Die Entführung

  • Tara setzte ein Lächeln auf.


    "Nun, werter Herr Eisenklinge, was glaubt ihr, was eine Frau die Trost sucht um diese Zeit in ein Gasthaus wie dieses führt? Tatsächlich mag es unschicklich sein, aber es ist der Alkohol."
    Ein theatralisches Seufzen folgte und Tara deutete auf ihr Weinglas, das noch immer auf dem anderen Tisch stand.


    "Ich hatte gehofft, meinen Kummer im Wein ertränken zu können. Allerdings trinkt es sich alleine nicht gerade amüsant und.. " Tara schmunzelte. Was jetzt folgte war eine glatte Lüge und doch ging sie der Rothaarigen relativ leicht von den Lippen.
    ".. mehr als 2 Gläser Wein vertrage ich auch gar nicht. Es könnte wohl ein kurzer Abend in diesem Gemäuern für mich werden." Sie zuckte mit den Schultern und musterte Sarandir. Ein attraktiver Mann, durchaus. Viel lieber hätte sie als Tara versucht ihn zu verführen und nicht die Rolle der tristen Händlerin wahrgenommen. Doch dafür war es nun wohl zu spät..


    "Und ihr? Warum trinkt ein Mann eures Standes.. und dazu auch noch ein ansehnlicher.. alleine?"

  • "In letzter Zeit steht mir nicht der Sinn nach gemeinschaftlicher Zerstreuung. Wenn man stetig dazu genötigt ist, auf gesellschaftlichen Anlässen in Erscheinung zu treten, sehnt man sich nicht selten nach der Einsamkeit und einem Glas Wein, der sie lindert."


    Sicherlich entsprach dies nicht derWahrheit, doch Sarandir bevorzugte es, sein Gefühlsleben für sich zu behalten. Wie schnell würde sich jedes seiner Worte wie ein Lauffeuer durch die ganze Stadt verbreiten und von den Aasgeiern ausgetragen werden, die den Klatsch und Tratsch brauchten wie die Luft zum Atmen, wenn er sich jedem anvertrauen würde, der für wenige Augenblicke seinen Weg kreuzte.


    Zudem vermutete er, daß sein Gegenüber durchaus mehr als nur zwei Gläser Wein vertragen konnte, wenn es darauf ankam. Zumindest wirkte sie nicht unbedingt wie die Dame, die sich darüber bekümmerte, was schicklich und unschicklich war - denn solcherlei Frauen trieben sich selten allein in Gasthäusern herum um ihren Kummer zu ertränken. Sie taten dies zuhause, in der Geborgenheit und der Verschwiegenheit ihrer eigenen vier Wände. Es war gut, daß Tara sein inneres Schmunzeln nicht sehen konnte.


    "Nun, warum trinkt ihr dann nicht mit mir, Karia. Und erzählt mir von dem Kummer, der euch so sehr belastet, daß ihr zwei Gläser Wein braucht, um ihn zu ertränken."


    Ob Sarandir sich über die Rothaarige amüsierte, war schwer zu erkennen. Obgleich seine Worte darauf hindeuten mochten, blieb seine Miene ernst und ließ nicht darauf schließen, ob sie ironisch gemeint waren.

  • Tara tat schwer daran, ein Lachen zu unterdrücken. Wie einfältig das klang. Kummer mit zwei Gläsern Wein hinwegzuspülen. Waren Händlerinnen tatsächlich so "zartbesaitet" oder war Taras Interpretation davon einfach nur ein wenig übertrieben?
    Die Rothaarige täuschte ein Husten vor und drehte sich zur Seite.


    "Um euch von meinem.. Kummer zu erzählen, benötige ich schon vorab zwei Gläser Wein." Tara stand auf. Ein einziger Schritt hätte gereicht um ihr Weinglas zu erreichen, aber sie zog es vor, sich einfachnur weit über den Gang zu beugen und sich das Weinglas zu schnappen. Sie setzte das Glas an ihre ungeschminkten Lippen und stürzte den kompletten Inhalt in sich hinein. Dann stellte sie das Glas wieder vor sich und nahm wieder Platz.


    "Nun ist es schon etwas besser." Seufzte sie und schenkte Sarandir ein Lächeln. Sie hoffte es war ein anziehendes Lächeln, doch wirkte es bei weitem nicht so herzlich und einladend, wie Taras Lachen normalerweise war.


    "Tatsächlich war ich einfach ein wenig zu leichtgläubig. Wißt ihr, wenn euch die große Liebe vorgespielt wird und ihr merkt, dass dies nur hohle Worte sind.. das diese Liebe nicht nur euch geschenkt wird, dann kann einem das tatsächliche Schmerzen zufügen." Tara hielt sich die Hände an ihr Herz. "Größere, als man je für möglich gehalten hat." Erneut senkte die Rothaarige wieder Kopf. Langsam begann ein anderer Plan in ihrem Kopf Gestalt anzunehmen. Wenn sie ihn nicht "verführen" konnte, so würde es vielleicht doch etwas bringen, wenn sie den Edelmann in ihm wachrief. Vielleicht würde er sie nach Hause bringen und dann...


    "Aber was erzähle ich euch? Wenn ich den Worten der Magd glauben schenken darf, brecht ihr ja wöchentlich Herzen." Sie seufzte.

  • Nein, dies war mit Bestimmheit keine Dame der Gesellschaft und die Rolle, die sie zu spielen gedachte, lag ihr nicht besonders gut. Es fiel Sarandir sehr schwer, das innerliche Grinsen nicht zum Vorschein treten zu lassen und seine Miene ernst und mitfühlend zu halten, als Tara den Wein mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit austrank. Nichts an ihrer Gestik ließ einen Zweifel daran, daß dies ein Schauspiel war - und er war nur zu neugierig, den Grund dafür zu erfahren.
    So nickte er also nur und bemühte sich, das Lachen aus seiner Stimme fern zu halten, als er schließlich zu einer Antwort ansetzte.


    "Wenn dies die Worte der Magd waren, dann müssen sie wohl der Wahrheit entsprechen. Sicherlich wird es nun Zeit für einen weiteren Becher des Weines, damit ihr mir die Einzelheiten dieses schändlichen Vorfalles näher erläutern könnt, meine Liebe?"


    Ohne auf ihre Antwort zu warten, bedeutete Sarandir der Barmaid, der Rothaarigen noch einen weiteren Becher zu bringen und wandte sich dann wieder zu ihr um, um seine Arme auf den Tisch zu stützen, als könne er es kaum erwarten, daß sie die Details ihrer tragischen Geschichte enthüllte.
    Flugs wurde der zweite Becher vor Tara abgestellt und Sarandir wies mit einer großzügig anmutenden Geste auf seinen Inhalt.


    "Trinkt, meine Liebe. Ihr wirkt sehr durstig und sicherlich wird es euch Überwindung kosten, von diesem schändlichen Schuft zu reden."

  • "Nein, nein." antwortete Tara mit einem Lächeln.
    "Alleine trinkt es sich nicht gut. Ich bestehe darauf, dass ihr mit mir das Glas erhebt." Sie nahm ihren Kelch in die Hand und hielt ihn Sarandir entgegen, bereit zum Zuprosten.


    "Die Geschichte ist nicht weiter interessant. Sie ist wie all diese Geschichten von Mann und Frau, Liebe, Hass, Verrat." Tara setzte ein kleines Seufzen hinterher und tupfte sich mit einem weißen Spitzentuch die Schläfe ab.
    "Er machte mir Geschenke und hoffte, dass dadurch sein schlechtes Gewissen verschwünde. Nun, ich hoffe, es wird niemals verschwinden." Trotzig schob die Rothaarige das Kinn nach vorne und trank erneut vom Wein.


    "Sagt, Sarandir... ich darf doch Sarandir sagen?" Fragend sah sie den Edelmann an. "Habt ihr schon absichtlich das Herz einer Frau gebrochen? Haben euch schonmal die Gefühle eines Menschen, der euch liebt kalt gelassen?"
    Tara schluckte schwer. Als nächstes würde sie weinen. Ach, wie sie es hasste zu weinen. Vor einem Fremden. Vielleicht sollte sie ihm einfach hier und jetzt eine Überziehen und ihn hinausschleppen? Dieses Schauspiel lag ihr nicht. Und doch versuchte sie es krampfhaft weiter.

  • Sarandir lauschte der Geschichte mit gespieltem Interesse, während seine Gedanken sich eher darum drehten, wie weit er das Spiel wohl treiben sollte. Sein Gegenüber schien eindeutig bis zum bitteren Ende gehen zu wollen, denn ihre Stimme wurde langsam weinerlich und sicherlich würde es nicht mehr lange dauern, bis sie in Tränen ausbrach. Nun, wenn es jedoch eine Sache gab, die Sarandir verabscheute, dann waren es weinende Frauen - und er wollte nicht zusehen, wie sie sich so weit erniedrigte.


    So lehnte er sich also auf seinem Stuhl zurück und ein merkwürdiges Lächeln umspielte seinen Mund, während er die Arme verschränkte und den Kopf schief legte, um Tara anzusehen.


    "Liebste Karia, auch wenn es niemals in meiner Absicht gelegen hat, so bin ich doch sicher, daß ich einige Herzen gebrochen habe und so manche Dame mir nur zu gerne das Genick brechen würde, könnte sie meiner habhaft werden. Ich habe genügend Duelle wegen der holden Weiblichkeit ausgetragen und so manchen Korb ausgeteilt und eingesteckt."


    Er nippte an seinem Wein und stellte den Becher dann vor sich auf dem Tisch ab, bevor er sich schließlich über den Tisch nach vorne beugte und seine Hand auf Taras legte, die sich rauh unter seinen feinen Fingern anfühlte. Seine Brauen waren empor gezogen, sein Blick wirkte ernst, auch wenn ein amüsiertes Funkeln darin lag.


    "Und da ich nun so überaus ehrlich zu euch war, erzählt ihr mir vielleicht die Wahrheit über das, was ihr von mir möchtet? Ihr braucht nicht zu weinen - Tränen stehen euch nicht und würden euer hübsches Gesicht lediglich unschön anschwellen lassen und eure Augen röten, was zu schade wäre. Und so sehr ich euer kleines Schauspiel genieße, so gut kann ich auf diesen Anblick verzichten."

  • Tara schlug die Augen nieder und senkte für einen Augenblick lang den Kopf. Das leise Seufzen, das über ihre Lippen kam, war kaum zu vernehmen, doch als die Rothaarige den Blick wieder auf Sarandir richtete, konnte dieser eine deutliche Veränderungen in ihren Zügen wahrnehmen. Tara wirkte plötzlich entschlossener, fast schon verwegen. Wie eine Maske war das seltsame Schauspiel, dass sie vorhin noch geführt hatte, von ihr abgefallen.


    "Ihr seit nicht leicht zu täusche, Sarandir, oder? Ich hatte gehofft, diese Sache würde ein wenig einfacher verlaufen, doch scheinten meine schauspielerischen Fähigkeiten nicht genügen um einen Mann wie euch an der Nase herum zu führen."
    Tara griff sich ins Haar und löste zwei Klammern. Die kunstvoll zusammengesteckte Frisur blieb jedoch zum größten Teil erhalten, bis auf das sich ein einzelner Zopf aus dem Gebinde löste und ihr locker auf die Schulter fiel.


    "Ich bin nur wegen euch hier und mein Name ist auch nicht Karia. Man nennt mit Shiya, die Katze." Tara kannte die Frau, deren Namen sie annahm nicht einmal. Nur hatten Gerüchte ihr zugetragen, dass sich eine rothaarige Cath'Shyrr mit diesem Namen irgendwo in Nir'alenar rumtrieb. Tara hoffte, Sarandir kannte nicht die gleichen Gerüchte, bangte aber nicht darum, dass auch diese Täuschung aufflog.


    Sie zog ihre Hände zurück.
    "Ich bin nicht mehr als eine Tagelöhnerin, die für einen neuen Auftrag angeheuert wurde. Ein leichter und angenehmer Auftrag, wie ich annahm. Man gab mir ein Kleid, etwas Schmuck und bat mich, euch die ganze Nacht abzulenken. Warum wollte man mir nicht verraten." Taras Augen funkelten belustigt und sie griff nach ihrem Wein um ihn zu leeren.


    "Offensichtlich handelte mein Auftraggeber in weiser Voraussicht. Ich hatte gehofft, ihr wäret einfacher zu überlisten." Ein breites Grinsen legte sich auf Taras Lippen. Diese Rolle lag ihr viel mehr - mußte sie sich doch diesmal nicht verstellen.

  • "Man hat euch tatsächlich im Dunkeln tappen lassen? Nun, dies zeugt nicht von den guten Manieren eurer Auftraggeber. Andererseits ist es auch selten ein Zeichen für eine gute Kinderstube, wenn man eine Frau bezahlen muss, um einen Mann abzulenken."


    Sarandir lächelte - scheinbar charmant und doch mit einem amüsierten Funkeln in den Augen. Ob er Taras Geschichte wirklich glaubte, war nicht an seinem Gesicht abzulesen. Doch ganz gleich, ob er dies nun tat oder nicht - er schien auf ihr Spiel einzugehen und beabsichtigte allem Anschein nach, es zumindest für den Augenblick mitzuspielen.


    "Shiya, die Katze ist also euer wirklicher Name? Eine interessante Bezeichnung. Vielleicht möchtet ihr mir verraten, aus welchem Grund man euch so nennt? Seid ihr geschickt wie eine Katze? Habt ihr die neun Leben der Cath'Shyrr? Oder liegt es allein an euren grünen Augen?"


    Die Fragen waren leichthin vorgetragen, beinahe so, als handelte es sich dabei um kaum mehr, als um eine ungezwungene Konversation in einem Ballsaal.
    Der Adelige brauchte nicht lange zu überlegen, ob er der rothaarigen Frau diesmal sein Vertrauen schenkte. Sie war allem Anschein nach zwar keine gute Schauspielerin, doch sie hatte ihn bereits einmal belogen und eine Frau, die für solcherlei Dienste angeheuert wurde, war ohnehin nicht sonderlich vertrauenswürdig. Wenn es denn einen Auftraggeber gegeben hatte. Sarandir war nicht davon überzeugt. Sie wirkte nicht wie eine Hure und eine solche war gemeinhin die erste Anlaufstelle für die beschriebenen Leistungen - und auch am Besten dafür geeignet.
    Trotzdem unternahm er vorerst keinerlei Anstrengung, der "Katze" mehr über ihre Auftraggeber entlocken zu wollen, was überaus verwunderlich wirkte. Es schien ihn kaum zu interessieren oder zu beunruhigen.

  • "Wegen meiner Augen, wie süß." Tara lachte und kullerte mit den selbigen. Auf die romantische Art und Weise hätte er es gerade eben haben können. Jetzt war sie zu solchen Spielchen nicht mehr wirklich aufgelegt.


    "Nein, die Katze nennt man mich wegen meiner Krallen." Der Nagel von Taras Zeigefinger lief langsam über ihre Wange, nahm den Kieferknochen spielerisch und setzte den Weg dann am Hals fort. Ein leichter heller Strich verfolgte ihren Weg, dort wo sie so fest auf die Haut aufgedrückt hatte, dass das Blut einen Augeblick benötigte um wieder frei fließen zu können.


    "Diese Krallen haben bisher noch niemanden entkommen lassen. Sei es durch Streicheleinheiten oder in dem sie sich ihm in die Haut bohrten." Ein entschuldigendes Lächeln setzte sich auf Taras Lippen.
    "Wenn man so schlecht schauspielern kann, wie ich, ist man darauf angewiesen, gut mit den Messern umzugehen und meinem Auftraggeber war es reichlich egal ob.." Tara biss sich auf die Unterlippe und sah Sarandir fast schon entschuldigend an. ".. ihr befriedigt oder verletzt diesen Abend hinter euch bringt."

  • Langsam erwachte ein neues Gefühl in Sarandir. Eines jener ungesunden Gefühle, die ihm zu Eigen waren und die ihn oft genug in Schwierigkeiten gebracht hatten. Neugier. Sarandir wurde in der Tat neugierig darauf, was sich wohl wirklich hinter der rothaarigen Frau mit den vielen Namen verbergen mochte. Ihre Geste konnte als Drohung aufgefasst werden, ob nun beabsichtigt oder nicht. Und genau das war es, was nun Sarandirs Interesse an ihr weckte. Entgegen seinem Ruf waren es nicht die adeligen Damen, die leicht zu haben waren, für die er eine Schwäche hatte. Nein, es war die Art von Frau, die es wagte, einem Mann wie ihm die Stirn zu bieten und die keine Angst vor ihm hatte.
    Eine seiner Augenbrauen war mit einem ironisch wirkenden Lächeln empor gezogen, als er die helle Linie an Taras Wange musterte und seine Aufmerksamkeit dann wieder auf sie selbst richtete. Der Blick seiner dunklen Augen traf die ihren, hielt sie gleichsam damit fest.


    "Und wie weit seid ihr für euren Auftrag zu gehen bereit?"


    Die Frage war direkt und schnörkellos. Aber entgegen seinem bisherigen Verhalten, schien er sich diesmal tatsächlich für ihre Antwort zu interessieren. Ohne ein Zeichen von Amusement.

  • "Ihr stellt eure Frage falsch, Sarandir." Antwortete Tara mit fester Stimme.
    "Es heißt nicht, Wie weit würde ich gehen?, sondern Was zwingt ihr mich zu tun?"


    Ein wenig gelangweilt sah Tara auf ihre Nägel ab und schob die Nagelhaut ihres Mittelfingers ein wenig zurecht.
    Vielleicht hatte Tara gerade Sarandir einfach zuviel Aufmerksamkeit geschenkt. Ihr Interesse zu deutlich gezeigt. Oder aber... ihr Blick hob sich wieder und begegnete Sarandirs dunklen Augen. Der durchdringende Blick ließ sie tatsächlich nicht los und so blieb ihr nichts anderes übrig, als ihm standzuhalten.


    Mit einem freudlosen Lächeln sprach sie weiter. "Ihr entscheidet, wie es mit uns weitergeht, Sarandir. Wir können hier die ganze Nacht sitzen und uns unterhalten, wir können uns ein Zimmer suchen und ein wenig Spaß haben... oder aber ihr könnt euch davon überzeugen, dass ich die schnellsten Messer der ganzen Stadt besitze."
    Die Rothaarige zog eine Augenbraue in die Höhe und schmunzelte nun.


    "Mir soll jede Wahl recht sein. Mein Auftrag ist es nur, euch die Nacht über zu beschäftigen."
    Endlich war Tara zufrieden mit sich und dem Lügengebäude, dass sie um sich herum aufbaute. Ob es Eisenklinge dazu brachte, ihr auf die Straße zu folgen? Sie hatte keine Ahnung. Für einen Moment war es ihr aber auch egal. Sein Blick hatte sie neugierig gemacht. Was würde er bei solch einer Auswahl wählen? Tara wußte ja nicht einmal, für was sie sich entschieden hätte.. zumindest nicht, wenn ein attraktiver Mann wie Sarandir vor ihr saß. In so einem Moment konnte die Wahl der Klinge auch sehr schnell nach hinten rutschen.

  • "Ich zweifle daran, daß ihr allzu viel Spaß empfinden würdet, wenn ich euch dazu zwingen würde, das Bett mit mir zu teilen. Und darüber hinaus empfinde ich keine Freude daran, einer Frau meine Stärke zu beweisen, indem ich sie zu Dingen zwinge, die sie nicht aus freien Stücken tun möchte. Obgleich es mir schwerfällt, der Versuchung zu widerstehen, mit euren Krallen Bekanntschaft zu schließen."


    Ein leichtes Lächeln zog über die Lippen des Adeligen und spiegelte sich in seinen Augen. Er sprach die Wahrheit - er war einer Frau, die die Reize dieser Rothaarigen besaß niemals abgeneigt, doch es minderte seine Freude daran deutlich, wenn sie ihr Tun nur als zu erfüllenden Auftrag ansah. Vielleicht verletzte es sogar seine Eitelkeit, zu denken, daß er nur ein reiner Auftrag war, den es zu überwinden galt.


    "Ich gehe also davon aus, daß es für euch sicherlich reizvoller wäre, mir die Geschwindigkeit eurer Klingen zu präsentieren... und in der Tat habt ihr mich neugierig darauf gemacht. Wie würde euch ein kleines Geschäft gefallen... ich überbiete die Summe, die euch euer Auftraggeber zahlt, wenn ihr mich mit euren Klingen zu schlagen vermögt. Wäre dies nach eurem Geschmack?"


    Sarandirs Augen blieben fest auf sein Gegenüber geheftet, während er auf ihre Reaktion wartete. Sein Ruf als Fechter war in der Stadt überaus bekannt und er ging davon aus, daß er auch ihr zu Ohren gekommen war. Würde sie es trotzdem wagen, gegen ihn anzutreten? Es war lange her, daß eine Frau genau das gewagt hatte... und diese Frau entzog sich ihm.

  • Tara hob den Zeigefinger an die Lippen und den Blick in die Luft.
    "Wartet, ich möchte das nicht falsch verstehen." Sprach sie und machte für einen Augenblick lang den Eindruck, als wenn sie über etwas nachdenken würde.


    "Ihr stellt euch mir im Kampf und wenn ich euch besiege, bekomme ich neben dem Geld meines Auftraggebers auch noch den Bonus von euch? Und sollte ich verlieren, so verliere ich alles, inklusive meinen Ruf?" Sie lachte.
    "Ihr wisst interessante Angebote zu stellen." Die grünen Augen funkelten, als sie Sarandir wieder in ihren Blick aufnahmen. "Doch weiß ich die Gefahr dahinter. Euer Ruf ist nicht unbedingt leise und ungehört, Eisenklinge. Und meiner begnügt sich darauf, die Schwäche eines Gegners auszunutzen und wenn es der ungeschütze Rücken ist." Tara biss sich auf die Unterlippe.


    "Dennoch, euer Angebot reizt mich und ich bin neugierig, ob ihr schneller seid als ich." Behände stand die Rothaarige auf und stützte sich vor Sarandir auf dem Tisch ab.
    "Ich glaube, ich kenne da auch einen Ort, an dem wir für einen kleinen Kampf ungestört sind." Verheißungsvoll strich die Piratin Sarandir nun über den Oberarm. Schade, dass er diese Alternative gewählt hatte - andererseits war sie ihrem Ziel so nun einen Schritt näher gekommen.

  • Sarandir hatte sich gemütlich auf seinem Stuhl zurückgelehnt, während er die Entscheidung der Piratin erwartete. Seine Augen funkelten in dem dämmerigen Licht des Gasthauses, das ihnen einen merkwürdig undeutbaren Ausdruck verlieh. Nun, da sie offenbar wusste, was sie wollte, erhob er sich ebenfalls, während er mit einer achtlosen Geste einige Seesterne auf den Tisch warf, die nur allzu deutlich machte, daß der Adelige es nicht gewohnt war, sich über Gold den Kopf zu zerbrechen. Es war mehr als genug, um sowohl für die Rothaarige, als auch für ihn selbst zu zahlen.


    "Nun, das Angebot erscheint mir nur fair, in Anbetracht dessen, daß ihr mir einiges voraus habt, meine Liebe und meine Aufmerksamkeit mit Sicherheit darunter leiden wird."


    Bei diesen Worten ließ Sarandir die Augen in einer vielsagenden Weise über dir Rundungen der Frau gleiten und ein charmantes Lächeln überlagerte den undurchdringlichen Ausdruck, den er zuvor noch zur Schau getragen hatte. Jede seiner Bewegungen strahlte eine gewisse Selbstsicherheit aus, die vieles über das Wesen des Adeligen auszusagen vermochte, wenn man zwischen den Zeilen las. Ein Mann wie er, fand nur selten eine Herausforderung, die es sich anzunehmen lohnte - in jeglicher Hinsicht.


    "Also überlasse ich euch die Führung - ich kann es kaum erwarten."


    Die Andeutung einer Verneigung folgte diesen Worten, ebenso wie eine schwungvolle Geste, die Tara dazu einlud, voran zu gehen. Eine Hand ruhte wie selbstverständlich auf dem Degen mit dem kunstvoll verzierten Griff, der an seiner Seite sichtbar geworden war, keine Drohung, eher eine Haltung, die er stets einnahm, ohne daß er sich dieser wirklich bewusst war.

  • Einiges Voraus. Taras Augen kullerten wiedereinmal - ungesehen von Eisenklinge. Wenn es wirklich zu einem Kampf kommen sollte, war er zweifelsohne im Vorteil. Nicht nur durch sein Können. Tara hatte die Korsage, die sie trug einen Tick zu eng geschnallt und der Rock war einer der besten, die Isabella besaß. Die Rothaarige wußte, sie würde entweder sehr zurückhaltend kämpfen müssen um den Saum des edlen Stücks nicht zu beschädigen oder aber Isabella eine Entschädigung zahlen.


    Tara tippte auf das Zweite. Wenn sie kämpfte, nahm sie selten Rücksicht auf irgendetwas ausser ihrer eigenen Gesundheit. Aber es sollte ja auch gar nicht erst zu einem Kampf kommen, wenn alles nach Plan lief.


    Vor dem Gasthaus wartete die Piratin und schenkt Sarandir ein vielsagendes Lächeln, bevor sie ihn die Straße entlang dirigierte, bis zu einer kleinen Gasse. Genau in dieser Gasse sollte Aran mit einem großen Knüppel warten und Sarandir eins überziehen. Vorfreude machte sich in Tara breit, dennoch prüfte sie kurz den Sitz ihres Dolches, der unter der Korsage befestigt war und ihrer Pistole, die sie im Stiefelschacht trug.


    "Dort hinten ist ein netter Hinterhof, auf dem wir ungestört sein werden. Das Straßengesinde traut sich dort nicht hin und.. für Hehler und Mörder ist es noch ein wenig früh am Tage." Sie lachte und sah kokett über die Schulter.
    "Möchtet ihr voraus gehen?"

  • Sie konnte nicht sehen, daß ein Lächeln Sarandirs Lippen überzog, während sie ihre recht offensichtlichen Überprüfungen tätigte. Die Rothaarige hatte offenbar für alles vorgesorgt und wollte nichts dem Zufall hinterlassen. Zwar ahnte er nicht, daß sich eine Pistole in ihrem Stiefel befand, doch daß sich dort eine Waffe verbarg, war nicht schwer zu erraten. Ja, Sarandir Eisenklinge war wachsam, wohl ahnend, daß die Situation nicht ungefährlich war.
    Frauen kämpften anders als Männer - sie scherten sich kaum um einen Ehrenkodex und scheuten nicht davor zurück, ihre geringere Körperkraft mit anderen Mitteln auszugleichen. Dies war ihm wohl bewusst, hielt ihn jedoch nicht davon ab, dieser Frau zu folgen.
    Als sie sich nun zu ihm umdrehte, trat das Lächeln offen auf sein Gesicht. Die Gasse war dunkel, überzog seine Züge mit Schatten, die den Rest seines Ausdruckes schwer zu deuten machten.


    "Ich wurde gelehrt, einer Dame stets den Vortritt zu lassen und auch wenn ich die Regeln gerne übertrete, so lasst mir wenigstens den Anschein einer guten Erziehung."


    Und ich verspüre nicht den Wunsch, eure Klinge zwischen meinen Schulterblättern zu finden, sobald ich euch den Rücken zukehre, geheimnisvolle Fremde..."


    Die Worte wurden nicht ausgesprochen und lagen dennoch in der Luft, als ob sie die Lippen des Adeligen tatsächlich verlassen hätten. Doch seine Miene verzog sich nicht, verriet kaum etwas über seine Gefühle. Es war offensichtlich, daß er nicht selten ähnliche Situationen durchlebt hatte und die Gegend verursachte ihm kein Unwohlsein. Sarandir Eisenklinge war offenbar in den dunkleren Gefilden Nir'alenars ebenso zuhause, wie in den Villen des Adels und dies ließ merkwürdige Rückschlüsse auf seinen Lebensstil zu.

  • "Sollte man in einer ungewissen Gegend nicht selbst den Weg sichern, bevor man die Dame hinein schickt?" Ein kehliges Lachen sprang über Taras Lippen und die Piraten machte einen großen Schritt an Sarandir vorbei.


    "Aber keine Sorge, ich gehe auch gerne voraus. Folgt mir einfach."


    Tara winkte Sarandir hinter sich her und trat den Gang in die Gasse an. Die Häuser waren hier eng aneinander gebaut und selbst am hellichten Tage herrschte hier ein schumriges Zwielicht. Doch unbeirrt lief Tara weiter. Sarandir konnte das Licheln auf ihren Lippen nicht erkennen, doch ihr Zopf wippte wie voll Freude auf und ab.


    "Aran, wo steckst du bloß. Irgendwo hier solltest du doch hocken.." Die Rothaarige kniff die Augen zusammen und spähte jede kleine Ecke aus. Bisher konnte sie den Captain noch nicht erkennen. Und dort hinten war bereits der Platz, von dem sie gesprochen hatte. Tara überlegte, ob sie bereits jetzt ihren Dolch ziehen sollte. Langsam glitt ihre Hand an die Stelle ihrer Korsage, an der das Messer bereits zu fühlen war.

  • "Es gibt Manieren und es gibt Dummheit. Und in bestimmten Situationen ziehe ich es vor, meine Manieren zu vergessen, um nicht der Dummheit zum Opfer zu fallen. Dazu gehört es, wenn eine liebreizende Dame wie ihr es darauf abgesehen hat, mir ihre Talente zu beweisen."


    Sarandir schmunzelte leicht und folgte der Rothaarigen dann in die Gasse hinein. Sie wirkte sorglos. Ein wenig zu sorglos für Sarandirs Geschmack, was einen nachdenklichen Ausdruck auf sein Gesicht brachte und dafür sorgte, daß er sich vorsichtiger und wachsamer bewegte, als noch vor wenigen Momenten.
    Irgendetwas stimmte an dieser Situation nicht und der Adelige war sich beinahe sicher, daß die Frau noch einen Trumpf im Ärmel hatte, der weit über ihr enges Korsett hinaus ging. Doch was konnte das sein?
    Die Gasse führte unbeirrbar auf den Hinterhof zu, von dem sie gesprochen hatte und Sarandirs Blicke wanderten von Seite zu Seite, während ein ungutes und doch unbestimmbares Gefühl von ihm Besitz ergriff.

  • "Wir sind fast da." Tara warf Sarandir über die Schulter ein breites Lächeln zu. Tatsächlich war ihr aber immer weniger zum Lachen zumute.
    Sie konnte Aran nicht entdecken. Gut, in seiner Landstreicher-Verkleidung würde er wohl perfekt mit den Schatten der Gasse verschmelzen, aber irgendwie wäre sie doch beruhigter gewesen, wenn sie mittlerweile ein Zeichen von ihm erhalten hätte.


    Oder hatte sie die falsche Gasse gewählt? Nein. Dieser Ort war abgemacht gewesen. Tara wurde ein wenig langsamer und ließ sich so zu Sarandir zurückfallen.
    "Eisenklinge." Lauter als nötig nannte Tara den Namen Sarandirs und Arans. "Sagt, begleitet ihr eigentlich häufiger "wehrlose" Frauen in dunkle Gassen? Ihr wirkt mir so selbstsicher.. habt ihr etwa einen Vorteil, von dem ich noch nichts ahne?"


    Tara wußte, dass diese Frage nicht unbedingt Sinn ergab. Sarandirs Selbstsicherheit wurde von einer Aura der Wachsamkeit abgelöst. Aber irgendwie mußte sie sich bei Aran ja bemerkbar machen. Hoffentlich schlief er nicht gerade irgendwo seinen Rausch aus.

  • Sarandir schenkte der Frau an seiner Seite einen nachdenklichen Blick, wandte sich jedoch gleich wieder von ihr ab, um die Gegend im Auge zu behalten. Das Gefühl, daß irgendetwas an dieser Situation nicht stimmte, verstärkte sich noch um ein Vielfaches, als er Taras eigenes Unwohlsein bemerkte. Er war jedoch nicht so verblendet und von seinem Ruf überzeugt, daß er es allein darauf zurückgeführt hätte, daß sie sich davor fürchtete, mit ihm in den Wettstreit zu treten. Ihr Verhalten stand in einem merkwürdigen Widerspruch zu der zuvor so sorglosen Haltung und sein Name, viel zu laut ausgesprochen, hallte noch immer in seinem Ohr nach.


    "Für gewöhnlich bedienen sich die Frauen in meiner Gegenwart anderer Waffen, meine Liebe. Sie greifen nur selten zu einer Klinge, um es mit mir aufzunehmen."


    Der Satz war leichthin ausgesprochen und enthielt wenig Anzeichen für die steigende Sorge des Adeligen. Tara konnte nicht erkennen, daß seine Brauen zusammengezogen waren, während sein Blick durch die dunkle Gasse wanderte.


    "Und ich muss euch gestehen, daß es keneswegs zu meinen liebsten Beschäftigungen gehört, in der Nacht durch dunkle Gassen zu schleichen."

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