Farben der Nacht

  • Der Tag neigte sich dem Ende zu und die hereinbrechende Nacht verschluckte die Farben, welche die Stadt Nir’alenar tagsüber zu solch einem exotischen Ort machte. Die Schatten wurden länger, bis sie die überhand gewannen und alle Leute, welche sich nicht dem nächtlichen Vergnügen hingaben, verzogen sich eilig in die sicheren und warmen Häuser. Doch jenes Haus, welches die Gestalt in den Schatten beobachtete, war leer.
    Das Flammenmädchen strich sich über den Umhang, welcher grau-fleckig war und es ihr somit ermöglichte mit den Schatten zu verschmelzen. Auch die Kleidung unter dem Hüftlangen Umhang war dunkel gehalten, damit sie in den Schatten nicht auffiel. Ein graues Tuch verbarg den größten Teil ihrer hellen Haut und ihre flammend roten Haare waren streng zurück gebunden, sodass sie flach anlagen und unter der Kapuze ihres Umhanges verschwanden. Im Gegensatz zu ihren anderen Geschäften galt es nun nicht aufzufallen, eines zu werden mit den Schatten und lautlos zu sein. Ein weiterer Grund, weshalb sie auf ihr Stahlkorsett verzichtet hatte –dies würde viel zu viel Lärm machen! – und weiche Stiefel trug, welche kaum Geräusche auf dem Boden machten.


    Ihr Atme ging flach, während sie lautlos in einem der immer länger werden Schatten stand, bevor sie sich in Bewegung setzte. Ein verschmitztes Lächeln umspielte ihre Lippen. Wie leicht sich die Männer doch von einem schönem Körper ablenken und dann so mache interessante Informationen entlocken ließen… Sie verkniff es sich aufzulachen. Das hier war keine Situation, in welcher sie ausgelassen und intuitiv sein konnte. Sie musste lauschen und aufmerksam sein. Jedes Geräusch könnte ihr einen Hinweis darauf geben, dass jemand in der Nähe war. Doch momentan war er ruhig.
    Doch das sollte sie nicht weiter stören. Wenn sie so nur dem Objekt ihrer Begierde näher kommen würde… Als sie bei der Hintertüre angekommen war, steckte sie ihre Hand in eine der zahlreichen kleinen Taschen, welche an ihrer Kleidung befestigt waren und holte den Bund an Dietrichen hervor, machte sich lautlos daran die Türe zu knacken. Immer wieder hielt sie kurz inne, um zu lauschen, ob sich jemand näherte. Doch bisher hatte sie keine Schritte nahe genug gehört, als das sie befürchten musste, in den Schatten entdeckt zu werden.


    Als die Türe mit einem leisen Klacken aufsprang, machte ihr Herz einen kurzen Sprung. Doch schnell hatte sie sich wieder im Griff, öffnete die Türe und huschte geschmeidig hinein, nur um die Türe hinter sich wieder lautlos ins Schloss zu drücken. Wenn alles gut lief, würde sie auch über diesen Weg wieder verschwinden, was sowohl unkompliziert, als schnell wäre. Also eine bevorzugte Wahl.
    Auf Zehenspitzen, um mögliche Bedienstete nicht aufzuschrecken, huschte sie durch den Raum und auf die nächste Türe zu. Sie konnte nur Ahnen, wo sie das Fläschchen finden würde. Solche Details zu erfragen würde selbst einen trunkenen Mann misstrauisch werden lassen.

  • Jamil war an diesem Abend in doppelter Mission unterwegs. Einmal im Namen der Diebesgilde von Nir'alenar für die er eine Nachricht überbringen sollte. Der andere Teil war persönlicher Natur und es galt einer persönlichen Leidenschaft zu frönen, seiner Sammelsucht nach seltenen, erlesenen Gegenständen in Form von Flaschen. Ja das Sammeln von Flaschen besonderer Natur, all das in der Hoffnung, das wahre Ich zu erlangen, wieder ein echter Flaschengeist zu werden. Insgeheim hatte Jamil sich selbst einen Narren gescholten. Wieso sollte ausgerechnet hier unter den ewigen Fluten des Ozeans gerade die eine Flasche sein, die Flasche, die es ihm ermöglichen würde, die wahre Macht zu erlangen. Dummer Djirin, nein dummer Jamil, vergiss die Flaschen einfach, Du wirst nie weg von dieser Insel kommen. Niemals wirst Du die Wüste wieder erblicken!


    Er hatte das Ziel seiner Mission erreicht, dass Gebäude wirkte einladend. Alles war ruhig. Jamil schaute sich um. Auf seiner linken Schulter wurde sein ständiger Begleiter sichtbar. Hassan, sein Freund und gleichzeitig seiner magischer Verbündeter, ein Windgeist. "Ich habe Nichts bemerkt Jamil. Im Gebäude schlafen sie alle tief und fest. Bis auf eine Person, die meines Erachtens nicht in das Haus gehört." Der Windgeist machte eine kurze Pause. Ein Augenblick nur, dann fuhr er fort: "Hat die Gilde einen weiteren Dieb geschickt oder traut man Dir nicht mehr?" Jamil zuckte mit den Schultern und schüttelte den Kopf. "Nein, es könnte ein Einzelgänger sein, der auf eigene Faust handelt. Und wenn schon, bisher haben wir alles meistern können."


    Mit diesen Worten auf den Lippen, begann Jamil sich zu konzentrieren, seine Augen leuchteten hell auf, dann begann er in die Luft zu schweben, Wer brauchte schon Türen, wenn er auch durch die Fenster kommen konnte?

  • Die untere Etage war schnell durchsucht worden, sodass sie sich schließlich daran machte, in den ersten Stock hinauf zu steigen. Die Treppe stellte dabei ein ärgerliches Hindernis da, da diese oft knarrten. Dabei stellte es aber kein unüberwindbares Hindernis da. Langsam, Stufe für Stufe tastete sie sich hinauf, prüfte ob sie knarrte und überstieg sie wenn nötig. Es schien übertrieben, doch in ihrem Leben auf der Straße hatte sie gelehrt, besser übervorsichtig zu sein, als in den Händen der Stadtwache zu landen.
    Als sie schließlich am Treppenaustritt stand, sah sie sich einmal um, lauschte, ob sie irgendwelche verdächtigen Geräusche hörte, bevor sie sich weiter auf die Suche machte. Sie war wachsam, schob die Türe langsam und vorsichtig auf, bevor sie hinein lugte oder eintrat. Sie hatte eine ungefähre Vorstellung, wo sie ihr Zielobjekt finden könnte, so viele Informationen hatte sie dann doch entlocken können, doch das war kein Grund übermütig zu werden.


    Schließlich fand sie auch den entsprechenden Raum – ein Arbeitszimmer – schloss die Türe hinter sich und richtete sich dann auf. Ein erfreuter legte sich auf ihr, hinter dem grauen Tuch verborgenem, Gesicht. Das war bisher doch erfreulich einfach gelaufen. Wenn alles bei ihrem Plan blieb, würde sie in wenigen Minuten wieder weg sein und mit ihr ein kleiner Schatz, der sich bei den richtigen Leuten sicherlich zu gutem Geld machen lassen würde.

  • Jamil war vor dem Fenster angekommen und webte einen kleinen Zauber der das Fenster lautlos öffnete, dann schwebte er hinein. Sanft setzte der Hüne von einem Mann auf. Er schaute sich mit geübten Blick um. Nein, dies war das falsche Zimmer. Ein Fenster weiter wäre eigentlich richtig gewesen aber so konnte der Djirin erstmal die Stimmung ausloten.


    Es schien ruhig zu sein aber sein kleiner Freund Hassan hatte ihn gewarnt, dass noch jemand anwesend war. Jamils Blick wirkte auf einen unsichtbaren Beobachter alles andere als amüsiert über diese Tatsache. Er zog vorsichtshalber einen seiner beiden Säbel die aus seiner Heimat stammten. Er vermisste die Wüste, den Sand und die Sonne, ja die heiße Sonne, die unerbittlich auf die Häupter ihrer Bewohner hinab schien aber hier? Hier war keine echte Sonne, nur Magie.


    Jamil vertrieb die Gedanken und zielstrebig verließ er den Raum. Der Windmagier schritt ruhig und leise in Richtung des Arbeitszimmers, sein unsichtbarer Windgeist vor ihm, ständig umher schauend. Die Tür war offen? Ja genau, der andere Dieb. Wenn es jemand aus der Gilde war, dann würde er mit ihm diskutieren, sollte es ein Fremder oder gar eine Fremde sein, dann würde es Komplikationen geben.
    Jamil betrat das Arbeitszimmer und dabei machte er erst gar nicht den Versuch sich zu verstecken oder zu tarnen. Offen stand er im Raum und räusperte sich.

  • Sie hatte die Schritte schon gehört, doch es hatte keine großartige Möglichkeit gegeben, sich in diesem doch sehr schlicht eingerichteten Raum zu verstecken. Nicht ohne dass es vollkommen albern geworden wäre. Und so hatte sie ihre beiden Dolche gezückte und sich der Türe zugewandt, um nicht vollkommen überrascht zu wirken. Sie stand unter Spannung, das sah man ihr an, doch viel war von ihr nicht zu erkennen. Die Kleidung sorgte dafür, dass ihre Identität doch sehr gut unter verdeck blieb.


    Schnell war ihr klar, dass ihr Gegenüber sicherlich nicht einer der Bewohner war und ihre Haltung entspannte sich ein wenig. Aber nur ein kleines bisschen. Sie hielt noch immer die Spannung aufrecht und sah ihr Gegenüber verwundert an. Aber auch ein gewisser Hohn lag in den blitzenden Augen, welche unter der Kapuze hervor blitzten.
    „Ah, welch freundlicher Besuch zu solch später Stunde.“ Ihre Stimme klang sarkastisch, aber deswegen nicht zwingend unfreundlich. „Ich nehme an, dass Sie keine Einladung haben?“

  • Jamil grinste freundlich. Eine Frau, nun denn, dass versprach unterhaltsam zu werden. "Ich habe selbstverständlich eine Einladung, jedoch frage ich mich, ob Ihr selber eine Einladung habt. Eine Einladung der Gilde der Schatten, der hiesigen Diebesgilde. Denn Ihr müsst wissen, ohne entsprechende Erlaubnis, dürft Ihr in dieser Stadt nicht einfach in fremden Häusern herumspazieren."


    Jamil machte eine nur einen Augenblick dauernde Pause, in welcher er sein weibliches Gegenüber musterte. "Verzeiht mir meine Unhöflichkeit. Im Zuge meines Auftrags sollte ich natürlich nicht den nötigen Anstand vergessen. Darf ich mich vorstellen? Ich bin Jamil Ibn al Hawa Iblis al Lail aber für Euch einfach Jamil. Mit wem habe ich die Ehre?"


    Jamil senkte seinen Säbel ein wenig damit seine offensichtlich ebenfalls diebische Mitspielerin nicht zu vorschnell handelte, dabei wurde sein Begleiter Hassan für einen Moment sichtbar in der Form einer kleinen Windhose, die auf der rechten Schulter verweilte.

  • Er brauchte ihr nichts von der Gilde zu erzählen, sie waren schon aneinander geraten, doch es hatte keinen Sinn mit ihr darüber zu reden. Sie wollte sich keiner Gilde anschließen, ihre Freiheit einbüßen, jemand anderen unterstellt sein. Wenn sie etwas schätzte, dann war es Freiheit und selbst entscheiden zu können. Und damit wäre wohl Schluss. Also ging sie nicht weiter auf diese Aussage ein. Sollte er sich doch denken, was er wollte. Aber er schien auch keine Antwort zu verlangen, andernfalls hätte er sonst wohl kaum weiter gesprochen.


    Es wäre wohl nicht klug ihm ihren Namen zu sagen, doch er hatte keine Bedeutung, war nichts weiter als eine selbstaufgelegte Bezeichnung ihrer selbst und hatte somit für niemanden außer ihr selbst eine Bedeutung.
    „Erelthea.“ In ihrer Stimme klang ein Schmunzeln mit, welches Jamil dank ihrem Tuch nicht sehen konnte. Sie klang nicht unfreundlich, aber auch nicht einladend, denn sie wusste trotz allem noch immer nicht mit wem genau sie es zu tun hatte. Und worauf er es abgesehen hatte. Doch sie konnte es sich leider schon denken. So vieles gab es hier nicht zum stehlen.


    Das ihr Gegenüber seine Waffen ebenfalls senkte, war schon einmal ein gutes Zeichen. Aber der Anblick des etwas ungewöhnlichen Begleiters ließ sie dann doch die Augenbraue hoch ziehen. Wobei die Gestalt ihm gegenüber generell nicht gerade typisch war für Nir’alenar. Nein, er wirkte sehr fremdländisch und das machte ihn nur noch interessanter.

  • Sonderlich gesprächig schien die Frau mit Namen Erelthea nicht zu sein. Aber wenn Jamil ehrlich zu sich selber war, würde er in dieser Situation vielleicht auch wortkarg sein. Hassan verwandelte sich in seine menschliche Gestalt und schwebte über dem Kopf seines Freundes. Aufmerksam begutachteten die Augen des Windgeists die Diebin. Was sich wohl hinter dem Schleier verbarg?


    "Nun Erelthea, ich würde sagen, wir haben wohl eventuell einen gewissen Interessenkonflikt. Eventuell wohlbemerkt. Wir Beide möchten etwas aus diesem Zimmer entwenden und nun ja, wenn es sich um den gleichen Gegenstand handelt, was ich nicht hoffe, wird die Situation problematisch."


    Jamil hatte keine Lust Gewalt anzuwenden. Er vermied es eigentlich, so gut es ging, einen Kampf zu vermeiden, speziell wenn der mögliche Gegner eine Frau war. Vielleicht ließe sich die Situation auf friedliche Weise lösen.


    "Bringen wir es auf den Punkt. Was wollt Ihr stehlen? Ich bin auf der Suche nach einer kleinen, besonderen Flasche, die ich für meine Sammlung haben will."


    Jetzt war er gespannt auf die Antwort.

  • Ihre Augen verengten sich, ansonsten zeigte sich nicht von dem Ärger, welcher sie nun erfasst. Sie hatte in letzter Zeit wirklich alles andere als Glück. Nicht lief so, wie sie es sich erhoffte, immer kam ihr etwas – oder besser gesagt jemand – dazwischen.
    Sie umfasste die Klingen in ihren Händen ein wenig fester. Sie hatte wirklich nicht vor hier und jetzt zu kämpfen, das würde definitiv zu viel Aufmerksamkeit erregen, viel mehr als sie es jetzt gebrauchen könnte. Aber sie hatte auch nicht vor Objekt der Begierde diesem Handlanger der Gilde zu überlassen.


    „Nun, ich würde behaupten wir HABEN einen Interessenkonflikt, welchen es zu lösen gilt.“ Mit jedem Moment den sie hier herum standen und sich unterhielten, wurde es gefährlicher und das für sie beide.
    Aber trotzdem gab sie keinen Ansatz, wie sie das Problem lösen könnte. Sie wollte sehen, wie ihr Gegenüber reagierte. Trotz allem galt es Nichts zu überstürzen, das könnte ihr den Hals kosten, auch wenn es ihr gerade ihre ganze Willenskraft kostete, nicht ihrem Temperament nachzugeben.

  • Jamil lächelte verständnisvoll aber bestimmt, sein Säbel jederzeit bereit zu tanzen während über seine andere kleine Blitze zuckten. "Ja ich sehe auch dass wir leider einen Interessenkonflikt haben und ich muss leider eingestehen, dass ich recht stur bin, wenn es darum geht, mein auserkorenes Objekt meiner Sammelleidenschaft in die Finger zu kriegen." Der Djirin machte für einen Moment eine Pause, es schien so, als ob er lauschte, behielt aber die Frau vor sich im Auge, sie würde ihn nicht überraschen.


    "Nun sagt mir, wie sollen wir den Konflikt lösen? Ein Kampf würde viel Lärm machen und es widerstrebt mir, einer Frau körperlicher oder magischer Gewalt auszusetzen, wenn ich es möglichst vermeiden kann. Also wieviel wollt Ihr, damit Ihr auf die Flasche verzichtet und jeder seines Weges geht?"


    Er schaute seine neue, flüchtige Bekanntschaft abschätzend in die Augen, während sein kleiner Windgeist aus sicherer Entfernung das ganze Spektakel beobachtete, immer auf der Hut was die Diebin tun würde.

  • Das Flammenmädchen lachte leise auf, als er meinte ihr keine Gewalt anzutun, da sie eine Frau war. Damit war er zwar nicht der Einzige, aber der größte Teil der Männer mit welcher sie zu tun hatte, zögerte nicht auch gegen sie Gewalt anzuwenden. Und es störte sie nicht, sie war mit Mädchen und Jungen aufgewachsen, welche unter solch unbarmherzigen Bedingungen gelebt hatte, dass man keinen Unterschied zwischen dem Geschlecht machen konnte.
    „Ich danke euch für diese Nachsicht, aber glaubt mir, damit schafft ihr euch selbst nur einen Nachteil.“ Sie schüttelte sanft den Kopf, so als würde sie es missbilligen, was er gesagt hatte.


    „Ich denke nicht, dass ihr einen Preis zahlen könnt und wollt, mit welchem ich zufrieden sein werde.“ Ihr entging nicht, wie aufmerksam ihr Gegenüber war und das gefiel ihr nicht. Sie würde ihn wohl kaum mit einem schnellen Manöver überraschen können, sodass sie sich eine andere Lösung einfallen lassen müssen. Und das am besten ohne das ganze Haus zu wecken.


    Sie machte einen Schritt auf den Djirin, doch ihre Waffen hielten die Position und stellten keine unmittelbare Bedrohung dar. Sie konnte ihm nur zustimmen, dass ein Kampf zu viel Lärm machen würde, als das sie dies in Betracht ziehen würde. Aber sie hatte auch noch den einen oder anderen Trick auf Lager.

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