicht genau, was sie damit eigentlich meinte, aber es erschien ihr richtig. Sie nahm ihre Hand wieder zurück und schlüpfte unter die Decke. Im Gegensatz zu Brennan sah sie nicht gleich zur Seite oder schloss die Lider, sondern ihr Blick ruhte auf seiner Gestalt, ehe sie ihre Augen doch schloss und still wartete. Noch so etwas, was sie nicht verstand: schöne Dinge waren dazu da, betrachtet zu werden; so wie ein makelloses Bild oder ein geschmackvoller Gegenstand, eine Blume. Ein wohlgebauter Mann machte da keine Ausnahme. Aber der Kodex lehrte ein gewisses Maß an Zurückhaltung bezüglich der Intimsphäre eines Menschen.

    Ta’shara entging Brennans kurzes Zögern nicht. Still betrachtete sie ihn und erhob sich dann. "Es macht mir nichts aus, in der Kammer zu schlafen. Ich bin eine Valisar. Ein Dach. Ein Platz zum Schlafen. Das ist genug.“ Ihr Blick lag weiterhin prüfend auf ihm. "Es würde mir auch nichts ausmachen, wenn du neben mir liegst. Wirklich nicht. Du musst nicht wegen mir auf dein bequemes Nachtlager verzichten.“ Eigentlich wollte sie nicht, dass er ging. Und doch meinte sie, es müsse ihr egal sein. Glaubte sie zumindest. Sie würde es zwar nicht zugeben, aber insgeheim fürchtete sie, dass die Woge zurückkäme und sie erwischt, wenn sie alleine ist.


    "Ich konnte das eben nicht kontrollieren. Ist das immer so? Und was muss ich machen, damit das nicht wieder so ... unvorbereitet kommt?“ Ihr analytischer Verstand arbeitete auf Hochtouren und kam doch nicht von der Stelle. Sie wollte erklären können, was passiert war, aber sie merkte, dass sie sich schon wieder verrannte. Das kleine Seufzen konnte sie wenigstens zurückhalten und fand nun auch endlich etwas, das ihr 'vertraut' war. Damit konnte sie auch nicht viel falsch machen, denn sie wollten schlafen gehen: ohne jede Scheu begann Ta'shara sich zu entkleiden. Egal letztlich, wie Brennan sich entscheiden würde, sie war müde und wollte aus diesem Kostüm heraus. Zielstrebig steuerte sie die Truhe an und kniete sich vor ihr auf den Boden. "Und es ist dir gleich, welches Hemd ich anziehe?" fragte sie noch einmal nach und nahm gleich das zu oberst Liegende. "Das hier?“ Ein Schwarzes.Dieses Hemd würde nicht passen. Nicht von der Größe und nicht vom Stil. Aber sie stellte fest, dass es ihr egal war. Sie streifte es sich über und nahm sich vor, sich heute über nichts mehr zu wundern. Ta'shara schloss den Truhendeckel und drehte sich, noch immer auf dem Boden hockend, wieder zu Brennan.

    Die junge Halbvalisar stand auf, setzte sich wieder und stand erneut auf, während sie Brennan in einem der anderen Räume hantieren hörte. Wie ein eingesperrtes Raubtier tigerte sie unruhig durch das Schlafgemach und setzte sich am Ende doch wieder auf den Rand des Bettes, wartete. "Danke.“ meinte sie zu Brennan, als dieser ihr das Glas Wasser reichte. Und obwohl sie heute Abend bereits ein mehr als ansprechendes Mahl verzehrt hatte, konnte sie dem appetitlich angerichteten Käse und dem Brot nicht wiederstehen. Dabei war es nur einfaches trockenes Brot und in kleine Häppchen geschnittener Käse, den sie gerade zu ihrem Mund führte. Mitten in der Bewegung hielt sie inne. WAS hatte sie gerade gedacht? Appetitlich? Mit dem Wort kann sie doch überhaupt nichts anfangen! Sie hatte Hunger oder nicht! Und wenn ja, dann aß sie etwas. Aber Appetit bedeutete, etwas essen zu wollen auch ohne Hunger zu verspüren. Das hatte sie nie getan.


    Ta’shara steckte das Stück Käse trotzdem in den Mund, weil es sich nicht gerhörte, es wieder zurück zu legen, nachdem sie es bereits in den Fingern hatte. Hilflos lächelnd blickte sie zu Brennan und ließ es geschehen, dass er den Arm um sie legte. Und damit sie sich nicht zusehends noch mehr in unsinnigen Gedanken verlieren konnte, nahm sie das Seil, das der Mann ihr hinwarf.
    "Danke, ja gut. Ich bleibe hier und morgen früh dann zu dieser … Wahrsagerin. Silene.“ Ta’shara nahm das Bett in Augenschein. Es war groß genug, dass zwei Menschen darin Platz fänden, ohne sich gegenseitig zu berühren. Sie hätte kein Problem damit dort zu liegen und Brennan neben sich zu wissen. Nur wusste sie nicht, ob das dem Mann recht wäre. "Ich bin müde. Wo kann ich mich schlafen legen?"

    Noch immer saß Ta’shara da und zitterte. "Was… was passiert mit mir?" flüsterte sie. Eine riesige Woge rollte auf sie zu. Hoch wie ein Berg und sie konnte nichts dagegen tun, nur dasitzen und warten. "Das geht nicht!!! Das soll aufhören!!" Sie glaubte gegen den Lärm der heranbrausenden Gefühle anschreien zu müssen, doch war es nur ein leises, verzweifeltes Flüstern, mehr einem Wimmern gleich. Sie hob ihren Kopf und sah sich gehetzt um. Sie suchte etwas, an dem sie sich festhalten konnte; irgendetwas Bekanntes musste es doch hier geben. Aber in diesem fremden Raum fand sie nur Brennan. Hilfesuchend blickte sie ihn an. In ihren Augen loderte Angst.
    "Mach dass es aufhört! Das ist zu viel. Alles zu viel!" Gequält schloss Ta'shara die Augen. Noch immer brannten Tränen darin und sie hatte das Gefühl, jemand würde mit glühenden Klingen ihre Innereien bearbeiten! Sie stöhnte auf.


    Dann war es vorbei. Bevor diese furchtbare Welle sie überrollen konnte, schloss sich das Tor. Nur ein winziger, unscheinbarer Teil schwappte noch hindurch und traf Ta’shara unbemerkt mitten ins Herz.
    Die junge Frau erhob sich. Sie fühlte sich wie zerschlagen. Erschöpft. Und sie war verwirrt. Doch sie hatte sich gefangen und wieder unter Kontrolle. Daran hielt sie fest. "Kann ich ein Glas Wasser bekommen?"


    Ta’shara lauschte angespannt in ihr Innerstes. Die Worte Brennans, die sie eigentlich zuversichtlich stimmen sollten, drohten erneut ein Chaos zu verursachen. Wenn Gefühle das bedeuteten, was sie gerade mitgemacht hat, sollte sie darauf besser verzichten. Aber was, wenn Brennan recht hatte? Wenn der Fluch gar nicht so stark war? Wenn nun schon alles zu spät war? Sie konnte so nicht leben. So konnte sie nicht arbeiten. So konnte sie nicht einmal alleine bleiben! Fieberhaft dachte die Halbvalisar nach. Sie musste eine Möglichkeit finden und herausbekommen, was sie in der Zukunft erwartete. Wenn sie das wusste, konnte sie sich darauf einstellen. Das barg eine Logik, der sie sich nicht entziehen konnte. "Kennst du einen… Wahrsager? Hier oder anderswo?"

    "Nicht? Hmm.." Ihr Leben hat aber funktioniert… bisher. Mehr als gut sogar. Sie ist nicht aufgefallen. Also kann der Kodex so falsch nicht sein. Warum aber ist sie nie auf den Gedanken gekommen, die Liebe anderswo zu suchen, als in der Leidenschaft einer verbrachten Nacht?


    Die junge Valisar leerte ihr Glas Wein. Nicht in einem Zug, aber Schluck für Schluck, während Brennan ihr etwas zu erklären versuchte, zu dem sie nicht den geringsten Zugang hatte.
    "Ich fühle mich nie einsam. Ich kenne nicht das Verlangen nach körperlicher Nähe und ich hege nicht den Wunsch nach Gesellschaft."
    Wieder stockte Ta’shara. Sie hatte ihre Worte überdacht, bevor sie sie ausgesprochen hat und doch hörten sie sich jetzt anders an, als eben in ihrem Kopf. Überhaupt stimmte mit ihrem Kopf etwas nicht, wie sie meinte. Warum saß sie noch immer hier und redete über Dinge über die es sich nicht zu reden lohnte? Man tat es oder ließ es. Aber so viel hat sie noch nie geredet.
    "Ich habe nur einen einzigen, brennenden Wunsch." Wieder wartete sie einen Moment, überlegte ob sie ihre Zeit nicht verschwendete und sprach doch weiter. "Du hast heute eine andere Valisar kennengelernt." Mehr brauchte sie sicher nicht zu erklären. Brennan musste den Unterschied bemerkt haben, zwischen ihr und dieser… anderen.


    "Wenn du Shirashai so sehr liebst, kannst du keine andere lieben." bemerkte Ta’shara leichthin. "Aber mich stört es nichts aus, wenn du der Göttin mehr Liebe entgegenbringst, als mir." fügte sie lächelnd an. Sie nahm Brennans Hand, legte ihre Wange hinein und schloss die Augen. Sie suchte nach etwas; wie nannte Brennan es eben? Einen Funken?
    Ta'shara schwindelte. Ihr Augen brannten und ihre Kehle.
    Der Wein! Zu viel davon. So einen Zustand hatte die Halbvalisar in ihren ganzen Daseinsjahren nicht erfahren. Ihr Kodex verbat übertriebenen Alkoholgenuss, weil er Denken und Handeln beeinflusste. Sie aber hatte unbemerkt ihr Maß überschritten. Sie hatten zu viel geredet und jetzt zerbrach ein Schild, bröckelte eine Mauer. Das 'Dahinter' erschreckte sie zutiefst und Ta'shara begann zu zittern. Eine Träne löste sich aus ihren Augen und lief an Brennans Hand entlang, ehe sie fiel und in seinem Weinglas zersprang.

    Ta’shara erwiderte den Kuss. Ihre Lippen lagen auf den seinen und öffneten sich. Doch Brennans Worte bewirkten, dass sie keine Maske trug und so auch kein Funke Leidenschaft in ihrem Kuss lag. Auch keine vorgetäuschte Leidenschaft. Zum ersten Mal in ihrem Leben zeigte sie sich einem anderen Wesen, wie sie war: unterkühlt, abweisend, hart, leidenschaftslos, gefühllos. Eine Berührung, ein Kuss, doch alles nur Mittel zum Zweck und ohne den tiefen Wunsch nach erlebter Nähe dahinter.


    "Weil die Menschen, eigentlich alle Wesen, die Gefühle empfinden, es so machen und unser Kodex ihre Verhaltensmuster aufgezeichnet und an uns weitergegeben hat. Wir richten unser gesamtes Verhalten nach dem Kodex aus, damit wir dem Anschein nach das sein können, was du unter 'menschlich' oder 'gefühlvoll' verstehst. Ihr gebt einander hin. Dem Fremden ebenso wie dem Freund. Ihr gebt einander hin und liebt euch. Wo sonst kann man Liebe finden, wenn nicht dabei? Ist das nicht so?" Ta’shara hielt bei ihren eigenen Worten inne. Lag da etwa ein Hauch von Unsicherheit in ihrer Stimme?


    Zum ersten Mal nach all den vielen Jahren, die sie bereits zählte und auf den Kodex vertraute, stellte sie diesen und die Worte ihrer Mutter plötzlich in Frage!
    Ihre Lehren waren es, denen sie letztlich folgte und die sie zu dem Denken und den Vorstellungen geführtt haben, die sie heute hat. Konnte es sein, dass sie falsch lag? War das überhaupt möglich?
    "Warum nimmst du fremde Frauen mit in dein Bett? Warum hast du keine Gefährtin oder bist verheiratet?"
    Warum stellst du so viele Fragen? Warum stelle ICH so viele Fragen? Dieser Mann will mich nicht, also sollte ich gehen.

    "Dann bin ich nicht die richtige Frau für dich."
    Ungeachtet Brennans Hand an ihrer Schulter erhob Ta‘shara sich und sah ihn an. Kein Bedauern, keine Trauer lag in ihrem Blick. Nur eine unausgesprochene Frage. Etwas an seinen Worten, seinem Verhalten entsprach nicht dem, was seine Rede vermuten ließ. Er wirkte unruhig, verunsichert. Es tat ihm … leid? ER hatte Angst, verletzt zu werden…?
    Warum?


    "Wie kannst du fürchten verletzt zu werden, wenn allein dein Egoismus mich hierher geführt hat und du nichts weiter empfindest, außer dem Verlangen mit mir das Lager zu teilen?" Ta’shara drehte sich um und ging hinüber in den Wohnraum. Schon wenige Wimpernschläge später war sie wieder zurück. In ihren Händen hielt sie die beiden Weingläser.
    "Das ist nicht logisch." befindet die hübsche Valisar und reichte Brennan sein Glas.
    "Und warum willst du irgendetwas über mich denken, wenn sich unsere Wege bereits morgen wieder trennen? Oder wünschst du, mich ein weiteres Mal zu sehen?"
    Das Bett wippte ein wenig, als die junge Valisar ihren Platz von vorhin wieder einnahm. Mit dem Bett schwappte der Wein in ihren Gläsern.

    Alles war ihr bekannt. Brennans Reaktionen unterschieden sich nicht im Mindesten von denen anderer Menschen, wenn sie gewahr wurden, was sie war. Hätte er jetzt einen anderen Menschen an seiner Seite, würden beide über sie tuscheln, sich die Hälse verdrehen, auf sie zeigen und hinter vorgehaltener Hand Wetten abschließen. Das war jetzt der Punkt, da die Männer und auch manche Frauen sie als eine Herausforderung betrachteten; ein Spiel aus ihr machten. Es berührte sie nicht.


    Sie ließ Brennan den Moment, sich zu sammeln. Denn dass er betroffen war, war ohne Zweifel. Als er sich wieder zu ihr hindrehte, lächelte sie ihn an, betrachtete ihn mit leicht schief gelegtem Kopf und ließ sich von ihm bei der Hand nehmen. Widerstandslos folgte sie Brennan, als er sie in sein Schlafgemach führte. Der ganze Raum erzählte vom Wunsch des Vogelhändlers, sie zu besitzen. Ta’shara begann, ein Band ihres Kostümes zu lösen, um sich zu entkleiden. Doch Brennan forderte sie stattdessen auf, neben ihm Platz zu nehmen. Auch gut… dachte sie… zieht er dich aus. Ta’shara schloss die Augen und wartete. Aber der Vogelhändler tat nichts dergleichen. Sie spürte ihn ganz dicht neben sich, aber er berührte sie nicht. Sie spürte seinen Atem auf der Haut, doch blieb dies die einzige Verbindung. Und seine Worte.


    "Ich sehe nicht aus, wie eine Valisar. Nicht so, wie die andere auf dem Ball heute, nicht wahr? Mein Aussehen irritiert. Das kommt daher, dass mein Vater dem Volk der Ashaironi angehörig war. Also bin ich sowohl Valisar als auch eine Ashaironi. Du siehst. Ich bin nicht wirklich kostümiert… und eine falsche Schlange bin ich auch nicht." Und weil Ta’shara annahm, dass dies in den Ohren eines Menschen lustig klingen müsste, lachte sie.
    Doch schon der nächste Augenblick brachte den Ernst in ihre Stimme zurück.
    "Was fürchtest du, Brennan Targo, dass du plötzlich die Berührung scheust? Du kannst mich nicht verletzen."

    "Ich weiß." antwortete Ta’shara ebenso ernst und ließ dabei offen, ob sie nun wusste, dass er ihre Seele für seine Göttin wollte oder ob er für Shirashai auf eine Nacht mit ihr verzichten würde oder beides. Es spielte auch keine Rolle. "Doch wie ich schon sagte: Du wirst meine Seele erst finden müssen. Denn ICH kann es nicht."
    Sie trank einen weiteren Schluck. Mehr mechanisch vollführte sie die Bewegung und betrat mit dem Glas in der Hand den Raum, den Brennan für seine Göttin bereitet hat. Das Lächeln ihrer Lippen erreichte ihre Augen nicht.
    "Ich verbringe die Nacht mit dir, wie ich schon viele Nächte verbracht habe." sprach sie in den Raum, ohne sich zu Brennan umzudrehen. "Ich gebe dir meinen Körper. Ich gebe dir …Wissen. Doch wenn du meine Seele willst…" ein Lachen erklang. Freudlos und klirrend hing es in dem Raum. "… suche sie. Liebe, was nicht geliebt werden soll. Behüte, was nur Verachtung verdient. Ich bin eine Valisar.“ Und damit war für Ta’shara alles gesagt, alles geklärt.
    Sollte er wirklich imstande sein, sie zu erwecken, den Fluch von ihr zu nehmen, würde ihre Seele, ihr Herz, ihr Leben ihm gehören. Gleich was seine anderen Belange waren, sie würde ihm folgen, seinen Weg zu dem ihren machen und ihn gemeinsam mit ihm beschreiten. Ohnehin war es zur Hälfte bereits ihr Weg. Shirashai. War Ta'shara nicht auch zugleich Ashaironi?


    Die junge Frau warf einen letzten Blick auf den Altarraum und ging zurück zu Brennan, der an der Wand lehnte. Sein nackter Oberkörper war eine Einladung, der Ta’shara augenblicklich nachkam. Sie küsste seine Brust, wanderte am Hals aufwärts und legte ihren Kopf in die Kuhle zwischen Schulter und Hals. Ihre Hand ruhte auf seine Brust, strich sacht darüber, spürte die Sehnen und Muskeln unter ihrer Hand. Sogar seinen Herzschlag spürte sie darunter. Doch ja, dachte sie zufrieden. Sie hatte schon unattraktivere Männer gesehen.
    "Zwischen mir und einem Mann stehen nur Verderben und Tod." Ihre Lippen suchten die seinen…

    Ta’shara folgte ernsten Blickes jeder seiner Bewegungen, vermeinte einen Hauch von Unsicherheit zu verspüren, ähnlich anderen Menschen, aber längst nicht so dominant. Sie hörte sein Lachen, seine ernste Stimme und die Halbvalisar spürte, dass er die Wahrheit sprach. In allem. Und sie erbebte innerlich unter seinen Worten. Sie selbst konnte nicht lügen; der Kodex würde es nicht gestatten und es lag ohnehin kein Sinn in falscher Rede – sie hatte noch einen jeden früher oder später eingeholt. Aber sie spürte deutlich, wenn andere die Unwahrheit sprachen. Dass er sie wollte war zu erwarten und sie würde ihm geben, was er wollte. Weshalb sonst war sie mit ihm gegangen? Allein sein Körper würde alle gegenteiligen Behauptungen Lüge strafen. Das war es auch nicht, was sie irritierte.


    "Du willst meine … Seele!?"
    Würde sie Überraschung empfinden können, genau diese würde man in ihrem Gesicht erblicken können. So aber sah sie Brennan nur unverwandt in die Augen: weiß-blauer Mondstein der in schwarzen Seen versank. Ta’shara fühlte die Hand des Mannes kurz an der ihren, bevor sie ihr Glas hob um ebenfalls von dem Wein zu kosten. Im Gegensatz zu dem Vogelhändler stürzte sie ihn nicht hinunter. Er war zu kostbar und auch wenn sie keinerlei Genuss dabei empfand, war ein solches Benehmen nicht akzeptabel, verstieß es doch ebenso gegen den Kodex, wie eine Lüge.
    "… meine Seele…" meinte sie schwermütig und schloss für einen sehnsuchtsvollen Moment die Augen. Ihr Makel, ihr Mal… ihre verwundbare Stelle; die einzige verwundbare Stelle!
    Wusste Brennan vielleicht doch, worauf er sich einließ?


    Nein. Seine nächsten Worte ließen eher vermuten, dass er nicht verstand, was sie war. Das Erbe ihres Vaters verleitete viele zu falscher Annahme. Doch Brennans Offenheit imponierte ihr. So hob sie das Glas und stieß an.
    "Auf die großen Wünsche…" meinte sie und trank einen weiteren Schluck.
    "Denn ein wahrlich großer Wunsch ist es, den du hegst. So etwas hat noch niemand je von mir gewollt." Nachgiebig war der Ausdruck ihrer Augen, beinahe sanft und still betrachtete sie den Vogelhändler noch einen Augenblick, ehe sie ihn anlächelte. "Ich schenke sie dir, Brennan Targo. Wenn du sie findest, soll sie dir gehören. NUR dir!!"

    Was für ein Moment! Was für eine Erkenntnis! Brennan schien tatsächlich imstande, nicht zu zerbrechen. Nicht, wie all die anderen Wichte, die in einem Anfall von Größenwahn betört waren von der Aussicht, eine Valisar bezwingen, sie vom Fluch Narions befreien zu können und kläglich gescheitert sind, weil sie keine Liebe für sie empfanden. Nicht wie all jene, die sich in ihrem Blick verloren, deren Seelengrund sie zum Erschüttern gebracht hatte und die auf ihrer immerwährenden Suche nach Erlösung gebrochen zurück geblieben sind.
    Nein! Dieser Mann hier war anders… stärker, sich seiner Selbst viel mehr bewusst und vor allem beherrscht! Er widerstand und das gefiel ihr und zugleich auch wieder nicht. Sie war nicht gewohnt, dass jemand ihr ebenbürtig war. Shirashai, murmelte sie leise. Sollte die dunkle Göttin mehr zu ihrem Schicksal beitragen, als ihr nur den Vater gesendet zu haben?
    Ta'shara machte einen Schritt zurück, als Brennan sie aus seiner Umarmung entließ und nach einem kurzen Moment sich eben jenem Rabenbild zuwandte, vor dem sie nur Augenblicke zuvor gestanden hatte.

    Sie schwieg. Beobachtete und schwieg. Erst als er wieder vor ihr stand, ihr das Weinglas entgegenhielt und einen Toast aussprach, ergriff sie ebenfalls wieder das Wort.
    "Was willst du Brennan, Jünger der Shirashai, Herr über die Vögel? Du bist nicht wie die anderen und trotzdem willst du scheinbar das gleiche." Ihr Blick bohrte sich in seine Augen. "Du denkst, ich sei eine falsche Schlange? Dann wisse, dass dies nur zur Hälfte der Wahrheit entspricht. Weißt du um die andere Hälfte? Was willst du?"

    Geschäftige Laute, mal hier mal da, ließen die Frau schmunzeln. Sie stellte sich gerade vor, dass Brennan etwas Ordnung schaffte, und vielleicht das ein oder andere achtlos hingelegte Kleidungsstück beseitigte oder einen Teller wegräumte. Ohne die Augen zu öffnen drehte sie ihr Gesicht in Richtung der Geräusche; ein Vorhang mal, der auf- oder zugezogen wurde… eine Tür, ein knisternder Holzscheit. Zuletzt forderte das leise Plop eines Korkens, der aus der Flasche gezogen wurde ihre Aufmerksamkeit. Ta’shara 'blickte' mit geschlossenen Augen in die Richtung, in der sie Brennan mit der Flasche vermutet. Und ein paar Gläser, wie sie gleich darauf feststellte.
    Als sie endlich die Augen wieder öffnete und sich aufmerksam umsah, fand sie beinahe alles so vor, wie sie vermutet hatte. Sogar die Art und Weise, wie der Vogelhändler sein Heim eingerichtet hatte, entsprach ihrer Vorstellung und harmonisierte mit dem Duft, den sie geatmet hatte. Leicht, angenehm, nicht überladen mit unnützem Plunder oder affigem Zierrat. Keine monströsen Hässlichkeiten an den Wänden, die einen mit ihrer Aufdringlichkeit zu erschlagen drohten und ebenso wenig zu viel der stickig-muffigen Staubsammler auf dem Boden. Das was sich ihr offenbarte, traf ihren Geschmack und die Halbvalisar nickte und zischelte zustimmend vor sich hin während sie sich erhob und zu der Rabenzeichnung ging um sie sich näher anzusehen. Sie achtete diese schwarzen Vögel. Zu groß zum Verspeisen und zu klug, wie sie fand. "Dieser hier ist ein prächtiges Tier."


    Zufrieden drehte sie sich um, und blickte anerkennend zu Brennan. "Gehört er dir?" Leise glitt sie über den Teppich zu ihm hin, nahm das Glas Wein aus seiner Hand entgegen und sah fest in seine Augen, wollte wissen, ob er den Schritt wagen würde und ihr standhalten konnte. Dass er mit seinem schiefen Grinsen gerade mehr wie ein kleiner Junge wirkte, machte ihn noch eine Spur anziehender. Ta’sharas kalte Augen senkten sich in Brennans und hielten seinen Blick fest während ein kleines Lächeln um ihre Mundwinkel spielte. "Hier gefällt es mir. Ich bleibe." murmelte sie sanft gegen seine Lippen.

    All ihre Instinkte schlugen Alarm. Ihre Mundwinkel zuckten unwillig im ersten Moment und Ta'shara stand kurz davor die Augen zu öffnen und sich gegen Brennans Griff zu wehren. Hart und widerspenstig schlug ihr Herz gegen ihre Brust. Alles in ihr wehrte sich gegen das Gefühl nicht Herr über ihr eigenes Tun zu sein. Und doch zwang sie sich, ruhig zu bleiben. Sie wollte wissen, endlich wissen, was die Menschen so wunderbar fanden daran, sich zu ergeben. Sich hinzugeben… aufzugeben. Und sei es nur für die Dauer eines winzigen Augenblickes. Die junge Frau atmete tief durch und ihr mit dem Wein vermischtes Blut bezwang bald ihre abwehrenden Gedanken und ließ sie leichter werden. So ließ die Halbvalisar es geschehen, dass Brennans Arme sie kraftvoll umfingen und er sie unbeschadet Stufe für Stufe über das Erdgeschoss hinweg bis hinauf in seine Privaträume trug.


    Doch konnte sie kaum verhindern, dass sie mit jeder anderen Faser ihres Körpers sich zu orientieren suchte. Den Kopf an Brennans Brust gelegt, sog sie nicht nur dessen Duft ein, sondern registrierte zugleich die etwas abgestandene kühlfeuchte Kellerluft viel deutlicher. Sie wurde wärmer, je höher sie stiegen und hinter ihren geschlossenen Lidern wurde es dunkler. Sie konnte den trockenen Vogelsand, das Körnerfutter, ja sogar die Vögel selbst riechen. Die Luft schmeckte schal nach ihnen, ihren Federn. In einem nahen Käfig plusterte sich leise eines der Tiere auf und fiederte sich wieder zurecht. Hätte Brennan auch nichts gesagt, sie hätte gewusst, dass sie den Laden erreicht hatten.


    Weiter ging es die Stufen hinauf. Holzstufen diesmal. Brennans Tritte hörten sich anders an, als auf der Kellertreppe. Wieder änderte sich das Licht hinter Ta'sharas Lidern, wurde erneut etwas dunkler, ehe ein leicht flackernder rötlicher Schein anzeigte, dass sie wohl einen Raum erreicht hatten, in dem ein Kaminfeuer brannte. Die Luft war warm und geschwängert vom Duft schwelender Holzscheite. In dem Moment zerstob ein Scheit leise knisternd. Fast glaubte sie die Funken hinter ihren Lidern sehen zu können, wie ein kleines Feuerwerk. Brennans Schritte klangen gedämpft. Ein Teppich lag auf dem Boden. Sie konnte ihn selbst unter ihren Füßen spüren, als der Mann sie sanft auf ein weiches Polstermöbel setzte. Der Raum duftete nach ihm. Herb, rauchig, verführerisch. Brennans Atem an ihrem Hals und seine Stimme ließen Ta'shara kurz erschauern. Während sie mit noch immer geschlossenen Augen auf Brennans Rückkehr wartete, knisterte die Luft voller Spannung wie das Feuer im Kamin...

    Der sanfte Hauch an ihrem Hals, der Arm, der leicht um ihre Hüfte lag, der Wein, vielleicht auch Brennans unbekümmerte Art, seine Augen… Ta’shara schüttelte leicht den Kopf; neigte diesen ein wenig und strich langsam mit der Hand über den Stoff des Wandbehangs. "Nein. Natürlich glaube ich das nicht."
    Ein Lächeln spielte um ihre Lippen. Was war nur einmal los mit ihr?? All dies, dem sie üblicherweise mit einem Wimpernschlag und ohne jegliche Regung widerstand, löste in dieser Nacht etwas aus, das ihr völlig unbekannt war. Etwas, das sie nicht einmal einordnen konnte, weil es viel zu lange her war, dass sie so etwas verspürt hatte: ein Gefühl?! Nein. Mehr die Ahnung eines solchen… weit, weit weg in ihrer Erinnerung. Und sie war ... klein, winzig. Gerade erst zur Welt gekommen und hungrig. Hungrig nach allem, was das Leben bieten konnte und erfüllte von einer tiefen Sehnsucht nach Nähe, Geborgenheit, Liebe. Kurz schloss Ta’shara die Augen. Ein leises Seufzen floh ihren Lippen und hing für einen Moment im Raum, bis es sie zurück brachte und sie erinnerte, wer, was sie war.


    … Wie kam sie nur bloß auf all dieses dumme Zeug? Ihre Mutter hatte ihr alles gegeben, was sie zum Großwerden, zum Starkwerden, zum Leben brauchte. Gefühle gehörten nicht dazu. Und doch: alles in ihr wehrte sich gerade machtvoll dagegen, die Augen zu öffnen und wieder die Valisar zu sein!
    "Bring mich nach oben." forderte sie und hielt die Augen geschlossen.

    Sie musste nicht lange überlegen: Sie kannte den Wein, den Brennan ihr bot, hatte bereits davon gekostet, als er noch jung von der Rebe war. Damals bereits ein exzellenter Tropfen. Der würde an Ort und Stelle bleiben! Ta’shara entschied, dass der Feenelfenwein eben so gut passte und deutete auf die entsprechende Flasche. "Lieber etwas Leichteres."
    Die Halbvalisar betrachtete im Licht der Muscheln den Mann, wie er erneut in die Hocke ging, den 1200er zurücklagerte und stattdessen eine andere Flasche zur Hand nahm. Irgendwas daran gefiel ihm offenbar nicht sonderlich, denn er verzog das Gesicht. Nur beiläufig kommentierte sie das mit einem "Ist etwas nicht in Ordnung damit?", denn derweil sah sich die Halbvalisar etwas genauer um. Für einen winzigen Augenblick blitzte ein Funke des Erkennens in ihren Augen als sie die schwarze Wandverkleidung entdeckte.
    "So huldigst du ihr also hier unten im Verborgenen. Oder verbirgt sich mehr hinter dem Vorhang?“
    Ta’shara wartete nicht erst auf die Antwort, sondern machte einen Schritt in Richtung Wandbehang.

    "Sie stören mich nicht, die Vögel." meinte Ta'shara schulterzuckend. Genau genommen waren sie ihr gerade egal. Zwitschern oder nicht zwitschern. Fliegen und Flattern oder eben nicht. Sie war hier, weil sie es wollte und weil Brennan es wollte. Sie hatte vor niemandem etwas zu rechtfertigen und sie hatte gewiss nicht vor, hier wie ein Dieb herum zu schleichen, nur damit die Tiere ruhig blieben. Ta'shara lachte leise. Nicht heute jedenfalls. Und für ein eventuelles anderes Mal, wusste sie nun, dass sie ganz bestimmt NICHT den direkten Weg durch die Ladentür nehmen und auch ansonsten auf alles glockig Klingende achten würde.


    "Dir vertrauen?"
    Die junge Frau betrachtete den Jünger der Shirashai eingehend. "Nein. Keineswegs." entgegnete sie kopfschüttelnd und bewegte sich geschmeidig auf ihn zu. Schlangengleich legten sich ihre Arme um den Nacken des Mannes und Ta'shara streifte sein Ohr mit einem sanften Kuss. Sie wusste, dass er sie wollte. Sie konnte es spüren! Am liebsten jetzt und hier. Aber sie wollte auch noch anderes. Sie wollte um so vieles mehr! Sie wollte...
    Der Blick der Halbvalisar war dunkel auf den Vogelhändler gerichtet ehe sie sich wieder löste und ihn anlächelte. "Lass uns von dem Wein kosten." sagte sie und drehte sich Richtung Kellertreppe.