In den Straßen

  • Zusammen mit ihrer Liebsten durchschritt sie die Straßen. Das unbändige Glücksgefühl in ihrem Inneren, sie vermochte es nicht zu beschreiben, die Freude, die Gefühle, endlich waren sie wieder da! Es hatte viel zu lange gedauert und obgleich ihre Schönheit geblieben war, hatte diese Zeit sie doch verändert. Lachend zog sie die Liebste an sich, küsste sie zart und mühte sich dann wieder, kein gar zu auffälliges Gesicht zu machen, sondern dreinzusehen wie immer. Immerhin hatten sie vor, ihre alte Freundin Valea zu suchen und Deleila wollte auf jeden Fall das verdutzte Gesicht ihrer Freundin sehen, wenn sie endlich wieder lachen konnte, Freude empfand. Sie war gespannt, was Valea sagen würde.


    Und so schritt sie weiter, ihr Herz, die Frau, die sie erlöst hatte, immer ganz nah bei sich haltend - zumindest hielt sie ihre Hand, um ihr klar zu machen, das sie sie niemals loslassen würde. Der Sonnenschein, die Geräusche auf dem Platz, alles erschien ihr nun soviel intensiver, soviel schöner. Ihr Blick für Schönheit war nur das Wahre, wenn sie die Gefühle dahinter erleben konnte. Doch sie empfand auch Hass - Hass auf Narion, der den Ihren das angetan hatte.

  • Eigentlich hatte Valea sich schon längst auf den Heimweg begeben wollen, doch wie so oft in den letzten Tagen war sie aufgehalten worden und konnte die Akademie somit erst eine gute Stunde später verlassen als geplant. Seufzend schloß sie die Tür des Nebeneinganges und trat hinaus auf die Straßen Nir'alenars.


    Es war kein Wunder, daß es immer länger dauerte, bis sie die Akademie verlassen konnte - schon mehrmals war es in letzter Zeit zu Unruhen auf der Insel gekommen, da sich einige vehemente Narionanhänger hinaus auf die Straßen der Städte wagten, um ihren Gott in aller Öffentlichkeit zu preisen. Die Besorgnis um die Sicherheit Beleriars stieg entsprechend mit jedem neuen Bericht an und auch der Rat der Weisen trat häufiger im Geheimen zusammen. Eine solche Ratssitzung war auch für diesen Tag geplant.
    Valea seufzte leise, als sie in Gedanken versunken den Weg zu ihrem Heim einschlug, um sich auf einen weiteren Tag voller Sorgen vorzubereiten.

  • Mileana ging glücklich an Deleilas Seite. Sie war froh, dass auch sie endlich wieder das Glück gefunden hatte. Es musste schwer für sie gewesen sein, so kalt zu leben und nicht empfinden zu können. So war es ihr nur recht, dass sie sie festhielt und Mileana ihrerseits Deleilas Hand hielt. Geben und nehmen gleicher Maßen.
    Doch sie war auch ein wenig nervös, da sie sich mit einer sehr guten Freundin Deleilas treffen wollten. Sie war gespannt, was diese sagen würde. Was sie zu Deleilas Veränderung und zu Mileana als Person sagen würde...

  • Aufmerksam ließ die Valisar ihren Blick schweifen. Sie spürte, wie man ihr mit Blicken folgte, ihrem kühlen Äußeren, das der Schönheit eines eisigen Wintermorgens gleichkam. Doch in ihrem Inneren herrschte wieder Wärme und auch wenn sie niemals wieder das Aussehen haben würde, das sie früher hatte - sie war dennoch eine Schönheit und sie wusste es.


    Sanft strich sie über Mileanas Hand und mühte sich doch, genau so dreinzusehen, wie sie immer geschaut hatte, bevor Mileana sie erlöst hatte. Innerlich lachte sie. Vermutlich würde Valea wie so oft erst spät loskommen, so war es immer schon gewesen. Und tatsächlich, nun erblickte sie Valea, vor sich gehend. Doch eine Valisar rief nicht im Überschwang nach ihrer Freundin - so hätte Deleila sich gleich verraten und so nickte sie Mileana leicht zu, ließ deren Hand los, um die Tarnung perfekt zu machen und straffte die Schultern, ehe sie in trockenstem, emotionslosestem Tonfall ihre Stimme erhob, klar und rein. "Guten Abend Valea."

  • Valea hatte keinen Blick für ihre Umgebung und entsprechend hielt sie nun überrascht inne, als eine Stimme in ihrem Rücken erklang und ihr einen Abendgruß darbot. Es dauerte einen Augenblick, bis sie die emotionslose Stimme einem Gesicht zuordnen konnte, doch noch während sie sich umwandte, kam ihr zu Bewusstsein, wem diese Stimme gehören musste.


    "Deleila... Guten Abend."


    Sie lächelte die Valisar warm an und nickte auch ihrer hübschen Begleiterin zu, deren Gesicht ihr schwach bekannt war - sie musste aus dem Künstlerviertel stammen - mit der sie jedoch noch nie ein Wort gewechselt hatte, geschweige denn ihr einen Namen zuzuordnen wusste.


    "Wir haben uns eine ganze Weile lang nicht mehr gesehen. Wie ist es Dir ergangen?"


    Nun, einer Valisar erging es im Grunde niemals schlecht, das war Valea bewusst. Allerdings konnte auch sie sich nur selten des Gefühls erwehren, das diese Wesen in anderen auszulösen vermochten.

  • "Oh... mir ist es... gut ergangen..." Sie mühte sich um den neutralen Tonfall, aber das Lächeln, das sich unweigerlich auf ihr Gesicht stahl, konnte sie nicht verhindern. Ein Lächeln, das auf ihre Augen übergriff, ihr Gesicht erhellte auf eine Art und Weise, wie es das so sorgfältig einstudierte Lächeln einer Valisar einfach nicht vermochte. Sie konnte einfach nicht anders, zu groß war die Freude in ihrem Inneren und zu gespannt war sie, was Valea sagen würde.


    Und so stand Deleila da, sah ihre alte Freundin an, strahlte übers ganze Gesicht und zog Mileana ganz dicht an sich heran, um der Anderen sacht über den Arm zu streichen und ihren eigenen Arm um deren Hüfte zu legen.
    Gespannt blickte sie nun zu Valea, denn sie glaubte, die Elfe würde auch begreifen, ohne das es der Worte bedurfte.

  • Für einen Augenblick sah Valea verdutzt auf Deleila und konnte sich keinen Reim darauf machen, bis ihr zu Bewusstsein kam, daß dies keineswegs die perfekte Schauspielerei einer Valisar war. Die Freude in Deleilas Augen war zu echt, keine Nachahmung der Gefühlsregungen eines fühlenden Wesens, sondern echte Gefühle. Ein Lächeln erhellte Valeas zuvor noch gehetzt wirkenden Züge und ihre Augen glitten zu der Frau an der Seite der Valisar. Erkennen zeichnete sich darin ab - also hatte Deleila jemanden gefunden, der eine Valisar lieben konnte. Dies sprach für den besonderen Charakter dieser Frau, denn ihre Gefühle mussten rein und wahrhaftig sein.


    "Ich freue mich für Dich, Deleila. Es ist schön zu sehen, daß Du Dein Glück gefunden hast. Und es gibt den anderen Valisar Hoffnung, die noch auf ihre Erlösung warten. Mögen Lilliande und Yanariel die Liebe auch zu ihnen führen."


    Der letzte Satz klang beinahe wie ein Gebet an die beiden Göttinnen der Liebe, die ein Auge auf alle Liebenden hatten.

  • Auch Mileana strahlte nun, nachdem ihre Liebste ihrer besten Freundin offenbart hatte, was mit ihr geschehen war. Sie schien eine angenehme Person zu sein. Jedenfalls wirkte sie durch ihre Art so. Sie hatte kurz ihren Kopf auf Deleilas Schulter gelegt, ihn aber nun wieder gehoben. Sagte aber zunächst noch nichts, da sie hoffte, Deleila würde sie einander vorstellen, auch wenn sie ihren Namen bereits kannte.

  • "Vielleicht darf ich ihnen wieder dienen." meinte Deleila und ein Funken Sehnsucht klang in ihrer Stimme mit, während sie Mileana sacht an sich drückte. "Das hier, Valea, ist Mileana Mondschein, mein Herz und meine Seele, die mich gerettet hat."


    Nach diesen Worten küsste sie Mileana sanft, nur um sodann ihre Freundin wieder anzustrahlen.
    "Ich könnte die ganze Welt umarmen. Ich möchte sovieles erleben, das mir verwehrt geblieben ist.. es ist wie ein Wunder. Ich hätte nie gedacht, das mich jemand lieben kann, obwohl ich.. so war, wie ich war."
    In ihren Augen blitzte nun auch etwas Zorn auf. "Ich bin wütend und am liebsten würde ich jenen bekämpfen, der mir das antat.. der so vielen anderen das antat, die nun noch auf ihre Erlösung warten."

  • Mileana war von den Worten ihrer Liebsten so gerührt, dass sie leicht errötete und den Kopf kurz zum boden neigte. Deleilas Freude machte sie so froh. Und jetzt kam auch noch ihr Kampfgeist dazu! Was war sie doch für ein wunderbares Geschöpf!

  • "MIleana... was für ein wundervoller Name. Ich freue mich, euch kennenzulernen. Ihr lebt im Künstlerviertel, nicht wahr?"


    Valea lächelte die fremde Frau an, während sie weiterhin Deleilas Worten lauschte. Eine leichte Besorgnis zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab, als sie Deleilas Wut auf Narion förmlich in ihren Worten spüren konnte. Sie war sich sicher, daß Deleilas Hass auf den Gott des Feuers unendlich sein mochte und sie hoffte, daß sie dies nicht zu allzu gewagten Unternehmungen verführen würde. Alles in allem konnte sie sich glücklich schätzen, daß sie seinem Fluch entronnen war.


    "Deleila, ich kann Deine Gefühle verstehen. Aber dennoch solltest Du vorsichtig sein, wenn Du solcherlei aussprichst. Die Götter wandeln unter uns und ich möchte nicht erleben, daß Dir etwas geschieht."

  • "Habt Dank", sagte Mileana und deutete ein Nicken an. "Ich finde den euren aber auch sehr schön!" Sie machte eine kleine Pause und sah wieder ihre kleine Schneiderei vor sich. "Ja, das tue ich in der Tat. Ich betreibe dort eine Schneiderei."


    Mit den folgenden Worten hatte Valea nicht unrecht. Es wäre schrecklich, wenn ihre Geliebte erneut unter dem Zorn der Götter leiden müsste, und so gab sie Valea recht: "Es stimmt. Ich möchte auch nicht, dass dir etwas zustößt." Dabei zog sie sie näher zu sich und hauchte ihr einen Kuss auf die weiche Wange.

  • Ein leises Seufzen drang von den feinen Lippen in dem porzellanpuppenhaften Gesicht mit der hellen Haut. Langsam sah sie zwischen ihrer Freundin und ihrer Geliebten hin und her. "Aber man kann ihn doch nicht ungestraft lassen.. " murmelte sie leise. Natürlich, sie würde ihre Töpferei weiter betreiben und dergleichen, aber würde sie jemals wieder Liliande und Yanariel dienen können oder war ihr dieser Weg auf ewig versperrt, weil sie verflucht gewesen war? Würden die Göttinnen ihr erneut ihre Liebe schenken?


    Sie drückte Mileana sanft an sich heran, als diese ihr einen Kuss auf die Wange hauchte und sah dann wieder zu Valea. Die Freundin war weise und hatte immer einen Rat gewusst, sie hatte ihr beigestanden, selbst als Deleila nur mehr ein kalter Eisblock ohne Gefühle gewesen war und sie war eine der wenigen gewesen, die sie nicht verlassen hatten, nachdem ihr Schicksal sie ereilt hatte. Wusste sie vielleicht auch diesmal Rat?

  • Valea nickte leicht, als Mileana ihre Schneiderei erwähnte. Das war es also, was sie im Hinterkopf hatte, wenn sie Mileana betrachtete. Als sie die Besorgnis im Blick der anderen Frau bemerkte, wandte sie sich wieder zu Deleila um.


    "Oh Deleila, es obliegt nicht uns, Narion zu bestrafen. Und Du kannst Dir sicher sein, daß jeder gebrochene Fluch wie ein Schlag ins Gesicht für ihn ist. Ich befürchte, daß Du damit zufrieden sein musst."


    Deleila hatte Sorgen, das konnte man ihr ansehen. Valea konnte zwar nicht ergründen, welcher Art diese Sorgen sein mochten, doch das sie vorhanden waren, war deutlich zu spüren. Sie blickte die Valisar prüfend an - aber mit Sicherheit würde ihr Mileana bei ihren Sorgen zu helfen vermögen.

  • Meine arme Deleila zerbricht sich den Kopf....


    "Liebste, Valea hat Recht", begann sie sanft und strich Deleila durch ihr weiches Haar, "es ist für Narion sicher schon Strafe genug. Mehr können wir vermutlich nicht ausrichten." Sie sah ihr tief in die glänzenden Augen und meinte fast darin zu versinken...

  • Sie schmiegte sich an Mileana heran, blickte zwischen der Geliebten und der Freundin hin und her.


    "Meint ihr, ich darf ihnen wieder dienen? Glaubt ihr, sie haben genug Liebe für mich, auch wenn ich nicht mehr wie einst aussehe, um mich erneut in ihre Dienste zu nehmen?" Sie hatte das Gefühl, so unendlich viel verloren zu haben, als Narion sie verdammt hatte - und obgleich sie nun dank ihrer süßen Mileana, deren Blick sie nun erwiderte - ihre Gefühle wiederhatte, fehlte ihr doch etwas. Es war die große Liebe, mit der sie ihren Dienst an Liliande und Yanariel versehen hatte, die Liebe ihrer Göttinnen.


    Was sollte sie tun, wenn sie nicht mehr in ihre Dienste treten konnte? Würde sie ihre Töpferei weiterführen können und wäre sie weiterhin so beliebt mit ihren Skulpturen, das genügend Leute sie kaufen wollten? Soviele Sorgen schienen mit einem Mal auf sie einzustürmen und all das, was sie als Valisar ohne Gefühle nicht einmal gerührt hatte, machte ihr nun mit einem Schlag doppelt zu schaffen, ohne das sie es wirklich so gewollt hatte.

  • Valea meinte zu verstehen, was Deleila bewegte. Allerdings waren ihre Sorgen unbegründet. Die Valisar hatte jedoch so lange ohne Sorgen gelebt, daß sie ihr nun beinahe unüberwindlich erscheinen musste. Mit Erstaunen lauschte sie den Worten der Valisar und schüttelte dann mit einem Lächeln den Kopf.


    "Aber Deleila - glaubst Du wirklich ernsthaft, daß Lilliande und Yanariel sich an Deinem Äußeren stören? Glaubst Du nicht viel eher, daß Du ein Symbol für den Sieg über Narions Fluch bist? Ich glaube, daß Deine Sorgen vollkommen unbegründet sind. Die Göttinnen würden niemals eine ihrer Töchter verstoßen. Sie würden nicht einmal die Verfluchten verstoßen - doch sie verstoßen sich sselbst, indem sie sich von den Göttinnen abwenden."


    Tatsächlich war es unwahrscheinlich, daß Lilliande und Yanariel jemandem den Dienst verweigerten, der mit Herz bei der Sache war. Die Göttinnen mochten vielleicht als oberflächlich empfunden werden, doch sie waren es mit Sicherheit nicht.

  • Mileana betrachtete ihre Liebste mitfühlend. "Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sie dich verstoßen werden. Sie sind wahrscheinlich dankbar für jeden, der sich in ihren Dienst stellt. Sie werden sich freuen, dich wieder zu haben von Narions Fluch erlöst!", sagte Yenvar und blickte Deleila an. Ein leichter Windhauch spielte dabei mit ihrem Haar...

  • "Höre auf Deine Liebste, Deleila - und auf das, was Dein Herz Dir sagt, dann wirst Du nicht fehl gehen. Aber nun muss ich weiter - ich wünsche euch noch einen wundervollen Tag ohne Sorgen. Möge Eriadne euren Weg erleuchten und Lilliande und Yanariel eure Liebe stets erhalten."


    Valea lächelte und verabschiedete sich mit diesen Worten von den beiden Liebenden. Sie bedauerte es zwar, nicht mehr Zeit zu haben, um ihrer beider Geschichte zu hören, doch sie vertraute darauf, daß sich ihre Wege wieder kreuzen würden, wenn es an der Zeit war.
    So schritt sie also davon - den Pflichten entgegen, die sie an diesem Tag erwarteten. Und in ihrem Herzen trug sie die Gewissheit, daß Lilliande und Yanariel ihre Kinder niemals verlassen hatten. Und das wahre Liebe jeden Fluch zu brechen vermochte.

  • "Habt dank! Auch euch einen schönen Tag! Wir werden uns wohl wiedersehen!", verabschiedete sie sich von Valea.
    Dann umarmte sie Deleila. "Na, wollen wir weiter?", fragte sie lächelnd und küsste sie auf die Stirn.

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