In der Schule

  • Es war einige Tage her, seit Ayala die Schule der blitzenden Klingen verlassen hatte. Ihr Prüfungskampf war auf sehr merkwürdige Weise unterbrochen worden, und sie hatte zunächst überhaupt nicht gewusst, was sie davon halten sollte. Sie hatte gar mit dem Gedanken gespielt, lieber zu dieser Schule nicht mehr zu gehen und einen anderen Weg zusuchen, ihre Fechtkünste zu vervollkommnen. Aber jetzt stand sie schon wieder vor dem Gebäude mit dem großen Garten un der hohen Mauer darum. Das eiserne Tor war anders als bei ihrem letzten Besuch verschlossen, und eine Weile stand sie unschlüssig davor. Das Ganze wirkte wenig einladend, und Arvanor Shet'Akil hatte bei dem Abschied damals kein Wort davon verlauten lassen, wie es weitergehen sollte. Doch sie war sich hundertprozentig sicher, dass ihre Bestimmung hinter diesem Tor lag, oder vielmehr in dem, was sie hinter diesem Tor lernen konnte. Ein merkwürdiges Kribbeln durchlief sie, als sie den Griff ihres schlanken Säbels fester packte und an das Tor klopfte. Jetzt umzukehren und wegzugehen würde bedeuten, eine Chance zu vertun, das zu werden, wozu sie geboren war.

  • Ayala konnte von Weitem die Geräusche eines Kampfes vernehmen. Ihr Katzenartiges Gehör war da von großem Vorteil. Ein kleiner Junge kam den Weg entlang und sah die Besucherin, die vor dem Eingang stand. Ohne zu fragen, öffnete er die Tür mit einer kleinen Geste seiner linken Hand. Täuschte sie sich oder war der Junge für einen Moment durchscheinend? "Keine Angst, ich tue Dir nichts. Ich schaue nur wer hier hinein will. Es gab in den letzten Tagen einige Probleme mit übermütigen Schülern einer anderen Schule. Aber Arvanor hat ihnen eine ordentliche Tracht Prügel mit dem Spazierstock verpaßt." Der kleine Junge machte eine einladende Geste und wartete auf Ayalas Reaktion.

  • Ayala sah den Jungen einigermaßen überrascht an. Er tue ihr nichts? Das hatte sie eigentlich auch weniger befürchtet. Sie sah ihn etwas genauer an - und lcähelte dabei gewinnend - und traute ihren Augen nicht. War er tatsächlich für einen Moment durchscheinend geworden? Sie musste sich getäuscht haben... über den Kampflärm, der an ihr Ohr drang, konnte sie sich allerdings nicht täuschen. Nun, wahrscheinlich übte wieder jemand im Kreis der Meister. "Vielen Dank.", antwortete sie schließlich und sah den Jungen ernst an. "Ich werde auch keinen Ärger machen - von Arvanor mit dem Spazierstock verprügelt zu werden ist ungefähr das Letzte, was ich möchte. Mein Name ist Ayala, Tochter des Tangalur. Ich war vor ein paar Tagen schonmal hier. Darf ich...?" Sie interpretierte die Geste des Jungen als Einladung, das Gelände zu betreten und ging an ihm vorbei durch das Tor, um dann aber wieder stehenzubleiben und ihm die Gelegenheit zu geben, vorzugehen. Wenn er hier sowetwas wie ein Empfangschef war, so war dies ein Gebot der Höflichkeit.

  • "Ich weiß, dass Du hier warst. Zusammen mit der Yassalarkriegerin und später kam ein Elf zu Pferde hinzu. Die Kreise fielen für einen kurzen Moment aus und ich sah mich genötigt meine Privatsphäre zu schützen. Schließlich ist dies ursprünglich mein Haus gewesen. Ich habe eine, für euch Sterbliche, angenehmere Form gewählt. So sah ich aus, als ich klein war..." Der kleine Bursche liess die Worte für einen Moment wirken. Dann verschwand er einfach aus der Sicht von Ayala, so als ob er gar nicht existiert hätte. Das Tor hatte sich derweil lautlos geschlossen.

  • Ayala pfiff leise durch die Zähne, nachzdem sie sich von ihrer Überraschung erholt hatte. Derselbe Geist wie letztens also. Nungut, wenn er ihr wirklich übel gesonnen wäre, so hätte sie das bestimmt schon zu spüren bekommen. Mit Schaudern dachte sie daran, was dieser Yassalar, Zarasshin zugestoßen war. Sie selbst aber hatte bestimmt nichts getan, um die Privatsphäre dieses Geistes zu verletzen, also beschloss sie, sich nicht zu fürchten. Sie musste sogar leise lachen. Eine Form, die für sie angenehm war? Nun, als er ihnen vor ein paar Tagen erschienen war, als junger Mann, hätte man seine Gestalt auch durchaus als angenehm bezeichnen können. Nun aber hatte er sie einfach stehen lassen. Aber da er sie überhaupt erst hereingelassen hatte, schien ihre Anwesenheit nicht unerwünscht zu sein, zumindest beschloss sie, das anzunehmen. Also ging sie den Weg entlang, auf den Kreis der Meister zu, wie beim letzten Mal.

  • Schon von Weitem konnte Ayala das äußerst rege Treiben im Kreis der Meister begutachten. Arvanor befand sich in der Mitte des Kreises. Um ihn herum kreisten vier humanoide Kämpfer. Jeder war in dunkle Kleidung gehüllt und sie alle hielten leicht gekrümmte Schwerter in ihren Händen. Arvanors Augen waren geschlossen, so als ob er sich auf etwas konzentrierte.Dann ging Alles auf einmal Schlag auf Schlag. Er machte einen fast nicht sichtbaren Ausfallschritt in Richtung des Kämpfers, der ihm am Nächsten stand. Seine Klinge, es war sehr schmale, scheinbar flexible Schwertklinge, durchbohrte das Ziel spielerisch elegant. Die drei anderen Kämpfer griffen an aber ihre Klingen liefen ins Leere. Arvanor umkreiste jetzt selber seine Kontrahenten. Sein Kampfstil wirkte auf die Beobachterin wie ein Tanz. Ein Schritt nach Vorne, ein Stoß mit dem Schwert, eine Drehung um die eigene Achse, wieder ein geradliniger Stich, so schnell ausgeführt, dass man die Bewegung schon quasi als unsichtbar bezeichnen konnte. Und zum Finale bekam der letzte Gegner einen regelrechten Wirbelangriff ab. Die Klinge in Arvanors Linken schoss ein Dutzend Male auf den Gegner, der gar nicht mehr reagieren konnte und sich dann auch auflöste. Dann entspannte sich der Klingentänzer.


    "Seid gegrüßt werte Ayala. ich hoffe, ihr habt gut zugeschaut, denn eines Tages könnt Ihr das eventuell auch!"

  • Ayalas Augen glänzten, als sie den Kampf beobachtete. Dies hier ging weit über alles hinaus, was ihr Vater sie hatte lehren können, und ihr Vater war immerhin einer der besten Kampftänzer ihres Clans gewesen, wenn nicht sogar der beste. Aber Arvanors Kampfstil - der ging über jedes menschliche Maß hinaus, sogar über jedes Maß der Cath'Shyrr, die durch die Eleganz ihrer Bewegungen tödliche Kämpfer sein konnten. Und sie spürte noch etwas anderes, etwas, das ihr Blut zum Singen brachte. Unwillkürlich folgten ihre Glieder den Bewegungen des Klingentänzers, ohne seine Schnelligkeit erreichen zu können, aber etwas an diesen Drehungen und Wendungen, die fast Tanzschritte waren, kam ihr so vertraut vor, als hätte sie sich ihr Leben lang schon so bewegt. Fast meinte sie die Musik zu hören, zu der dieser Tanz getanzt wurde. In diesem Moment sehnte ihr Herz sich nur nach dem einen, ebenso tanzen zu können, schwerelos, elegant und tödlich.


    Als der Kampf vorrüber war und Arvanor auf sie zukam, leuchteten ihre Augen noch immer, und ihre Lippen waren in einem Lächeln leicht geöffnet. "Könnt Ihr mich das lehren, Meister Arvanor?", fragte sie leise, und es war eines der wenigen Male, wo sie ihre übliche Maske aus Ironie und leichter Überheblichkeit abgestreift hatte. Ihr Blick hing immer noch an dem Kreis der Meister, der jetzt leer vor ihr lag und ihr vor Kurzem ein solches Schauspiel geboten hatte. Dann jedoch kehrte sie in die Gegenwart zurück und blickte den Klingentänzer an. "Das war mehr als bemerkenswert, Sir. Ich habe wahrhaftig schon so manchem eleganten Kämpfer zugesehen und von den besten von ihnen gelernt, aber niemand könnte Euch auch nur im Entferntesten das Wasser reichen. Es... gibt ein Geheimnis hinter Eurer Art zu kämpfen, nicht? Fast hatte ich das Gefühl, ich könne es spüren."

  • Arvanor lächelte. "Einfach Arvanor reicht mir völlig meine Verehrteste. Jeder kann sich ein Meister nennen, aber dass ist doch nur ein Wort, ein Titel, genauso wie mein Status als Adliger. Ich blute genauso wie jeder andere Bewohner dieser Insel." Der Adlige machte eine kleine Pause. "Nun, man muss viel üben. Hartes körperliches Training kombiniert mit mentalen Übungen um die inneren Kräfte des Geistes hervorzubringen und somit den Geist über den Körper siegen lassen. Mehr ist das nicht, jedenfalls sagen die Elfen das in ihren alten Büchern immer wieder gerne. Naja Spitzohren halt. Anstatt ihre geheimniskrämereien zu lassen, versuchen sie ihr Gegenüber mit weisen Sprüchen zu verwirren. Dabei ist das alles nur ein Test, wie ausdauernd man ist. Denn wer nur beharrlich seinem Weg folgt, kann auch das Ziel erreichen!"


    Arvanor deutete auf das Hauptgebäude der Fechtschule. "Gehen wir rein. Es muss ja nicht jeder mitbekommen, was ich rede. Sonst hält man mich nachher noch für verwirrt.Und das möchte ich meinem alten Herren und seinen langjährigen Geschäftsfreunden wahrlich nicht antun. Aber um es kurz zu machen, ja es ist etwas Besonderes so zu kämpfen. Es ist meine persönliche Magie und nur Auserwählte können sie erlernen."

  • "Nun, wie ich feststellte, gibt es genug Menschen, die auf dieses eine kleine Wörtchen sehr viel Wert legen, Arvanor." Ayala lächelte, während sie seiner Aufforderung nachkam und ihm ins Hauptgebäude der Fechtschule folgte. Ihre Gedanken waren jedoch bei seinem letzten Satz. nur Auserwählte können diese Magie erlernen. War sie auserwählt? Könnte diese merkwürdige Empfindung, dieses Gefühl der Vertrautheit, als sie Arvanor kämpfen sah, dies bedeuten? Nun, es gab vermutlich nur einen, der ihr das sagen konnte, und zwar Arvanor selbst. Demzufolge klang sie auch ein wenig selbsbewusster, als sie sich in diesem Moment fühlte. "Aber Ausdauer und Beharrlichkeit, nun, das habe ich gelernt. Mag auch die Art der Kampftänzer nicht magisch sein, so ist die Ausbildung doch auch, wie ihr sagt, von hartem körperlichen und geistigem Training gezeichnet. Ich weiß nicht, ob ich auserwählt bin, Eure Magie zu erlernen, ich weiß nur, dass an Eurer Art zu kämpfen etwas mir seltsam vertraut war - obwohl ich dergleichen noch nie gesehen habe."

  • Arvanor nickte, während er Ayala ins Gebäude führte. "Ja ich kenne leider genug solcher Leute. Zum Glück sind nicht alle so, sonst hätte ich wohl schon längst versucht, die Insel zu verlassen." Er schloss hinter Ayala wieder die Tür. Der Geist des Hauses huschte kurz vorbei, dieses Mal in der Gestalt eines älteren Mannes mit gepflegtem, langen Haar, welches zum Zopf gebunden war. Ein gut getrimmter, ebenfalls ergrauter Bart, zierte das Gesicht. Er lächelte, dann verschwand er einfach, löste sich buchstäblich auf.


    "Ich bin mir definitiv sicher, dass es bei Euch nicht an den körperlichen Fähigkeiten scheitern würde. Eure natürliche, angeborene Agilität macht Euch zu einem idealen Kandidaten. Ihr müßt nur euren animalischen Teil kontrollieren, dann könnte es eventuell klappen. Aber sagt mir, was wißt Ihr über die Elitekämpfer der Elfen? Den Klingentänzern, die vor langer Zeit vernichtet wurden."

  • Ayala lächelte ein Raubtierlächeln, das ihre spitzen Eckzähne entblößen. "Ihr verlangt von einer Raubkatze, ihren animalischen Teil zu konmtrollieren? Arvanor, das ganze Wesen der Kampftänzer ist Kontrolle... die Raubkatze in mir ist es, die mir im Kampf Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit verleiht, aber nur, wenn es mir gelingt, meine Triebe unter Kontrolle zu halten. Ich habe das gelernt. Ich gehe zwar davon aus, dass Ihr auch diese Kunst in einer Perfektion beherrscht, die von keinem Kampftänzer erreicht wurde, aber ich weiß, was Selbstbeherrschung bedeutet..."


    Die Cath'Shyrr unterbrach sich und sah erstaunt zu dem geist hinüber, doch dann erwiderte sie sein Lächeln und deutete eine leichte Verbeugung an. Wahrscheinlich war es wieder der gleiche Geist, der ihr nun schon zum dritten Mal erschien, nur dass er diemal wieder eine andere Gestalt gewählt hatte. Ehe sie ihn aber ansprechen konnte, war er auch schon verschwunden. Ayala zuckte kurz mit den Schultern zund wandte sich wieder Arvanor zu. "Von den Klingentänzern aber habe ich noch nie gehört. Nach dem, was ich hier in der Fechtschule schon gesehen habe, vermute ich jetzt, dass sie diese Elfen sind, die den Kreis der Meiter erfunden haben, das ist aber auch schon alles. Überhaupt muss ich sagen, dass ich mich mit dem Volk der Elfen bisher eher weniger beschäftigt habe." Ein Ausdruck wacher Neugierde trat in Ayalas grüne Augen. Das Wort Klingentänzer klang verheißungsvoll. "Stammt Eure Magie von ihnen? Und wenn ja, wie konnte es passieren, dass sie alle vernichtet wurden?" Zu der Neugier in ihrem Blick kam jetzta uch noch etwas wie nachdenkliche Aufmerksamkeit. "Und wenn sie vor langer Zeit vernichtet wurden, wie habt Ihr dann diese Kunst erlernt?"

  • Arvanor zog einen kleinen Kristall aus seiner Hosentasche. Er war an einem silbernen Kettchen befestigt. Ayala konnte eine Gravuren und Schriftzeichen in einer wunderbar geschwungenen, feinen Schrift erkennen. Die Person, die diese Verzierung in den Kristall eingearbeitet hatte, mußte ein Könner gewesen sein. Arvanor zog die Kette an. Währenddessen führte er seinen Gast weiter durch die Schule. Vor einer Tür am Ende des Ganges blieb er stehen. "Nun, ich sehe, Ihr interessiert Euch wirklich dafür. Also werde ich Euch von den Elfen erzählen, den alten Elfen, der Bruderschaft der Klingentänzer, ihrer Nemesis, den Klingend er Nacht und ihrem Niedergang." Arvanor pausierte für einen kurzen Moment. "Und ich werde Euch auch von einem adligen, scheinbaren Nichtsnutz und Frauenheld berichten, der auszog in die Ferne um einer Legende nachzugehen. Einer Legende, welche er auch fand und die ihn fast tötete. Ja und die Geschichte wird auch noch weitergehen. Sie wird davon berichten, wie dieser Abenteurer eine Mission erhielt und welche Mühen er aufnahm um einen alten Traum zu neuem Leben zu erwecken." Er öffnete die Tür. Ein dunkler Raum, für Ayalas Katzenaugen aber war alles deutlich zu erkennen. Ein Kreis, wie sie ihn schon einmal gesehen hatte, mit einer kleinen Besonderheit, es fehlte dieses seltsame Pult mit dem man den Kreis bediente. Um den Kreis herum waren Sitzreihen an der Wand angebracht aus schwerem Holz, selbst ein Tritone würde sich mühelos daraufsetzen können. Arvanor stellte sich in den Kreis. "Nun Ayala, ich hoffe, Ihr habt etwas Zeit mitgebracht. Die GEschichte ist lang!"

  • Ayala sah sich in dem Gebäude um, soweit es ging, während Arvanor sie hindurchführte, aber es gab eigentlich keines seiner Geheimnisse preis. Dass es sich um ein ehemaliges Herrenhaus handelte, war schon von draußen ersichtlich gewesen. Eins nur erregte ihre Neugier - ein feines Kettchen, welches Arvanor sich überstreifte. Es sah nach meisterlichem Handwerk aus. Aber fragen mochte sie danach nicht, also blieb sie stumm, bis der Klingentänzer sie ihn einen Raum führte, der fast dunkel war. Ihre Augen hatten jedoch keine Probleme, sich an die Lichtverhältnisse anzupassen. Ruhig sah sie sich um. Sitzreihen wie in einem Theater, eine Konstruktion, ähnlich der dem Kreis der Meister - ob es auch hier magische Geheimnisse gab? Zunächst jedoch wollte Arvanor lediglich eine Geschichte erzählen, eine Geschichte, auf die sie sehr gespannt war. Auf seine Frage lachte sie leise. "Ich habe genug Zeit mitgebracht. Und Eure Geschichte interessiert mich wirklich sehr. Also, ich bin ganz Ohr..." Sie lächelte leicht und suchte sich dann einen der riesigen Sitze aus. Mit unter den Körper gezogenen Beinen machte sie es sich darauf bequem und sah Arvanor erwartungsvoll an.

  • Arvanor nahm Platz und machte es sich so bequem wie es nur irgendwie ging. "Nun, die Klingentänzer. Eine Bruderschaft, bestehend aus den besten elfischen Schwertkämpfern aller Völker der Elfen. Eine Waffe geschmiedet aus Not und Verzweiflung. Nun Ayala hört die Geschichte des Klingentanzes." Und Arvanor begann zu erzählen. (siehe Kompendium auf der Homepage)

  • Ayala hatte der Geschichte gespannt und aufmerksam gelauscht und war dabei so konzentriert gewesen, dass sich ihre Empfindungen klar auf ihrem Gesicht gespiegelt hatten - etwas wir Wärme und, ja, ZUneigung, wann immer die Rede auf die Klingentänzer kam, Abscheu, wenn Arvanor von den Klingen der Nacht erzählte. Als er vom letzten Kampf dieser beiden Orden auf dem Schiff erzählte, entfuhr ihr unwillkürlich ein Seufzer. Als die Rede auf die Schwarze Rose und Sarandir kam, horchte sie auf. Konnte das wirklich ein Zufall sein? Zumindest wollte es ihr im Nachhinein wie ein Wink des Schicksals erscheinen, dass sie ausgerechnet von Sarandir ausgerechnet auf die Suche nach der Schwarzen Rose geschickt worden war. Auf dem Hintergrund dessen, was sie erfahren hatte, war es aber nochmal fraglicher geworden, ob sie die Schwarze Rose wirklich an den Adeligen verraten würde. Zumindest musste sie diese legendäre Diebin erstmal kennenlernen, bevor sie sich in dieser Sache entschied. Und sie entschschloss sich, Arvanor erstmal nicht darauf anzusprechen.


    Nachdem Arvanor geendet hatte, erhob die Cath'Shyrr sich von ihrem Sitz und ging nachdenklich in dem Arenarund auf und ab. Die Erzählung hatte die eine oder andere Frage aufgeworfen. "Gibt es auch hier unter dem Meer Klingen der Nacht?", fragte sie schließlich. "Wenn der, hm, Geist der Großmeister der Klingentänzer überlebt hat, könnte doch auch etwas vom Geist der Nachtklingen den Untergang Beleriars überlebt haben. Es wäre eine... beängstigende Vorstellung. Aber... andererseits, könnte man nicht sagen, dass die Klingentänzer ebenfalls eine Göttin, Eridne, auf ihrer Seite haben? Und... ich frage mich...", Ayala zögerte ein wenig, "...ob nicht einer der Klingentänzer, die auf der Oberwelt geblieben sind, seinen Weg zu meinem Volk gefunden hat. Es gibt tatsächlich Legenden, dass die Fechtkunst der Kampftänzer auf einen seltsamen Lehrer mit silberfarbener Haut und ebensolchen Haaren und Augen zurückgeht, der kein Cath'Shyrr war. Sein Name war Antaraleon. Ob die Legende wahr ist, kann natürlich keiner mehr beweisen. Aber ich habe in der Stadt viele Elfen mit leicht silberner Haut gesehen." Ayala verstummte. Es war sicher ,öglich, dass einer der versprengten Klingentänzer ihren Clan einst unterwiesen hatte, aber ob das auch wirklich so war?

  • Arvanor fuhr mit der rechten Hand durch sein Haar. "Nein, es gibt keine Klingen der Nacht hier unten auf der versunkenen Insel. Jedenfalls kein lebendiges Mitglied aus Fleisch und Blut, soweit ich weiss. Nur würde ich es sogar begrüßen, wenn es noch jemanden dieses dunklen Assassinenordens geben würde, es wäre für mich eine Herausforderung." Arvanor machte eine kleine Pause in seiner Antwort und schaute nachdenklich aus einem der Fenster. "Da mehr als genug Klingentänzer vor dem Untergang der Insel auf der Oberwelt herum reisten, könnte es mit großer Sicherheit sein, dass einige von ihnen zu Fechtlehrern wurden und ihr Wissen weitergaben. Aber wir haben auch erfahren, dass viele dieser Männer und Frauen von den Klingen der Nacht ausgelöscht wurden. Die Klingentänzer sind ausgelöscht und selbst bei ihrem eigenen Volk in Vergessenheit geraten. Es hat nie mehr einen Elfen gegeben, der so geschickt im Schwertkampf gewesen ist, wie der Gründer des Ordens. Aber das will ich ändern, dass habe ich schließlich geschworen!"

  • Es war also möglich. Ayala beschloss, an dem Glauben, die Kampfweise der Kampftänzer ginge auf die Klingentänzer zurück, festzuhalten. Der Elf, Antaraleon, war schon lange verschwunden, und die Sagen berichteten nicht, was aus ihm geworden war - nur dass er in einen Kampf gegen einen mächtigen Gegner gezogen war. Und so würde sich die Wahrheit in den Legenden der Cath'Shyrr von Tangalurs Clan nie ergründen lassen. Andererseits waren diese Legenden auch kaum zu widerlegen. Andererseits lohnte es jetzt auch nicht, stundenlang darüber nachzugrübeln.


    "Nun, Arvanor,", stellte sie daher die Frage, die sie im Moment am drängensten berührte, "und werdet Ihr mir erlauben, Euch bei der Erfüllung dieses Schwures zu helfen - die Klingentänzer zu neuem Leben zu erwecken? Wie geht es jetzt weiter, nachdem Ihr mir diese Geschichte erzählt habt?"

  • "Wie es weitergeht? Das ist einfach. Ich werde Euch einem Test unterziehen. Einem Test, der nicht ungefährlich ist. Er wird Eure wahren Gefühle hervorbringen und gleichzeitig wird er Euch körperlich extrem fordern. Die Klingentänzer waren ein Orden, der dem Guten diente. Sollte Euer Begehr nicht wahrhaft gut sein, kann dieser Test Euer Leben beenden. Besteht Ihr den Test, müßt Ihr einen Bluteid schwören, Eure Fähigkeiten nicht zum persönlichen Eigennutz zu gebrauchen, die Schwachen zu schützen und das Böse in all seinen Facetten zu bekämpfen. Aber es ist kein Schwur wie die alten Ritter von früher es taten. Nein, der Zweck heiligt die Mittel und ein Klingentänzer darf auch unfair sein. Was zählt ist das Ergebnis. Nach diesem Schwur beginnt die Ausbildung und die wird hart sein, sehr hart. Meditation, Konzentrationsübungen, Schwertkampf aber auch das Erlernen der Elfensprache, falls Ihr sie noch nicht beherrscht. Dazu kommt Dichtkunst, Tanz und schließlich die Verbindung von Kampf und Tanz. Und am Ende dieser Ausbildung seid Ihr eine Klingentänzerin."

  • "Nun, dann testet mich, Arvanor!" Ayalas Antwort kam ohne das geringste Zögern, und ihre Stimme klang leidenschaftlich. Es war keineswegs so, dass sie keine Angst vor dem Test hatte. Sie wollte ihr Leben nicht verlieren, aber noch mehr hatte sie Angst davor, was dieser Test über sie enthüllen mochte. Ob da etwas zum Vorschein kam, was besser im Dunklen bliebe und das noch nichtmal ihr selbst bekannt war. Aber sie wusste ebensogut, dass es nun kein Zurück mehr gab. Ob der Bluteid schon geschworen war oder nicht, spielte keine Rolle mehr. In diesem geheimnisvollen Bund der Klingentänzer lag ihr Schicksal, das wusste sie nun ganz genau. Wenn sie diesen Test nicht bestünde, würde es auch keine Rolle mehr spielen, wenn sie dabei draufginge. Dabei ging es ihr gar nicht mal so sehr um den Kampf Gut gegen Böse. Gut und Böse waren große Worte, gewiss, aber wer oder was - bis auf Shiarashai vielleicht - war gänzlich gut oder gänzlich böse? Aber die Leidenschaft, so kämpfen zu können wir Arvanor und diese Fertigkeit einzusetzen, um anderen zu helfen, war erwacht und würde von nun an mit heißer Flamme brennen. "Der Unterricht macht mir keine Sorge - IHr werdet sehen, dass ich eine gute Tänzerin bin." Ayala lächelte, selbstbewusst und im Wissen um die eigenen Stärken, und das Lächeln ließ die Raubkatze in ihr wieder ein wenig stärker zum Vorschein kommen. "Schließlich bin ich eine Cath'Shyrr."

  • "Auch Katzen haben nur neun Leben." Arvanors Funkeln in den Augen wirkte beunruhigend, aber bloß für einen klitzekleinen Moment. "Gut, dann werde ich Euch testen, jedoch nicht Heute und nicht Morgen! Es bedarf einiger Vorbereitung meinerseits. Einige Rituale und nach den alten Traditionen der Klingentänzer, werden die Tests nur an günstigen Tagen abgehalten." Er spielte mit dem Ring an seinem linken Mittelfinger herum. Ein kurzes Glühen war für einen Augenblick zu sehen, dann war der Ring wieder normal. "Kommt in fünf Tagen um Mitternacht hierher zurück. Als Vorbereitung erforscht Ihr euer Inneres, meditiert, denkt über eure Wünsche nach und insebsondere über eure Motivation ein Klingentänzer zu werden. Und bringt viel Zeit mit. Am Besten schlaft ihr viel. Insbesondere der geistige Teil des Tests wird sehr anspruchsvoll sein."

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