Eine täuschende Rettung

  • Der Markt dieser Stadt schien sich fast über das gesamte Händlerviertel zu erstrecken. Es musste bereits nach Mittag sein als Zeciass das Zentrum des lautstarken Treibens gefunden hatte. Ein großer Platz, den die Statue eines Trockenen überragte und um den sich besonders aufwendig hergerichtete Stände gruppierten. Selbst durch die ohrenbetäubenden Rufe der Marktschreier erreichte Zeciass' Gehör ein Plätschern und nach einigen weiteren Schritten entdeckte er dessen Ursprung. Ein verzierter Brunnen aus weißem Gestein verbreitete den willkommenen Klang von sprudelndem Wasser und zog die Aufmerksamkeit des Yassa'Dhars geradezu magisch an.


    Er schien jedoch nicht der einzige zu sein, der die Feuchtigkeit in der Luft zu schätzen wusste und so musste er erst einige trockene Plagen zur Seite schieben, bevor er über einige Stufen an den Rand der einladenden Quelle treten konnte. Voller Farben und stetiger Bewegung erstreckte sich der Marktplatz nun unter ihm. Das beruhigende Plätschern im Rücken, ließ Zeciass seinen Blick schweifen.
    Das Warenangebot war nicht uninteressant. Schon auf dem Weg hierher hatte er vieles gesehen, das ihm gänzlich unbekannt war. Seltsame Materialien, exotische Nahrungsmittel und besonders diese ratternden und rauchenden Apparaturen der kleinwüchsigen Trockenen, die sich seinem Verständnis vollkommen entzogen. Natürlich hatte er sich sein Staunen nicht anmerken lassen und auch seine Neugier wusste er zu beherrschen, doch es ließ sich nicht vermeiden, dass er die Angebote teilweise länger begutachtet hatte als es sein Stolz und seine Verachtung der niederen Kultur gegenüber dulden sollten.


    Zeciass nutzte die kurze Rast, um Wasser aus dem Brunnen zu schöpfen. Sich über die spiegelnden kleinen Wellen neigend, befeuchtete er seine Kiemen und seinen Nacken und genoss die kühlen Rinnsale, die ihm dadurch über die Schuppenhaut rannen. Ein Feenelf sauste lachend vorbei und eine ältere Frau, die auf dem Brunnenrand saß, warf dem Yassa'Dhar sehr misstrauische und durchdringende Blicke zu. Zeciass bemerkte sie, musterte die Alte kurz aus dem Augenwinkel und ignorierte es. Sich wieder aufrichtend, ging ihm auf, dass sich seine dunkle Gestalt auffallend vom Weiß des Brunnens abhob, sodass er die breiten Stufen wieder hinab schritt. Er hatte nicht vor, die Aufmerksamkeit des gesamten Platzes zu erregen, doch die Nähe des Wassers machte den Aufenthalt angenehmer, sodass er beschloss, sich zuerst die Stände anzusehen, die möglichst nah an das kreisrunde Becken des Brunnens grenzten.

  • Es war einer dieser Tage, an denen sie Zerstreuung suchte, aber nicht fand. Die Arbeit mit den Pferden hatte ihrem unruhigen Geist nur wenig Linderung verschafft und irgendwann war kein Tier mehr übrig, mit dem sie sich hätte ablenken können. Ehe sie noch rastlos in ihren Gemächern umher ging, beschloss sie lieber durch die Stadt zu stromern. Da fand man sie auch nicht so leicht.


    Böse Zungen - wie ihr Vater - hätten jetzt behauptet, sie laufe einfach vor ihren Problemen davon. Wie ahnungslos er war. Als könnte man von dieser Klette davonlaufen. Im Gegenteil. Dieser vermaledeite Geck schien sie überall aufspüren zu können. Entweder hatte er ein ganz beachtliches Netz von Bediensteten und Spionen oder sie war einfach zu vorhersehbar. An so viele Zufälle mochte sie nicht so recht glauben. Und dann die ganzen Geschenke. Kein Tag verging, an dem nicht eine Rose - oder besser ein ganzer Bund davon - Geschmeide oder süsse Leckereien ihren Weg in ihr Haus fanden. Sogar ein Gedicht hatte sie schon erhalten! Was für ein Mann schrieb schon Gedichte? Wobei, das war wohl kaum aus der Feder seiner Eminenz selbst, aber trotzdem. Idiot.


    Dabei sollte selbst einem blinden Taubstummen mittlerweile klar geworden sein, dass sie nicht interessiert war. Sogar weniger als das. Wäre er nicht ein wichtiger Geschäftspartner gewesen, hätte sie ihm schon längstens die Meinung gegeigt. Aber so konnte sie sich das nicht erlauben und hoffte darauf, dass es ihm von selbst irgendwann zu blöd werden würde. Doch der junge Adlige schien sein Werben um die hübsche Cath'Shyrr nicht aufgeben zu wollen.


    Sie hatte den hübschen Adelsspross an einem der zahlreichen Feiern kennengelernt, zu denen sie mittlerweile oft eingeladen wurde. Die hübsche Cath hatte freundlich mit ihm geplaudert und dabei erfahren, dass seine Familie seit langer Zeit grosses Interesse an edlen Tieren hatte. Was für ein glücklicher Zufall, dass sie die Tochter einer der bekanntesten Züchter der ganzen Insel war. Aus der oberflächlichen Plauderei ergab sich schnell eine spannende Diskussion. Selten war es der Cath möglich, mit einem ihrer Kunden über ihr Metier zu sprechen. Voller Tatendrang - und mit einer Menge Schaumwein, den ihr der Adlige fleissig nachschenkte - machte sich die Grünäugige daran, einen neuen Kunden zu gewinnen. Eine Schmeichelei hier, eine zarte Berührung da... Er war Wachs in ihren Händen.
    Was danach jedoch passiert war... wusste sie nicht mehr. Verdammter Schaumwein. Hatte sie ihn geküsst? Das wäre absolut gegen ihre Prinzipien gewesen, aber sicher war sie sich nicht. Jedenfalls hing er jetzt wie eine Klette an ihr.


    "Oh, bitte entschuldigt!" Yarea sah erstaunt auf und wäre beinahe in jemanden hineingelaufen. Geistig bei besagtem Abend hatten ihre Füsse einen eigenen Weg eingeschlagen und sie auf den Markt gebracht. Ein Wunder, dass sie in all dem Gedränge nicht schon zuvor mit jemandem zusammengestossen war. Es war wohl das helle Haar und die dunklen, aber offensichtlich feinen Kleider, die den meisten Pöbel einen grossen Bogen um sie machen liess.
    "Yarea! Was für eine Überraschung, meine Teuerste!" Die grünen Augen weiteten sich vor Entsetzen, die schlitzförmigen Pupillen wurden noch eine Spur schmaler. Hätte einer der Umstehenden genau hingesehen, er hätte die Fingernägel bemerkt, die sich krallenförmig aus den Fingerspitzen schoben. All dies währte nur einen kurzen Moment, dann hatte die Cath sich wieder unter Kontrolle. Mit einem Lächeln, dass man durchaus auch als Zähnefletschen hätte deuten können, drehte sie sich um.


    Hinter ihr stand er. Einen Kopf grösser als sie, schulterlanges, schmutzig-blondes Haar und stumpfbraune Augen. Wieso nochmal fand sie ihn damals ansehnlich? Und wie hiess der Kerl überhaupt? Fieberhaft suchte Yarea nach einem Ausweg aus der peinlichen Situation.


    Hätte man sie später gefragt, was sie in diesem Moment dazu gebracht hatte, diese Idee als passable Lösung anzuerkennen - sie hätte nicht zu antworten vermocht. Mit einem schnellen Blick erfasste sie die Menschen ringsum und entschied sich dann für einen dunkelhäutigen Kerl, den sie erst auf den zweiten Blick als Yassalar erkannte. Jedenfalls sah er beeindruckend genug aus, um den adligen Jüngling zu verschrecken.


    "Oh, wie schön Euch zu sehen! Seid Ihr schon mit meinem Begleiter vertraut?" Sie berührte ganz sachte den Arm des Fremden, um ihm wenigstens eine Sekunde Vorbereitungszeit zu lassen, dann hakte sie sich bei ihm ein und lächelte strahlend. Sie blickte den Dunkelhäutigen an, "was für ein glücklicher Zufall das wir alle hier sind, endlich könnt Ihr meinen lieben Freund", sie nickte zu dem Adligen hinüber," kennenlernen. Ich hab Euch doch schon so viel von ihm erzählt".
    Die grünen Augen blickten ihr Gegenüber bittend an, ein stummes Flehen, bei diesem Spiel mitzuspielen.

  • Eine Auslage mit klingelnden Flechtwerken keines zweiten Blickes würdigend, wollte Zeciass sich gerade auf die Suche nach einem Stand mit etwas Essbarem begeben, da erklang eine Frauenstimme nah neben ihm und ließ das Wort Begleiter fallen. Fast gleichzeitig streifte etwas so flüchtig seine Schuppen am Ellenbogen, dass er es kaum bemerkte. Im Gedränge der Leute, dem Gewirr der vielen Geräusche und dem Brüllen der Marktschreier, das sogar noch bis zum Brunnen schallte, war es damit kaum seiner Beachtung wert.
    Das änderte sich schlagartig, als sich urplötzlich ein ganzer Arm unter seinen schob und schlanke Finger seine Schuppenhaut umfassten. Perplex die hellen Augenbrauen zusammenziehend, fand Zeciass seinen Blick in dem einer grünäugigen Frau wieder. Ihr freudestrahlendes Lächeln irritierte ihn dabei noch mehr als ihre vertrauliche Berührung. Bevor er jedoch dazu kam, auch nur ein einziges Wort zu sagen, plauderte sie schon munter weiter, sprach von einem glücklichen Zufall und deutete auf den Trockenen, der ihr gegenüberstand. Zeciass verstand nicht, wie sie ihn mit irgendjemandem hier verwechseln konnte.


    Aus purem Reflex sah er in die gewiesene Richtung und musterte den Trockenen, der dort stand. Vom Hals abwärts war dieser in lächerlich buntes Tuchwerk eingewickelt, das dazu auch noch mit weiteren Tüchern und Schmuckobjekten gespickt war. Eine Schicht über den nächsten wie bei einem Einsiedlerkrebs, der sich nicht mit einer einzigen Schale zufrieden geben konnte. Sie wollte ihm von diesem wandelnden Stoffhaufen erzählt haben?


    Sie mochte ansehnlich sein, aber sie war eindeutig verrückt. Mit unbewegter Miene schaute er zu ihr zurück und sein Körper spannte sich bereits, um sie abzuschütteln, da fing er ihren flehenden Blick auf. Im Bruchteil einer Sekunde fügte sein Verstand die bruchstückhaften Informationen zu einem logischen Bild zusammen. Die kalte Starre fiel von seinen Gesichtszügen ab und seine Augen tauchten noch kurz in ihren, ehe Zeciass sich mit einem erstaunlich echt wirkenden Lächeln wieder dem Trockenen zu wandte. "Das hat sie. Es kommt mir vor, als würde ich Euch bereits persönlich kennen." Der Yassa'Dhar streckte dem Trockenen in einer fließenden Geste seine schwarze Rechte entgegen. "Zeciass Raphis", stellte er sich mit fester Stimme vor und lächelte, sodass seine Reißzähne dabei gefährlich blitzten. Von dieser Art, einander zu begrüßen, hatte er bereits gelesen und sie mehrfach in der Stadt beobachten können. Die Reaktion des anderen abwartend, fügte er hinzu: "Es war sogar so viel Gutes, dass ich darüber tatsächlich Euren Namen vergessen habe. Helft meinem Gedächtnis auf die Sprünge..."


    Noch während Zeciass sprach und den Trockenen dabei in seinem Blick behielt, konzentrierten sich seine übrigen Sinne auf die hübsche Weißhaarige an seiner Seite. Kaum ein Geruch ging von ihr aus, wo die meisten Trockenen ständig beißende Schwaden verströmten. Sie hätte damit wie er aus dem Meer stammen können, doch ihr Aussehen schloss diese Möglichkeit aus. Die spitzen Eckzähne, die bei ihrem Lächeln hervor geschimmert hatten und ihre geschlitzten Pupillen waren Merkmale eines Volkes, von dem ihm der alte Tsa'Orl erzählt hatte. Ein Volk, das Katzen glich. Wie ärgerlich, dass er nicht nachgefragt hatte, was Katzen waren...

  • Die wenigen Sekunden, die es dauerte, bis Verständnis in den Augen des Fremden aufleuchteten, kamen Yarea unendlich lange vor. Doch mit einem letzten, intensiven Blick zu ihr verwandelte sich die unnahbare Kälte in ein freundliches Lächeln. So freundlich, das selbst die Händlerstochter, die sich mit falschen Lächeln auskannte, beeindruckt war. Entweder waren tatsächlich alle Geschichten über das Meeresvolk falsch, oder sie hatte sich in eine sehr unberechenbare Situation begeben. Und irgendwie zweifelte sie an ersterem.


    Die Augen des Adligen weiteten sich vor Überraschung. In den braunen Augen war neben einer Spur Furcht aber auch viel Trotz zu lesen. Obwohl die Cath gehofft hatte, den Gecken so schnell loszuwerden, schien der noch lange nicht aufgeben zu wollen. Es war ihm anzusehen, wie viel Überwindung es ihn kostete, dem Dunkelhäutigen die Hand zu geben. Doch er packte sie und versuchte sich an einem Lächeln.
    "Man pflegt mich Mion DeCael zu nennen. Aber nennt mich doch Mion", die Bedeutung der Worte war freundlich, der Tonfall war jedoch weit weg davon, "schliesslich sind Yareas Freunde auch die meinen." Man brauchte kaum gute Ohren, um das Missfallen und die Zweifel am Geschmack der Weisshaarigen herauszuhören.


    Mion DeCael. Genau. Der trübe Nebel in Yareas Gehirn lichtete sich ein wenig. Sehr wenig. Eigentlich konnte sie sich nur daran erinnern, diesen Namen zu kennen. Keinesfalls kam ihr der gehässige, spottende Tonfall des Adligen jedoch bekannt vor. Für weniger als einen Herzschlag zeigte ein feines Stirnrunzeln ihre Verwunderun, dann besah sie sich 'ihren' Begleiter aus den Augenwinkeln. Etwa einen halben Kopf grösser als sie, dunkle Schuppenhaut, weisses Haar. Sein - zugegebenermassen ansehnlicher - Körper war nur von einem Lendenschurz bedeckt. Yarea konzentrierte sich schnell wieder auf den Kerl vor ihr, bevor eine verräterische Röte ihre Wangen überziehen konnte.


    Der Adlige dachte natürlich, dass ein so gekleideter Fremder nur ein Barbar sein konnte. Nun nahm er sich erst recht vor, seine holde Angebetete aus den Fängen dieses Biestes zu befreien. Schliesslich war er offensichtlich kein Umgang für die Dame. Vielleicht hatte er sie gar dazu gezwungen, sie zu begleiten? Man hörte schliesslich nie etwas gutes über diese Yassalar. Ganz beiläufig legte er die Hand, die soeben noch die des Schwarzschuppigen in einer Geste der Freundschaft ergriffen, auf den Knauf des reich verzierten Schwertes an seiner Seite.


    Yarea bemühte sich derweil um die dekorative Unauffälligkeit der Damen, die sie sonst für ihre passive Haltung verachtete. Dabei überlegte sie fieberhaft, was sie jetzt tun sollte.

  • Durch den verächtlichen Tonfall des Trockenen veränderte sich etwas im Gesicht des Yassa'Dhar. Sein Grinsen wurde noch eine Spur breiter und hätten Zeciass' schwarze Augen seine Pupillen nicht vollkommen verborgen, hätte es Miol eine Warnung sein können, dass diese sich plötzlich zu zwei nadelspitzen Punkten zusammenzogen. So beging er jedoch den Fehler, seine Hand auf seine Waffe zu legen.
    Die lärmende Kulisse des Marktes rückte in den Hintergrund. Der Trubel und die Geräusche verblassten zum Schementanz. Der Spaß gewann für Zeciass ab diesem Moment eine ganz neue Qualität.


    Statt ebenfalls zu seiner Klinge zu greifen und sie dem anmaßenden Staubschlucker blitzartig an die Kehle zu setzen, legte Zeciass seine Hand sanft auf Yareas Arm, der sicher im Winkel seines Ellenbogens ruhte. Seine Züge entspannten sich und als sei das Missfallen seines Kontrahenten nicht einmal beachtenswert, begutachtete er eingehend die Frau an seiner Seite.
    Äußerlich konnte sie ihre Anspannung gut verbergen, doch er spürte ihren rasenden Pulsschlag und dieser milde Hauch von Panik berauschte seinen Jagdinstinkt. Auch die wohlgeformten Kurven, die sich durch ihr schwarzes Kleid abzeichneten, entgingen ihm keineswegs und so musste er sich nicht anstrengen, um seinem Ausdruck das nötige Verlangen zu verleihen.
    „Als könnte ich mit so einer strahlenden Perle nur befreundet sein...“, widersprach der Yassa'Dhar und senkte verschworen den Blick in Yareas grün schimmernde Augen. Ob sie bewusst oder unbewusst in seine Arme geflüchtet war, spielte keine Rolle. Die schlichte Tatsache, dass sie jetzt bei ihm war, machte sie zu seinem Eigentum und das würde ihm niemand, schon gar kein Trockener, streitig machen. „Es heißt zwar, es sei unmöglich, das schwarze Herz eines Yassalar zu stehlen“, sprach er mit dunkler Stimme weiter und hielt den Blick der Weißhaarigen dabei in seinem gefangen. „... aber unsere liebreizende Yarea musste mich nur einmal ansehen und es war um mich geschehen.“


    Zeciass spielte mit der tieferen Bedeutung seiner Worte. Den unliebsamen Trockenen in die falsche Strömung zu drängen, gehörte zu seinen leichtesten Übungen und war kaum seiner Beachtung wert, doch noch im gleichen Atemzug die Leidenschaft der exotischen Fremden zu wecken, reizte seinen Ehrgeiz. Eine willkommene Herausforderung, der er unmöglich widerstehen konnte.

  • Der Spross der DeCaels deutete das breiter werdende Lächeln des Yassalars in der falschest möglichen Weise. Yarea brauchte die sich verengenden Pupillen nicht zu sehen. Ihr Instinkt, geschärft durch etliche Unterrichtsstunden und noch mehr Geschäften, sagte ihr, das dem Fremden das ungebührliche Verhalten durchaus aufgefallen war. Mion jedoch entspannte sich sichtlich. Es stand dem Blonden ins Gesicht geschrieben, dass er sich bereits als Sieger aus diesem Disput hervortreten sah. Womöglich mit ihr als seinem Preis.


    Dieser Gedanke machte die Cath wütend. Kurzerhand und ohne einen Gedanken an die Konsequenzen zu verschwenden beschloss sie, ihrerseits dieses Spiel auf die Spitze zu treiben. Doch der Yassalar kahm ihr zuvor. Sie spürte seine schuppige Haut ihren Arm zärtlich umfassen. Umso besser.
    War die Gestalt des Adligen bei dieser Geste schon erstarrt, so konnte man ihn beinahe mit den Zähnen knirschen hören, so spannten sich die Muskeln seines Kiefers, als er sah, wie der Blick dieser Kreatur auf der Weisshaarigen lag, sie geradezu verschlang.


    Yarea schmiegte sich derweil deutlich enger als nötig an den muskulösen Fremden und erwiederte seinen Blick mit glühender Intensität. Sie musste sich zwar unendlich zusammenreissen, um bei seinen Worten nicht laut aufzulachen. Schlimmer als in gewissen Kitschromanen, die sich manche adlige Dame nur unter Geheimhaltung bringen liessen. Bei diesen Schundbüchlein ging es nach ähnlich absurden Situationen dann aber meistens etwas... intimer weiter. Prompt wurde die Katze beinahe wieder rot. Der Hauch von Rosa, der nun ihre Wangen überzog, konnte jedoch ohne Weiteres als Leidenschaft missgedeutet werden.


    "Er übertreibt masslos, etwas mehr war schon nötig" sie liess ihre tiefe Stimme die schnurrenden Klänge ihres Akzentes - den sie wahlweise an oder abschalten konnte - voll auskosten. Sie liess offen, aus was dieses 'mehr' bestanden hatte und sie wurde nicht enttäuscht. Der argwöhnische Blick des Adligen war Beweis genug für seine blühende Fantasie, die sich seiner gerade bemächtigte. Aufreizend langsam fuhr sie mit den schmalen Fingern liebevoll über die schwarzen Schuppen. Obwohl sie mit Mion sprach, löste sie ihre grünen Augen erst spät von ihrem Begleiter. Noch deutlicher konnte sie nicht werden.


    Die Knöchel an der Hand des Blonden traten deutlich hervor, so fest umklammerte er sein Schwert. In seinem Gesicht stand Wut, Unglauben und Ohnmacht so deutlich geschrieben, das es der Cath beinahe leid tat, aber nur beinahe.

  • Das selbstbewusste Leuchten ihrer sonnengrünen Augen weckte Zeciass' besondere Aufmerksamkeit. Yareas wacher Blick spiegelte seinen schwarzen so entschlossen, dass keiner ihrer Gedanken sich darin zu verfangen schien und das verriet ihm viel von seiner unverhofften neuen 'Partnerin'. Fast ebenso deutlich verkündete ihre Körpersprache, mit der sie ihren schlanken Leib fester an seine Muskeln drängte, mit was für einer Sorte Frau er es hier zu tun hatte. Ihr plötzliches Erröten hingegen ließ Zeciass irritiert in seiner üblichen Routine innehalten. Eine solche Regung war ihm von den Frauen seiner Heimat nicht bekannt. Was sollte das? Noch während er versuchte, diesem merkwürdigen Signal ihres Körpers einen Sinn abzugewinnen, war es allein seiner kühlen Beherrschung zu verdanken, dass sich nichts davon auf seiner Mimik wiederfand. Der warme Klang von Yareas Antwort wirkte in seiner eigenen Unschlüssigkeit sogar noch eigentümlicher und stand in verwirrend scharfem Kontrast zu den scharfen, kalten Worten seiner Muttersprache. Zum ersten Mal seit langer Zeit schwieg Zeciass' untrüglicher Instinkt ratlos bei einer Frau.


    Der Yassa'Dhar konzentrierte sich nachträglich auf die Bedeutung ihrer Worte. Dass ihre Finger damit begannen, verführerisch langsam über seine Schuppenhaut zu streichen, war etwas, das er wiederum gewohnt war. Die sanften Bewegungen wirkten zufällig, doch er kannte derlei Spielchen von den Priesterinnen und wusste, dass sie es keinesfalls waren. Er mahnte sich zur Vorsicht. Sie war nur eine Niedere, doch sie war von einem Volk, das ihm fremd war. Er war schon bei der Nymphe zu leichtfertig gewesen und er beging denselben Fehler niemals zweimal. Diese Erwägungen in den Hintergrund schiebend, aber keinesfalls vergessend, richtete Zeciass seine Aufmerksamkeit wieder auf Mion.


    So unnötig es auch war, den Trockenen noch einmal anzuschauen, tat der Yassa'Dhar es um der bloßen Genugtuung willen, dessen finsteren Groll auf sich gerichtet zu sehen. Er wurde nicht enttäuscht und sein bereits sehr fester Verdacht, dass der Niedere die Frau an seiner Seite begehrte, bestätigte sich damit vollständig. Die diebische Täuschung begann ihn mit jeder Sekunde mehr zu amüsieren.
    „Doch genug von uns. Was führt Euch hierher, Mion? Hattet Ihr etwas mit meiner Partnerin zu besprechen?“ fragte Zeciass den Trockenen so unverfänglich, dass das Lauern in seinem Blick dabei kaum ins Gewicht fiel.


    Tatsächlich klappte der Angesprochene sofort den Mund auf, nur um ihn nach einer wortlosen Sekunde ebenso schnell wieder zu schließen. Wie ein Fisch auf dem Trockenen. „Nichts... nichts, dass man nicht auch zu den Geschäftszeiten klären könnte“, fand der Umtuchte schließlich doch einen ganzen Satz in seinem luftigen Schädel, den er hervorwürgen konnte. „Aber gestattet mir die Frage, wie lange dieses...“, seine Hand, die nicht verkrampft seinen Schwertknauf umklammerte, wedelte aufgebracht in ihre Richtung. „.... schon so geht? Und wie ernst...?“ Man hörte, dass er bei seiner Frage die Zähne zusammenbiss. Die Wut verschlang den Rest seines Satzes und ließ ihn verstummen.
    Zeciass kam sich in diesem Moment vor wie eine jener gnadenlosen Kluftspinnen in den Netzriffen, die ihre Beute einfach so lange zappeln ließ, bis diese sich von selbst nicht mehr rührte... und so hilflos und verbissen wie ein frisch gefangenes Opfer wirkte nun Mion. Er strampelte und wand sich in ihrem Netz aus Lügen und konnte sich einfach nicht mit seinem Schicksal abfinden.
    Neugierig, wie die Antwort Yareas ausfallen würde, musterte Zeciass ihre feinen Gesichtszüge.

  • Mion DeCael hätte einfach gehen können, wie jeder normale Mensch es getan hätte. Er hätte einsehen können, dass er diese Schlacht verloren hatte und irgendwo in der Abgeschiedenheit seiner Privatgemächer seine Wunden lecken können. Oder - wenn es nach ihr ging - auch in ein Bordell gehen können und sich irgendein menschliches Flittchen suchen, dass so tat als sei sie vom Katzenvolk. Wie jeder normale halbwegs aufgeblasene Adlige es getan hätte.


    Aber nein. So viel Glück hatte sie natürlich nicht. Erst jetzt realisierte die Cath vollends, dass der junge Adelsspross wohl tatsächlich mehr für sie empfand, als sie gedacht hatte. Wäre es nach ihrem Vater gegangen, hätte der junge DeCael mit Sicherheit auch eine gute Partie für sie dargestellt. Abgesehen davon, dass er kein Cath'Shyrr war. Aber einen solchen unter der Kuppel zu finden, der nicht mit ihr verwandt war? Unwahrscheinlich.


    Jetzt tat es der Weisshaarigen beinahe wieder leid, so mit den Gefühlen des Blonden gespielt zu haben. Yarea war davon ausgegangen, dass Mion ihre Verhandlungsmethoden durchaus bekannt waren. Aber er hatte wohl selten mit Frauen verhandeln müssen. So hatten ihre neckischen Spielereien für ihn wohl einiges mehr bedeutet, als es in ihrer Absicht gelegen hatte. Verdammt!


    Sie hörte die erstickten Fragen DeCaels und bemerkte auch den neugierigen Blick dieses Zeciass. Er wollte wohl ihr die Antwort überlassen. Fieberhaft überlegte die junge Cath. Was würde dem Adligen klar machen, dass hier nichts mehr zu erreichen war, ihn aber gleichzeitig nicht so erzürnen, dass all ihre Geschäfte den sprichwörtlichen Bach hinunter gingen?
    Da kam der Cath die zündende Idee.


    Sie löste sich ein wenig vom Arm des Fremden neben ihr, auf den Lippen ein freundliches Lächeln. Mit einem gelösten Schulterzucken und einer beiläufigen Geste begann sie ihre Lüge zu spinnen. "Ich habe Euch doch erzählt, dass ich dringend in meine Heimat reisen musste, weil mein Vater mich nach Hause bestellt hatte?" Zwei Fliegen mit einer Klappe. Lass ihn wissen, dass er etwas privates von dir weiss und zudem untermauerte sie damit die Lüge, die sie ihm aufgetischt hatte, weil sie keine Lust gehabt hatte, sich mit ihm zu treffen.
    "Zeciass war ein Gast, mein Vater hat neue Geschäfte im Sinn. Er wollte, dass ich ihm die Hauptstadt und meine bescheidene Zweigstelle hier zeige." Der junge DeCael war adelig und wusste selbst, wie die Pläne der Alten die der Jungen über den Haufen werfen konnten. Es war durchaus möglich, dass er nun davon ausging, dass sie hauptsächlich um ihrer Familie willen diese Liebelei am Laufen erhielt.


    Yarea hoffte inständig, dass der Blonde genug Verständnis für Familienehre und solcherlei übrig hatte, um sie nicht weiter zu bedrängen.

  • „Das ist ja...“, hauchte Mion entsetzt und seine Augen weiteten sich, denn er meinte durchaus, ihren Wink verstanden zu haben. „So etwas kann ich unter keinen Umständen gutheißen. Ich werde Eurem geschätzten Vater postwendend eine Offerte höchster Güte zukommen lassen, die Euch in Zukunft vor derlei...“ Sein Blick sprang nur kurz zu dem Yassalar. „... Pflichten bewahrt. Seid unbesorgt, Verehrteste.“ Seine Verbeugung fiel so schwungvoll aus, dass dabei das Seidentuch zu Boden fiel, das er sich in der Brusttasche drapiert hatte. Hastig las er es wieder auf, bevor er sich aufrichtete, unaufgefordert nach der Hand der Cath'Shyrr griff und einen Handkuss darauf drückte. „Seid versichert, Mion DeCael steht zu seinem Wort!“, beteuerte er ihr mit glühender Inbrunst und ohne noch auf irgendetwas zu hören, wirbelte er herum und machte sich daran, sein Vorhaben unverzüglich in die Tat umzusetzen.


    Zeciass hatte das Schauspiel interessiert verfolgt und sah den betuchten Niederen nun wie von Kiemenklappern gejagt in der Menge verschwinden. Seine Augenbraue hob sich, als er zu Yarea zurück sah. „War das also Euer Plan?“

  • Das Unheil nahm seinen Lauf. Das erste Mal in ihrem Leben konnte Yarea nachvollziehen, wie es sich anfühlte, eine Situation völlig hilflos bei ihrer Entfaltung zu beobachten. Die aufgerissenen Augen des jungen Adligen spiegelten eine rechtschaffene Empörung wieder, die das Ende ihres derzeitigen Lebens bedeuten konnte. Für einen winzigen Moment nur klammerten sich die nun klammen Finger an den schuppigen Arm des Fremden, dann fand die Grünäugige wieder in ihr gewohnt selbstsicheres Auftreten zurück. Ganz die feilschende Händlerstochter setzte sie ein beschwichtigendes, strahlendes Lächeln auf.


    "Nicht so ganz. Verzeiht, ich muss kurz mein Leben retten", ihre Stimme klang zufriedenstellend locker, wie die Cath'Shyrr überrascht feststellte. Wenigstens waren die Jahre der Ausbildung nicht vollends verschwendet gewesen. Obwohl sich der Blonde mit forschem Schritt entfernte, strich sich die Cath ohne Hast das dunkle Kleid glatt, zupfte gekonnt den Ausschnitt zurecht - anständig, aber dennoch verheissungsvoll ohne dabei frivol zu wirken - und zupfte eine Strähne ihres weissen Haares aus der Frisur. Zusammen mit den vollen Lippen gab es der Katze einen Hauch Unschuld, der bei beschützerischen Charakteren einen unbezahlbaren Vorteil darstellte.


    Zufrieden mit ihren Vorbereitungen - dabei hatte sie den Yassalar an ihrer Seite in keinster Weise beachtet - folgte sie dem Adligen und hatte ihn in wenigen Schritten eingeholt. Nur eine Cath'Shyrr konnte sich in einem langen Kleid so schnell bewegen und trotzdem so viel Anmut besitzen, das sie in keinster Weise lächerlich aussah. Ein Raubtier auf der Jagd.
    Sanft hielt ihre schlanke Hand den Blonden zurück.
    "Liebster Mion", freundliche Stimme, bittende grüne Augen, sanft geöffnete Lippen. " Bitte, haltet ein! Diese.. Pflichten sind nicht so weitreichend, wie Ihr vielleicht denken mögt. Die Waffen einer Frau sind vielfältig ohne dabei sonderlich verheerend zu sein" ein vertrautes Zwinkern besänftigte den aufgebrachten Gesichtsausdruck des jungen Mannes. Eigentlich müsste er das mit Bestimmtheit wissen. Schliesslich wollte er ihr einen Heiratsantrag machen, ohne jegliches Zugeständnis irgendeiner Art ihrerseits. Ein kleines Bisschen Stolz war sie schon auf ihre Leistung. Obwohl sie gerade nur Probleme verursachte.


    "Aber Yarea, seht Euch doch an. Ihr habt es nicht verdient, auf solche Art von eurem Herrn Vater benutzt zu werden. Ihr seid viel zu wertvoll, um an solches Gesindel" die behandschuhte Hand gestikulierte deutlich abfällig in Richtung des Schwarzschuppigen, "verschachert zu werden. Auch wenn es nur der Umgarnung dient! Ihr habt besseres verdient! Ich werde" Yarea unterbrach ihn einzig mit einem Blick. Vollkommen in ihrem Element, ihrem Spiel aufgehend brachte sie all ihr Gelerntes in einer formvollendeten Harmonie zur Anwendung. Die grünen Augen funkelten, die exotisch geschlitzten Pupillen bannten den Blick des Adligen.
    Ihre tiefe Stimme nahm einen schnurrenden Klang ein, als sie sich wiederum des Akzentes ihrer Muttersprache bediente. "Es ist in Ordnung. Mein Vater würde niemals auf Euer Angebot eingehen, sondern dahinter ein Komplott vermuten. Ihr wisst wie misstrauisch die Händler sind. Er ist dabei keine Ausnahme, leider. Lasst mich ihn davon überzeugen, dass es sein eigener Wunsch, seine Idee gewesen ist. Ihr wisst, ich kann sehr überzeugend sein. Bis dahin, lasst mich meine Arbeit tun. Ich kann mich schon wehren, wenn es nötig ist", ihr Lächeln entblösste die spitzen Eckzähne und für einen kurzen Moment bohrten sich nadelspitze Krallen ganz sanft in den Arm des Adligen. Sie hatte ihn, das wusste sie. Leider brachte ihr diese Lüge erneut nur Aufschub und keine Erlösung. Aber das war in diesem Fall wohl ohnehin Wunschdenken gewesen. Schliesslich waren die DeCaels wichtige Geschäftspartner. Schadensbegrenzung war ihre einzige Möglichkeit.


    Mion DeCael seufzte ergeben. "Als könnte ich Euch eine Bitte abschlagen. Aber seid so gut, passt auf Euch auf. Und zögert nicht, mich sofort zu benachrichtigen, wenn Ihr Hilfe braucht. Egal welcher Art." Ein letzter, wütender Blick streifte den Yassalar, dann verabschiedete er sich erneut von der weisshaarigen Katze und zog dann endgültig von dannen. Nicht ohne einen letzten Blick über die Schulter zurückzuwerfen.


    Erst als der Adlige endgültig vom alltäglichen Gedränge des Marktes verschluckt wurde, konnte sich die Cath ein bisschen entspannen. Noch immer haftete ihrem Gang die volkseigene Anmut an, doch das Raubtierhafte fehlte, als sie gemächlich zu Zeciass zurückkehrte. Etwas verlegen und in beinahe lachhaften Kontrast zu ihrem berechnenden Verhalten zuvor strich sie sich die gelöste Strähne hinters Ohr.
    "Entschuldigt den Überfall und habt Dank für das Mitspielen."

  • Dass sie sagte, sie müsse ihr Leben retten, zeichnete einen fragenden Ausdruck auf die Züge des Yassa'Dhars. Hatte eine verborgene Drohung in den Worten des Trockenen gelegen, die ihm entgangen war? Wie sie sich daraufhin zurechtmachte, verfolgte er wie ein exotisches Schauspiel, bevor Yarea sich von ihm löste und dem Trockenen geschickt nacheilte.
    Mit einem Schnauben verlagerte Zeciass sein Gewicht aufs andere Bein und hakte die Daumen seitlich hinter seinen Gürtel. Er hätte sie zurückgehalten, wenn ihre Worte nicht so seltsam gewesen wären. Sein Blick wurde immer finsterer, während er verfolgte, wie die Cath'Shyrr den Trockenen einholte und ihm daraufhin näher rückte. Immer wieder versperrten Niedere sein Sichtfeld und der Geräuschpegel auf dem Markt machte es unmöglich, auch nur ein einziges Wort zu verstehen, sodass er seine Konzentration aufs Lippenlesen richtete. Es war kompliziert, denn der Trockene war aufgebracht und plapperte schnell. Seine herüber deutende Geste ließ jedoch darauf schließen, dass es noch immer um ihn ging. Erst bei den nächsten Worten Yareas erweichten Mions Züge und was er daraufhin ruhiger sprach, verstand Zeciass zu einem großen Teil.


    Die Miene des Yassa'Dhars blieb unbewegt, als ihn der letzte wütende Blick des Trockenen traf. So wartete er noch weiter ab und stellte mit gemildertem Argwohn fest, dass die Cath'Shyrr sich wieder auf den Rückweg zu ihm machte. Ihre Geste mit der Haarsträhne nahm er am Rande zur Kenntnis. Ihr schien gelungen zu sein, was sie bezwecken wollte. Auch ihre Worte deuteten darauf hin.
    Ein harter Ausdruck lag nun auf seinem Gesicht und kein Lächeln verfälschte mehr seine Gesichtszüge. „Was auch immer das gerade war, mit einer Entschuldigung ist es nicht getan“, stellte er ernst klar. „Euer Freund hätte sein Verhalten nicht überlebt, wenn ich es um Euretwillen nicht geduldet hätte.“


    Zeciass löste seine Hände vom Gürtel und musterte die hübsche Cath'Shyrr. „Es wäre kein schlechter Dank, wenn Ihr mich dafür zum Essen einladet“, schlug er vor und schaute zu den Ständen, von denen verheißungsvolle Dampfschwaden aufstiegen. Aus dem Augenwinkel blickte er zu der attraktiven Weißhaarigen zurück und ein einnehmender Ton mischte sich in seine Stimme. „Es sei denn, Euch schwebt eine andere Form der Wiedergutmachung vor...“

  • Die harte Miene des Schwarzgeschuppten liess Yarea für einen kurzen Moment lang stocken. Natürlich hatte sie den ihr fremden Mann aus dem Nichts überfallen und war ihm unendlich dankbar, dass er so gut mitgespielt hatte. Doch schien sich ihre Annahme, dass er ihr deswegen freundlich gesinnt war, nicht unbedingt zu bewahrheiten.
    Angeborene und antrainierte Instinkte gleichermassen liessen die Alarmglocken schrillen. Es war noch nicht ausgestanden, auch wenn die Gefahr nun von einer anderen Ecke kam.


    Seine an sie gerichteten Worte bestätigten, was ihrem Instinkt nicht entgangen war. Das eigentliche Spiel begann in diesem Moment, Mion war die Aufwärmphase gewesen, ohne die das hier nie stattgefunden hätte. Wahrscheinlich wollte ihr das Schicksal eins auswischen, weil sie sich so lapidar aus der Affäre gezogen hatte. Nunja, nichts war jemals einfach.


    In unmittelbarer Reaktion auf seine Worte zogen sich ihre Pupillen zu dünnen Schlitzen zusammen, die Fingernägel schoben sich aus der Haut und krümmten sich zu Krallen. Doch sie hatte sich sogleich wieder im Griff."Er ist nicht mein Freund, sonst hätte ich dieses Schauspiel wohl kaum vollführt, meint Ihr nicht? Dann seid um Euretwillen froh, dass ihr um meinetwillen davon abgesehen habt, den ältesten Sohn einer der bedeutensten Adelsfamilien der Insel mitten auf dem Markt der Hauptstadt zu töten, umringt von zahlreichen Zeugen." Selbst wenn der Yassalar den Vorurteilen des Adligen gerade alle Ehre machte, Yarea wusste, wann ihr Gegenüber mit Intelligenz gesegnet war. Und dieser Zeciass war mit Sicherheit nicht dumm.


    Sein Vorschlag stimmte die Cath ein wenig versöhnlicher - bis er die Alternative ansprach. Obwohl die Weisshaarige von einer Kurtisane unterrichtet worden war und dabei auch praktischere Übungen auf dem Stundenplan standen, fühlte sie sich in solchen Dingen überhaupt nicht versiert. Abgesehen davon, dass dieser Kerl hier gerade absolut unmöglich war. Die Wangen der Katze röteten sich vor rechtschaffener Empörung, doch sie behielt ihre flinke Zunge im Zaum und lächelte ein Lächeln, dass ihre spitzen Eckzähne mehr als nur zur Geltung brachte.


    "Ich glaube, ich bleibe beim ersten Vorschlag, vielen Dank. Was hättet Ihr denn gern?"An den Ständen um sie herum wurde vom Eintopf bis zum Fleischspiess alles mögliche angeboten. Was so ein Yassalar wohl ass? Meereself fanden sie hier bestimmt nicht. Jedenfalls nicht in bereits gekochter Form.

  • Neuerlich interessiert bemerkte Zeciass die Veränderung der Pupillen der Weißhaarigen. Dass sie so schmal werden konnten, war ungewöhnlich. Er fügte es seinem Wissen über ihr Volk hinzu.
    Ihre Worte bewiesen, dass sie nicht auf den Kopf gefallen war. Natürlich hätte er keinen Mord auf helllichter Straße begangen, was aber nicht hieß, dass er es nicht gekonnt hätte. Kein Niederen-Gesetz könnte ihn davon abhalten, sich den Respekt einzufordern, der ihm von Natur aus zustand. Die Information, dass es sich bei Mion DeCael um einen bedeutenden Trockenen handelte, machte den Yassa'Dhar jedoch hellhörig. Bedeutete es doch nichts Geringeres, als dass seine Begleiterin in einer gesellschaftlichen Schicht verkehrte, die in Nir'alenar über Macht verfügte...


    Zeciass entschied sich, sie nicht um ihr Vermögen zu erpressen, sondern wählte zwei andere Vergütungen, von denen ihm beide mehr Zeit mit ihr versprachen. Auf sein zweites Angebot reagierte die Cath'Shyrr aufschlussreich, denn erneut stieg die Röte in ihre Wangen. Gerade beschloss er, diese Eigenart der hellhäutigen Völker mit Erregung zu verknüpfen, da schlug sie eben jene Andeutung aus, und wäre sie eine Yassalar gewesen, hätte ihr Lächeln, das sie dabei zur Schau trug, eine Drohung bedeutet.


    Über die widersprüchlichen Körpersignale Yareas rätselnd, schweifte Zeciass' Blick zu den Ständen mit den fremden Speisen. Alles schien mit Hitze zubereitet zu werden. Eine Art des Kochens, die in Zesshin Doraz nur mithilfe von Geysiren praktiziert wurde und dadurch kostspielig war. „Was würdet Ihr Euch aussuchen, Yarea?“ fragte er und betrachtete die Frau, deren schlanker Körper darauf hinwies, dass sie nicht wahllos alles aß. „Ich probiere es, wenn Ihr es mir empfehlt.“

  • Yarea sah sich nach Zeciass Worten aufmerksam um. Was würde sie sich aussuchen? Eigentlich ass sie vergeichsweise selten auf dem Markt. Viel öfter wurde sie von irgendwelchen potentiellen Kunden oder langjährigen Partnern eingeladen. Eine solche Mahlzeit, die meistens aus etlichen Gängen bestand, reichte ihr dann normalerweise auch für den Tag. Unbewusst strich die Cath ihr Kleid erneut glatt, während sie nachdachte. Da fing ihre Nase einen vertrauten Geruch auf.


    Lächelnd wandte sie sich an den Yassalar und hakte sich provokativ wieder bei ihm ein. "Kommt, ich will Euch eine Spezialität der Stadt näher bringen".


    Sie führte den Schwarzgeschuppten zu einem nahen Händler, der lange Fleischspiesse verkaufte. Das dünn geschnittene und auf Spiessen aufgezogene Fleisch wurde nach dem Kochen in einem speziellen Pulver gewendet, das der Speise nicht nur einen würzigen Geschmack, sondern auch eine gewisse Schärfe verlieh. Die Grünäugige hatte schon immer eine Schwäche für scharfes Essen gehabt. "Guter Mann, wir hätten gerne zweimal die Spezialität eures.. Hauses." sie zwinkerte dem verdutzten Händler zu und liess zwei Münzen auf das fleckige Holzbrett fallen, dass dem Stand als Tresen diente. Die Miene des schnurrbärtigen, dickbäuchigen Mannes zeigte Zweifel, aber sowohl Yareas Erscheinung, die von gewissem Wohlstand und damit einhergehend auch Macht sprach, wie auch Zeciass Anblick hinderten den Mann daran, viele Fragen zu stellen.
    Die fleischige Hand griff sehr schnell nach den Münzen, bevor er ihnen das Gewünschte aushändigte. Mit einem letzten zweifelnden Blick betrachtete er das seltsame Paar vor seinem Stand. "Guten Appetit, meine Dame, mein Herr." Ein kaum verständliches Murmeln in seinen Schnauzbart folgte dem Genuschel, dann wandte er sich sichtlich erleichtert den nächsten Kunden zu.


    Yarea lachte. "Ihr macht die Leute unruhig, werter Zeciass. Sie sind so nervös, dass sie selbst eine Katze nicht allzu sehr aus dem Konzept bringt. Da könnte man fast neidisch werden." Sie schmunzelte, dann biss sie ohne viel Federlesens ein Stück des Fleisches vom Spiess. Selbst diese profane Handlung sah bei einer Cath seltsam elegant aus, darum machte sich Yarea nicht die Mühe, die Stücke erst geziert vom Spiess zu streifen. Es war tatsächlich so scharf, wie sie gehört hatte.

  • Zeciass begutachtete die Speisen im Stand kritisch, während Yarea sich mit dem Verkäufer unterhielt. Den dargebotenen Spieß mit den rötlichen Scheiben nahm er wortlos entgegen und unterbrach sein Vorhaben, prüfend daran zu riechen, um Yareas amüsierter Aussage zu antworten. „Ihre Angst ist angemessen.“
    Ohne weitere Erläuterung tat er es seiner Begleiterin gleich und zog hungrig das komplette Fleisch mit den Zähnen vom Spieß.


    Wieder diese Bezeichnung 'Katze'... seine Erinnerung hatte ihn nicht getäuscht. Er sollte...


    Die Überlegung entschlüpfte ihm wie eine Luftblase, kaum dass das erste flammende Brennen in seinen Gaumen stach. Längst hatte er die Hälfte der würzigen Masse geschluckt und beeilte sich nun, auch den Rest hinabzuwürgen. Nutzlos, wie er erkennen musste. Der prickelnde Schmerz bereitete sich nicht nur auf der Zunge aus, sondern rann als heißer Schauer durch seinen ganzen Körper.


    Erschrocken öffneten sich seine Kiemen, ehe er sich wieder auf die ungewohnte Atmung besann. Zu scharf! Das war doch kein Essen! Vergeblich um Beherrschung bemüht, griff Zeciass mit der freien Hand zum Tresen und schluckte schwer, während die ersten Schweißperlen auf seiner Stirn entstanden. Er verfluchte sich still für sein fehlendes Wissen.


    Das Brennen wollte und wollte nicht besser werden. Schon suchte sein Blick den Brunnen, den er erst vor Kurzem passiert hatte. Noch ein paar Augenblicke dieser Marter und er würde sogar eine Priesterin der Zi'llail stehen lassen, nur um seinen Kopf ins erlösende Nass zu tauchen.

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