„Eine Umarmung…“ Ein dunkles Schmunzeln huschte über Tamars Lippen. „Nein, so anspruchsvoll bin ich nicht. Mir hätte eine schlichte Verabschiedung vollauf genügt.“
Sie zwinkerte lächelnd. Dann dachte sie einen Augenblick lang über sein Angebot, seinen Namen preiszugeben, nach, und spielte dabei gedankenversunken mit dem Ring an ihrem Finger. Sie wollte gerade antworten, da fuhr die Verkäuferin ihren Gesprächspartner an.
Ihr Kopf wandte sich beinahe automatisch der Frau zu. Tamar sah sie verblüfft an. Man musste annehmen, dass es die Unhöflichkeit der soeben gehörten Worte war, welche sie dazu verleitete, beinahe mit offenem Mund die Frau anzustarren. In Wirklichkeit war die Tochter eines Händlers erstaunt über derart kontraproduktive Verkaufsstrategien. Sie musterte die Frau gering schätzend. Leise atmete sie einmal tief ein und aus, bevor sie das Wort erhob.
„Entschuldigt bitte, aber Ihr unterbrecht unser Gespräch.“ Meinte sie sehr bestimmend und wandte sich dann wieder Ascan zu. „Wo waren wir? Achja, Ihr wolltet mir Eur…“
Sie kam nicht dazu, ihren Satz zu beenden. Die Verkäuferin sprach sie an, nachdem sie sich von der höflichen Abfuhr erholt hatte.
„Dann solltet Ihr Euer Gespräch andernorts fortsetzen, um Platz für andere…“ Und bei den nächsten Worten sah sie ganz eindeutig die Hand an, welche Ascan auf dem Verkaufstisch platziert hatte. „Ehrliche Kunden zu machen.“
Im Bruchteil einer Sekunde hatte sich Tamar der Frau zugewendet. Es war unübersehbar, dass ein kalter Zorn in ihr aufstieg, als sie die Verkäuferin mit ihrem Blick geradezu an die Rückwand des Standes presste. Selbst Ascan musste auffallen, dass sie sich schlagartig verändert hatte. Etwas Grausames lag in ihrem Blick. Mit einem Mal war die Stille bis zum Zerreißen angespannt, und obwohl neben ihnen das bunte Markttreiben weiterging, so hätte man hier eine Stecknadel fallen hören. Die Verkäuferin schluckte.
Tamars Stimme war kalt und herablassend, als sie die Stille wie eine Klinge durchschnitt. „Ihr solltet lieber dankbar sein, dass sich jemand für Euren Plunder hier interessiert, anstatt infame Unterstellungen herumzuschreien, alte Schachtel.“ Jedes ihrer Worte war klar und Hart wie ein Messerschnitt. „Ich unterhalte mich mit wem ich will und wo ich will. Und ich schwöre Euch, wenn Ihr noch einmal mich oder meinen Freund hier der Unehrlichkeit bezichtigt, dann werdet Ihr das bitter bereuen. Habe ich mich klar ausgedrückt?“
Die Verkäuferin nickte stumm. Sie schien tatsächlich Angst bekommen zu haben. Auch Tamar nickte, und obwohl sie ihrem Ärger Luft gemacht hatte, leuchteten ihre Augen immer noch gefährlich dunkel. Sie wandte sich wieder Ascan zu. „Kommt, wir gehen.“ Forderte sie ihn energisch, jedoch ohne den boshaften Unterton in der Stimme, auf.