Begegnungen um Mitternacht

  • Verflucht, wie im Namen aller Götter war sie nur in diese Situation geraten? Corielle schnaubte erbost und fegte sich den Schmutz von ihrem Gehrock. Die Straßen des Seeviertels waren keineswegs sauber und was genau an dem dunklen Samt klebt, wagte sie sich gar nicht erst vorzustellen.

    Die Corvae rümpfte die Nase über den Geruch, der ihr in die Nase stieg. Fischabfälle. Natürlich. Sie erinnerte sich vage an das stinkende Fass, das sie auf ihrer Flucht umgestoßen hatte, um ihre Verfolger aufzuhalten. Wahrscheinlich würde sie den Gestank nie mehr aus ihren Kleidern bekommen. Corielle seufzte bedauernd und gab das hoffnungslose Unterfangen auf, sich zu säubern. Es war entwürdigend, aber sie würde mit dem Geruch leben müssen, bis sie ihre Villa erreichte - und sich einen neuen Gehrock anschaffen, nachdem sie diesen entsorgt hatte. Das Kleidungsstück war nicht mehr zu retten. Vermutlich würden sie alle ausgehungerten Katzen des Seeviertels verfolgen, sobald sie sich auf die Gassen wagte.

    Corielle spähte hinab auf die engen Straßen, die sich wie ein Gespinst unterhalb der Dächer ausbreiteten. Von ihren Verfolgern war nichts mehr zu sehen, aber ihre Lage blieb verfahren. Zu ihrem Leidwesen hatten die Wachen der Al-Mahir nur zu deutlich ihre Beine gesehen und sie bezweifelte, dass allzu viele Corvae in den Straßen Nir’alenars zu finden sein würden. Eine Erklärung zu finden … einen Schuldigen … Die Gräfin stöhnte innerlich und schüttelte den Kopf.

    Später.

    Es hatte keinen Zweck, jetzt darüber nachzudenken. Nicht jetzt, da der Gestank der Fischabfälle ein leichtes Würgen in ihrer Kehle hinterließ. Sie würde eine Lösung finden, sobald sie zuhause war und ein Bad genommen hatte. Um nichts in der Welt würde sie in die beengten Gänge von Rabenhorst zurückkehren. Niemals. Sie hatte Tiaris Kassen lange genug gefüllt.

    Corielle hob den Kopf und bewegte sich entschlossen auf den Rand des Daches zu.

    Noch schlimmer war es allerdings, dass ihr Raubzug vollkommen vergebens gewesen war. Bashima Al-Mahirs schriller Schrei hatte dafür gesorgt, dass sie nicht bis zu den Juwelen vorgedrungen war. Verdammtes hysterisches Weib! Offensichtlich hatte sie keine gute Kinderstube genossen. Sonst hätte sie sich niemals dazu herabgelassen, auf diese unkultivierte Weise zu quietschen wie ein Spanferkel, das für den Spieß vorgesehen war!

    Die Gräfin verzog das Gesicht und atmete noch einmal ein, dann breitete sie ihre Schwingen aus und ließ sich sacht von dem Dach in die stille Gasse gleiten.

  • Die kühle Nachtluft wehte ihm durch das offene Fenster in den Rücken, dies machte die drückende Wärme und den schalen Geruch nach Bier und ungewaschenen Seebären ein wenig erträglicher. Doch hier lockte etwas, dass ihn über das ganze hinwegsehen ließ. Bier und Würfelspiel. Etwas dass ihm vielleicht die Bezahlung für eine Mahlzeit und ein Bett in aussicht stellte. Ein wenig skeptisch Blickte Nevio auf den Inhalt des Krugs der ihm über die abgegriffene Tischplatte geschoben wurde. Seemänner waren entweder durch und durch ehrlich, oder verschlagene Mistkerle... Bisher hatte er jedenfalls nur mit diesen beiden Arten zu tun gehabt. Der mit dem Lückenhaften Grinsen, der ihm das Bier ausgegeben hatte schien jedenfalls von der ersten Sorte zu sein. Doch der gegen eher von der Zweiten. Er hatte dunkles Fettiges Haar und das junge Barmädchen auf einem Knie. Sie schien nicht sonderlich angetan und blieb dennoch sitzen, weil der Seemann gelegentlich eine Silberne Münze in ihren Ausschnitt wandern ließ. Missbilligend nahm er einen Schluck aus dem Krug. Das Bier war keine billige Plörre oder etwas, das sonst aus Resten zusammengemischt wurde, für die die sich nicht viel Leisten konnten, sondern schwerer, reichhaltiger und kühler Gerstensaft.


    Die Würfel wurden über die Platte in seine Richtung geschoben. Ein kleines Häufchen Kupfer, lagen als wohltätiges Startkapital unter seinen Fingerspitzen. Die Summe, die sein Banknachbar gesponsert hatte, hätte vermutlich schon für ein Abendessen und ein Strohlager in einem Pferdestall gereicht, doch die Männer hier hatten ihn förmlich dazu gedrängt sich zu ihnen zu setzen. Nicht dass sich der Glückssucher lange hätte bitten lassen, dennoch schien er immer bis zu einem Gewissen Zeitpunkt ein unendliches Glück bei solchen Spielen zu haben, bis das Pech mit voller Härte Zuschlug.


    Inzwischen war der Haufen vor ihm zu einem beachtlichen Berg gewachsen, in dem die Silbermünzen vorrangig waren, doch auch die ein oder andere Goldmünze blitzte verlockend.. zu verlockend möchte man meinen, denn Nevio wollte keineswegs aufhören, wo es doch gerade so gut lief! Die Schankmaid inzwischen, blickte ihren Seemann immer finsterer an, denn ihre fordernd ausgestreckte Hand blieb über mehrere Runden leer. So wechselte neben den Münzen nun auch die anregende Gesellschaft ihren Platz. Die junge Brünette stützte sich nun mit den Ellenbogen auf Nevios Schultern und zwirbelte fast anrüchig eine seiner Haarsträhnen zwischen den Fingern. Während sie ihn in ein Ohr anfeuerte und kokett gelegentlich eine der Kupfernen Münzen forderte, hörter er im anderen Ohr ständig das Warnende Zischen des alten Matrosen, der ihn dazu anhielt es endlich sein zu lassen und das Glück nicht so herauszufordern.

    " Du gehst jetzt besser!" Die raue Hand des Seemanns, der Koplok gennant wurde und neben ihm saß schob die Münzen nun unnachgiebig in einen Stoffbeutel der ihm mit dem Krug in die Hand gedrückt wurde, denn sein dunkelhaariger Kamerad, schien schon lange nichtmehr gut gelaunt und ausgelassen, die Würfel fielen schlecht für ihn, der Bierkrug war leer und lange würde er sich das nichtmehr gefallen lassen, bevor der Verdacht auf Betrug gelenkt wurde und das ganze hier vermutlich noch Blutig endete.

    Nur kurz rangelten die beiden Sitznachbarn miteinander, bevor Nevio von der Bank geschoben wurde und der Tumult bereits lauter wurde.

    " Nein! Du Elender, Dahergelaufener..Straßenköter! Du bleibst hier und gibst mir meine Heuer zurück!" schlug er seinen Krug und die Faust so laut auf den Tisch, dass sich mehrere Köpfe wandten, Er lallte schon deutlich aber das minderte seinen Jähzorn nicht, als Nevio von einem anderen Gast weiter zur Tür dirigiert wurde. Diese schwang auf und das Gerangel in der Taverne wurde lauter, hallte nun schon durch die offenen Fenster. Der Boden schwankte im ersten Moment, mehr als erwartet, als er auf das Dreckige Pflaster des Hafenviertels trat.

    "Du solltest besser verschwinden..."knurrte der mit dem Schnurrbart und dem breiten Schultern, der ihn hinausgeführt hatte, noch bevor dieser direkt die schwere Tavernentür in den Rücken bekam. Nevio machte nun doch alarmiert einige Schritte rückwerts, als der wutendbrannte Würfelspieler aus der Taverne stolperte und auf ihn zustapfte. Umsichtig brachte er noch schnell seinen Rucksack mit dem schlafenden Eichhörnchen auf einem Fass in Sicherheit, da wurde er schon von zwei festen Armen gepackt unter wildem Gebrüll durchgeschüttelt.

    " Egal was du tust.. aber Hauch mich nicht an.. bitte.." angewiedert über den Mundgeruch, der ihm da entgegenschlug rümpfte der Seelenwandler die Nase und reckte den Kopf zur Seite, den Münzbeutel hielt er am Ausgestreckten Arm von sich, damit der Seemann nicht herankam.

    " Wirst du jetzt auch noch frech!?"

    " Ich hab das ehrlich gewonnen! Die Würfel waren DEINE! Wie soll ich da schummeln?" brüllte Nevio nun zurück.

  • Natürlich würde sie seinen Zorn wieder auf sich ziehen. Obwohl sie diesmal fast die Wahrheit gesagt hatte, das sie ausgehen wollte. Sie hatte nur ausgelassen, wohin. Und mittlerweile waren seine Wachen irgendwo auf der Strecke geblieben - vermutlich in einer der Tavernen oder noch wahrscheinlicher in den Armen einer der willigen Dirnen, die auf dem Weg ihre Dienste feilgeboten hatten.

    Ein kleines Stück vor ihr flog eine Tür auf, Stimmengewirr, der Geruch von schalem Bier und ein Mann, der zur Tür heraus kam, gefolgt von einem weitaus kräftigeren Mann, der drohend auf den anderen zuging. Selbiger hielt einen Beutel - offenbar mit Münzen - ausser Reichweite des anderen Mannes. Eine pootentiell bedrohliche Situation und für einen Moment wünschte sie sich eine der Wachen herbei, die sie begleitet hatten. Ihr schlanker Leib steckte in einem Paar Hosen, einem Hemd und einer Weste darüber, welche ihre Figur betonten. Das lange rote Haar wallte als wilde Mähne im Nachtwind um ihr ansehliches Gesicht.


    Resolut ging die Rothaarige auf die Streithähne zu. "Aber aber meine Herren. Warum die Aufregung?" Sie hatte wohl die vorherigen Worte mitbekommen und war nicht ganz sicher, ob das ganze gut ausgehen würde. Möglicherweise hatte ihr Geliebter auch bereits wieder weitere Wachen losgeschickt - dann wäre es wahrscheinlich, das diese demnächst hier erscheinen würden, wussten sie doch wohin sie sich begab, wenn sie "ausgehen wollte". Einige sagten ihrem Herren nichts. Vielleicht hatte sie Glück und es waren einige der Männer dabei. Wer wusste das schon. Ihre dunklen Augen ruhten auf den Streithähnen vor sich. Würden sie sich aus dem Streit heraus reissen lassen oder war sie nun selbst in Gefahr, etwas abzubekommen? Für den Notfall hatte sie jedenfalls ein Messer im Stiefel versteckt. Sie war also nicht ganz wehrlos. Im Augenwinkel meinte sie auch, auf einem der Dächer eine Bewegung zu sehen. Dennoch behielt sie ihre Aufmerksamkeit auf den Männern vor sich. Sie musste reagieren können, wenn notwendig.

  • Bei jedem ungehaltenem Rüttler zogen sich die Finger des Seemannes wie ein Schraubstock fester zusammen, dass seine Rippen und der linke Oberarm schmerzten und nun, da die frische Nachtluft seinen Verstand langsam wieder klärte, wurde ihm auch die Ernsthaftigkeit der Situation etwas bewusster. Doch statt Furcht, lag der reine Trotz in Nevios Augen. Sich hier vor den Leuten die Blöße geben und das Gesicht verziehen, oder gar aufschreien? Wo doch er im Recht war? Das waren seine Münzen die er sich redlich verdient hatte!

    " Ich zeig dir schon was du gewonnen hast!" knurrte der rachsüchtige Matrose und griff ungeduldig um, um den Seelenwandler vorne am Kragen zu packen und ihn sich zur Brust zu nehmen.

    Nur kurz zuckte seine Faust, da hielt er bei der direkten Ansprache Inne. Alle Augen lagen auf der Frau, deren Haare selbst in dem schwachen Licht, dass aus der Tavernentür fiel, Rot zu glühen schien.

    "Kümmer dich um deine Angelegenheiten! Verschwinde! Das geht dich nichts an!" bellte der Dunkelhaarige mit der glänzenden Pomade und dem hochroten Gesicht und erntete dabei allgemein erschrockene Gesichter und ein entrüstetes Lufteinsaugen von einem seiner Kameraden, der sich nun schwankend an den Arm des Hünen hängte. Nevios Stiefelspitzen fanden dabei wieder den Boden und die Faust drückte nichtmehr ganz so schmerzhaft gegen seinen Kehlkopf

    "SSSScht Spinnsu? Das isn Klabauter! Du kannss sie nicht so ansprechn`!" zischte der Kraushaarige Alte Matrose und schüttelte warnend den Kopf, während ein junger Windvölkler, einen vorsichtigen Schritt auf die junge Dame zuging und sich mit einer beschwichtigenden Geste zu entschuldigen versuchte. " Das bringt Unglüüückchhh!" hörte Nevio den alten Mann noch zischen, bevor dieser mit einem energischen Schlag abgeschüttelt wurde und gegen seine Kameraden rumpelte und die kleine trunkene Gruppe aus dem Gleichgewicht brachte.

    " Das is` kein Klabauter! Du räudige Bilgeratte! Das is` ne Straßendirne!" schimpfte Nevios Kerkermeister ungehalten und zog sich den jungen Wanderer wieder näher an die Brust. " Und nun zu dir!"

  • Oha.. das war wohl die falsche Ansprache gewesen. Unweigerlich richtete sich die 1,78m Frau auf - obgleich zierlich, umgab sie nun eine majestätische Aura, die dunklen Augen glühten wie Kohlestücke und mit einem Mal schien die Luft um sie herum um ein deutliches heisser zu werden.


    "WIE habt ihr mich genannt?" Es schien als würde die Luft um sie herum zu kochen anfangen. Zwei kurze Schritte brachten sie etwas näher an den Mann heran, der Nevio bedrohte. "Lasst den Mann los, lasst ihm seinen Gewinn und verschwindet, bevor ich mich vergesse." knurrte sie.

    Was immer sie vorgehabt hatte, um die Situation zu schlichten, war angesichts der Beleidigung nun vergessen. Die Dai'vaar war sauer und das konnte man ihr überdeutlich ansehen. Der leichte Wind, den die Hitze verursachte, ließ ihre Locken in einer unwirklichen Bewegung ihr Gesicht umschmeicheln.

  • Gegen die Kraft des Mannes, der sein ganzes Leben mit harter Arbeit zugetan hatte, hatte Nevio keine Chance. Nicht so.. Aber vor diesen ganzen Leuten hier riskieren, dass ihn der Wolf überkam? Besser nicht.. Er war gerade erst seit heute morgen, in Niràlenar. Er spürte den heißen, stinkenden Atem in seinem Gesicht, nun, da er wieder das Privileg der vollen Aufmerksamkeit hatte. Wenn er sich jetzt nicht befreien konnte, war ihm die schmerzhafte Abreibung sicher. Der Seelenwandler stemmte sich mit dem Fuß gegen den Oberschenkel seines Gegners, doch der feste Zug am Kragen zwang ihn so beinahe in eine absurde Haltung. Knurrend versuchte er sich aus dem Griff zu befreien, erwartete er doch in jeder Sekunde, dass der Matrose zum Schlag ausholte und duckte sich ein wenig zum Schutz zwischen die Kräftigen Arme. Stattdessen rollte eine heiße Woge über die beiden Ringenden hinweg, die seine tierischen Fluchtinstinkte noch mehr anspornten.

    Langsam drehte der Hüne den Kopf ohne seine Beute los zulassen, um dieser impertinenten Frau einen abwertenden Blick zu zuwerfen, im Gegensatz zu Nevio hatte er durchaus die Worte der Dai`Vaar gehört und spuckte ihr nun verachtend vor die Füße.

    "Bist du Taub?! Ich sagte Verschwinde, Hafendirne!" brüllte er rasend. Seine unsägliche Wut, angetrieben von dem Übermaß an Bier und Schnaps, hatte sich nun von Nevio auf die Frau verlagert, die ihm, im Gegensatz zu den anderen Kameraden, keine Angst machte. Diese Feiglinge wichen vor einen schmächtigen Frauenzimmer zurück! Da stand niemand mehr als Puffer zwischen den beiden, er hatte freie Bahn und niemand würde dieses Ekel aufhalten. Mit einer energischen Bewegung stieß er den schmächtigeren Mann von sich. Krachend landete der Seelenwandler in einem Stapel aus Holzkisten und leerer Holzkäfige, die zum Teil unter seinem Gewicht barsten. Jeglicher Atem war ihm beim Aufprall aus den Lungen gewichen, der Schmerz im Rücken und der Schulter, war lähmend und ließen kaum zu, dass er wieder tief genug einatmete, um das Flimmern vor seinen Augen zu bekämpfen. Eine Hand suchte verkrampft nach einem Halt an dem er sich wieder hochziehen konnte. Ihm war lieber er kassierte die Abreibung, als die die ihm nur helfen wollte. Eine heisse Woge die nicht, von der Flammenfrau stammte, sondern tief in seinem Inneren entbrannte, ließ seine Haut vertraut prickeln. Seine Züge verzogen sich langsam und bekamen etwas Raubtierhafteres. Die Augen glühten förmlich, als er sich aus den Kisten hochstemmte und nun das Wölfische in ihm nur zu deutlich Sichtbar wurde.

    Wie ein schnaufender Bulle, stapfte der Matrose nun auf die zierliche Frau zu.

    " In dieser lausigen Stadt, hat das Ungeziefer keine Manieren!" knurrte er und wollte die Frau am Arm packen.

  • Leise schlich ein Wolf entlang der Stadtmauern umher, immer darauf bedacht dem Schien der Fackeln auszuweichen, und natürlich den Blicken der Wachen. Nun wäre der Anblick eines wilden Tieres so nah an den Mauern schon etwas Besonderes an sich, doch dieser Wolf hatte außerdem das Maul voll mit Sachen, Kleidung, einen Bogen und einem kleinen Köcher mit nur noch wenigen Pfeilen. Solch ein Anblick war schon eine Kuriosität und doch war sie da.


    Es war schon eine gefühlte Ewigkeit her, dass Argon die Stadt betreten hatte. Zuletzt war dies, um Layia, welche am Rande wohnte, zu besuchen. Doch nach so vielen Jahren, war wohl auch Sie weiter gezogen. Zumindest hatte er keine Spuren mehr von ihr entdecken können. Aber vielleicht war sie ja auch nur an einen anderen Rand dieser Stadt gezogen. Die Mauern waren lang, sehr viele Ränder also um hier zu Leben. Doch an dieser Stelle kam wohl ein Ende. Zwar lag der Geruch des salzigen Meeres schon länger in der Luft, doch nun mischte sich auch noch toter Fisch dazu. Argon musste in der Nähe des Hafens sein.


    Es war schon spät geworden und zu allem Überfluss hatte er Hunger. Ans Jagen war hier nicht zu denken, so nah bei so vielen Menschen gab es keine Wildtiere, mit Ausnahme vielleicht von Ratten, aber die lebten eh lieber beim Menschen als in der Wildnis, so dass Argon diese kleinen Tierchen schon eher als Haustiere ansah. Doch zur Not frisst der Wolf auch diese und nach dem Geruch zu urteilen gab es davon hier reichlich. So wie es hier stank, konnten diese kleinen Viecher nicht weit weg sein. Um Ratten zu jagen musste er sich nicht einmal wandeln, er konnte weiter als Wolf umherziehen. Mit Pfeilen auf Ratten zu schießen wäre eh Verschwendung gewesen.


    Argon schlich sich an den Wachen vorbei weiter ins innere des Hafenviertels. Der Geruch wurde immer abscheulicher, die Düfte gegorener Früchte mischte sich dazu. Viele Lichter gab es um diese Zeit nicht mehr, nur aus einzelnen Fenstern von Kneipen kam noch etwas, doch genug, damit die Wolfsaugen sahen. Und unweit von eben einer solchen Kneipe trieben sich diese kleinen Nager nahe von Abfällen rum. Auch wenn er sie nicht mochte, er hatte genug Hunger, dass ihm das Wasser im Maul zusammen lief und von den scharfen Fangzähnen tropfte. Leider hatte er noch seine Kleidung im Maul, die nun nass wurde. Behutsam setzte er eine Pfote vor die andere und schlich näher. Erst legte er in einer Ecke die Sachen ab und danach fixierte er seine Beute. Ein wenig sträubte es sich in ihm, er verhielt sich schon mehr wie diese Cath’shyrr, denn einem Wolf. Doch der Zweck heiligt ja bekanntlich die Mittel. Ein Kurzer Sprung, ein schneller Biss und er hatte die Ratte im Maul. Sie hatte nicht einmal Zeit gehabt sich zu erschrecken, ganz im Gegensatz zu Argon. Denn plötzlich wurde es laut und einige Gestallten kamen aus der Kneipe. Schnell wich Argon zurück in die Schatten der Gassen, wo das Licht ihn nicht traf.


    Eigentlich hätte er sich nun am Liebsten zurückgezogen doch seine Sachen lagen noch da. Die Klamotten waren unwichtig, aber das Geschenk des Waldes, seien Bogen würde er auf keinen Fall zurück lassen. Er entschied sich zu warten und kaute erstmal ruhig seine Beute. Immer wieder blickte er dabei kurz auf die Gestallten, die sich wohl alles andere als freundlich gegenüberstanden. Der eine, schmächtige, schien wohl Ärger zu haben. Und nun kam noch ein Weibchen dazu. Mit Ihr stieg Argon ein etwas beißender Geruch von Parfum in die Nase, so dass er schnauben musste. Doch da war noch mehr. Er hatte Wald gerochen. Wald? Hier?. Etwas verwundert und auch neugierig hob er nochmals seine Schnauze nach oben um zu riechen. Tatsächlich, einer von diesen Leuten roch nach Wald, nach Holz, ja sogar nach Wolf. Welche dieser Gestallten mochte sich wohl mit einem Wolf abgegeben haben. Argons Neugier war geweckt. Nun wollte er doch mehr wissen, von dem was hier los war. Langsam, immer noch kauend mit der Ratte im Maul, kam er näher um mit seinen Augen zu erkennen was das passierte. Er war zwar darauf bedacht im Dunkeln zu bleiben, wo sein, mit Ausnahme der roten Strähnen auf der Stirn, komplett schwarzes Fell ihn gut versteckte. Doch hatte er seine Augen nicht bedacht, die selbst das wenige Licht reflektierten und wie zwei glühende Punkte in der Gasse schwebten. Was geschah hier?

  • Sie hatte keine Furcht. Als der Mann nach ihrem Arm packte, lächelte sie nur und ließ ihn machen. Zum einen wäre ihr Gönner durchaus wütend, trüge sie von dieser Begegnung auch nur einen Blauen Fleck davon - zum anderen dürfte der Hüne sich nun ganz gewaltig die Finger verbrennen. Sie hob eine Hand und eine Flamme tanzte auf ihr. "Verschwindet. Und zwar schnell. Sonst könnte das hier äußerst unschön für euch ausgehen." fauchte sie den Hünen an. Wie dessen Reaktion wohl ausfallen würde, nun da er sich wohl unweigerlich die Finger verbrennen würde? Die natürliche Furcht der Menschen vor Feuer sorgte meist dafür, das sie in so einem Fall - betrunken oder nicht - doch recht fix einen Rückzieher machten. Wenn nicht... nun, dann hatte sie ein Problem und der Betrunkene noch mehr verbrannte Stellen.

  • Fernab der Meute und in der Nähe der Schaulustigen die ihn jedoch keines Blickes würdigten, fiel lautstark ein kleines Vordach in sich zusammen, dessen Pfosten von der Krafteinwirkung weggeknickt war und begrub in Staub und alten Holzschindeln, den in den Kisten liegenden Seelenwandler, noch bevor sein Erbe zu Tage treten konnte. Er schaffte es geradeso den Rucksack mit dem kleinen darin schlafenden Eichhörnchen, von dem Fass zu ziehen und mit den Armen umklammernd, vor dem herabfallenden Holz in Sicherheit zu bringen. Bei dem Tumult vor der Taverne, bemerkte keiner, dass ihn ein Balken so hart getroffen hatte, dass er bewusstlos in dem Schutthaufen lag und vermutlich erst bei den Aufräumarbeiten entdeckt werden würde.

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