So sei es – was jedoch nicht bedeutete, dass Zarasshin sich auch aufmuntern ließ zu antworten.
Wasser schadete niemandem, auch Jonos würde ein Bad nicht schaden.
Zudem: ein Wort veränderte das Verhältnis zu einem jeden Ding, ein Wort konnte alles zerstören oder retten, eine Truhe feuerte die Fantasie an, was deren Inhalt wäre – mit einem Wort könnte sie seine Sorgen beschwichtigen. Gerüchte starten mit einem Wort oder es werden Kriege damit begonnen. Es hatte für sie wenig an Bedeutung, ob der Inhalt der Truhe beschädigt, zerstört oder heil bliebe; eine Warnung war hier aus seinem Mund unangebracht, auch schnell als unbedeutendes Geplapper abgetan, eine Warnung verhieß, dass es zerbrechlich sei und von Wert. Ohnehin entkam nichts heil ihrer Gewalt, selbst wenn es seine Unschuld bewahrte. Gönnte sie sich die Schlucke eines unbekannten Gifts in seinen Worten und wusste, dass sich ihr bereits die Ehre aufwarf und den Stolz wölbte, um darüber aufzubegehren, was es Yassalar zu sein hieß.
Ihr Weltbild war ja ein ganz anderes; die Werte und Ideale, das Verzeihen und die Verantwortung zu tragen, waren ganz Erzeugnisse der Trockenen, der Elfen und der Menschen und der verabscheuungswürdigen Mira'Tanar, die sich derart unterwarfen, erdachten und bestimmten von diesem ... so auch die Liebe und der Hass, ganz nach Bedürfnissen erschaffen, lagen sie nicht irgendwo für sich alleine, sondern waren ganz an die Fremden gebunden, die Yassalar glaubte sich durchaus davon befreit. Keine Erinnerungen, kein Reuen. Nur die Zukunft. Sie brauchte seine Warnungen also nicht.
Ihr Blick ruhte in seinem, weil sie ihn eingefangen hatte, die Stille ruhte jäh einer Anwesenheit gleich zwischen ihnen – warum willst du tiefer forschen? Nichts wirst du finden. Fortuna atmete nicht, wo sie stand.
Mit steinernem Gesicht besah sie sein Aufladen des Gewichts. Sie regte die Beine, um den eisernen Ring um die Brust zu zersprengen, verflucht, die Luft schmeckte nicht nach Vergeltung, sondern nach Aufbruch. Zarasshin lud zum Gehen ein, indem sie sich dem etwas helleren Ausgang zu wandte, auf dem sich kreisend das Dunkel spreizte, da, wo das Licht versickerte. Sie wollte nicht, dass ihr erschreckend zu Bewusstsein kam, dass Ascan etwas absichtlich für sie zurückgelassen hatte … geh hin und lass dir von den Wellen ein paar Ohrfeigen geben und alles wird gut sein. Es war ein herbeigesehntes Bild vor ihren Augen, das sie dessen ungeachtet nüchtern besah und die Yassalar befand, dass es längst nicht mehr so überwältigend war wie einst, als habe es die Macht die Sehnsucht nach ihm zu beschwören auf einmal eingebüßt. Das Barometer ihrer Hoffnungen war über die Zeit hinweg gefallen. Es waren sie bedrückend weh: ihre Hände, ihre Haut, ihre Kehle. Es wäre gelogen, wollte sie behaupten, dass es sie unberührt ließ – wohl aber auch auf ganz andere Art. Sehnsucht danach für diese Gefühle Ascan den Dolch im Herz zu drehen und Missmut vergiftete ihr ihre Bewegung. Dies hier tat sie nur für sich, einen Schlussstrich zu ziehen, die Gefühle mit der Truhe tiefer zu begraben als sie je getaucht war. Sanfte Ergebenheit entstellte ihre gefrorenen Züge und die Entscheidung bebte ihr durch den Leib, wo die Lippen alles erzittern ließen – und wenn sie dabei durch den Druck erdrückt werden würde.
Sie ging gebremst weiter, damit er würde folgen können mit der Last, ließ einen zischenden Laut entrinnen, der sich wie ein Knoten in ihrer Kehle löste, der alles enthielt, was Zarasshin zuwider war. Damit wandte sie sich zu Jonos um. „Wir gehen zum Hafen“, teilte sie ihm ihre Entscheidung mit und ihre Hand beschrieb einen unwirschen Bogen, nun doch hingerissen zu einer Antwort. Er war naheliegend dem Händlerviertel. „Der Wasserschaden wird euch alle ereilen, wenn die Kuppel bricht.“ Und Zarasshin zeigte grinsend ihr spitzes Gebiss.