Eine fremde Welt

  • Tári wünschte sich gerade die Lösung der Lösungen herbei. Es war immer ihre Tante gewesen die sich um die gesellschaftlichen Konventionen kümmerte. Es war nie nötig gewesen sich aufgrund einer Empfehlung vorstellen zu müssen und sie konnten doch nun nicht einfach irgendwelche Namen des Adels oder reicher Familien benutzen...
    "Ich werde ihr sagen, dass ich mich entschieden habe und sie zustimmen muss.", antwortete die junge Frau fast schon trotzig. Es kam gar nicht in Frage, dass Tante Dilara sie auf eine Wartebank setzte, jetzt wo sie tat was man von ihr erwartete. "Und ich werde ihr sagen wie glücklich mich das macht. Wie sehr ich das möchte." War es nicht möglich, dass das reichen würde? "Ich glaube ich bin dir keine große Hilfe.", sagte sie leise und etwas traurig. "Aber vielleicht ist sie schon froh, wenn sie dich versteht. Mit ihrem Elfisch ist es nicht so weit her, glaube ich." Vielleicht war das ja ihre Rettung?

  • Jetzt sank Tamrin endgültig die Kinnlade herunter. Daran hatte er noch überhaupt nicht gedacht. Wahrscheinlich, weil es ihm so selbstverständlich war, sich mit Tári auf Elfisch zu unterhalten ……


    “Sie spricht gar nicht Elfisch ?”, flüsterte er entsetzt. “Warum sagst Du das erst jetzt ? Ich weiß noch nicht mal was ‘Verloben’ oder ‘Heiraten’ auf Belerianai heißt.” Tamrin’s Augen huschten ziellos über das Feuer mit dem Teekessel darin. Er sah sich schon Corrin zwangsverpflichten, seine Sätze abzuhören….. Nein, nicht Corrin !! er brauchte nur an den Morgen zu denken… Arilyn vielleicht. Oder besser: Elynde. Tamrin’s Wangen röteten sich ein wenig bei dem Gedanken daran, seine Vermieter in seine Absichten einzuweihen. Ja, Elynde Farren würde das nötige Taktgefühl für so eine heikle Angelegenheit haben, da war er sich ziemlich sicher.
    “Du musst mir auf dem Rückweg ein paar Sätze und Redewendungen beibringen.” Er sah Tári wieder an. “Wirst Du dabei sein, wenn ich mit ihr spreche ?” Gehören tat sich das so ganz sicher nicht, das hatte er im Gefühl - aber vielleicht könnte man eine kleine Ausnahme machen. Immerhin war es ein Haushalt, wo Dienstboten die Herrschaft über den Zutritt zur Küche hatten. “Oder Du lauschst an der Tür und springst mir bei, wenn es brenzlig werden sollte.” hoffnungsvoll blickte er Tári an.

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    >> Es ist so schwer, das Glück in uns selbst zu finden, nur leider ist es ganz unmöglich, es anderswo zu finden. <<


    Nicolas Chamfort, 1741 - 1794

  • "Tut mir leid, daran hatte ich bislang nicht gedacht.", entschuldige sie sich. "Mit dir spreche ich einfach in Elfisch und mit ihr in Belerianai ...", hilflos hob sie die Schultern. "Ich habe sie noch nicht Elfisch sprechen hören, sie scheint manches schon zu verstehen, zumindest hat sie mit meiner Mutter auch gesprochen..." Tári schüttelte etwas ratlos den Kopf. Soweit sie wusste war ihre Tante ein Mensch, abstammend vom Nordvolk. Wie ihr Vater und ihr Onkel. Sie sprachen noch eine andere Sprache unter sich. Doch das musste nichts heißen. "Aber das ist jetzt eine Vermutung meinerseits." Vielleicht irrte sie sich ja.
    Sätze und Redewendungen? Sie nickte dazu, darin hatten sie mittlerweile schon ein wenig Übung. "Ich weiß es nicht. Sag du mir ob es sich gehört wenn ich dabei bin. Ich wäre gerne dabei, an deiner Seite!" Warum musste es nur so kompliziert sein? Könnten Sie nicht einfach sagen was sie wollten, ihre Tante würde ja sagen und damit hätte sich die Sache? Gut es würde noch eine Feier dazu geben... unnötig, aber wenn es so Brauch war, wollte sie auch niemanden vor den Kopf stoßen. "Wir finden eine Lösung, ich lasse dich nicht alleine damit.", sie versuchte sich an einem aufmunternden Lächeln.

  • “Schon gut.” Tamrin hatte den ersten Schrecken überwunden. Und bei der Gräfin Imarkar hatte es ja schließlich auch funktioniert. So halbwegs zumindest. Möglicherweise machte es ihre ganze Geschichte sogar etwas glaubhafter. Und eine solche Sprachbarriere konnte ihn vielleicht sogar vor bedenklichen Gesprächsthemen bewahren. Doch, wenn er mit ruhigerem Kopf darüber nachdachte, fanden sich sogar auch Vorteile darin. Tamrin fand sein Lächeln wieder. “Wird schon schiefgehen.” lachte er. “Sag mal - wie haben wir uns eigentlich kennen gelernt ? Wäre der Park plausibel ? Ich sah Dich, war hin und weg und habe Dich angesprochen ? Und weil Du so ein reizendes und liebenswertes Geschöpf bist, hast Du dich bereit erklärt, mir beim Erlernen der Sprache zu helfen ?” Grübelnd zog er die Nase kraus. “Meinst Du, das würde Deine Tante überzeugen ? Dann brauchen wir aber doch eine angemessene Entlohnung.” Er grinste Tári schief an. “Was heißt also: Ihre Nichte ist die liebreizenste und schönste junge Dame, die ich je sah. Mein Herz stand augenblicklich in Flammen. ? “ schmetterte er theatralisch über das Feuer hinweg. Na, wenigstens der Teil würde stimmen.

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  • Der Mund der jungen Frau öffnete sich und schloss sich ohne ein Wort wieder. War es wirklich notwendig die Geschichte ihrer Begegnung abzuändern? Tári fühlte sich so unsicher auf diesem Gebiet, sie hätte am Liebsten gar nicht mehr darüber nachgedacht.
    Tári übersetzte Tamrin erst einmal die Sätze und konnte dabei ein Lächeln nicht unterdrücken. "Tamrin...was stimmt daran nicht wie wir uns getroffen haben?", wollte sie dann von ihm wissen. Ja sie war alleine vor den Toren der Stadt gewesen, aber das war doch nichts Verwerfliches...? Und was auch immer es gewesen war, dass sie ihm helfen wollte.. Ob ihre Tante ihm das reizende und liebenswerte Geschöpf abkaufte...? Sie kannte Tári doch. Auch knurrend und fauchend. "Je weniger wir verändern umso weniger Verstrickungen wird es geben... sie kennt mich nun auch schon etwas und weiß um ... um ... meine Reaktionen..."

  • Tamrin schloss den Mund und sein Lachen erstarb als er Tári’s ernste Unglücksmiene bemerkte. Er seufzte. Und es half auch nichts, dass sie etwas lächelte als sie ihm die gewünschten Sätze übersetzte. Er schenkte sich das Nachsprechen und sah sie an. “Was daran nicht stimmt….” wiederholte er langsam und rollte etwas verzweifelt die Augen. “Daran stimmt nicht, dass Deine Tante mich wohl hochkant hinauswerfen wird, wenn sie erfährt, dass wir stundenlang allein im Wald und in der Stadt herum gelaufen sind bis spät in die Nacht.” antwortete er niedergeschlagen. “Erinnerst Du Dich an das, was ich zu Dir sagte, als wir auf dem Markt waren und was der Mann vom Stand mit den Schüsseln deshalb von Dir dachte…..…. ?” Tamrin sprach es nicht erneut aus. “Als anständiger junger Mann aus gutem Hause hätte ich Dich nach Hause bringen müssen. Oder zumindest weggehen müssen. Ich hätte erst mit Deiner Tante sprechen müssen. Bevor ich mich wieder und wieder mit Dir treffe. Und schon gar nicht hätten wir mitten in der Nacht allein am Strand sein dürfen.” Tamrin schüttelte den Kopf. Es war gar nicht so einfach, etwas zu erklären, was man selbst für ausgemachten Unfug hielt. “Tári, wenn uns dabei jemand gesehen hätte, der Dich kennt und auch Deine Tante kennt und derjenige ebenso gern klatscht und tratscht, wie Deine Tante, ist Dein Ruf ruiniert. Jeder wird das Gerücht gern glauben, dass wir längst getan haben, was wir uns versagen." Tamrin's Gesicht verfärbte sich etwas bei dem Gedanken, jemand könnte wissen, dass Tári sich vor ihm vollständig entkleidet hatte. Auch wenn seine Hände erneut leicht zitterig wurden bei dem atemberaubenden Bild, dass sie geboten hatte. "Und der Ruf Deiner Tante wäre ebenso ruiniert, der Deiner Familie. Du findest es vielleicht nicht wichtig. Und ich auch nicht. Aber was ist mit Deiner Tante ? Ist es Ihr auch egal, wenn ich mich vor sie hinstelle und Ihr sage, dass ich Dich kompromittiert habe ? Und sie selbst und Deine Familie gleich mit dazu ?” fragte er leise.

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  • Sehr aufmerksam verfolgte Tári die erklärenden Worte von Tamrin, auch wenn sie wie ein trotziges Kind die Arme vor der Brust verschränkt hatte. Als der junge Mann den schrecklichen Verkäufer erwähnte hatte die Halbelfe fast schon wieder ein Knurren in der Kehle. Das war wirklich alles andere als schön gewesen und sie nickte bestätigend. Sie erinnerte sich an Tamrins Worte, die ihr erklärt hatten, wie dieser Mann dazu gekommen war.
    Sie suchte die tiefgrünen Augen des Schwarzhaarigen. Er hatte Recht, es war ihr eigentlich nicht wichtig, was sie für einen Ruf hatte. Außerdem sah sie nichts Verwerfliches daran, was sie bislang getan hatten. ABER die anderen Leute... Der Name und Ruf ihrer Familie und ihrer Verwandtschaft. Ihre Arme lösten sich wie von selbst, als es um jene ging. Auch wenn ihr selbst es nicht wichtig war, aber alle gaben sich große Mühe, sie irgendwie Gesellschaftsfähig zu bekommen. Nein sie wollte nicht, dass wegen ihr, ihrer Tante oder gar ihrer Familie etwas nachgesagt wurde. Sie taten viel für die junge Frau und so wollte sie es ihnen nicht danken. Dafür waren sie ihr dann doch zu wichtig, Familie eben.
    "Du hast Recht.", sagte sie leise. "So soll es ganz sicher nicht sein ... Der Park ist ein gut gewählter Treffpunkt.", sie nickte bestätigend und zog nun rasch den Kessel aus dem Feuer. Dabei überlegte sie nochmal was Tamrin als weiteren Vorschlag gebracht hatte. Konnte dieser ihre Tante überzeugen? Sicher, wenn sie sah wie offen und freundlich der junge Mann auf seine Gegenüber zuging und hatte nicht das ihre Neugier geweckt? "Ich denke Tante Dilara wird uns das glauben." Auch wenn es Tári nicht sonderlich behagte, sie wollte was sie wollte - so würden sie sich eben die Geschichte etwas zurechtbiegen.

  • “Es tut mir leid, Tári.” sagte Tamrin ehrlich betrübt, nachdem diese Dinge so aus ihm heraus gesprudelt waren. “Du wusstest das anscheinend nicht. Aber ich habe es gewusst und ich hätte daran denken und es berücksichtigen müssen. Es ist meine Schuld, dass wir im Augenblick besser nicht sagen, wie es wirklich gewesen ist.” Es war auch keine Rechtfertigung, dass er Tári im Wald vor den Toren der Stadt für alles mögliche, nur nicht für eine junge Frau aus bestem Hause gehalten hatte. Für ein Mädchen aus dem gemeinen Volk galt nichts anderes, obwohl die das Risiko mit Sicherheit gekannt hätte. Und er selbst ? Hatte nicht daran gedacht, weil in seinem Zuhause niemand so dachte. Und als es ihm eingefallen war, hatte er sich damit begnügt, dass es Tári nichts ausmachte. Weil es nicht vorgesehen gewesen war, dass DAS hier passieren würde. Und dass sie ihm von nützlich beinah unentbehrlich geworden war. So betrachtet war es fast ein übler Streich des Schicksals, dass er ausgerechnet diese junge Frau nun nicht mehr hergeben mochte, deren guten Ruf er so eigennützig auf’s Spiel gesetzt hatte, weil er dachte, dass sie in seinem Leben hier vermutlich eher früher als später ohnehin keine Rolle mehr spielen würde. Zu unterschiedlich waren die Welten, in denen sie sich bewegten. Oder noch schlimmer: Was, wenn diese Tante denken würde, er hätte das alles überhaupt nur deshalb getan hatte, um ein reiches Mädchen zur Frau bekommen zu können. Bei dem Gedanken wurde ihm kurz übel. Ferne Worte drangen ihm ins Bewusstsein. ‘Tu, was Du tun willst, Tamrin Fyr Farepoynt. Aber bedenke stets die möglichen Konsequenzen, irgendwann fällt jedes Tun unausweichlich auf Dich zurück.’ In Augenblicken wie diesem hasste er seinen Vater beinah dafür, dass er solche Dinge so gleichgültig hatte aussprechen können, während die blauen Augen einen so ernst musterten. Niemand mochte es, wenn solche Worte der Eltern sich bewahrheiteten - und Tamrin war keine Ausnahme. An seine Mutter durfte er gar nicht erst denken.
    Jeder einzelne Gedanke hatte sich auf Tamrin’s Gesicht abgezeichnet, aber als er Tári jetzt wieder ansah, bat sein Blick erneut nur um Verzeihung. Es tat ihm weh, ihr Unwohlsein sehen zu müssen angesichts der Flunkereien. “Nur, bis wir verheiratet sind, Tari. Dann können wir alles richtig stellen, ja ? Dann wird niemand es mehr anrüchig finden.” flüsterte er ihr zu. Vielleicht sogar eher amüsant, auch wenn manches an Gerede sich wahrscheinlich ohnehin nicht verhindern lassen würde. Ein wenig Gerüchteküche schien einfach dazu zu gehören.

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  • Unentwegt musterte Tári den jungen Mann vor ihr. Es mussten ihm gerade viele Gedanken in seinem Kopf herumschwirren. Sie waren nicht angenehmer Natur, das sah sie ihm an. Sie wollte niemandem Schuld an etwas geben. Es war nun so und sie mussten sehen, was sie daraus machten. Sicher war Tári sich, Tamrin gehörte zu ihr und sie zu ihm und das wollte sie. Sie wollte ihn heiraten, ein Leben mit ihm. Seine Worte waren nur geflüstert und doch sprach so viel Zuversicht aus ihnen. '...bis wir verheiratet sind...' Sie fiel ihm ein weiteres Mal um den Hals. "Bis wir verheiratet sind!", wisperte sie ihm zu. "Egal was wir dafür tun müssen, ich will das unbedingt, dich heiraten."

  • Es war schon eine Menge Erleichterung dabei als Tamrin sie in die Arme schloss, dass sie nicht wütend auf sein Eingeständnis reagierte und die Lage, in die sein Verhalten sie gebracht hatte und er liebte sie um so mehr dafür. Sein Schuldgefühl vermochte es zwar nicht zu vertreiben, aber wenigstens würde er es wieder richtig stellen können nach einer gewissen Zeit. Und dennoch fragte sich eine trotzige Stimme in ihm, ob sie denn überhaupt eine andere Wahl hatten, wenn sie zusammen sein wollten. Unabhängig von irgendeinem Ruf - es war nicht vorgesehen in der Welt, dass schöne reiche Töchter an verliebte junge Männer gegeben wurden, die nicht das Glück einer reichen Familie oder wenigstens eines adeligen Namens aufweisen konnten. Und wie unendlich viele junge Leute vor ihm, empfand Tamrin es als zutiefst ungerecht, dass sie nicht einfach miteinander glücklich sein durften sondern dass Tári stattdessen ein nicht gewolltes aber dafür sorgenfreies Leben an der Seite eines ungeliebten Mannes führen würde, wenn es nach den Regeln der Gesellschaft und den Vorteilen für ihre Familie ging. Wie anders sollten sie sich denn dagegen wehren ? fragte er sich erbittert und presste Tári’s schmalen Körper fester an sich. “Ich gebe Dich nicht mehr her, Tári Amandil!” flüsterte er fast zornig in die goldblonde Flut hinein. “Um nichts in der Welt!”

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  • Tári schlang ihm die Arme noch fester um seinen Nacken. Seine Worte, auch wenn sie eher düster klangen verschafften ihr ein leises Hochgefühl. Das war nicht das starke körperliche Begehren, welches sie an ihm wittern konnte sondern eine andere Art von Verlangen. Die dem seines Körper in Intensität aber in Nichts nachzustehen schien, im Gegenteil. "Dann ist es eh schon beschlossen.", wisperte sie zurück. Sie würden sich durchsetzen, sie würden bekommen was sie verlangte. "Was musst du noch wissen?", wollte sie nun von ihm wissen. "Ich will dir alles sagen, was uns helfen wird meine Tante zu überzeugen." Und wenn sie sich nicht überzeugen ließ? Diesen Gedanken verdrängte sie, Tante Dilara musste ja sagen, wie konnte sie nicht...?

  • Tamrin wünschte sich sehnlichst Tári’s scheinbar unerschütterlichen Optimismus herbei, der sie alle Hindernisse und Probleme so locker und leicht zur Seite wischen ließ. Er selbst schaffte es nicht in Dilara Amandil keine Hürde zu sehen, die es zu überwinden galt - auch wenn sie tatsächlich die einzige zu sein schien, wenn Tári es richtig beurteilte. Dennoch verschaffte sie seinem Magen schon jetzt Turbulenzen - und er kannte sie noch nicht mal.


    Tamrin verfluchte sich innerlich dafür, dass er nichts zum Schreiben hierher mitgenommen hatte. Er würde sich anstrengen müssen, um alles zu behalten, was Tári ihm noch an Übersetzungen liefern konnte. Dafür würde er einen klaren Kopf brauchen und so schloss er die Augen und zwang sich, tief durch zu atmen.
    “Lass uns den Tee versuchen.”, sagte er dann um einiges gefasster und strich ihr sanft über den Rücken. “Ich glaube, ich weiß erst einmal genug über Deine Tante. Aber Worte in Beleriarnai bräuchte ich noch so einige. Lass uns damit weiter machen, ja ?”

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  • "Ja gut." Tári löste sich von Tamrin und goss einen Becher voll mit dem Tee. Diesen reichte sie dem jungen Mann. Danach folgte der andere Becher für sie selbst. Der Tee war noch heiss und so pustete sie erst einmal über dessen Oberfläche. Dann probierte sie ihn und befand ihn für gut, etwas stark vielleicht, aber dennoch gut. Abwartend sah sie Tamrin an sie wollte ihn nicht drängen auch wenn sie ihm am Liebsten die gesamte Allgemeinsprache innerhalb des restlichen Tages beigebracht hätte.

  • Als Tamrin den dampfenden Becher von Tári entgegen nahm, bedauerte er, nicht auch Zucker im Sortiment seines Umhangs mit sich zu führen. Nach den Höhen und Tiefen, die er heute im ständigen Wechsel durchlebt hatte, hätte ihm eine ordentliche Portion davon bestimmt gut getan. Er notierte es sich auf einer imaginären Liste nötiger Anschaffungen. Immerhin beabsichtigte er, zukünftig sein Leben mit dem Grund dieser Höhen und Tiefen zu verbringen, es konnte nicht schaden, sich vorsichtshalber entsprechend einzurichten. Im Geiste streckte er seinem Vater die Zunge raus und es tat fast ebenso gut wie eine Portion Zucker es vielleicht getan hätte.
    In kleinen Schlucken trank er von dem heißen Tee. Zu lang gewartet, dachte er beiläufig - aber eigentlich in Gedanken schon bei der Frage, wie sich dieses hochoffizielle und wichtige Gespräch am übernächsten Abend wohl gestalten würde. Zunächst würde er wohl diesem Butler irgendwie begreiflich machen müssen, dass er dieses Mal mit Tári’s Tante zu sprechen wünschte. Er nickte langsam und nachdenklich. “Was sagte ich zu Eurem Butler, Tári ? Ich ersuche darum, Eure Herrschaft, die Lady Dilara Amandil, zu sprechen ? Etwas in der Art ? Ist es eigentlich statthaft, dass Du ankündigst, dass ich vorsprechen möchte ? Oder könntest Du zumindest Euren Butler informieren ? Damit er mich auch hinein läßt.”

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  • Während Tári über Tamrins Fragen nachdachte nippte sie immer wieder an ihrem Becher. "Also meiner Tante würde ich nichts sagen. Es ist sicherlich besser sie kann sich nicht darauf vorbereiten. Denn es wird ihr nicht reichen, wenn ich ihr sage es käme ein junger Mann um mit ihr zu sprechen. Sie würde versuchen mich auszufragen, oder alle anderen." Nun legte sie die Stirn etwas in Falten. "Annur, unser Buttler, er sieht streng aus und ist sehr darauf bedacht seine Arbeit hervorragend zu verrichten. Aber ich denke ich könnte ihn informieren." Die junge Frau lächelte leicht. Annur hatte sie immerhin bislang noch nicht hingehängt, sondern eher für einen reibungslosen Ablauf gesorgt. Hätte er mit ihrer Tante gesprochen, hätte es sicherlich schon ein langes Gespräch gegeben, in dem ihr ihre Unzulänglichkeiten vor Augen geführt wurden. "Wie du dich ihm ankündigst...? Klingt gut, was du gerade gesagt hast. Einfach so wie bisher würde ich meinen. Hat doch gut geklappt, bislang. Aber ich rede mit ihm, vorher und so wird er dich sicher hinein lassen."

  • Tamrin nickte verstehend. “Ja, dann Deiner Tante besser nichts sagen. Gut - dann brauche ich davon nur noch die Übersetzung.” Er überlegte kurz. “Mit dem Butler solltest Du wirklich sprechen, wenn das irgendwie machbar ist. Nur für den Fall, dass Deine Tante ihm unerwartet aufträgt, sie keinesfalls mehr zu stören, oder so etwas. Dann macht … Annur ? ...hoffentlich eine Ausnahme, wenn er Bescheid weiß.” Es konnte nicht schaden, sich auch die Namen der Hausangestellten zu behalten. “Gut, dann werde ich hoffentlich zu Deiner Tante vorgelassen …….. und muss mich auch selbst noch einmal vorstellen, hm ?”

    Annur würde ihn natürlich melden, aber dennoch….
    “Also …… ‘Guten Abend, Lady Amandil. Ich bin Euch zu großem Dank verpflichtet, dass Ihr mich zu später Stunde noch empfangt, obgleich mein Besuch für Euch unerwartet ist. Mein Name ist ……” … und dann ist erst einmal Deine Tante am Zug.” Fragend sah er Tári an und nahm einen Schluck aus seinem Becher.

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  • "Annur, richtig. Du brauchst die Übersetzung auch für ihn? Hattest du das letzte Mal in Belerianai mit ihm gesprochen? Ich meine zumindest er hat dich sehr wohl verstanden.", grübelte Tári etwas nach. "Aber es kann ja nicht schaden." Sie lächelte leicht und begann zu übersetzen "Ich ersuche darum ..." Bei seiner nächsten Frage schüttelte sie leicht den Kopf. "Eigentlich nennst du Annur deinen Namen wie du wünschst vorgestellt zu werden. Tust du es nicht wird er dich danach fragen. Er kündigt dich bei Tante Dilara mit ihm an und sie wird dich mit ihm auch gleich begrüßen." Zumindest war es die Male so, als Tári es mitbekommen hatte. "Aber sollte sie es nicht tun..." Sie runzelte etwas die Stirn. "...nennst du ihn besser nochmal." Da war sie wieder, ihre Unsicherheit in diesen Punkten. Um sich mit jener nicht aufzuhalten begann sie erneut zu übersetzen "Guten Abend, Lady ..." Tári nickte, Tamrin hatte Recht danach war ihre Tante am Zug. "Sie wird wohl sehr schnell wissen wollen, warum du sie zu sprechen wünschst - schätze ich. Je nach je wie es ihr gefällt wird sie noch etwas in der Küche richten lassen..."

  • “Ich würde sagen, Annur konnte sich beim vorletzten Mal denken, was ich wollte, weil er jedenfalls Deinen Namen verstanden hat, Tári.” schmunzelte Tamrin ein wenig. Die beinah bis zum Haaransatz hochgezogenen Augenbrauen des Bediensteten würde er wohl niemals vergessen. Aufmerksam hörte er ihr zu und nickte bedächtig. “In Ordnung. Meinen eigenen Namen werden ich wohl verstehen. Und sonst nenne ich ihn einfach selbst.” Zuerst langsam, dann etwas flüssiger wiederholte er die Übersetzungen. Mittlerweile ging ihm die neue Sprache schon recht gut von der Zunge, Gehör und Sprechmechanik hatten begonnen, sich darauf einzustellen. Als Tári zufrieden nickte, liess er es gut sein. “Und Du sagst, Deine Tante bevorzugt offene, klare Worte ? Also rede ich besser nicht lang um den heißen Brei herum ?”

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  • "Achso." Tári lächelte etwas verlegen. Konzentriert hörte sie die Sprechversuche des jungen Manns an und sie stellte dabei fest, dass er wirklich Fortschritte gemacht hatte. Mit ihm zu üben hatte ihr ungeahnten Spass bereitet, wenn sie an die Zeit in der Bibliothek dachte. Mit zufriedenem Nicken bestätigte sie Tamrin seine Übersetzung. "Mh, na ja also sie hat nichts gegen schöne Worte. Aber wenn es um ein Anliegen geht, möchte sie sich nicht erst den halben Abend damit vertreiben das Anliegen einzukreisen. Zumindest kam es mir bislang so vor. Das ist einer der wenigen Punkte wo wir uns gut miteinander verstehen." Tári wusste immer sehr genau was sie wollte und was sie nicht wollte. Jenes ließ sie ihre Tante dann sehr direkt wissen und umgekehrt. Wer am längeren Hebel saß war wieder eine andere Geschichte.

  • “Das trifft sich gut!” Tamrin grinste unecht. “Für ausuferndes Einkreisen meines Anliegens ist mein Wortschatz wohl auch etwas dürftig.” Kurz formulierte er im Kopf vor, was er sagen wollte und hob dann an. “Verehrte Lady Amandil, da Eure kostbare Zeit sicherlich knapp bemessen ist, will ich sogleich mein Anliegen vortragen. Ich halte mich zwar erst seit kürzester Zeit in der Stadt auf, aber als ich auf Empfehlung die beeindruckende Parkanlage besichtigte ……..” Satz um Satz fügte Tamrin an, wie er Tári dort getroffen habe, mit ihr ins Gespräch gekommen sei, sie angeboten habe, ihm mit der Sprache etwas zu helfen - ganz züchtig selbstverständlich, in der Bibliothek - und das Gebilde endete irgendwann damit, dass er nicht wisse, wie er weiterleben solle, wenn Tante Dilara nicht ihr Einverständnis dazu gäbe, dass ihre Nichte die Seine würde. Erwartungsvoll sah er Tári an. “Wird sie mich das sagen lassen oder denkst Du, sie fragt bereits zwischendrin irgendwo nach ?” fragte er sie dann bevor sie mit einer Übersetzung beginnen konnte.

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