Eine letzte Hürde? Gedanken kreisten im Kopf der jungen Nymphe. Welche Hürde? Und er wollte an die Oberfläche? Ein leichtes Zittern durchlief ihren zierlichen Körper, eroberte jeden Millimeter ihrer Haut mit einer Gänsehaut für sich, schloss sich wie eine Faust um ihr Herz. Vanilleduft eroberte die Luft im Tempel, durchtränkte sie mit einer schwere die Kyleja selbst nicht gekannt hatte. Und das löste ein Syreniae in ihr aus, den sie nicht einmal richtig kannte und dennoch um keinen Preis verlieren mochte.
Nein!
Er durfte sie nicht verlassen, er konnte nicht. Nicht jetzt. Nicht bevor sie ihn kennen gelernt hatte, bevor sie ihn verstehen gelernt hatte. Nicht bevor sie wusste was ihre Träume bedeuteten, was Minaril bewogen hatte ihn in ihr Leben zu bringen, bevor sie herausgefunden hatte wie sie, Kyleja, selbst zu ihm stand.Doch plötzlich war da noch etwas, ein innerer Drang ihm zu helfen. Sie wollte ihm helfen alles Negative hinter sich zu lassen, selbst wenn es bedeutete ihre eigenen Wünsche hinten an zu stellen. Auch wenn es vielleicht ein Lebewohl für immer bedeuten würde. Doch vielleicht, vielleicht flüsterte eine leise Stimme in ihr, würde er ja bleiben, für sie.
Wie von selbst hob sich ihre Hand, fuhr die Konturen seines Gesichtes nach, folgte der feinen Narbe über sein Gesicht. Glitt langsam seinen Hals hinab, fuhr seitlich über seine Brust zu seiner Schulter, zeichnete Rankenmuster auf seinen Arm und schliesslich verschlossen sich ihre Finger mit den seinen.
„Ich habe nie richtiges Sonnenlicht gesehen, ich weiss also nicht wie sehr es sich von unserem Unterscheidet. Aber vielleicht kannst du, Ascan, mir erklären wie sich die echte Sonne auf deinem Gefieder anfühlt“, sanft liebkoste ihr Daumen seinen Handrücken, während ihre Augen sich nicht von seinen lösen konnten. Langsam zog sie ihn rückwärst in Richtung Ausgang.
„Ich werde mein Möglichstes tun um dich die echte Sonne wiedersehen zu lassen, das verspreche ich dir bei meinem Glauben an Minaril, Träume sind da um wahr gemacht zu werden“, Die zweite Hand hob sich zu seinem Gesicht und strich eine Haarsträhne zur Seite.
„Doch ich möchte dir zeigen, wie man unter unserer Sonne entflammt und die Nächte endlos werden lässt… Vertraue und folge mir“, Ihr Stimme war sanft, ein Hauch der um seine Ohren strich um ihn zu betören. Ihre Worte waren Schwur und Verheissung, Lust und Liebe, und trotzdem bargen sich darin Geheimnisse die nur eine Nymphe kannte, Gefühle die nur eine Nymphe fühlen konnte, Ängste und Freuden die nur eine Nymphe mit ihm teilen konnte.
„Nur ein einziges Mal, Ascan… Bitte“, Fest blickte sie ihm in die Augen. Unerbittlich, bittend, fragend, lieblich und auch schüchtern, dennoch so entschlossen wie keine Zweite es in diesem Moment sein könnte.
Abwartend hielt sie inne, die Tür nur wenige Schritte hinter sich. Die Möglichkeiten im Geiste und sowohl den süssen Geschmack des Triumphes als auch den bitteren der Enttäuschung auf der Zunge. Wartend darauf was er, der Rabe, nun tun würde.