Das Haus der Stürme

  • Nicht weit vom Tempel Alarias entfernt, am Rande des Seeviertels, befindet sich das Haus der Stürme, der Tempel Selurians in Nir’alenar. Es ist kein prunkvolles Bauwerk. Die schmucklose, weißgraue Marmorfassade könnte ebenso zu einer der Schulen des Philosophenviertels gehören, wenn man von dem kleinen Wirbelsturm absieht, der über dem Eingangsportal in den Stein gemeißelt worden ist. Starke Säulen tragen den vorderen Teil des Einganges, der in ein quadratisches Gebäude mit offener Mitte führt. Darin liegt ein großer Innenhof, der von Säulengängen gesäumt wird. Allerlei merkwürdige Gerätschaften befinden sich an diesem Ort und glitzern im Licht vielzähliger Lichtkugeln. In diesen findet sich schließlich auch der Grund dafür, dass der Tempel als solcher schmucklos bleibt, denn in ihnen steckt aller Reichtum, den die Priesterschaft angesammelt hat.
    Es sind Instrumente, mit deren Hilfe man das Wetter zu erforschen vermag. Einige davon sind alt und unnütz, seitdem die Insel unter dem Meer liegt. Andere, die offenbar von Gnomenhand entwickelt worden sind, haben sie inzwischen ersetzt. Manches misst die magischen Ströme, die für Wetterturbulenzen verantwortlich sind und ersetzt den Blick in den freien Himmel.
    Für Unbeteiligte muten diese Gerätschaften fremdartig, kompliziert und geheimnisvoll an. Zu jeder Zeit sind die Priester des Selurian in diesem Innenhof tätig, stellen Messungen und Berechnungen an, bevor an jedem Abend die Hohepriesterin, Senaia Uhlan, die Stufen des Tempels hinab schreitet und auf den offenen Platz an seiner Vorderseite die zu erwartende Wetterlage verkündet.
    Zu dieser Zeit versammeln sich stets viele der Bürger Nir‘alenars vor dem Haus der Stürme, um Senaias Vorhersage zu lauschen und sich auf die zu erwartenden Turbulenzen einzustellen. Von hier aus treten ihre Worte schließlich den Weg durch alle Viertel der Stadt an, wo an dem sogenannten Wettersäulen auf magische Weise wiederholt wird, was die Priesterin auf dem Tempelplatz spricht.
    Nur wenige Unbeteiligte dürfen den Innenhof des Tempels betreten. Dies geschieht allein schon, um die empfindlichen Geräte zu schützen. Die meisten Besucher dringen nur bis zu dem Raum vor, in dem der Gottesdienst stattfindet, und verlassen den Tempel auf dem gleichen Weg, auf dem sie gekommen sind.
    Der Altarraum ist mit Abstand der Bereich des Hauses der Stürme, der die meiste Zier aufweist. Die Wände sind aufwendig bemalt worden und zeigen verschiedene Gestalten des Selurian, die man ihn auf Niel‘Anor zuordnet. Viele Orte sind darauf dargestellt, die in irgendeiner Weise mit dem Wettergott in Verbindung gebracht werden. Nicht zuletzt sein eigenes Reich, Vhelaris.
    Ein gläserner Altar bildet das optische Zentrum in diesem Raum. Darin kann man einen weißen Wirbel erkennen, der niemals zum Stillstand kommt. Man nennt ihn den Atem des Gottes, ein heiliges Phänomen, das man allein in seinen Tempeln findet und von dem winzige Teilchen entnommen werden, um die heiligen Symbole des Selurian herzustellen. Ein sanfter Windhauch ist stets in der weitläufigen Halle spürbar und versetzt in Bewegung, was seinen Weg kreuzt und leicht genug dafür ist.
    Das Haus der Stürme beherbergt einige Räumlichkeiten, die reisenden Selurian Priestern zur Verfügung gestellt werden können. Selten sieht man die gleichen Gesichter mehrmals, wenn man von den älteren Individuen absieht, die sich hier zur Ruhe gesetzt haben.
    Auch die Hohepriesterin hat die mittleren Jahre bereits überschritten. Senaia hat ihre Berufung darin gefunden, in Nir‘alenar zu dienen und die Geschicke des Tempels zu leiten. Es ist eine Seltenheit in den von Männern dominierten Reihen der Selurian Priesterschaft und der über Jahre andauernde Kampf um Anerkennung hat sie hart und streng werden lassen. Tiefe Furchen im Gesicht der Menschenfrau erzählen ihre Geschichte und haben ihre einst herbe Schönheit schwinden lassen. Doch letztlich waren ihre Mühen von Erfolg gekrönt. Niemand wagt es heute mehr, einem Befehl der Hohepriesterin zu widersprechen und sich ihrem Willen zu widersetzen.

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