Die Entführung

  • Ruckartig drehte Tara sich um. Wenn Aran immer noch nicht auftauchte, mußte sie halt selbst tätig werden. Sie warf sich Sarandir stürmisch entgegen, drückte ihn an eine der nahestehenden Mauern und lächelte ihn zuckersüß an. Die Hände hatte sie auf seine Brust gelegt - kein Messer war weit und breit zu sehen.


    "Ward ihr es nicht, der diesen Kampf wollte, Sarandir? Ich hätte mir wohl ebenfalls eine Beschäftigung für uns zwei ausdenken können, die nicht in dunklen Gassen abspielt."
    Ihr Atem streifte sein Gesicht, ihre meergrünen Augen blickten ihn durchdringend an. Lächelnd fuhr ihre Rechte seinen Brustkorb hinab, sprang dann über auf ihren eigenen Bauch und machte sich daran, ihren eigenen Dolch zu befreien. "Noch habt ihr die Wahl, Eisenklinge. Wollt ihr die Krallen der Katze spüren oder..."

  • "Oder...? Habt ihr ein besseres Angebot, das ihr mir unterbreiten könntet?"


    Die Lippen des Adeligen verzogen sich zu einem schiefen Lächeln und seine Augen blitzen für einen kurzen Augenblick in der Dunkelheit der Gasse auf. Ihm war bewusst, daß das Spiel mit dieser Katze Gefahr für Leib und Leben in sich barg und doch spielte er es mit.
    Seine Hände bewegten sich ebenfalls, fingen Taras suchende Hand inmitten ihrer Suche ab und hielten sie dabei auf. Eine Braue wanderte empor, sein Kopf legte sich schief, als er den Blick ihrer Augen auffing und festhielt. Die andere Hand legte sich um ihre Taille, zogen den Körper der Frau näher und hielten sie gefangen, während er auf ihre Antwort wartete.

  • "Ein besseres Angebot, nun..."
    Tara wehrte sich nicht gegen Sarandirs Griff, auch wenn das bedeutete, dass sie vorerst nicht an ihren Dolch gelangen konnte. Zumindest nicht mit dieser Hand.


    Das Gesicht der Rothaarigen war nun ganz nah an Sarandirs. Noch immer presste ihr Leib ihn gegen die Wand, doch war es ein sanfter Druck, der ihn wohl kaum in Bedrängnis brachte.


    "Sarandir.." fast säuselnd sagte sie seinen Namen. "Was haltet ihr davon, wenn ihr mir einfach all das Geld gebt, dass ihr bei euch tragt und ich nenne euch im Gegenzug meinen "Auftraggeber." Die Piratin lächelte leicht und langsam bewegte sich die freie Hand zu Sarandirs Gesicht hoch um ihm sacht über die Wange zu streicheln.
    "Ich gebe zu, ein Kampf mit euch erscheint reizvoll - doch würde mir das Herz bluten, einem solch hübschen Gesicht Schrammen zuzufügen."
    Ein Schnurren kam aus Taras Kehle. Für eine Katze äußerst passend, wie sie selbst fand. Die neue Identität fing an, ihr Spaß zu machen.

  • Sarandir stutzte für einen Augenblick, als das Bild einer anderen Frau durch seine Erinnerung schwebte. Das Gesicht einer Frau, die ihm einen ähnlichen Handel vorgeschlagen hatte und die ihm dann entkommen war. Entschlossen wischte er den Gedanken beiseite, konzentrierte sich allein auf sein Gegenüber. Dies war nicht die schwarze Rose und dies war sicher nicht sein Arbeitszimmer. Und es konnte ihn nur allzu leicht den Kopf kosten, wenn er sich von den Geistern der Vergangenheit ablenken ließ, denn er war sich sicher, daß ihre diese Frau an Gefährlichkeit nicht unterlegen war, eher noch weniger Skrupel an den Tag legte, wenn es darum ging, ihr Ziele zu erreichen.
    Als er ihren warmen Körper näherkommen spürte, verschwand auch der letzte Gedanke an seine Begegnung mit der schwarzen Rose aus seinem Geist.


    "Ihr geht also davon aus, daß meine Taschen gut gefüllt sind, denn andernfalls bin ich der Einzige, der aus diesem Handel mit einem Vorteil hervor gehen wird. Seid ihr denn bereit, dieses Risiko einzugehen?"


    Ein Lächeln tanzte über Sarandirs volle Lippen und er machte keinerlei Anstalten, sich aus seiner Gefangenschaft zu befreien.

  • Taras Atem ging schwer in Sarandirs Nähe.
    "Entweder sind eure Taschen prall mit Gold gefüllt oder ihr habt noch viel anderes zu bieten." Ein anzügliches Lächeln glitt über Taras Züge. Anzüglicher, als es für eine Frau üblich und vorallem schicklich war.


    Dann jedoch stieß sie sich von Eisenklinge ab - soweit, wie es sein Griff um ihr Handgelenk zu ließ. Mit der anderen Hand strich sie sich eine Strähne des roten Haares, die sich aus der kunstvoll gesteckten Frisur gelöst hatte zurück.


    "Risiko ist mein Geschäft. Und Risiko ist das, was derjenige eingeht, der auf die Katze trifft und nicht gleich die Beine in die Hand nimmt. Eisenklinge, ich denke wir beide sind zuweit gegangen um uns jetzt noch sicher aus dieser Begegnung zurückzuziehen." Die grünen Augen funkelten.
    "Zeigt mir, was in euren Taschen ist und ich werde sehen, was ich euch dafür bieten kann."


    Nocheinmal sah Tara über die Schulter. Offensichtlich konnte sie sich auf Aran nicht verlassen. Sie mußte die Sache wohl alleine durchziehen.

  • "Ich habe in der Tat so manches zu bieten... doch ich überlasse es euch, herauszufinden, was dies sein mag. Und ich weiß nicht, was ihr von mir gehört haben mögt, doch ich kann euch versichern, daß ich vor keiner Gefahr davon laufe, selbst wenn sie mich das Leben kosten könnte."


    Sarandir lächelte auf eine Weise, die vielerlei Deutungen zuließ. Als sich die Rothaarige Frau von ihm zurückzog, klärten sich jedoch auch gleichzeitig seine eigenen Gedanken. Er strich über sein Haar, eine Geste, der er sich selbst kaum bewusst war und zog dann einen schweren, goldenen Ring von seinem Finger, in den ein wertvoll aussehender, blutroter Rubin eingefasst war. Er hielt ihn in Augenhöhe vor Taras Gesicht und das schwache Licht der fernen Muschellampen ließ den Stein aufglühen. Keine Frage, dieser Ring würde einiges an Seesternen einbringen, wenn man ihn verkaufte.


    "Ich befürchte, daß ihr in meinen Taschen nicht viel vorfinden werdet, meine Liebe, zumindest dann, wenn es euch allein an Profit gelegen ist. Doch vielleicht trifft dieses Schmuckstück euren Geschmack. Es..."


    Er zögerte, bevor er den Satz beendete und ein Schatten von Melancholie tanzte über die unergründlich dunklen Augen.


    "... hat seine Bedeutung für mich verloren."

  • Taras Blick wurde von dem Ring gefangen gehalten und erstmals achtete sie nicht darauf, was um sie herum geschah oder Sarandir tat. Der Ring war eine Schönheit und dem, den sie selbst am Finger trug gar nicht mal so unähnlich. Und Tara hatte diesen Faible für Schmuck - kleine Vermögen ließen sich so als Zierde um Handgelenk oder Hals quer durch die Weltgeschichte tragen ohne das man sie aus den Augen ließ.


    "Wahrlich ein hübsches Stück." Antwortete die Piratin. "Aber ihr wollt mir ja wohl hoffentlich nicht die Geschichte von dem Ring der Geliebten erzählen, die euch furchtbar betrogen hat." Ihr Blick glitt wieder auf Sarandir und ein diebisches Lächeln lag auf den vollen Lippen. "Diese Geschichte hat bei euch nicht funktioniert und wird es wohl bei mir ebensowenig. Eisenklinge, ihr seid ein wohlhabender Mann. Es wäre eine Schande, wenn ihr mich mit einem einzigen Schmuckstück abspeisen würdet, denkt ihr nicht auch?"


    Sie tritt einige Schritte zurück und gab Sarandir so die Möglichkeit, sich wieder von der Wand zu entfernen. Wenn sie ihn alleine entführen wollte, mußte sie ihn geschickt niederschlagen - und das war unmöglich, wenn er so an der Wand stand.


    Dann nahm Tara ihren eigenen Ring vom Finger und legte ihn auf eine der nahestehenden Mülltonnen. Sie beugte sich hinab und zog aus einem ihrer Stiefel einen Dolch - sicherlich hätte sie auch ihre Pistole ziehen können, aber die Spielernatur in Tara hatte etwas dagegen, kurzen Prozeß zu machen.
    "Meine Dolche gegen eure Fechtkunst. So wie wir es von Anfang an vor hatten. Die Ringe als Einsatz." Sprach sie und richtete sich wieder auf. Mit einem Handgriff lockerte sie ihre Korsage, mit dem anderen nahm sie sich das schwarze Perlencollier ab. "Ich wäre bereit.."

  • "Aber nein, ich würde es niemals wagen, eure Ohren mit einer solchen Geschichte zu belästigen, meine Liebe. Ich bin zu wenig sentimental, um das Zeichen einer alten Liebe an meiner Hand zu tragen. Solche Regungen überlasse ich den Poeten, die sich in ihrer Wehmut versinken lassen."


    Sarandir lächelte. Rätselhaft. Dann neigte er ergeben den Kopf in einer Geste der Resignation und als er wieder aufblickte, hatte sich sein Ausdruck verändert. Ein Blitzen stand in seinen Augen, das Lächeln lag schief und herausfordernd auf seinen vollen Lippen. Noch vor einer Sekunde hätte er schwören können, daß sie sich umstimmen lassen würde. Doch nun, da sie eher Willens schien, tatsächlich ihre Kräfte zu messen, würde er es ihr nicht mehr verweigern.


    "Und es gibt nichts, womit ich euch umzustimmen vermag? Ein wahrer Jammer... aber es soll sein, wie ihr es wünscht."


    Er verneigte sich halb und zog seinen Degen, eine Waffe, die wahrhaftig von einer besonderen Fertigung sprach. Dann trat er einige Schritte zurück und löste die Schnürung seines Hemdes, um sich mehr Bewegungsfreiheit zu verschaffen.


    "Nun, dann lasst uns beginnen und sehen, wer der Bessere ist und die Schmuckstücke für sich zu erobern vermag. Wenn ihr gewinnt, gebietet es meine Ehre, daß ihr alles erhaltet, das euer Herz begehrt."

  • "Klingt nach einer lohnenswerten Siegesbeute." Tara schmunzelte und folgte Sarandirs Fingern, die sein Hemd lockerten.


    Die Rothaarige wartete bis der Adelige seine Hand an den Degen legte. Sie stand breitbeinig vor ihm, jederzeit zum Sprung bereit, sei es um Sarandir auszuweichen oder ihn anzugreifen.
    Ihre grünen Augen folgten jeder seiner Bewegungen, ihr Atem ging flach und Tara wirkte angespannt, konzentriert, überlegt.


    Einen Augenblick schien es, als wolle sie abwarten, was Sarandir wohl als erstes mache, dann jedoch griff sie an. So schnell, wie es ihr Rock zu ließ, machte sie erneut einen Satz auf Eisenklinge zu, die Klinge eng an ihrem eigenen Körper haltend um Sarandir keinerlei Möglichkeit zu bieten, ihren freien Arm zu attackieren. Mit einer plötzlichen Bewegung schnellte ihr Arm nach vorne in Richtung Eisenklinges Schulter, doch hatte dieser ihren Angriff wohl schon kommen sehen, so dass der Dolch nur ins Leere stach.


    Tara wußte, dass der weitere Kampf nicht einfacher würde. Sarandirs Klinge hatte einfach eine viel größere Reichweite und sie konnte nur hoffen, schnell genug zu sein um ihr ebenfalls ausweichen zu können.

  • Etwas in Sarandirs Gesicht veränderte sich. Es war der Ausdruck seiner Augen, in die mit dem ersten Angriff der Frau eine Härte trat, die sein ganzes Gesicht veränderte. Sarandir Eisenklinge war kein Narr, auch wenn so mancher sich gerne dieser Vorstellung hingab. Er hatte viele Duelle überlebt und dies war nicht allein seinem Glück zuzuschreiben, sondern seinem Können mit der Klinge. Er hatte sich mit vielen gemessen und nicht alle davon hatten überlebt. Und es stand in sein Gesicht geschrieben.


    Sarandir liebte es nicht zu töten. Er legte noch nicht einmal Wert darauf, seinen Gegner zu verletzten. Doch noch weniger Wert legte er darauf, selbst verletzt zu werden und so wich er den Klingen aus, sich der Tatsache bewusst, daß diese Frau nicht mehr darauf aus war, zu spielen. Sie wollte gewinnen, nicht allein überleben. Der Gedanke brachte ein schiefes Lächeln auf sein Gesicht, als er ihrem Hieb auswich.


    Seine Klinge schlug nach Tara, konterte ihren Angriff, ritzte jedoch nur den Stoff ihrer Bluse und hinterließ einen Schnitt in dem Gewebe. Er war unentschlossen, ob er zum Spielen aufgelegt war. Er wollte sie nicht verletzten, doch sie sollte nicht glauben, daß er sich schlagen ließ.

  • Die teure Bluse! Isabella würde ausrasten, wenn sie den Schnitt sah! Doch nicht so Tara. Die Piratin bemerkte zwar, dass der Adelige sie getroffen hatte, jedoch spürte sie keinen Schmerz und das war die Hauptsache. Intakte Kleidung war ein Luxus, dem sich ein Pirat sowieso nur sehr selten hingeben konnte.


    Doch Sarandirs Angriff war gefährlich gewesen, das wuße die Rothaarige. Und er war sicherlich nicht weniger entschlossen diesen Kampf zu gewinnen, als sie es war. Dennoch war da etwas, dass den Adeligen vorhin einen Moment zu lange hatte zögern lassen. Er sah keine Notwendigkeit in einem Kampf. Noch nicht.
    Tara zog die Stirn in Falten. Der Grund war klar. Die "Katze" hatte hier keinen Namen und sie selbst hatte sich nicht als Piratin zu erkennen gegeben. Wahrscheinlich hielt Sarandir sie für nichts anderes als eine übereifrige Frau, die sich ein wenig Geld mit illegalen Dingen dazu verdiente. Die Grausamkeit und Skrupellosigkeit, die eine Frau wie Tara an den Tag legen konnte, würde er wahrscheinlich nicht einmal vermuten - und ein wenig tat der Rothaarigen das leid.
    Es war eine Sache jemanden für ein wenig Geld übers Ohr zu hauen. Einem gleichwertigen Gegner aber das eigene Ich zu verheimlichen konnte schon fast als Feige gelten. Und war Sarandir nicht gleichwertig? Nun, sicherlich. Tara hatte viel von ihm gehört und sie war sich sicher, dass er das was sie an Willen und starrem Blutdurst in ihre Kämpfe legte, mit seiner Technik problemlos wett machen konnte. In einem fairen Kamp wäre er ihr wahrscheinlich überlegen - doch wann kämpften Piraten schon einmal fair?


    Tara beugte sich zur Seite, wich einem weiteren Hieb aus und versuchte gleichzeitig mit ihrem kurzen Dolch nach Sarandirs Hand zu stechen, während sie den Abstand zum Adeligen verringerte. Wenn sie weit genug kam.. nun, ein Tritt zwischen die Beine würde Taras Gewinnchancen sicherlich erhöhen.

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