Sein vierter Tag in Nir'alenar. Seit 75 Stunden wartete er nun schon - zur Untätigkeit gezwungen - auf diesen dreimal verfluchten Varanor und noch immer war keine Nachricht im Gasthaus eingetroffen. Wollte ihn diese Akademie zum Narren halten?
Mit finsterer Miene drehte Zeciass seine verbliebenen vier schwarzen Perlen in der Hand, während er beim Markt am neuen Hafen an einer Gebäudemauer lehnte. Es war später Nachmittag und die ersten Stände wurden bereits zusammengeräumt. Menschen schrien oder lachten, Möwen kreisten und stießen gelegentlich hinab, um sich Reste zu schnappen. Im nahen Hafenbecken dümpelten die Handelsschiffe wie träge Wale in den Wellen. Nichts an der Umgebung wirkte so, als habe sich jemand Gedanken um ein einheitliches Stadtbild gemacht. Alles wirkte unaufgeräumt, abgenutzt oder schlicht und ergreifend verwahrlost.
Ein schäbiger Bereich der Stadt, dieses Seeviertel, und selbst die niederen Völker sahen hier um noch eine Spur erbärmlicher aus. Hatte Zeciass anfangs noch geglaubt, die hier ansässigen Bordelle hätten die zwielichtige Umgebung aus taktischem Grund als Kulisse gewählt, hatte sich seine Einschätzung bei deren Anblick schnell geändert. Die bloße Vorstellung, dort länger als einen Kiemenzug zu verweilen, prickelte selbst jetzt noch unangenehm auf seinen Schuppen.
Widerliche, unförmige... Hart schloss sich seine Faust um die Perlen. Doch irgendeine Tätigkeit musste er ergreifen, wenn er nicht seine letzte Perle an diese trockene Stadt verschleudern wollte.
Mit stiller Inbrust betete Zeciass zu Zi'llail. Sie konnte nicht wollen, dass er sich für Abschaum hergab. Selbst wenn es sich um reichen Abschaum handelte...
Zwei mit Schwertern bewaffnete Kiemenlose näherten sich nicht unbemerkt seiner Position am Rande des Marktes.
"Nein, ich hab ihn nicht erwischt. Fünf Dukaten für einen lausigen Messerstecher, kannst du dir das vorstellen? Ich hätt' das Gold auf die Chimäre von dem Einäugigen gesetzt - meine Nase hat gekribbelt, als ich das Vieh zuletzt kämpfen sah... und du weißt, dass meine Nase nur kribbelt, wenn da ein fetter Gewinn in der Luft liegt", faselte einer der Kiemenlosen im Vorbeigehen.
Sein dümmlich grinsender Begleiter lachte. "Meine Nase kribbelt manchmal auch. Aber dann muss ich meistens niesen."
"Jedenfalls geh ich mir jetzt neue Steckbriefe holen. Wenn ich heute wenigstens einen Langfinger erwische, klappt's vielleicht noch mit dem Wetteinsatz", verkündete der Erste zuversichtlich.
Die schwarzen Augen des Yassalar verengten sich. Keinem der beiden Trockenen fiel beim Weitergehen auf, dass ihnen ab diesem Moment ein dritter Schatten im Nacken saß.