Eine Reise beginnt

  • Arelis und Niiv standen vor einem kleinen Laden, in dem Essen zubereitet wurde. Der Duft von Gewürzen, gebratenem Fleisch, Gemüse und Fisch stieg ihnen in die Nase. Arelis Magen knurrte und er wollte zügig zu seinem Essen. Fast hätte er Niiv´s Worte vergessen, doch blieb er stehen und zog seine Schuhe aus.
    >> Da sind drei kleine Stufe vor euch <<, half er der Frau und nachdem auch sie ihre Schuhe abgelegt hatte, führte er sie zu einem leeren Tisch. Arelis war wie von Donner gerührt. Er war wirklich groß und die Menschen hier kleiner, aber selbst wenn man auf dem Boden saß, konnte man seine Beine nicht unter den Tisch schieben, so niedrig waren sie. Die Menschen saßen auf einer Art...Matten und aßen von den niedrigsten Tischen, die der Drak´khier je gesehen hatte. Die Wände waren mit Holzgittern vertäfelt, Statuen aus Holz und kunstvolle Bilder an den Wänden, tauchten ihn in eine völlig andere Welt. Der Koch selbst war nicht wie in Nir in einem seperaten Raum, sondern hatte seine Garküche am Ende des Raums, so das jeder sein Essen sehen konnte.
    Mit der Frau setzte er sich an einen jener kuriosen Tische und wartete. Es dauerte nicht lange, bis ein zierliche Frau heran trippelte, ihnen Tee einschenkte, sich verneigte und wieder ging.
    Arelis fragender Blick traf Niiv, bis er sich für seinen Fehler schallte und erinnerte, dass sie blind war.
    Die Frau aber schien es bemerkt zu haben und lächelte heiter. Man wartete wohl darauf, das der Kunde seinen Tee trank. Ein Ritual das ihm die Chance gab, geistig anzukommen und die Straße hinter sich zu lassen. Zumindest verstand er Niiv so.
    Also trank er mit Niiv den Tee, welcher wirklich gut war und erlebte dann, wie die zierliche Frau mit den Mandelaugen mehrere Schalen und Teller mit Essen brachte.
    Der Krieger wunderte sich über die Trinkschalen, doch das alles war nichts zu dem, was er unglübig zweifelte, als er sein Besteck sah. Eigentlich war da kein Besteck, kein Messer, kein Löffel oder überhaupt was, was danach aussah. Da waren nur zwei Holzstäbchen. Auf seine flüsternde Frage an Niiv, ob man hier mit den Fingern esse, lachte sie leise und schien amüsiert. Arelis konnte sich nicht einmal vorstellen, wie man mit zwei Stäbchen essen könnte, doch Niiv zeigte ihm, wie es ging. Mehr schlecht als Recht und Arelis war kurz davor mit seinem Gesicht ins Essen zu springen, so sehr forderte sein Hunger.
    Aber er hielt sich wacker und verzweifelte mit den Stäbchen an diesen weißen Körnern, die man wohl Reis nannte, wärend Niiv ihm allein am Geruch erklärte, was für Essen auf dem Tisch stand...

  • Ein hauch von Jasmin ging von dem Tee aus, der ihnen eingeschenkt wurde. Sie liebte diesen Tee und genoss daher die kleine Schale, die sie gereicht bekommen hatten. Das leise spiel einer Flöte drang an ihr Ohr und lies nun vollkommen den Ärger über das verpasste Schiff vergessen. Wer weiß, vielleicht hatte das ja auch etwas gutes. Auf jedenfalls konnte sie so nochmal diesen Tee genießen, den es in Nir mit Sicherheit nicht gab, oder wenn doch, nur zu horrenden Preisen.
    Als Arelis sie nach dem Besteckt fragte musste sie Schmunzeln, diese Sitte war wirklich sehr gewöhnungsbedürftig und bedurfte auch einiges an Übung. Sie hatte sich selber lange schwer getan mit diesem Werkzeug ihr Essen zu finden und zu greifen. Aber das das Essen immer schon in kleinen mundgerechten Happen war, das hatte sie sehr begrüßt. Zur not konnte man ja immernoch die Schüssel nah an den Mund führen und mit den Stäbchen einfach schieben. Das hatte ihr zumindest Ri’an gesagt, wobei sie sich aber nicht sicher war, ob sie es ihr erlaubt hatte, weil sie Blind war und dass das eigentlich nicht zum guten Ton gehörte.
    Zu gerne hätte sie gesehen, wie sich ihr Begleiter mit den Stäbchen anstellte, nachdem sie ihm gezeigt hatte, wie man diese griff und bewegte. Vermutlich würde aber der Fluchpegel noch genügend Auskunft darüber geben, es sei denn dieser Mann war ein sehr sehr zurückhaltender Mensch.
    „Das hier dürften die Dampflinge sein, die ich erwähnte. Die sind mit unterschiedlichen Dingen gefüllt und immer wieder eine Überraschung. Vor allem können sie aber sehr heiß sein, also ist eine wenig Vorsicht geboten. Daneben gibt es Fleisch mit Gemüse und süßem Obst in einer etwas scharfen Soße.“
    Sie war sich sicher, dass noch zwei weiter platten auf dem Tisch standen, allerdings ging von denen keine wärme aus, so dass sie sich nicht ganz sicher war, was sich darauf befand. Auch war der Geruch des gebratenen Fleisches so intensiv, dass er alles andere überdeckte. Vorsichtig tastete sie mit der Hand nach dem Tisch um dann über das glatt polierte Holz zu fahren. Niiv musste sich ersteinmal genauer orientieren, wo eigentlich was stand und lag und tastete erst zu ihrem Teller und dann zu den Platten, die in der Mitte des Tisches standen, bis sie die beiden vernuteten Fehlenden erreicht hatte. Kurz nahm sie eines der Stäbchen, weil sie doch lieber nicht die Finger benutzen wollte und stupste das, was auf diesen Platten war an.
    „Ich kann mich irren, aber ich glaube dies sind in Seetang gewickelte Reisteilchen mit einem Innenleben aus rohem Fisch, wahlweise liegt der Fisch auch einfach auf dem Reis. Dazu gibts eine salzige soße und eine scharfe Paste, bei der man wirklich höllisch aufpassen muss, das man nicht zu viel nimmt.“

  • Arelis war bedacht darauf, nichts am Tisch zu verändern. Er wusste nicht viel über das Leid des fehlenden Augenlichts, aber sogar er konnte sich denken, das Niiv sich orientierte und merkte wo was stand.
    Das Essen selber war teils gewöhnungsbedürftig, aber dennoch himmlisch. Anscheinend aß man alles wie man mochte in kleinen Happen, um alles genießen zu können. Und Arelis genoss das Essen. Hin und wieder konnte er sich ein leisen Fluchen nicht verkneifen, wenn sein Essen von den Stäbchen auf den Tisch sprangen, aber irgendwie bekam er es am Ende in den Mund.
    Allerdings kam die Warnung vor der grünen Paste zu spät. Arelis war froh das Niiv nicht sehen konnte wie zwei Tränen über sein hoch rotes Gesicht liefen, nachdem er ausgiebing zugelangt hatte. Aber sein Keuchen hatte sie wohl vernommen.
    >> Habe ich das richtig verstanden, dass ihr eine Priesterin seit? <<, fragte er noch leicht um seine Geschmacksnerven kämpfend und trank die Schale Tee in einem Zug leer.

  • „Schmeckt es euch?“ fragte sie, da sie das Keuchen nicht so ganz richtig deuten konnte, nur dass sich irgendwas an geändert hatte, irgendwie war er hektisch geworden, so deutete sie zumindest das viele Geschirrgeklappere, was plötzlich aufkam. „Es ist halt ganz anders, als in Anorea oder Silvriar.“ meinte sie und schob sich selber einen kleinen happen der Reisröllchen in den Mund. Auf die scharfe Paste verzichtete sie dabei lieber ganz, die hatte sie nämlich auch schon mal falsch dosiert.
    „Ja ich diene Alaria.“ beantwortete sie seine Frage.
    „Und ihr seid Händler?“ fragte sie ihn, erinnerte sie sich doch daran, dass er von Waren gesprochen hatte, die zurück mussten.

  • Das Brennen ließ langsam nach und Arelis hatte das Gefühl, seine Zunge wieder nutzen zu können.
    >> Ja es schmeckt wirklich sehr gut, nur diese Paste ist tödlich. Ich glaube ich könnte das immer essen <<, bestätigte Arelis und spürte, das es ihm hier immer besser gefiehl.
    >> Nein ich bin kein Händler. Eigentlich weiß ich nicht was ich bin, ich denke aber das es Krieger am besten trifft. Zumindest bin ich gut im Kämpfen. Ich habe ein Gut meiner Familie bekommen, welches sehr gealtert ist und renoviert werden muss. So kam mir die Idee, nach Si Jan zu reisen, um nach Möbeln und anderen Dingen zu schauen und vielleicht eine Aufgabe zu finden <<, erklärte er bereitwillig und schnappte sich von den Fischrollen einen Happen, tunkte ihn in die salzige Soße und schob ihn sich in den Mund.
    >> Alaria! Für was steht sie denn? <<

  • Das freute sie, dass sie doch den richtigen Laden ausgewählt hatte. Sie hatte schon ein wenig sorge gehabt, dass ihm das Essen hier zu ungewöhnlich war.
    Seine Ausführungen machten sie allerdings etwas stutzig. ‚Eigentlich weiß ich nicht was ich bin‘ klang irgendwie komisch. Entweder hörte sich sein eigentlich Tun zu komisch in andere Leute Ohren an und er mochte keine schwierigen Erklärungen ausführen, oder er hatte doch irgendetwas Unlauteres zu schaffen. Auf jedenfalls meldete sich eine kleine Alarmglocke in ihr, das irgendwas nicht stimmte.
    Eine ganze Weile überlegte sie, ob sie da näher nachbohren sollte.
    „Eigentlich klingt aber ziemlich wage für eine Tätigkeit mit der man seinen Lebensunterhalt bestreitet.“ meinte sie schließlich um die Stille nicht zu lange werden zu lassen. Außerdem hoffte sie, dass ihr Lachen dabei die Ernsthaftigkeit der Bemerkung etwas abmilderte.
    Erst als sie dies ausgesprochen hatte, kam ihr in den Sinn, dass er vielleicht früher mal ein Soldat oder ähnliches war, aber nun eine gänzlich andere Aufgabe suchte und deshalb nicht so recht wusste, wie er das, was er tat bezeichnen sollte.
    Also schob sie schnell nach: „Oder habt ihr noch nicht das Richtige für euch gefunden?“
    Als er allerdings nach Alaria fragte, war ihre Stetigkeit wieder da. Wo kam er wohl her? Nir hatte er gesagt. Aber da war Alaria nun so ganz und gar nicht unbekannt.
    „Alaria ist die Mutter und Beschützerin der Meere. Sie ist in jedem Meereswesen und in jeder sanften Welle. Ihr Lied ist das stetige rauschen der Wellen und das wilde brausen der Gischt. Und mit ihrer Sanftmut ist sie wohl die Einzige, die es schafft ihren Gemahl zu beruhigen und Stürme und wilde Wogen zu glätten.“ Eine gewisse Entrücktheit ergriff sie, als sie das Wesen ihrer Göttin beschrieb.

  • Arelis lauschte auf einen Arm gestützt der Priesterin und stellte sich diese Göttin vor. Sie schien ein gute Göttin zu sein, wen er mal verehrt hatte wusste er nicht mehr. Wenn er es überhaupt getahn hatte.
    Auf ihre Frage hin überlegte er kurz, kaute auf und legte die Stäbchen ab.
    >> Eigentlich beides. Ich suche noch nach einer Aufgabe. Um ehrlich zu sein, erinnere ich mich nur an die letzten zehn Monate meines Lebens. Vor knapp einem Jahr ist etwas passiert, das mich beinahe umgebracht hat. Um ehrlich zu sein, lag ich im Sterben und ich denke das es meinem Lehrmeister und meinem Drachenblut zu verdanken ist, das ich noch lebe <<, biss er sich auf die Zunge, weil er sich verplappert hatte. Irgendwie schienen die Menschen nicht gut auf so etwas zu sprechen zu sein, wenn Drachen im Spiel waren.
    >> Alles vor diesem Tag und der Tag selber, sind aus meinem Kopf verschwunden. Da ist nur Dunkelheit. Keine Freunde, keine Vergangenheit und somit auch keine Zukunft. Ich erinnere mich nicht an Götter, Kaiser, Feinde, an rein garnichts. Nur manchmal taucht ein Gefühl auf, wie eine Erinnerung, aber es gibt kein Bild dazu. <<
    Die Stimme des Kriegers hatte einen frustrierten Unterton angenommen.
    >> Ich bin allein und alles was ich habe, ist ein altes Haus, ein paar Dukaten, einen Namen und meine Schwerter. <<
    Arelis hoffte, das er die Stimmung nicht drückte, aber er hatte nie mit jemandem darüber gesprochen. Natürlich wusste Arvanor davon, aber nie war es ein Thema gewesen. Vielleicht lag es daran das Niiv eine Priesterin war oder einfach nur an dem Gefühl das sie gutes Herz hatte. Man konnte ihr vertrauen, so glaubte er zumindest.

  • Gebannt lauschte die Frau dem was der Fremde ihr erzählte. Mit so viel Offenheit hatte sie nicht gerechnet, aber möglicherweise war es für ihn bitter nötig darüber zu sprechen. Gerade wenn man niemanden mehr hatte dem man sich anvertrauen konnte, weil man niemanden mehr kannte. Als er erwähnte, dass er in irgendeiner Weise von Drachen abstammte, dämmerte ihr auch so langsam, warum die Leute sich so seltsam in seiner Gegenwart verhalten hatten. Es waren nur Nuancen gewesen, die ihr fast gar nicht aufgefallen waren, aber so im Nachhinein erinnerte sie sich daran, dass die Leute für einen Moment seltsam still geworden waren, oder dass die Bedienung die Sachen nicht ganz so flüssig serviert hatte, wie sie es sonst immer getan hatte. Vermutlich sah man es ihm also irgendwie an. Zu gerne hätte sie gewusst, was die Leute so irritierte, aber möglicherweise war es genau der Punkt, dass sie ihn wie einen ganz normalen Menschen behandelt hatte, der ihn dazu gebracht hatte, ihr das alles zu erzählen.
    Auch sie hatte die Stäbchen bei Seite gelegt und nickte ihm freundlich zu, bevor sie ihm antwortete: „Das ist ein sehr harter Schicksalsschlag. Aber ihr lebt noch. Und das meine ich nicht als aufmunternde Floskel.
    Ihr lebt noch und alles um euch herum ist gestorben, da gibt es sicherlich nichts aufmunterndes dran.
    Meine Welt ist auch gestorben, allerdings auf eine andere Art. Man versucht krampfhaft den Bildern der Vergangenheit hinterher zu jagen. Doch sind sie ungreifbar, zerrinnen zwischen den Fingern wie Wasser.“
    Ja in den letzen Teil war viel von ihrer eigen Erfahrung geflossen. Krampfhaft hatte sie versucht Bilder und gesehenes fest zu halten. Wollte die Farben nicht gehen lassen und das Glitzern des Meeres nicht vergessen.
    Und im Grunde ging es Arelis wohl gerade genauso wie ihr, wenn er versuchte an die Bilder seiner Vergangenheit zu erinnern. Sie waren diffus und vage, nicht greifbar und entzogen sich klaren Konturen. Aber natürlich war dies die einzige Ebene, auf der ihrer beide Schicksale vergleichbar wären. Außer vielleicht noch das Gefühl des großen Verlusts.
    „Aber ihr lebt noch, also können diese Bilder für euch auch wieder an Kontur gewinnen. Vielleicht nicht alle, und viele werden ersetzt werden. Doch fragt irgendeinen Menschen, ob er sich an alles Erinnern kann, was er jemals erlebt hat.“
    Versuchte sie irgendwie die richtigen Worte zu finden.
    „Gibt es niemanden mehr aus eurem vorigen Leben? Euer Meister? Jemand der zu euch Kontakt aufgenommen hat und wenigstens einen Teil von Euch miterlebt hat?“
    Fragte sie wohl wissend, dass die Überlegungen es nicht besser machten, sondern sehr scherzhaft waren.

  • Arelis lauschte der Priesterin und stellte fest, dass sie ein ähnliches Schicksal teilte. Es musste schlimm sein, sein Augenlicht zu verlieren und in einer Welt aus Dunkelheit zu leben.
    >> Es gibt da zwei alte Menschen, die Bediehnstete meines Vaters waren und mich schon von Kind auf kannten <<, erinnerte sich Arelis an Gustav und Hilde.
    >> Sie sind wriklich herzlich und berichten viel aus meiner Kindheit. Aber nur ein Gefühl bestätigt mir die Wahrheit ihrer Worte, oder besser gesagt ein vetrautes Gefühl. Aber leider keine Erinnerungen dazu. Ihr habt recht, ich lebe noch. Vielleicht hatte es einen Sinn, aber ihr müsst auch unter eurem Schicksal leiden? Ich stelle es mir schlimm vor, als meinen Gedächtnissverlust! <<

  • „Dann bewahrt euch dieses Gefühl, oftmals sind die unterbewussten Gefühle viel mehr der Schlüssel, als die Bilder die man sucht. Ihr habt demnach nicht alles verloren. Das Wissen um diese Menschen scheint verloren gegangen, doch das Gefühl des Vertrauens habt ihr behalten. Es sind genau solche Dinge, die einem über einen solchen Verlust hinweghelfen können. Macht euch bewusst, was noch alles da ist und zu was es führt, wenn ihr es losgelöst von dem Betrachtet, was verschwunden ist.“
    Einen ähnlichen Rat hatte ihr damals auch Denariu gegeben und tatsächlich hatte sie erst von den Bildern loslassen können, als sie begonnen hatte die Dinge bewusst anders wahrzunehmen.
    „Ich glaube nicht, dass das eine schlimmer sein kann als das andere, denn für jeden ist es anders. Es nagt an einem und macht einen fertig.
    Ich habe irgendwann beschlossen, nicht mehr Leiden zu wollen und mein Schicksal akzeptiert. Es war allerdings ein langer Weg bis dahin und ihr scheint noch ganz am Anfang zu stehen.“ Antwortete sie, konnte aber nicht ganz die Bitterkeit aus ihrer Stimme verbannen. So wirklich war sie noch nicht bei ihrem Ziel und Vorsatz angekommen, aber sie hatte mittlerweile genug Erfahrung das zu überspielen. Sie wollte vor allem nicht immer das Mitleid der anderen haben, dann fühlte sie sich irgendwie schlecht. Es kratze an ihrer sorgsam errichteten Mauer, die stärke nach außen hin zeigen sollte.

  • Arelis überlegte kurz und aß nebenbei weiter.
    >> Ich denke ihr habt recht. Auch wenn es schwer ist, sich etwas Neues zu schaffen <<, lächelte er frustriert.
    >> Ich werde schon etwas finden und eventuell auch etwas wieder finden, aus meiner Vergangenheit <<, beschloss er und spürte das sein Magen seine Grenze erreichte. Arelis hörte den Hauch Bitterkeit in der Stimme der Priesterin, aber er konnte es ihr auch nicht verdenken. Blindheit war für Arelis schlimmer, als Vergessen.
    >> Ihr habt recht! Viele würden ihre Vergangenheit gerne vergessen oder ungeschehen machen. Vielleicht sollte ich ein wenig glücklich darüber sein. Auch wenn ich das Gefühl habe, etwas unglaublich wichtiges verloren zu haben, das mich schmerzt. Ich kann es nicht ändern und muss nach vorne schauen. Ich weiß nicht, wie schnell ich das schaffen werde, aber ich danke dir Niiv, für diese wertvolle Hilfe. Jetzt muss ich nur noch herausfinden, warum alle Welt so verhalten auf mich reagiert. Fühle dich eingeladen, als Dank <<, lächelte er ehrlich.
    Arelis begann die Frau zu mögen. Sie war sympathisch, ehrlich und heiter. Sie hatte eInblicke, welche andere nicht hatten und ihre Worte waren weise.
    Der Krieger spürte, dass es ihm gut tat und sie lehrte ihn mehr in kurzer Zeit, als er hätte heraus finden können. Er sollte mehr auf sein Gefühl hören, welches jetzt unbelastet von Gedanken und Erinnerungen war. Eine Chance seine Intution mehr zu beachten und bei sich zu behalten. Die Instinkte sprachen klarer, ohne verwirrende Zweifel. Lustig war, das Arvanor ihn dazu immer anhielt. Arelis kam kurz der Gedanke, ob alles so sein sollte. Doch wer lenkte es dann? Ein Gott?

  • „Ja der Weg ist kein einfacher. Und die Steine, die euch das Schicksal in den Weg gelegt hat sind mehr als kleine Kiesel. Doch auch die größten Steine können zu feinen Sand verrieben werden.“ Diesmal war es tatsächlich aufmunternd gemeint und sie lächelte, als er sich bedankte. Das waren so Momente, in denen sie sich nicht nutzlos vorkam, sonder sicher war eine Sinnvolle Aufgabe für sich gefunden zu haben. Und vielleicht war es gerade Alarias Plan gewesen, dass sie ihr Schiff verpasst hatte.
    Doch ihre Gedankengänge dazu wurden unterbrochen, als eine der Bedienungen ihnen eine kleine Schale mit Reisschnaps, den sie Shochu nannte, anbot. Vorsichtige nahm sie die Schale entgegen und stellte sie sachte auf den kleinen Tisch. Dies würde wohl das Ende ihres Essens bedeuten, doch interessierte sie es noch, weshalb Arelis den Eindruck gewann, dass die Leute komisch auf ihn reagierte. Ihr war es ja auch schon aufgefallen, aber da musste noch mehr sein, dass es ihn so wurmte. Ein wenig war sie selber ja auch, die merkwürdigsten Reaktionen gewohnt, sobald die Leute erkannten, dass sie Blind war, allerdings waren sie selten verhalten, oder wenn doch, dann bekam sie das nicht mit.
    Aber so waren die Leute nunmal, alles was ein bisschen anders war, als das was sie gewohnt waren, dass beugten sie misstrauisch.
    „In wiefern reagieren die Leute verhalten?“ fragte sie schließlich, eben noch nicht bereit das essen und somit diese Unterhaltung zu beenden.

  • Arelis stellte den warmen Schnaps vor sich, lehnte sich auf den anderen Arm und trank seinen Tee aus.
    Niivs Worte hatten wirklich Bedeutung, da sie ihn innerlich berührten, so als würden sie einen Sinn ergeben, der Klick macht.
    Als sie zu seinem Aussehen kam, überlegte er kurz. Anscheinend trug er heute sein Herz auf der Zunge.
    >> Nun meine Familie stammt aus einer Blutlinie ab, welche von einem Drachen abstammt. Velendros dem Schimmernden. Dazu kommt, das ich ein Halbblut bin. Meine Augen sind die eines Drachen und meine Körperaussenseiten sind mit rot-goldenen Schuppen bedeckt. Das ist eigentlich das einzige, bis auf meine Größe. Ich habe schon vierarmige Frauen gesehen, an denen sich niemand gestört hat, deswegen verstehe ich nicht die Sorge durch Drachenblut <<, gab der Krieger preiss.
    >> Ich fresse weder kleine Kinder, noch zerstöre ich grundlos das Gute dieser Welt, im Gegenteil. <<
    Es beschäftigte ihn schon sehr, auch wenn er nicht abhängig vom Wohlwollen der Menschen war, so wollte er wenigstens den Grund für die Reserviertheit erfahren. So würde er es vermeiden können, in Fettnäpfchen zu treten.

  • Niiv musste schmunzeln. Anscheinend wusste er doch mehr, als er selber bisher registriert hatte und das Verzweifelte Gefühl des‚ ich habe alles vergessen‘ hatte sich so sehr in ihm ausgebreitet, dass er den Anfang vom Faden gar nicht wahr nahm. Ob ihm diese Vergangenheit nun jemand erzählt hatte, oder ob es eines der wenigen Dinge, die er doch noch wusste, waren, waren es doch auf jedenfalls Dinge, die er selber glaubte. Vielleicht war es die Tatsache, dass er die Bestätigung dafür am Leib trug und im Spiegel sehen konnte, oder weil er im Grunde seines Herzens wusste, dass es wahr war.
    Sie versuchte sich vorzustellen, wie wohl ein Mensch mit rot-goldenen Schuppen aussah, allerdings mischte sich das Bild, was sie zustande brachte sehr mit dem glatten kalten Gefühl, das ein Fischleib an sich hatte. Ein richtiges Bild wollte sie nicht mehr zustande bringen. Gerade die Farben konnte sie so gar nicht mehr greifen und mischten sich mehr mit Gefühlen, als mit klaren Vorstellungen. Doch all das, was sie mit dieser Beschreibung verband war eher was schönes.
    „Vielleicht sind es die Geschichten, die man sich erzählt.“ Sie erinnerte sich vage sehr vage an ein paar Geschichten in den Drachen vorkamen und meistens wurden diese Wesen vor allem als Bestien dargestellt. „Die Leute urteilen lieber schnell, als sich auf etwas unbekanntes einzulassen. Meistens geschieht dies aber nicht aus Böswilligkeit, sondern aus Selbstschutz. Hass wird meistens aus Furcht geboren. und das einzige, was ihr dagegen tun könnt ist Höflich und zuvorkommend zu sein und sie das Gegenteil lehren und ihnen Zeit geben.“
    Sie erinnerte sich daran, wie es Denariu gelungen war eine Aufgebrachte Menge zu beruhigen. Er war einfach stoisch höflich und zuvorkommen geblieben und nach und nach hatten sich die Leute beruhigt und sogar entschuldigt. All die Wut und der Hass waren verflogen. Und das obwohl diese Leute wirklich einen guten Grund gehabt hatten, war ihnen doch von einer Sturmflut alles genommen worden, was sie besessen hatten.
    „Vielleicht sind es aber auch gar nicht die Geschichten, die man sich vom Drachenvolk erzählt, sondern ihr seid es selber. Möglicherweise kennt man euch. Aber das wünsche ich euch nicht. Dann habt ihr zwar jetzt die Chance zu einem Neuanfang, aber keiner möchte diesen Wahrnehmen.“ Sie hatte ein wenig gezögert, bevor sie diese Worte ausgesprochen hatte. „Wie haben den die beiden Bediensteten von eurem Vater auf auch reagiert, als sie euch wiedererkannten?“ fragte sie daher um diesen Verdacht möglichst schnell wieder ausräumen zu können. Zumindest hoffte sie das.

  • >> Das hoffe ich auch. Ich weiß nicht wirklich wer ich war, nur das ich vor sechzehn Jahren in die Heimat der Drak´hkier gegangen bin. So erzählten mir es unsere Bediensteten. Gustav und Hilde waren sehr erfreut und herzlich, als sie mich sahen <<, erinnerte sich Arelis.
    Arelis glaubte nicht wirklich, dass er ein Verbrecher gewesen sein könnte. Auch stellte sich kein bestätigendes Gefühl ein, egal ob negativ oder dumpf.
    >> Ich sollte wohl mein Volk und seine Gebräuche kennen lernen. Also die andere Seite, zur Hälfte bin ich ja ein Mensch. Ich weiß nicht, wie sie früher auf mich reagierten, aber eure Worte werde ich beherzigen, soweit ich kann. Vielleicht kann man daraus auch einen Vorteil ziehen. Aber darf ich euch eine Frage stellen? Wahrscheinlich empfindet ihr sie als naiv, aber es gibt niemand besseren dafür? <<, erkundigte sich Arelis höflich.

  • „Na dann ist das doch schonmal ein gutes Zeichen, dass es nicht die Geschichten über euch sind, was die Leute scheuen.“ Antwortete sie, als Arelis erzählte, dass die beiden bediensteten eine ganz andere Reaktion, als wohl der Rest der Bevölkerung, gezeigt hatten. Und ein wenig war sie auch erleichtert darüber.
    Drak’hkier hatte er gesagt, sie glaubte, schonmal von diesem Volk gehört zu haben, allerdings hörte ihre Erinnerung nach ‚Irgendwas mit Drachen‘ auch schon wieder auf.
    Sie war einen Moment versucht ihm Vorzuschlagen, diese Reise einfach nochmal zu machen, vielleicht kam dabei ja auch etwas von seiner Erinnerung wieder, doch wenn diese Reise genau darin geendet hatte, das er fast gestorben wäre, dann war das wohl eher keine so gute Idee.
    „Natürlich dürft ihr mich was fragen, ihr habt mir so viel von euch erzählt, da ist es nur rechtens.“

  • >> Ihr sagtet vorhin, alles hätte einen Sinn? Natürlich wäre es leichter mit der Tatsache, das alles einen Grund hat, der gut ausgeht. Aber so naiv bin ich nicht. Glaubt ihr das es ein Grund hat, warum ich alles vergass im Angesicht des Todes, wir hier aufeinander trafen und gut ergänzend im Sinne von Alaria? <<
    Arelis wusste nicht ober er glübig war oder nicht. Genau genommen hätte er nicht einmal gewusst, wann er Geburtstag hatte, wäre Gustav und Hilde nicht gewesen. So wusste er wenigstens sein Alter und das die Herrin der Träume seine Patengöttin war. Vielleicht wünschte er sich auch, dass das Schicksal das alles gelenkt hatte und jetzt eine Arbeit auf sie wartete.

  • „Nein ich halte diese Frage nicht für Naiv. Es ist genau dass, was wir uns dich alle Fragen. Erst recht, wenn uns so etwas zugestoßen ist.
    Aber wenn etwas sinnlos erscheint, liegt das oftmals daran, dass wir das große und Ganze nicht Überblicken können. Wir sind wie Napfschnecken, die sich darüber wundern, warum das Wasser verschwunden ist und kein Verständnis von Ebbe und Flut haben.“ Antwortete die Frau, sie hatte sich genau diese Frage auch oft gestellt.
    „Was die Götter mit uns vorhaben, dass wissen nur die Götter. Aber ich habe mir diese Frage auch oft gestellt. Und eines habe ich erkannt. Blind zu sein hat mich offener für die Leute gemacht. Früher war ich Schüchtern und zurückhaltend. Die Blindheit hat mich gelehrt auf die Leute zuzugehen.“ Sie zuckte mit den Schultern. Tatsächlich war es so gewesen, dass es früher schwierig für sie war mit den Leuten, die den Tempel besuchten umzugehen und somit auch für sie da zu sein, was ja eigentlich ihre Aufgabe als Priesterin sein sollte.
    „Also kurz gesagt. Ja ich glaube das es einen Grund hat, dass wir hier aufeinander trafen.“

  • >> Na dann bin ich gespannt, welcher Grund das ist. Im Moment bin ich für jede Bekanntschaft dankbar, vor allem wenn Alaria es gut mit mir meint <<, lächelte Arelis und trank aus.
    Auf einen dezenten Wink hin, kam die Bediehnung heran getrippelt und neigte sich, um zu lauschen. Arelis bestellte noch zwei Tassen Tee und bezahlte für sich und Niiv das Mahl. Dann wandte er sich wieder der Priesterin zu.
    >> Ich habe mir erlaubt, noch einmal Tee zu bestellen, bevor wir aufbrechen. Wenn ihr möchtet könnt ihr mich begleiten. Ich werde noch eine Unterkunft brauchen, bis das Schiff ablegt und suche noch nach Waren, für mein Gutshaus. Vielleicht habe ich auch Glück und finde noch eine Gelegenheit für eine Handelsbeziehung, damit ich beweglich bleiben und dennoch mein Gut bezahlen kann. Ich würde mich freuen, wenn ihr mich begleiten würdet <<, bot er ehrlich an.

  • „Danke, gegen noch eine Tasse von dem köstlichen Tee habe ich nichts einzuwenden. Da habe ich mich nämlich wohl viel zu sehr dran gewöhnt und in Nir ist da nicht dran zukommen.“ Sie lächelte, ja es gab ein paar Dinge, die würde sie sehr vermissen, wenn sie wieder in Nir’alenar war.
    So recht wusste sie nicht, ob sie die Einladung annehmen sollte, Arelis zu begleiten. Auf der einen Seite hatte sie zwar nichts besseres vor, war es doch eigentlich ihr Plan gewesen jetzt auf einem Schiff in Richtung Nir zu sein, auf der anderen Seite kam sie sich irgendwie als nutzloses Anhängsel vor, diesen Mann bei seinen Besorgungen zu begleiten. Als Stilberater war sie nunmal nutzlos.
    „Ich weiß nicht, ob ich da die geeignetste Person für bin.“ antwortet sie zögernd, „Es sei denn ihr beschreibt mir ganz genau, was die Händler denn so an Auslagen haben.“ In ihrer Stimme war keinerlei Vorwurf zu vernehmen, sondern eher ein verbales Augenzwinkern, mit dem sie andeuten wollte, dass dieser Vorschlag nicht ganz ernst gemeint war. Aber wenn sie näher darüber nachdachte, würde sie sich über so einen Bummel tatsächlich freuen. Hier und da hatte sie schonmal Beschreibungen von den unglaublich schönen Dingen, die es in Ji San gab, bekommen, durfte das ein oder andere auch mit ihren Fingern erkunden, doch waren diese Momente recht selten gewesen.
    Vorsichtig nahm sie die, nun wieder aufgefüllte, Teeschale in die Hand und genoss den frisch aufgebrühten Sud.

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