Die Goldschmiede

  • Abidas Goldschmiede besaß keinen Namen!
    Die Auslage in ihrem kleinen Schaufenster zeigte deutlich was es hier zu kaufen gab und wenn eine Empfehlung ausgesprochen wurde, hieß es ohnehin nur 'geh zu Abida'. Warum sich also einen schnörkeligen Namen einfallen lassen?
    Abida liebte es eher direkt!


    So klar und geradlinig ihr Verstand war, so war auch der Schmuck den sie anfertigte: von wahrer Präzision und Meisterhaftigkeit. Jeder Bogen saß an der richtigen Stelle und jeder Stein hatte den bestimmten Schliff.
    Verspieltheit war ein Fremdwort in Abidas Wortschatz und dennoch hatten ihre Arbeiten eine gewisse Leichtigkeit.
    Von dieser Linie ließ sich Abida auch bei Auftragsarbeiten, die sie gerne zwischendurch erledigte, nicht abbringen. Wenn ein Kunde etwas besonders verschnörkeltes und schweres wollte, schickte sie ihn kurzerhand zu einem Kollegen, anstatt sich zu überwinden und die Arbeit selbst anzufertigen.
    Abida hatte ihre Prinzipien!


    Darunter fiel auch das Verheimlichen ihrer Herkunft. Nicht das sie abstritt eine Djirim zu sein, aber sie unterstrich es nicht, indem sie überall sichtbar Flaschen aufstellte.
    Im Gegenteil: sie vermied es in ihrem kleinen Laden auch nur irgendetwas aufzustellen was auch nur entfernt an eine Flasche erinnert hätte; auch wenn sie das zu bestimmten Zeiten wesentlich ruhiger gemacht hätte.
    Aber das war nicht so schlimm; wusste sie ihre Flaschen doch jederzeit nur ein paar Meter entfernt - sei es in ihrer Werkstatt oder in dem kleinen Zimmer über ihrem Geschäft, das sie bewohnte.
    In diese Bereiche ließ sie niemanden vordringen, so dass keiner auf falsche Gedanken kommen konnte.


    Warum sollte sie auch jemanden in ihre Werkstatt lassen? Sie arbeitete hier und da hatte sonst niemand etwas zu suchen.
    Und ihr Schlafzimmer war ihr persönlicher, ureigenster Bereich ... wer den Aufgang nicht kannte, wusste noch nicht einmal wo er war und Abida würde sich hüten, ihn irgendjemand Preis zu geben.

  • Jamils Tag war bisher alles Andere als interessant gewesen. Die letzte Nacht steckte ihm noch in den Knochen und sein Auftraggeber hatte sich als einer der größten Falschspieler aller Zeitenerwiesen. Der Djirin war immer noch etwas sauer. Beim nächsten Mal würde er sich vorher schlau machen, für wen er da arbeitete.
    Von wegen Diebe und Ehrenkodex. Aber der Betrüger würde schon bald sein blaues Wunder erleben. Windmagie und die Fähigkeiten eines Djirins waren perfekt dazu geeignet, jemanden zu zeigen, das es nicht erstrebenswert war, Jamil zu betrügen.


    Er schlenderte durch das Händlerviertel, die Hände in den Taschen seiner weißen Hose aus Leinenstoff, weit geschnitten, wie es in seiner Heimatstadt üblich gewesen war. Irgendwann kam er auch an dem Schaufenster dieses Ladens vorbei. Neugierig schaute er hinein. Aha, eine Goldschmiede. Irgendwie kamen ihm einige der Schmuckgegenstände vom Design bekannt vor. Sie hatten etwas Vetrautes an sich aber nicht so das er genau sagen konnte, woher dieses Gefühl kam. Neugierig wie er war, faßte er schnell den Entschluß und betrat das Geschäft.

  • Abida war gerade in ihrer Werkstatt, als ein potentieller Kunde ihren kleinen Laden betrat. Sie hörte die kleinen Schellen über der Tür, trotz der schweren Samtvorhänge, die den rückwärtigen Bereich vom Laden trennten. Abida hatte sie angebracht, damit sie so schnell wie möglich in den Laden gehen konnte, um ihre Kunden nicht warten zu lassen; abgesehen davon war ihr nicht wohl bei dem Gedanken einen anderen Menschen länger als ein paar Sekunden mit ihrem kostbarem Schmuck allein zu lassen. Schließlich wusste man nie, auf welch dumme Gedanken Menschen kommen konnten.


    So legte sie jetzt den kleinen Stein beiseite, den sie soeben fertig geschliffen hatte, und schlüpfte durch den schwarzen Vorhang in den Laden. Nebenbei wischte sie sich eine Strähne ihres langen, schwarzen Haares aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte. Leicht funkelnder Edelsteinstaub legte sich dabei auf ihre rechte Wange, der mit ihrem Ohrring um die Wette zu glänzen scheint.


    Um ihren Gast nicht zu erschrecken, begrüßte sie ihn leise: "Guten Tag! Wie kann ich ihnen ..."
    Doch bevor Abida den Satz zu Ende sprechen konnte, erstarrte sie in der Bewegung. Der Mann, der ihr Geschäft betreten hatte, war ein Djirin wie sie selbst.
    Abidas Gedanken gefroren, bevor sie unkontrolliert durchgingen und ihr verschiedene Optionen ins Bewusstsein spülten.
    Ihre Fassungslosiigkeit und ihre Überraschung waren deutlich in ihrem Gesicht zu erkennen.
    Djirin gab es viele, aber in der Fremde einen zu treffen war dann doch nicht an der Tagesordnung.

  • "Ich grüsse Euch mit dem Segen der Winde der Wüste." Jamil hatte sich beim Anblick der Besitzerin für diese alte Begrüssung aus seiner Heimat entschieden. Ihr Aussehen war äußerst vertraut. Eigentlich war dies nicht möglich. Eine Djirin? Hier unten? Das war ein zu großer Zufall und er würde dieser Sache mit Sicherheit nachgehen.


    "Ich sah Euer Schaufenster und die Art, wie der Schmuck geamcht ist, erinnert mich an meine Heimat auf der Oberwelt. Das sind einige sehr schöne Stücke. Ihr scheint euer Handwerk vortrefflich zu verstehen. Aber ich suche ehrlich gesagt etwas Anderes. Ein Schmuckstück, dass man hier unten nicht sonderlich häufig finden kann und es macht mich manchmal gar wahnsinnig, wenn ich so einen Gegenstand nicht zu finden vermag. Ich suche kleine Flaschen, falls Ihr versteht, was ich meine. Und ich bin mir sicher, Ihr...versteht mein Anliegen mit Sicherheit. Nicht wahr?"


    Jamil lächelte freundlich aber bestimmt. Ja, es gab kein Zweifel, die Goldschmiedin war eine von seinem Volk. Vielleicht gab es noch mehr hier auf der Insel. Das wäre mit Sicherheit eine Sache, der man unbedingt nachgehen sollte.

  • Flaschen! Abida zuckte vor Schreck zusammen, als sie hörte was der Fremde von ihr wollte. Wenn der - zugegebenermaßen sehr anziehende - Djirin auch nur halb so viel ... Geschick beim Besorgen begehrter Dinge an den Tag legte, durfte er niemals erfahren wie groß ihre Sammlung bereits war und was sie alles beherbergte.
    Aus diesem Grund rang sie sich ein halbwegs charmantes Lächeln ab und antwortete ihrem Gast höflich: "Natürlich vermag ich eure Suche nach kleinen Flaschen zu verstehen. ... Welcher Djirin tut das nicht? Aber ebenso sollte euch klar sein, dass ein Djirin seine Schätze selten mit jemand Fremden teilt."
    Damit stützte sie sich auf ihren Tresen und beugte sich zu ihm vor.
    Die einzelne Locke, die sie noch zuvor aus dem Gesicht gestrichen hatte, fiel ihr abermals ins Gesicht und umspielte ihr Kinn. Ihre schimmernden Obsidianaugen funkelten verspielt, als sie hinzufügte: "Es sei denn, sie gehen den ewigen Bund der Ehe ein ..."

  • Jamil lächelte äußerst entwaffnend bevor er antwortete.


    "Wahre Worte, wahre Worte, die Ihr da sagt. Aber wir wollen doch nicht gleich zu solch drastischen Maßnahmen greifen. Oder? Ich meine, wir reden hier von einem Geschäft. Ich zahle und Ihr gebt mir eine Ware dafür, die zufällig eine kleine verzierte Flasche darstellt. Für eine solch talentierte Meisterin der Schmuckerstellung sicherlich kein Problem."


    Bund der Ehe? Was für Märchen hatte man ihr da erzählt? Oder sie wollte ihn schlicht und einfach necken. Frauen. Nein, schlimmer. Djirinfrauen. Aber er war trotz der Umstände äußerst froh, jemnden zu treffen, der seine Probleme kannte und wahrscheinlich genauso die heiße Sonne der Wüste vermisste.


    "Aber sagt, wie ist Euer Name oder soll ich euch kleine Dattelfee nennen? Und woher kommt Ihr?"


    Jamil grinste breit mit einem frechen Zwinkern im Gesicht.

  • Kleine Dattelfee?
    Abida ist sich nicht sicher ob sie empört oder entzückt über diese Worte sein soll. Von einem Liebhaber hätte sie diese Worte sicherlich voller Schmelz aufgenommen, doch in dem Mund eines Fremden klangen sie irgendwie ... ja! Abida wusste nicht genau wie, aber sie klangen nicht richtig.
    Deshalb entschied sie sich den Fremden in seine Schranken zu weisen und antwortete ihm mit honigsüßer Stimme: "Wir sind zwar weit von unserer Heimat entfernt, aber deshalb solltet ihr eure Manieren nicht vergessen, werter Herr. Bevor ihr den Namen einer Frau verlangt, von der ihr noch dazu eine Flasche begehrt, solltet ihr euch vielleicht lieber erst einmal selbst vorstellen."


    Hoffentlich reize ich ihn nicht zu sehr ... Aber er soll ruhig wissen, dass mir Informationen ein wertvolles Gut sind, die ich nicht so leicht preis gebe.


    Nach wie vor fühlt sich Abida ungemütlich in ihrer Haut. Sie hatte schon so manche gefährliche Situation geschickt umgangen, in dem sie die richtigen Männer becirct hatte, aber dieser Mann war ein Mann ihres Volkes und sicherlich nicht so leicht zu täuschen.
    Auf der anderen Seite war er eine neue Herausforderung.
    Abida entschied sich abzuwarten. Der Djirinmann genoss das Spiel wahrscheinlich genauso sehr wie sie selbst.


    Gibt es eigentlich Djirin-Paare? Dieses ewige Misstrauen in den anderen muss einen doch mit der Zeit auffressen.
    Abidas Gedanken spielten ihr einen Streich, in dem sie ihr Dinge zeigten von denen sie bis vor kurzem rein gar nichts hatte wissen wollen.
    Was hatte dieser Djirinmann nur an sich, dass er sie so aus der Fassung bringen konnte?


    Abida schüttelte ihren Kopf leicht, so dass es aussah, als wollte sie ihre Nackenmuskeln entspannen. Dann fixierte sie den Fremden erneut mit ihren Augen und konzentrierte sich auf das Spiel zwischen ihnen.

  • "Oh meine Wüstenblume, ich vergaß beim Gedanken an das Verzücken, eine gleichgesinnte Flaschensammlerin getroffen zu haben doch glatt meinen Anstand."


    Jamil verneigte sich höflich und elegant wie es die Sitte erforderte. Seine rechte Hand berührte seine Stirn dann hob er den Kopf.


    "Werte Dame, vor euch steht Jamil, Jamil Ibn al Hawa Iblis al Lail, aus dem fernen Basharban. Ich lebte in den schönen Weiten der heißen Wüste. Ich bin Schüler des Windmeisters Nassai Ibn al Bugara gewesen, habe die Schule der Elemente von Mashayarim mit Bravour gemeistert und eine stattliche Sammlung von Kunstgegenständen erstanden."


    Die Art wie Jamil das Wort "Erstanden" betonte, machte seiner neuen Bekanntschaft eindeutig klar, dass ihr Gegenüber viele Dinge seiner Sammlung nicht ganz legal erworben hatte. Der Fluch der Djirin halt.


    "Widrige Umstände brachten mich auf diese Insel. Ein magischer Unfall, wenn ich es so nennen darf. Ich kann nur vermuten, was geschehen ist an diesem Tage vor etwa einem Jahr. Jetzt lebe ich hier unten auf dieser seltsamen Insel und betreibe ein lukratives Geschäft, nein kein Geschäft wie ihr, meine Tochter der Anmut. Ich betreibe ein Nachtlokal, eine Stätte des Tanzes und der Speisen. Es nennt sich das Haus der 1000 Sünden. Falls ihr jetzt vermutet, dass es ein Haus der körperlichen Freuden ist, so muss ich dies verneinen. Körperliche, käufliche Liebe gibt es dort nicht. Ich empfand nur den Namen als zweckmässig. Und nun, da ich mich vorgestellt habe, Prinzessin der Sonnenwinde, wie ist euer geschätzter Name?"

  • Die Namen mit denen dieser Jamil sie bedachte, verwirrten Abida. Einerseits fühlte sie sich geschmeichelt, andererseits konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass sich ihr Gegenüber sich über sie lustig machte.
    Wüstenblume, Prinzessin der Sonnenwinde ... was sollte das?


    "Freut mich eure Bekanntschaft zu machen Jamil!" erwiderte sie deshalb kühl, ohne weiter auf seine Ausführungen einzugehen oder seinen Familiennamen entsprechenden Tribut zu zollen.
    "Und ich wäre euch sehr verbunden, wenn ihr euch meinen Namen merken könntet und nicht ständig neue für mich erfindet. Mein Name lautet Abida! Einfach nur Abida! ... Ich kann nicht mit einem so stolzen Haus wie dem eurem dienen. Ich bin ein Findelkind, das Glück hatte bei einem Goldschmied in die Lehre gehen zu dürfen. ... Damals - ein halbes Leben von hier entfernt an der Oberfläche."
    Abida biss sich auf die Unterlippe.
    Was erzählte sie diesem Jamil da eigentlich? Das ging ihn überhaupt nichts an.
    Warum ließ sie sich von diesem Kerl dazu hinreißen, ihm ihre Lebensgeschichte zu erzählen?


    Na ja! So viel weiß er jetzt dann auch wieder nicht über mich ... auf jeden Fall nicht mehr als ich über ihn.
    Abida versuchte sich zusammen zu reißen und nicht wütend mit dem Fuß aufzustampfen.
    Dieser Mann brachte sie völlig aus dem Konzept und Abida wusste nicht wieso. Normalerweise konnte sie jeden Mann um den Finger wickeln und verlor dabei nicht eine Sekunde lang die Kontenonse.
    Aber Jamil war eben nicht 'jeder Mann', sondern ein Mann ihres Volkes - ein Mann, der die Tricks der Djirinfrauen kannte.


    Um ihre Verwirrung erneut zu kaschieren, versuchte sie das Gespräch von sich abzulenken: "Von den 1000 Sünden habe ich bereits gehört. Vielleicht hättet ihr ihm doch einen anderen Namen geben sollen ... für Frauen wirkt der Name eher abweisend. Oder ist er gerade deshalb passend? Damit ihr Männer unter euch allein sein könnt?"
    Abidas Augen begannen wieder zu funkeln.


    Na also - geht doch! Was lasse ich mich von diesem Windbeutel ... Bei dem Gedanken musste sie insgeheim schmunzeln. ... auch so einschüchtern. Er ist ein Djirin! Na und?
    Doch tief in ihrem Herzen wusste Abida, dass es nicht so leicht werden würde.

  • Jamil ergriff dreist die linke Hand von Abida und hauchte einen Handkuss darüber. Dann schaute er zu ihr hoch mit einem äußerst charmanten Lächeln. Ja so konnte nur ein Mann des Volkes der Djirin lächeln. "Abida. Es ist eine große Freude für mein Herz, eine Frau wie euch hier zu treffen. Die Winde der Wüste müssen es gut gemeint haben."


    Er stand nun wieder hocherhobenen Kopfes vor ihr. "Wenn ich euch zu nahe getreten bin, möchte ich mich bei Euch dafür entschuldigen. Es ist die Freude, die ehrliche Freude, jemanden meines Volkes hier vorzufinden. Ihr müßtet doch selber am Besten wissen, wie das ist, wenn man niemanden kennt, der einen wirklich versteht. Der nicht die Begeisterung und die Leidenschaft für das Sammeln von Flaschen teilt. Und vor Allem, der niemals die Weiten der Wüste, die Schönheit unserer Städte und den unendlich weiten Himmel gesehen hat."


    In Jamils augen schien die Leidenschaft für seine Herkunft regelrecht zu brennen. Er mußte seine Heimat, nein ihre Heimat, sehr vermissen.


    "Ob ihr ein Findelkind seid oder nicht, interessiert mich nicht. Ich bin niemand von Adel, falls ihr das meint meine Meisterin der Schmuckkunst. Ich betreibe eine Taverne, kein Bordell, falls ihr das meint. Der Name 1000 Sünden, stammt nicht von mir, sondern von einem Geschäftspartner. Und nein, es ist kein Ort, an welchem wir Männer uns zurückziehen. Wobei ihr mich da auf eine Idee bringt. Ein Dampfbad wäre eine schöne Einrichtung, nach Geschlechtern getrennt und auch ein gemmischtes Bad. Wenn ich da Geldgeber für begeistern könnte..."


    Er schien wohl kurz nachzudenken. Dann schüttelte er den Kopf. "Träumen darf man doch, oder?"


    Wieder dieses charmante Lächeln mit diesem frechen Funkeln in den Augen.

  • Dieser Mann macht mich noch wahnsinnig. ... Warum kann er nicht einfach wieder gehen?
    Im Gegensatz zu Jamil legte Abida nämlich keinerlei Wert darauf, ihresgleichen hier wieder zu sehen. Es handelte und ... jagte sich wesentlich leichter, wenn man keine Konkurrenz hatte.


    Andererseits fühlte sie sich aber irgendwie doch zu dem charmanten Tavernenbesitzer hingezogen und sein Gehabe war nicht echter oder verlogener, als das jener Männer mit denen sie sonst zu tun hatte.
    Trotzdem überging sie den Handkuss mit mehr oder weniger eisiger Miene und versuchte sich nichts anmerken zu lassen.
    "Ein Dampfbad? Hier? ... Glaubt ihr wirklich, dass die Bewohner hier nicht genug vom Wasser haben? ... Und an mich braucht ihr erst gar nicht zu denken: ich konnte mir einen solchen Besuch früher nicht leisten und werde auch jetzt meinen Laden für dererlei Freizeitspaß nicht verlassen. Dafür treibt sich hier viel zu viel Gesindel rum, dass mein Gold und meine Edelsteine stehlen möchte."
    Zwar war es nicht ganz so schlimm wie Abida es beschrieb und sie verließ ihr Haus auch durchaus für die eine oder andere spaßige Stunde, aber ihr war nie wirklich wohl dabei.
    Da sie darüber aber nicht weitersprechen wollte - eigentlich wollte sie ja gar nicht mehr mit Jamil reden - und nicht hoffen konnte, dass er sein Anliegen vergessen hatte, kam sie darauf zurück, um seine Präsenz in ihrem Laden nicht unnötig weiter zu verlängern: "Und wo wir schon bei Gold und Edelsteinen sind. Ihr wolltet ein Schmuckstück in Form einer kleinen Flasche? Habt ihr dazu schon nähere Vorstellungen?"


    Wieder musterte Abida ihn mit zerrissenem Inneren, denn einerseits war sie gespannt auf seine sicherlich kommende, ausschweifende Erklärung, was ihm in den Sinn stand. Andererseits fand sie seine Wortwahl meist auch irgendwie wieder zu übertrieben.

  • "Natürlich ein Dampfbad, geschätzte Abida. Warum nicht ein wenig Kultur in diese Stadt bringen? Und es sollte so erschwinglich sein, dass jeder sich einen Besuch dort leisten kann. Ich stelle mir das ganz einfach vor. Einen Bereich nur für Männer, einen nur für Frauen und einen Dritten Bereich, wo sich beide Geschlechter herumtummeln können. Und glaubt mir, Ihr könntet dort einkehren, wann immer ihr wollt, ohne zahlen zu müssen!"


    Ein charmanter, männlicher Augenschlag begleitete die Worte. Das Grinsen war jetzt niht mehr ganz so frech und dreist, ja eher äußerst charmant und nett, auf angenehme Art und Weise. Jamil schien sehr wandlungsfähig zu sein.


    "Aber ja, Schmuck. Eine Flasche. Aus Gold und mit kleinen Verzierungen, würde mnir sehr gut gefallen. Hättet Ihr so etwas in eurem sicherlich reichhaltigen Sortiment? Ich meine, Ihr seid schließlich die absolute Spezialistin in diesem Fach, niemand wird mit euch mithalten können!"

  • Abida hatte genug von Luftschlössern, die ohnehin niemals das Tageslicht dieser unglücklichen Welt erblicken würden und überging diesmal das Thema "Dampfbad". Vielleicht was es über die Maßen unziemlich und beleidigend - zumal er ihr kostenlosen Eintritt versprochen hatte - aber Abida war Geschäftsfrau und hatte ihre Zeit nicht gestohlen.


    "Es ist keine Kunst eine Fachfrau zu sein, wenn die Konkurrenz praktisch nicht existiert." antwortet Abida kühl und schenkt ihrem Gegenüber einen herausfordernden Blick.
    "Allerdings habe ich dererlei Kleinod nicht im Sortiment - aus Gründen, die ihr sicherlich verstehen werdet. Ich könnte euch allerdings, unter Aufbietung all meiner Kräfte, ein Unikat herstellen, das gänzlich euren Vorstellungen entspricht."
    Abida macht eine demonstrative Pause, bevor sie fortfährt: "Ihr hättet freie Gestaltungsmöglichkeiten, aber euch muss auch bewusst sein, dass die Herstellung einer Form, wie ihr sie verlangt, entsprechend Geld kostet ..."


    Ich hoffe nur, ich kann den Anhänger letztendlich auch aus der Hand geben, wenn er fertig ist, und muss ihn nicht irgendwann stehlen ...
    Abida ist sich vollends bewusst, dass dieser Auftrag - sollte sie ihn denn bekommen - einer der schwersten werden würde, die sie jemals in Angriff genommen hat.

  • Jamil lächelte hocherfreut, wenn ihm auch der Gedanke ein wenig missfiel, für eine der heißgeliebten Flaschen, etwas zahlen zu müssen. Dies war wohl der Fluch der Ehrlichkeit und des seriösen Geschäftsmannes. Bezahlen für eine Flasche. Wie hörte sich das denn an? Ein wahrlich merkürdiges Gefühl wenn der Djirin ehrlich zu sich selber war. Alle Flaschen in seiner Sammlung waren schließlich gestohlen, wie es sich für einen Djirin von Rang und Namen gehörte. Aber er würde dieses Mal eine Ausnahme machen, schließlich gab es hier unten auf der versunkenen Insel so gut wie keinen weiteren Angehörigen ihres Volkes.


    "Ich wäre hocherfeut meine Künstlerin des schimmernden Metalls, wenn Ihr mir dieses Kleinod anfertigen würdet. Nur eine Angehörige unseres Volkes weiß schließlich die Schönheit einer verzierten Flasche zu würdigen. Wie lange denkt Ihr, müßte ich warten auf die Fertigstellung dieses schmucken Tandes?"

  • Abida schaut Jamil bemüht geduldig an, während es ihr säuerlich durch den Kopf schießt: Wie oft soll ich dich eigentlich noch fragen, was du eigentlich willst?


    "Das kommt auf eure Wünsche, beziehungsweise meine Gestaltungsfreiheit an. Seid euch aber bewusst, dass ich erst noch zwei weitere Einzelanfertigungen anfertigen muss, bevor ich mich eurem 'schmucken Tand' - wir ihr es zu nennen pflegt - widmen kann." antwortet ihm Abida schließlich mit einem gewinnenden Lächeln, bevor sie Block und Stift unter ihrem Ladentisch hervorholt.
    Streng genommen hätte sie die Flasche schon in ein paar Stunden herstellen können, aber sie hütete sich den Anschein zu erwecken, dass die Arbeiten, die sie anfertigte, einfach und somit billig waren. Kein Lebewesen unter dieser endlos blau schimmernden Wasserfläche musste wissen, dass in jedem ihrer Schmuckstücke ein Hauch alter Magie schlummerte.
    "Also wie soll die Flasche aussehen? Wünscht ihr eine spezielle Form oder Farbe? Glatt oder mit Erhebungen? Wollt ihr sie am Hals tragen oder soll es ein Geschenk für eine Dame sein? Soll sie aus Gold oder Silber sein - mit Edelsteinen verziert? ..."
    Und als sie sich wieder daran erinnert, wen sie vor sich hat, fügt sie mit einem amüsierten Augenaufschlag hinzu: "Nutzt die Möglichkeit eine Flasche nach EUREM Geschmack zu formen - so oft werdet ihr nicht mehr die Gelegenheit dazu haben."
    Es war eine unverblümte Anspielung auf das Los der meisten Djirin, die die Finger von schönen Flaschen einfach nicht lassen konnten - egal wem sie gehörte.


    Ich sollte meine Sicherheitsmaßnahmen verdoppeln. Jetzt wo dieser Djirin weiß, dass ich hier bin, kommt er vielleicht auf die Idee seine Sammlung mit der meinen zu erweitern. ... Nun ja! Ich weiß ja auch wo die seine ist - insofern wäre das keine gewinnbringende Idee.
    Abida ist sich nicht sicher ob sie diesem Gedankengang trauen kann oder nicht - schließlich hatte sie im Laufe des Gesprächs mehr als einmal daran gedacht ihre eigene Sammlung mit einem Streich um eine vielfache Anzahl von Flaschen zu erweitern (und das ein paar sehr exklusive Stücke dabei sein würden, daran zweifelte sie nicht ...), aber wie sie wusste wo er zu finden war, wusste nun mal auch er nun, wo sie zu finden war.
    Was für ein zweischneidiges Dilemma ... Abida hoffte, heil darauf hervor zu gehen.

  • Jamil hatte keinerlei Interesse an Diebesplänen im Moment. Er war neugierig auf die Erfahrung, wie sich eine rechtmäßig erworbene Flasche anfühlen würde. Ja dieses Gefühl würde er ausgiebig auskosten. Welcher Djirin konnte schon von sich behaupten, das Objekt der Sammelleidenschaft legal zu besitzen. Obwohl in seiner Kultur, bei seinem Volk, der Besitz einer traditionell erworbenen Flasche vollkommen legitim war. Bis zu dem Zeitpunkt natürlich, wo ein anderes Mitglied seines Volkes die Flasche stahl. Hier unten würde das dezent einfacher sein. Es gab nur äußerst wenige Angehörige seines Volkes.


    "Nun, dass ist einfach, geschätzte Meisterin der schmucken Flaschen. Ich möchte eine kleine, filigrane Flasche von der Größe einer Phiole. Sie soll mit goldenem Netz umschlossen sein. Wenn es Euch möglich ist, würde ich einen kleinen Griff in Form einer Bauchtänzerin an der Flasche wünschen, ebenfalls mit dem goldenen Netz umschlossen. Den Rest überlasse ich Euch und Eurer Kunst!"


    Jetzt war Jamil gespannt, wie sein weibliches Gegenüber reagieren würde. Würde sie ihm vielleicht eine abfällige Bemerkung an den Kopf werfen wegen der Form des Griffes? Oder würde sie dies schweigend übergehen mit ihren funkelnden Augen. Er lächelte freundlich und offen.

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