Das Drängen der Erinnerung

  • So sei es – was jedoch nicht bedeutete, dass Zarasshin sich auch aufmuntern ließ zu antworten.
    Wasser schadete niemandem, auch Jonos würde ein Bad nicht schaden.
    Zudem: ein Wort veränderte das Verhältnis zu einem jeden Ding, ein Wort konnte alles zerstören oder retten, eine Truhe feuerte die Fantasie an, was deren Inhalt wäre – mit einem Wort könnte sie seine Sorgen beschwichtigen. Gerüchte starten mit einem Wort oder es werden Kriege damit begonnen. Es hatte für sie wenig an Bedeutung, ob der Inhalt der Truhe beschädigt, zerstört oder heil bliebe; eine Warnung war hier aus seinem Mund unangebracht, auch schnell als unbedeutendes Geplapper abgetan, eine Warnung verhieß, dass es zerbrechlich sei und von Wert. Ohnehin entkam nichts heil ihrer Gewalt, selbst wenn es seine Unschuld bewahrte. Gönnte sie sich die Schlucke eines unbekannten Gifts in seinen Worten und wusste, dass sich ihr bereits die Ehre aufwarf und den Stolz wölbte, um darüber aufzubegehren, was es Yassalar zu sein hieß.
    Ihr Weltbild war ja ein ganz anderes; die Werte und Ideale, das Verzeihen und die Verantwortung zu tragen, waren ganz Erzeugnisse der Trockenen, der Elfen und der Menschen und der verabscheuungswürdigen Mira'Tanar, die sich derart unterwarfen, erdachten und bestimmten von diesem ... so auch die Liebe und der Hass, ganz nach Bedürfnissen erschaffen, lagen sie nicht irgendwo für sich alleine, sondern waren ganz an die Fremden gebunden, die Yassalar glaubte sich durchaus davon befreit. Keine Erinnerungen, kein Reuen. Nur die Zukunft. Sie brauchte seine Warnungen also nicht.
    Ihr Blick ruhte in seinem, weil sie ihn eingefangen hatte, die Stille ruhte jäh einer Anwesenheit gleich zwischen ihnen – warum willst du tiefer forschen? Nichts wirst du finden. Fortuna atmete nicht, wo sie stand.


    Mit steinernem Gesicht besah sie sein Aufladen des Gewichts. Sie regte die Beine, um den eisernen Ring um die Brust zu zersprengen, verflucht, die Luft schmeckte nicht nach Vergeltung, sondern nach Aufbruch. Zarasshin lud zum Gehen ein, indem sie sich dem etwas helleren Ausgang zu wandte, auf dem sich kreisend das Dunkel spreizte, da, wo das Licht versickerte. Sie wollte nicht, dass ihr erschreckend zu Bewusstsein kam, dass Ascan etwas absichtlich für sie zurückgelassen hatte … geh hin und lass dir von den Wellen ein paar Ohrfeigen geben und alles wird gut sein. Es war ein herbeigesehntes Bild vor ihren Augen, das sie dessen ungeachtet nüchtern besah und die Yassalar befand, dass es längst nicht mehr so überwältigend war wie einst, als habe es die Macht die Sehnsucht nach ihm zu beschwören auf einmal eingebüßt. Das Barometer ihrer Hoffnungen war über die Zeit hinweg gefallen. Es waren sie bedrückend weh: ihre Hände, ihre Haut, ihre Kehle. Es wäre gelogen, wollte sie behaupten, dass es sie unberührt ließ – wohl aber auch auf ganz andere Art. Sehnsucht danach für diese Gefühle Ascan den Dolch im Herz zu drehen und Missmut vergiftete ihr ihre Bewegung. Dies hier tat sie nur für sich, einen Schlussstrich zu ziehen, die Gefühle mit der Truhe tiefer zu begraben als sie je getaucht war. Sanfte Ergebenheit entstellte ihre gefrorenen Züge und die Entscheidung bebte ihr durch den Leib, wo die Lippen alles erzittern ließen – und wenn sie dabei durch den Druck erdrückt werden würde.


    Sie ging gebremst weiter, damit er würde folgen können mit der Last, ließ einen zischenden Laut entrinnen, der sich wie ein Knoten in ihrer Kehle löste, der alles enthielt, was Zarasshin zuwider war. Damit wandte sie sich zu Jonos um. „Wir gehen zum Hafen“, teilte sie ihm ihre Entscheidung mit und ihre Hand beschrieb einen unwirschen Bogen, nun doch hingerissen zu einer Antwort. Er war naheliegend dem Händlerviertel. „Der Wasserschaden wird euch alle ereilen, wenn die Kuppel bricht.“ Und Zarasshin zeigte grinsend ihr spitzes Gebiss.

  • Ein Wort war ein Wort. Ein Wort hatte keinen wert und nur geringe Bedeutung. Doch es mochte viel werden, wenn ihm dieses geschenkt wurde. Ein Wort hatte die Bedeutung, die wir ihn zumaßen. Ein Wort war wertlos, wenn wir ihm keine Taten folgen ließen. Wenn wir uns nicht einig waren, was ein Wort bedeuten sollte. Ja ein Wort konnte einen Krieg auslösen. Doch das Wort alleine führte ihn nicht. Alle beteiligten mussten es wollen. Das Wort brachte nur das zum Ausdruck, worauf eh ein jeder bereit war. Und selbst dann war ein Wort immer noch wertlos, wenn nicht jeder ihm den gleichen Wert zu maß. Was brachte es den Krieg in einer Sprache auszurufen, wenn das Selbe Wort in einer anderen Sprache für den Frieden stand, vermutlich im ersten Augenblick Unverständnis. Und sogleich würde das Wort Friedens einen Wert verlieren. Hinzu kam, dass selbst wenn die Bedeutung eines Wortes für sich klar war, allein seine Aussprache hunderte Variationen an Interpretationen zu ließ. Ein Wort war weich, dehnbar und flexibel. Sein Wert war nicht zu fassen und seine Bedeutung grenzenlos klein. Allein eine Kultur entschied, wie es zu nutzen hatte und welchen Wert sich daraus abzuleiten ließ. Doch am Ende zählten die Taten, welche auf das Wort folgten, ob es nun Krieg oder Frieden brachte.
    Und so ließ Jonos es auf sich beruhen. Die Nachforschungen zu diesen „DU“ wären eh viel zu umständlich und aufwendig, als dass sie es das Ergebnis wert waren, zumindest für ihn selbst.
    Nun sprach sie von der Kuppel, oder besser gesagt davon, wie es ohne sie sein sollte. Tod und Still. Nun denn, bisher hielt die Kuppel doch, oder nicht. Sie hatte schon viele Generationen gehalten. Und Jonos wäre jede Wette eingegangen, dass auch eine jede Generation mit dem Kuppelbruch und dem Ende des Lebens gedroht hätte. Nun denn, erneut ging es hier um Worte, deren Bedeutung er gering maß. Mit dem Kuppelbruch konnte eine einzelne Yassalar nicht drohen. Denn egal wie Stark sie sich auch einschätzen mochte, hier waren selbst ihr die grenzend er Götter zu mächtig, als dass sie jemals so etwas könnte verrichten. Er quittierte es nur mit einem gequetschten Grinsen. Schließlich lastete die Kiste auf seinem Rücken und die Anstrengung verhinderte, dass er ein Lachen ertönen ließ. Ein Witz, dass war es für ihn und dem entsprechend erklang auch seine Antwort belustigend. Nun denn, dann bricht sie eben. Was soll’s. Ich habe schon einmal Wassermassen überlebt, ich werde dies auch wieder schaffen. Doch nun solltest du uns ein wenig helfen. Denn durch das Dunkel dieses Gemäuers findet die Kiste auf mir nicht alleine hinaus.
    Ein schmunzeln lag weiter auf seinem Gesicht, doch der Spot und Hohn ging durch die gepresste Atmung ein wenig unter. Ja selbst klang es er über ihn belustigend, da er Dang der Last doch mehr gen Boden sprach als zu Zarasshin. Ein wenig fragte er sich jedoch auch, wie sie ihn führen wollte, wo der doch nichts sah und diesmal auch keine Hand frei hatte.

  • Sie ignorierte sein Grinsen, weil ihres ohnehin viel besser bestückt war. Und – Jonos wusste nichts! Ein ignoranter Unwissender, dem sich die Augen mit einem Schlag öffnen würden. Aber sie hörte den Spott nicht, fand in seinen Worten und in dem Klang seiner Stimme keinen Hohn, in sich nur Mitleid für ihn. „Vielleicht“, raunte sie, „vielleicht auch nicht.“ Zarasshin stand niemals allein.
    Sehr zuversichtlich, sehr optimistisch, was seine Überlebenschance anging; stark in seinen Mut gebettet, doch dies würde sie nicht zugeben. Zi’llail und Shirashai würden schon einen Weg finden ihren Kindern das Land des Meeres zurückzugeben, das ihnen zustand. Sie würden den Yassalar eines Nachts die Kraft verleihen die dünnblütigen Schmarotzer aus ihrem Reich zu vertreiben, gar auszulöschen. Niemand hier befand sich in Sicherheit, solange die Dunklen um die Kuppel schwammen: es hieß entweder in Knechtschaft zu gelangen oder zu sterben.
    Jeder hatte seine Aufgabe zu meistern, jeder musste sein eigenes Schwert der Rache ziehen – selbst wenn die Trockenen Muscheln im Meer wären oder wie der Tag in Licht verschwänden oder weit wie die Sterne am Himmel stünden, ja selbst, wenn die Eindringlinge vor Reue um Gnade ansuchen würden: die Yassalar würden doch Sterben von ihnen fordern. Und Zi‘llail war es, die befohlen hatte, den Kampf zu führen auf Leben oder Tod: die Hohepriesterin versuchte stets ihre stolzen Seelen mit schwärzester Nacht zu erfüllen.
    Daran glaubte Zarasshin, diesen Weg würde sie mit ihren Brüdern und Schwestern bereiten, im Blick das endgültige Ziel.


    Die Wände waren dunkel und selbst in der Finsternis glänzten sie für ihre Augen von Mineralien, was in Kontrast zu den matt grauen Steinen stand – Zarasshin vergaß oft, dass nicht alle die Fähigkeit hatten die Dunkelheit gnadenlos mit ihren Augen zu durchdringen. Wie hatte es auch nur geschehen können, dass sie auf ein solch minderwertiges Exemplar getroffen war? Wenigstens sah die Schwarze ein, dass er ohne sie in der Finsternis hilflos war, am Ende noch gegen eine Wand laufen wollte.
    Weshalb gehst du nicht dorthin in die Leere zurück, wo du in die Fülle gefallen bist?“, fragte Zarasshin ablenkend. Anstandslos und ohne Vorwarnung entschied sie nach dem Bruststoff seines Hemdes zu greifen, um sich wortwörtlich in den Stoff zu krallen. So würde sie vier lange Kratzspuren ihrer schwarzen Nägel auf seiner zarten, so dünnen Haut hinterlassen. Allerdings könnte sie ihn daran wohl so lange vorwärts ziehen, bis sie den Torbogen erreicht hatten … sah Jonos es? Wich er zurück oder versuchte er zuletzt sich aus ihrem Griff loszureißen?

  • Ihre Reaktion wirkte irgendwie kühl, belanglos oder gelangweilt. Sie hatte wohl schon oft die geringen Sorgen über den Angriff ihrer Art gehört und machte sich wohl nicht mehr viel daraus damit keine Ängste mehr zu wecken. Für einen Moment ziepte es, als ihre Nägel sich an seiner schuppige Haut entlang schrammten. Nun denn, etwas brutal, aber so kam er wenigstens hier heraus. Und die Kiste bot genug Gewicht um ihn von dem leichten Schmerzen abzulenken. Zielgerichtet zog sie ihn durch die Dunkelheit. Doch schweigsam blieb sie dieses Mal nicht. Sie schien neugierig geworden zu sein. Wenn er die Flut überleben sollte, wieso kehrte er nicht Heim? Nun denn eine gute Frage, auf die er wenig zu Antworten wusste. Schließlich lag es nicht an ihm, überlebt zu haben und auch nicht an ihm, zurück zu gelangen. Hmm, brummte seine Stimme nachdenklich. Denn so genau hatte er noch nie darüber nach gedacht. Er war ehr jemand, der an den nächsten Moment dachte, als an den Nächsten Tag oder einen langen Rückweg. Wenn seine Zeit gekommen war, würde Suna ihn schon führen, oder nicht?!
    Dies hängt nicht von mir ab. Sie hat mich damals hier her gebracht und sie wird mich auch zurück bringen, wenn ich soweit bin. Ob dies wirklich so sein würde, kannte Jonos nicht mit Sicherheit sagen. Doch er vertraute der Kleinen und darauf, dass sie wusste, was sie tat.
    Der weil ereilten die ersten Lichtstrahlen seine Augen, der Ausgang kam näher. Suna schwebte bereits dort, auf sie wartend. Die Arme verschränkt wirkte sie etwas wütend und auch enttäuscht. Jonos' Verhalten in der Vergangenheit, war nicht jenes, welches sie von einem zukünftigen Magier erwartete. Und das ihre Bindung immer noch so gering war, dass er dieser Schwarzen sich so leicht unterwerfen konnte, nagt auch an ihr.

  • Sie? Seine Göttin? Als ihr Blick auf seine Wasserfee fiel, lag der Gedanke nahe, dass Jonos das kleine Wesen gemeint hatte, das ihn damit vor dem Füllen seiner Lunge mit dem sanften Nass gerettet hatte. Weshalb band sich dieses begabte Meereswesen an einen Außenweltler? – einen Trockenen, dachte Zarasshin abwertend, als sie die trockene Beschaffenheit seiner Haut an den Fingerknöcheln spürte. Seidig durch die Schüppchen seiner Art, aber dennoch so staubig wie Sand an den Ufern. Er gab sich der Fee hin, legte sich in ihre fremden Hände, übergab sein Schicksal. Blindes Vertrauen, so dass er in ihrer Achtung – wenn es diese je gegeben hatte – wieder strudelnd sank. Hast du keinen eigenen Willen, Mann?, was durchaus nicht verächtlich gemeint war, lediglich eine ihrer für sie logischen Folgerungen. Sie ließ damit die Überlegung außer Acht, dass es möglicherweise den Wünschen der Götter entsprach, dass er nicht ertrunken war, so wie auch sie ihr Handeln rechtfertigen würde: alles für die Stärkeren, alles für das Belieben der Götter.
    Sie hielt jäh inne, noch bevor sie den Ausgang erreicht hatten, wand die Yassalar sich geschmeidig um … Was habe ich hier tatsächlich vor mir? Für einen Menschen bist du nicht stämmig genug …, sie kniff die Augen zusammen, für einen Elfen fehlen die Spitzen an deinen Ohren. Die Schuppen sprechen hoffentlich nicht für ein Meerwesen in deiner Ahnenreihe? Wer konnte schon sagen, was eine Mischung der Arten hervorbrachte, möglich auch solch rudimentäre Hautandeutungen, die ihrem eigenen Silberschwarz als Absurdität spotteten. Das Meer würde ihm nicht schmeicheln, auch wenn sie zugeben musste, dass die Fülle auch ihn dadurch antreiben würde, anstatt zu hemmen.

  • Jonos lachte auf, soweit man diesen gepressten Atem überhaupt so nennen konnte. Keinen eigenen Willen, also wirklich, was dachte sie von ihm. Nur weil er sich nicht um alles sorgte oder gar kümmerte, hieß dies noch lange nicht, dass er keinen eigenen Willen hätte. Im Gegenteil, er konzentrierte seinen Willen eben lieber auf Dinge die ihm wichtiger waren. Wie zum Beispiel auf den Genuss einer guten Frau. Doch mit dem Lachen allein sollte ihre Frage beantwortet sein, denn mehr gab er ihr nicht zurück. Die Kiste war schwer genug, und vermutlich hätte sie ihm eh nichts extra für die Unterhaltung gegeben und da die Chancen sie zu genießen gering war, sparte er seinen Atem lieber für den Rückweg. Doch als sie plötzlich seinen Weg versperrte wunderte er sich. Seine Augenbrauen hoben sich und gaben einen verwirrten Blick frei. Was sollte dies? Wenn sie wollte dass die Kiste ankam, so sollte sie ihn die auch voran bringen lassen. Doch seine Frage wurde schnell beantwortet, wenn auch durch eine Frage. Doch diese gefiel ihm. Die Yassalar hatte sich fast die gesamte Zeit als eine Art allwissende aufgespielt und nun wusste sie etwas nicht. Ja sie wollte sogar Informationen von ihm. Doch dies würde er sich etwas kosten lassen, die Frage war nur was. Doch ehe er anfangen konnte zu feilschen kam Suna näher heran geflogen. Sie hatte die Frage ebenso vernommen. Ja erkennst du das nicht? Du bist wohl noch nicht viel herum gekommen! Meinte sie in einem fast schon vorwurfsvollen Ton, während sie nahe seiner Schulter zum Stillstand (Stillschwebe) kam. Jonos genoss dies, ja Suna sollte die Neugierde noch schüren, dann könnte er mehr verlangen. Doch ihr nächster Satz ließ ihm das Grinsen auf seinem Gesicht schnell wieder vergessen. Er ist eine Halbschlage!

  • Ein Blitzen lag in ihren Augen, als Zarasshin plötzlich die Fee beachtete; schließlich musste man nicht alle Völker kennen, die man aus der Fülle zu vertreiben gedachte: kennengelernt und schon im Vergessen versunken. Nicht der Beachtung wert. Weiter wohl, als mancher, der unter einer Luftblase gefangen sitzt, gab sie glatt zur Antwort, aber mit Feen legte man sich ungern an, wenn es nicht erforderlich war; deshalb schlug sie nicht nach dem kleinen Ding, wie ihre ersten Reflexe ihr vorgeben hatten wollen. Schnell gesagt war oft nicht schnell genug getan und die Zukunft würde es einem nicht danken. Eine Halbschlange, Jonos?, zog es ihren Blick wieder zurück zu ihm, Ashaironi. Sie kam nicht umhin ihre silbernen Augen gemächlich über seinen Körper ziehen zu lassen; was darin an Biegsamkeit liegen würde, unter den vibrierenden Muskeln an geschmeidiger Kraft, blieb wohl sein Geheimnis.
    Sie hatte von dem Volk gehört. Erzählungen, vage Beschreibungen und mehr Dichtung als Wahrheiten, wie die Yassalar annahm, als sie sein verlorenes Grinsen aufnahm. Und wenn es stimmte, was man sagte, waren die Weibchen dieser Rasse weitaus gefährlicher, so dass einer ein halbes Männchen im Rücken davon schon gar nicht zu fürchten brauchte.


    Und dann beschloss Zarasshin zu schweigen; den Weg zu gehen, den sie zuvor vorgeschlagen hatte, denn sie wollte, dass die Kiste ihr Ziel in der Leere fand. Zum Hafen also.
    Keine Fragen mehr, die sie ohnehin nicht als einen Makel ihrerseits ansah. Wissen war Macht und Fragen ein Weg dorthin.
    Diese Nacht war bizarr genug gewesen, als dass man noch mehr erfahren wollte und sie mehrfach von ihrem eigentlichen Beschluss abgetrieben. Es war nicht ihre Art sich allzu lange aufzuhalten oder auch beeinflussen zu lassen, was Jonos manches Mal gelungen war. Ascans Besitz zu versenken war nun bedeutend; und mit dieser ihr wichtigen Handlung ebenso ihre Erinnerungen an den Sylphen. Ihr Herz begann ihr im Hals zu schlagen, viel zu hoch, als dass sie es gut ertragen könnte. Das Dunkel der Ruine erdrückte sie auf einmal, abgestandene Luft, die lange nicht geatmet schien, begann sie ihr den ganzen Leib zu beladen.
    Sie nickte ruhig, fast steinern und, während sie Suna noch einmal mit einem behutsamen Blick bedachte, wand sie sich auch schon um. So haben wir einander gesehen. Gedankenvoll und jäh betrübt.

  • Nun war es raus. Nun denn ja er war eine Halbschlange. Und ihrem Blick zu Urteilen schien sie sich diesem noch nicht zur gänze sicher. mit genervten und doch irgendwie routiniertem Gesichtsausdruck, schob er die gespaltene Zunge aus ihrer Höhle hinaus. Senkrecht wanderte sie am Kinn entlang, ohne dass sich der Mund dazu öffnete. Leicht züngelnd zeigten sich die zwei Spitzen ihr, als wären sie der Ausweis einer Schlange, welche bereit zur Kontrolle war. Das sollte ja wohl reichen. Nach einem kurzen noch verstärkendem Zischen, ließ er sie wieder zurück gleiten. Sein Blick wirkte, als wäre dies eine lästige Routine, welche er nur allzu oft schon über sich ergehen lassen musste. Die Leute hier unten bekamen wohl nur selten einen vom Volk der Schlangen zu sehen und ein Mischling war noch seltener, wie es ihm erschien. Ihr musternder Blick entging ihm dabei nicht. Es schien als würde sie ihm nun erneut kennen lernen, erneut zum ersten Mal sehen, erneut zum ersten Mal wiegen.
    Und er war nun noch leichter geworden. Es erstaunte irgendwie, dass dies überhaupt noch möglich war. Hatte sie doch in der Vergangenheit ihn schon gering geschätzt. Eine Halbschlange fürchtete sie also wesentlich weniger als das unbekannte Wesen. Doch wie sollte er ihr denn gefährlich werden, er trug eine Kiste, damit konnte er nun wahrlich keine großen Sprünge machen. Und schon gar nicht angreifen. Ehe er sie abgeworfen hätte, würde ihm diese Zarrasshin eh abgestochen haben.
    Doch der Moment währte nur kurz, schnell schlug sie ihre Schritte ein, Richtung Ziel. Meter für Meter kamen sie ihrem Ziel nähe und das wesentlich ruhiger und zügiger, als sie sich zuvor davon entfernt hatten. Was sollte dies? Warum nun diese Eile? Doch irgendwie war es Jonos auch egal. Denn er hatte keine Eile. Nach einigen Minuten des schweigenden Laufens stoppte er und ging langsam in die Knie, die Kiste absetzend. Nach dem erleichterten Schnaufen über die schwindende Belastung. So ich mach erstmal 'ne Pause. Ein wenig Provokation lag schon in seiner Stimme und sein Blick ruhte fast bohrend auf ihr. Dennoch, er war erschöpft. Der Tag war schon vor ihrer Zusammenkunft hart gewesen. Nach dem die Kiste auf der staubigen Erde stand, setzte er sich gemütlich daneben. Streckte die Beine aus und lehnte sich mit dem Oberkörper an die Kiste an, die Hände verkreuzt auf dem Bauch liegend sah er ihr entgegen, als würde er sie zu einem kleinen Nickerchen einladend, auf ihre Reaktion wartend. Vermutlich würde sie nicht positiv reagieren, doch er war zu erschöpft um hier weiter zu gehen. Sollte sie ihm doch die Alternativen aufzeigen, das Weiter-Tragen war keine mehr. Und so wirkte sein Blick mit erhobenen Augenbrauen und einem leichten Grinsen untermauert doch ein wenig herausfordernd.

  • Sie hörte, was er tat, bevor er es auch beschrieb. Und in sich fühlte Zarasshin ein jähes Erwachen bei den Worten: von innen trat es nach ihrem Bauch, die blutrünstige Aufmerksamkeit spürte sie wild um sich schlagen, weil der Zorn geweckt war, ein alles verzehrender Sog, ein Schimmer von Schmerz. Wir sollten ihm die gespaltene Zunge herausschneiden und sie verspeisen.
    Es war in ihr nicht mehr leise, sondern eine missförmige Symphonie von Brüllen und Knurren, so dass der Yassalar die Ohren klangen – bezwungen unter ihren Willen und ihre Gefälligkeit den Trockenen gegenüber. Ihr schwarzes Gesicht brillierte plötzlich von Zähnen – da lugte es heraus: ihre Augen, bereits gewittrig dunkel, vertieften ihren Unglanz noch und wurden ein tiefes Violett – die Schwester war erwacht.
    Es war, als bräche sie entzwei, wo Zarasshin gleichzeitig um die Überlegenheit eines zu bleiben kämpfte, sich dagegen stemmte. Und wenn ihr glaubt, es dauerte eine Ewigkeit, so waren es nur flüchtige Momente, weniger als ein Blinzeln von einem Ort zum anderen dein Auge ziehen will.
    Dann wuchs der Pfad zu des inneren Tieres Willen zu, wurde überwuchert von Zarasshins Unbeugsamkeit und Triumph. Sie aber blieb violettes Auge, triefende Überlegung und ... sssht!, still. Sie wandte sich um.
    Nichtsdestoweniger. Sie liebte die Fähigkeit der Trockenen, durch die Wahrnehmung der Realität zunächst ein Bild zu gestalten, das eine unerträgliche Situation half zu ertragen. Es ist gar nicht so schlimm, das wird zu schaffen sein ... was soll sie schon tun … Ja, was?
    Sie erwiderte sein Grinsen mit einem halben Zucken des Mundwinkels. Du willst mit der Yassalar spielen? Zarasshins Augen schlossen sich, sie suchte nach etwas in der Luft, indem sie das Kinn hob, verfolgte sie das Vermischen eines Geruchs mit dem der Straßen um sich herum. Sie lauschte … der Jäger suchte die Beute.
    Die Realisierung einer Illusion der Wirklichkeit war keine angenehme Erfahrung, gleichwohl war sie die Grundlage, um wirklicher Beeinflussung Raum zu geben. Jonos hatte es noch nicht erfahren, nun würde er davon erleben. Was es bedeutete kein Gewissen zu besitzen. Da – Spielen wir.


    Dann war sie fort. Ließ sie Jonos gemütlich bei seiner Kiste sitzen und ging den Schritten nach, die sie gehört hatte, den Lauten eines Schlüsselbundes.
    Es brauchte mehr sie einzuschüchtern als einen Schlagstock und es brauchte mehr ihr zu entkommen, als einen Menschenleib. Und des Straßenwächters Erfolg würde ein seltsames Gebilde aus Glück und Recht sein, dass die Yassalar nicht wirklich darauf aus war ihr zu schaden. Sollte sie ruhig zuschlagen, Zarasshin würde ihre Hände von sich abstreichen, wie Spinnweben, wie Nichts, im festen Griff gibt es kein Entkommen. Als junge Kriegerin hatte sie vor Kraft gezittert, jetzt presste sie ruhig Kraft an Kraft: die Wehrhaftigkeit der Wächterin war eine Freude für sich. Eine nachlässige Bewegung, als ihre Hand nach oben an das Gelenk der Frau zuckte, um ihren Schlag abzufangen, den sie gerade auf sich niedergehen glaubte.
    Der Duft der Frau … wegen ihrer unterdrückten Panik war sie beinahe zu schön zum Anfassen. Zarasshin tat es dennoch, grub die scharf bekrallten Finger ihrer Rechten in ihre Seite und zog die halb Bewusstlose im Ganzen zurück, zu der Straße, in der Jonos wartete; zerrte diese unter sich, zwischen ihre Schenkel. Bekniete sie wie das Raubtier, das sie war, den Ashaironie fest im Blick.
    Und das Blut an ihren Krallen würde ihr Inneres nur noch mehr anfachen, Weißt du, Jonos, was geschieht, wenn ein Yassalar Blut leckt? … nur ein scharfer Kuss: durch fest angepressten Lippen würden sich ihre Zähne in die wunde Haut hinab senken. Spitze Zähne, eben dafür gemacht, Fleisch aus einem Körper zu reißen, böse Wunden zu schlagen – den Schattenhaien gleich. Der Wahn folgte dem Flossenschlag, die blinde und schwarze Wut, die Schmerz, Leid und Barmherzigkeit ausschaltete. Zarasshin würde alles töten, was sie zu fassen bekäme.


    Dann ließ Zarasshin auch schon wieder ab. Gab der Frau die Gelegenheit für eine Idee des Entkommens, scheuchte sie dadurch den Mensch nur weiter, der den Boden aufwühlte wie brodelndes Wasser, als sie auf dem Bauch davon robbte und die Finger in die Straße krallte, fort von der schwarzen Gestalt, die jäh über sie gekommen war.

  • Ruhig sah er sich den Zorn in ihrem Gesicht an, in ihren Augen. Er ahnte das gleich etwas furchtbares passieren würde und doch reagierte er nicht. Er war erschöpft. Er fühlte sich Tod müde, also was sollte sie ihm noch groß antun können. Seine Glieder waren schwer.
    Suna setzte sich auf seinen Schoss und lehnte sich an seinen Bauch. Als würden beide einer Theater Vorstellung in Ruhe folgen. In gemächlicher Ruhe, in fast schon gelangweilter Ruhe.
    So so, spielen will sie also. Bin mal gespannt was eine Yassalar so spielt. Vermutlich keine Karten und Trinkspiele. Obwohl der Saure Bauer wäre bestimmt was für sie. Hehe, Bauer, ich erinnere mich noch an den Typen. Verdammt sah das Zimmer danach übel aus, überall lag Erde rum. Und Helene, achja, die schöne Helene. Nicht immer leicht hatte sie's, vor allem mit ihrem Bruder. Habe ich eigentlich Brüder? wie's wohl bei den Schlangenvölkern ausschaut. Da ist es bestimmt wärmer als hier... schön warm... und gemütlich.
    Seine Augen waren zu und nicht nur seine, auch die Sunas. Er schlief Felsen fest. Denn das hatte er auf hoher See gelernt, egal wie laut es um ihn herum auch würde, egal wie sehr das Meer ihn schaukelte, er schlief, tief und fest und wachte erst auf, wenn er wach war. So wie auch Suna. Was auch immer Zarrashin jetzt tat, er bekam es nicht mehr mit. Seine Gedanken verweilten in einem sonnigen Land. Sein Gesicht machte einen Zufriedenen Eindruck, so friedlich wie er da lag. Er war erschöpft, musste sich regenerieren.
    Als Zarrasshin zurück kam reagierte er mit keinster Bewegung, quittierte es nicht einmal mit einem schlafgetränkten Schmatzer. Lediglich Suna bewegte sich leicht und drehte sich weg von Zarrasshin um sich weiter in seinen Armen zu vergraben die sie nun bedeckten. Er immer noch mti dem Oberkörper fast aufrecht sitzend lehnte sich an die Kiste und Suna schlief auf seinem Schoß, zusammen gerollt und von seinen Händen bedeckt.

  • Ignorieren war keine gut gewählte Option. Es fachte den Orkan nur mehr an; denn dort stand nicht mehr Zarasshin allein, sondern die dunklere Persönlichkeit. Diese Yassalar musste keine Konsequenzen tragen, sich vor niemandem rechtfertigen – diese fand keine unbestimmbaren Gefühle für einen Sylphen in sich, deren unsinnige Entfachung für sie zuletzt nur in Wut zu ersticken war. Diese musste überleben: in den harten Gegenströmungen der Yassalargesellschaft, in den Gefilden der allesverschlingenden Schattenhaien.
    Die Schwester sah nur einen wertlosen Haufen Knochen, an denen sich schwächliche Muskeln klammerten. Sie hatte keine Verwendung für den Mann, noch weniger für die Kiste und deren Inhalt. Sie sah keinen Nutzen in einer Erdfee, die ihre Lebensweise zu unterdrücken versuchte; Jonos hatte sie beschworen und Zarasshin konnte sich nicht erwehren. Der Zorn gehörte zu den schwachen Gefühlen, die vordergründig Stärke verliehen, wohl wenig bewirken konnten, was zuletzt gut sein sollte. Aber Zorn tat gut, versöhnte mit sich, denn da er alles hinfort schwemmte, gab es weder Zweifel, noch Besorgnisse mehr.


    Tuireann wusste, wann sie zu schweigen hatte. Sie sah es in der Art, wie Zarasshin sich bewegte und in dem Ausdruck ihrer Augen. Da gab es nichts mehr zu sagen, was besänftigen könnte oder Unheil abwenden. Verstummt schwang sie sich auf die Kiste, vergrub sie ihre Lippen hinter ihren dunklen Fäusten. Versteinerte in ihrem Sitz, kühlte ab. Oh ja, Jonos hatte es herausgefordert, sie war machtlos, denn keine Drohung konnte diesen Dämon nun noch aufhalten, nur noch Gewalt … ihre Blicke trafen sich und vielleicht gelänge es der Erdfee Qualen zu verhindern. Wenigstens das. Kein Gemetzel, kein Blutbad. Töte sauber, wenn es denn sein muss, töte schnell.
    Zarasshin wandte sich ab, mit einem Wink des Handgelenks rastete ein silberner Stift in ihre Armmanschette ein; die Vorrichtung aus der er wie ein silberner Tropfen fließen würde, um die junge Wachfrau zu töten. Diese hatte schon einen gewissen Abstand in Bauchlage zurückgelegt, als Zarasshins Fuß sich mitten ihre Schulterblätter stellte und sie mit einem Ruck grob zu Boden presste.
    Die Erdfee sprang auf … Suna!, ich kann sie nicht angreifen, aber du –, Tuireann sah flehend zu ihrer Artverwandten, bitte –töte sie mir nicht, halte sie auf, greif ein! Wie könnten sie dies zulassen?

  • hää?! erklang die Stimme leicht heiser und vor allem schläfrig. War da nicht ihr Name gefallen? Etwas Schlaftrunken sah sie die Erdfee an, doch ihr Blick löste entsetzen in ihrem eigenen aus. Tuireann sah geschockt aus, handlungsunfähig. Selten sah Suna eine Fee mit diesem Ausdruck. Es musste etwas schlimmes passiert sein. Ruckartig drehte sie ihren Kopf. Ihre Pupillen vergrößerten sich. Der Mund stand weit offen. Der schreck lag nun auf ihrem Gesicht. Doch lange zögerte sie nicht. Sie wusste dass sie nun alle Kraft brauchte. Eine 5Meter hohe Wasserwand erhob sich aus dem Nichts. Ihr Blick lag gespannt auf der Szene, wie Zarrasshin nach dem Leben der Frau trachtete. Ihr Blick, der allein nur vom baldigem Tode sprach. Jonos Hand bewegte sich leicht, wurde zu einer Faust. Die Frau kroch, versuchte zu entkommen. Die Wand erhob sich immer weiter, ein blauer Schutz der Wellen, der sich zwischen die Beiden schob. Die Schwarze spielte mit ihrem Opfer, ihrer Beute. Sunas Hand lag auf Jonos' Arm, welcher zuckte. Ihr Mund sprach, beschwor, beschwor ihn mit, ihn und die Welle. Die Welle welche beide trennte, Opfer und Jäger. Lauf. Nur Augenblicke hatte alles gedauert. Der Schreck, die Besinnung. Die Nutzung der Kraft ihres Schülers. Das heraufbeschwören der Welle. Breit war sie. zu breit als dass die Yassallar sie hätte einfach umlaufen können. Sie strömte immer noch empor. Ihr Schüler hatte ihre Kraft noch verstärkt, auch wenn er selbst dies nicht mitbekam. Schwer atmend murmelte die Wasserfee auf seinem Bauch weiter, während er selbst selig schlief. Die Beute konnte fliehen, doch die Jägerin war nicht besänftigt. Und nun waren sie selbst die letze noch verbleibende Beute an diesem Ort.
    Wach auf. Schrie die piepsige Stimme und gab ihrem nichtsnutzigem Schüler eine Ohrfeige, dass es nur so schellte. Die fauler Narr.
    Langsam und blinzelnd öffnete er seine Augen, erschrocken über den Schlag und doch noch immer vom Schlaf gelähmt. Sie brauchte ihn nun. Vermutlich sogar noch mehr als eben. Denn die schwarze Wut würde nicht abebben, ehr noch zu nehmen. Denn die Wand aus Wasser stürzte ein, in sich zusammen als wäre nie etwas gewesen. Und leider stand Zarrasshin auf der falschen Seite der Wand, als ihr Gewicht auf sie hinab stürzte. Suna konnte nicht mit Sicherheit sagen, ob sie das unbeschadet überstand, vermutlich ehr nicht. Daher würde ihre Wut wohl kaum abgenommen haben. Nun da ihr Opfer hoffentlich außer Reichweite gelaufen war, waren sie selbst vielleicht die nächsten.
    Ein zweites mal würde die Kleine dies auch nicht tun können, dafür war sie viel zu erschöpft. Schwer atmend und fast schon schwitzend, soweit man dies bei einer fast immer nassen Wasserfee überhaupt feststellen konnte, saß sie vollkommen erschöpft auf Jonos' Bauch. Ihn mit vorwurfsvollen Blicken konfrontierend. Während er selbst noch immer ungewiss über die aktuelle Situation fragend in die Runde schaute.

  • Magie? Zarasshin hörte, dass etwas nahte, sie wusste um den Klang des Wassers, wenn es sich türmte; spürte es als Kribbeln in ihrem Nacken, vernahm die Welle mit der Macht, mit der ihr Blut rauschte. Sie glaubte nicht an eine Bedrohung, Wasser konnte einer Yassalar nicht schaden, was bildete er sich ein? Und deshalb sah sie sich nicht um, schenkte sie Jonos keinen Blick zurück.
    Eine Welle drängte ihren Fuß ab, der ja bereits zwischen den Schulterblättern der Frau stand, schob sich zwischen sie und ihrer Beute. Nicht schaden wollte er ihr also, doch abhalten. Man könnte sagen, er setzte sie nicht gegen die Dunkle ein, bedrohte sie nicht, noch griff er sie direkt an.
    Bewegungslos stand Zarasshin vor der schillernden Wand und sah daran empor. Sie konnte nicht sehen, was dahinter geschah, obwohl ihre Sehkraft eine der besten der Meere ist; war jedoch so verständig, dass es keinen Sinn machte, die magische Welle umlaufen zu können, ebenso, dass die Frau nicht darauf warten würde, sondern entkommen würde.


    Und dann – stürzt das Wasser in sich zusammen; in seinem Fall wird es härter, lässt Fleisch und Element gegeneinander prallen in der Schlacht, die mit flüssigen Schlangen das schwarze Lebewesen peitscht.
    Aber wo ein Mensch oder Elf ängstlich vor dem gewaltigen Brausen wäre und nicht zu atmen wagte, so war die Yassalar todesmutig und gerissen. Sie erwartet ihr ureigenes Element und beugte zuletzt den Rücken, ließ sich springend von der Gewalt nehmen und von dem salzigen Nass verschlingen, in dem sie nicht ertrinken kann.
    Auch wenn es schmerzte, war es ihr Wohltat. Ihre Kiemen öffneten sich weit: Wellenbrecher nannte man Zarasshin. Es hatte noch keinen Sturm über dem Sternenmeer gegeben, aus dem sie nicht unverletzt hervorgegangen wäre, obwohl sie sich mitten hinein in das Auge warf.
    Und als Ruhe einkehrte, erhob sie sich ruhig in den Stand, trank ihre Haut immer noch Flüssigkeit. Stramm hielt sie noch ihren Drang zu morden zurück, suchte mit schmerzenden Augen, aufgebrachten Sinnen und hungriger Kehle.


    Das zeugt von guten Manieren.“ Zarasshin besah sich Jonos, der müde aussah und wilde Wut musste sie in ihrem Herzen zügeln, natürlich musste er einen Preis zahlen – und sein Wert für die Yassalar war soeben gestiegen, hatte er sich mehr als Hütehund statt als Fisch bewährt. Sie konnte ihm keinen Vorwurf machen, war er nur ein halbes Ding von zweien. Ihre Glieder begannen unter der Anstrengung sie zu beherrschen zu zittern, rangen Übermut, Zorn und eine gewisse Würze kindischer Spielerei in ihr. Man hinderte sie nicht und erniedrigte sie auch nicht mit der Annahme Magie könnte ihr im Weg stehen.
    Als Zarasshin in den Beutel an ihrem Schenkel griff und langsam auf Jonos zu kam: ein Sternenschauer ging ihr voraus. Silberne Kometen, aus deren Schauer ein silberner Sturm werden würde. Die Wurfsterne vervielfachten sich, als sie alle Spannung in ihre Sprungkraft legte: waren sie ihre bissigen, geflügelten Boten, denen sie nachfolgte.

  • Eine Wand aus Wasser hatte sich aufgetürmt, wie aus dem nichts, rauschend war sie zusammen gestürzt und eben in dieses Nichts zurück gekehrt. Dies war Sunas Werk, da war er sich sicher. Sein Blick wurde etwas wacher und wanderte zu ihr hinüber. Sie wirkte müde, erschöpft. Der Ausdruck ihrer Augen war wütend und doch verzweifelt. Ein Ausdruck den er nur allzu gut kannte. Er hatte Mist gebaut. nun galt es nur noch heraus zu finden, womit. Doch allzu lang Zeit durfte er sich nicht machen. Sein Blick wanderter erneut zur Wasserwand, oder besser gesagt zu dem Ort, wo sie eben noch entstanden und eingestürzt war. Die Schwarze sah fast genauso Glücklich aus wie Suna, das versprach nichts gutes. Ja sogar was schlechtes. Etwas so schlechtes weckte seinen Verstand, hier durfte er nicht mehr ruhen. Also er selbst durfte nicht mehr ruhen, obwohl sein Verstand natürlich genauso wenig. Also es galt wach zu werden. Verdammt wieso durfte er nur so kurz schlafen. Mit der linken Hand presste er Suna an seine Brust um sie zu halten, während seine rechte Hand den Dreck der Erde ergriff um sich auf dieser abzustützen und auf zu richten. Er sollte hier wohl etwas sagen. Verdammt warum er? Brachten Worte überhaupt noch was. Ach was soll's. Zarrasshin, sprach er noch, als auch schon die glänzenden Vorboten ihrer Ankunft ihm entgegen surrten. Seine Augen wurden groß. Griff sie ihn wirklich an. Sein Verstand arbeitete, doch viel zu langsam und irgendwie auch an anderen Dingen. Er versuchte sich zusammen zu reimen warum all dies hier geschah. Nur gut, dass er wenigstens noch ein paar Reflexe hatte, obwohl selbst diese nicht schnell genug waren. Mit dem Rücken der Angreiferin zugekehrt, sprang er zur Seite, Suna schützend. Doch noch im Sprung warf er sie von sich, gab ihr Schwung, Druck wie auch immer man es nennen sollte. Sie war viel zu erschöpft, sie musste hier weg. Richtung Tuireann schupste er sie. Hilf ihr, formten seine Lippen Tuireann entgegen, ohne dass sie auch nur einen Ton abgaben. Derweil erreichten ihn die Klingen. Er war zu langsam gewesen, einige der Klingen hatten seinen Rücken und seine Seiten gestreift. Nun immerhin steckten sie nicht in ihm drin, trotzdem dauerte es nicht lange, da kam auch schon das Blut. Rot floss es an ihm herunter, und wurde von seiner Kleidung aufgesogen.
    Er stand wieder, so fest es ihm möglich war, er war kein großer Kämpfer doch anders kam er hier wohl nicht mehr heraus. Leider war sie zu schnell als das er sich hätte größer drauf vorbereiten können oder gar eine Gegenstrategie ersinnen können. Nun vielleicht war er auch nur viel zu langsam für sie, vermutlich war es so. Doch dies spielte nun keine Rolle. Er festigte seinen Stand, in Erwartung ihres Ansturms, ihres Aufpralls, ihrer Schmerzen, ihres Angriffs, seiner Fehler. Sollte er dann noch stehen, oder wenigstens Leben, würde er weiter sehen. Ein grinsen lag auf seinem Gesicht, als seine Augen auf ihren Blick trafen. Irgendwie war dies alles so unwirklich. Für gewöhnlich überließ er doch den anderen das Kämpfen. Er tröstete nur immer die Frauen der Verlierer. Nun, dies würde er hier wohl kaum tun können.
    Die Arme waren vor sein Gesicht und seinen Rumpf gehoben, die Beine standen hintereinander, jede Faser in seinem Körper war angespannt.

  • Wahrscheinlich begriff Jonos die Situation schneller als ihm lieb war. Besser für ihn, so würde er nicht überrascht fallen. Er tat gut daran Suna aus dem Weg zu nehmen, das kleine, aber mächtige Wesen zu schützen, welches von Tuireanns starken Armen aufgefangen wurde.
    Zuletzt blieb ihm nur den Kampf anzunehmen, in Vorkampfstellung zu gehen, um auf sie zu warten und in Anerkennung dafür fletschte Zarasshin auch das Gebiss. Es gab nur den geraden Weg, konsequent, ohne Schnörkel, sondern unmittelbar zu ihrem Ziel. Sie sah weder Tuireann, noch Suna, noch die sie umgebenden Gebäude. Nur Jonos war geblieben. Für ihre Wut, für ihre Fäuste.
    Welches Gefühl aller Gefühle: es übernahm ihre Haut, brauste die Nervenbahnen entlang und hatte alle Unentschlossenheit aus ihrem Lauf gefegt. Diese Yassalar wusste um keine Worte, keine Gnade mehr, kein Mitleid kannte sie, alles auszunutzen war sie bereit, was er ihr zu bieten gewillt war. Dünner und dünner war die Schicht um ihre Beherrschung geworden, bis die Welle alles gebrochen hatte. Ein unverständiges Geschöpf, nicht geschaffen für das friedliche Zusammenleben an Land, noch im Meer. In ihrem Kopf stand alles still, was nicht mit dem Angriff zu tun hatte, floss alles in íhre Muskeln und Sehnen, sie war der Fluss, die Welle jetzt, begann sie mit einem Rhythmus und änderte den Takt der Schritte abrupt.


    Zarasshin hatte die Wendigkeit der Yassalar auf ihrer Seite, in der Tat, doch sie stand in der Leere seiner Stadt, ihre Kraft und Schnelligkeit waren hier nicht vollendet und möglich hatte Jonos durch seine Erfahrung im Faustkampf ihr einiges voraus, auch wenn er vielleicht noch nie eine Waffe gezogen hatte, um zu töten – er sollte sich schnell darauf einstellen, denn Zarasshin kämpfte immer wie jemand, der nichts zu verlieren hatte. In ihrem Herzen hielt sie an ihrer tödlichen Begabung fest, alle Arten von Klingen mit Anmut und Präzision führen zu können – bemerke, Zarasshin hatte die Tränende Klinge aus blauem Yassalar-Stahl nicht gezogen.
    Sie lachte über die Vorfreude auf Blut, erwiderte sein Grinsen und weiterhin: nur, wer sich selbst in Gefahr brachte, konnte dieses auch lecken. Offenkundig war wohl, dass die Schwarze wusste, was in ihren Bewegungen lag, wohin sie sie führen würden, denn sicher waren Schritte und Augen aufeinander abgestimmt.


    Und dann war sie so nah, dass ihr nur noch eine Armlänge zu ihm fehlte. Mit der Rechten traf sie ihn hart und schnell auf den Unterarm, unterhalb des Ellenbogens, um sich Platz für ihre Linke Faust zu schaffen, während diese schon geradlinig den Weg durch die frei geschaffene Mitte nahm.

  • Sie bewegte sich schnell, erstaunlich schnell, dafür dass sie an Land war.
    Es schmerzte, doch er kannte den Schmerz er hatte ihn erwartet und Bekanntest erzeugt immer weniger Leid als unbekanntes. So auch in diesem Falle. Sein getroffener Arm bewegte sich in Folge des Schlages nach unten. Eine Lücke hatte sich geöffnet. Eine Lücke in die sie grade Wegs hinein schlug. Er nutzte die Bewegung, welche sie ausgelöst hatte und drehte sich seitlich weg, doch er war nicht schnell genug um dem Schlag zu entkommen. Er wusste dass er auch nicht schnell genug war um ihn abzuwehren und so entschied er sich sein Glück zu nutzen. Sie stand nah bei ihm, nah genug um einen kurzen schnellen Schlag auszuführen, und zu hoffen diesen an einer vielleicht etwas mehr empfindlichen Stelle zu Platzieren, auch wenn er nicht wusste, wo diese bei einer Yassalar sein sollte. Er zielte auf ihren Hals, mit der noch freien Hand, somit hatte er überhaupt keine Deckung mehr. Er versuchte einen schnellen Faustschlag, aus der Beuge heraus.
    Nach innen verzog sich seine Haut, ihr Schlag hatte vollends getroffen, wie erwartet, der Schmerz blieb nicht aus, doch der Ashaironi biss sich auf die Lippe, so dass diese zu Bluten anfing, doch er blieb stehen, noch. Doch nur wenig später merkte er wie der Schlag ihn sich am Bauch zusammen ziehen ließ, trotzdem blieb seiner auf ihren Hals gerichtet.

  • Zarasshins Faust traf ihn zwar wie ein Hammerschlag im Gesicht, aber das Nasenbein zersplitterte nicht wie erhofft, da Jonos sich zur Seite drehte. Er schwankte lediglich, anscheinend hatte er Übung einzustecken, so wie sie auch. Es gelang ihm sogar seiner eigenen Faust ein Ziel geben zu wollen, deren – wenig mit Nachdruck geführten – Schlag Zarasshin mit ihrer Elle abfing, um danach diese Hand um sein Genick zu legen.
    Ihr schwarzes Gesicht zog sich nahe an seines heran, so dass er den Geruch des Meeres eindringlich wahrnehmen könnte, wollte er anderes in seine Aufmerksamkeit lassen, als ihren stürmischen Blick.


    Was lockte sie nah? Bemerkte er, dass er blutete? – während sie bereits das metallische Aroma aufgespürt hatte und ihre Zunge den Genuss erleben wollte, hakte sie ihren Fuß unter seinen bereits unsicheren Stand, um ihn endgültig zu Boden zu schicken.
    Man sollte nicht annehmen, dass sie in ihrer Überheblichkeit unachtsam wäre, aber Blut war eine Sache für sich und sollte ein Yassalar dieses schmecken, wäre all die Kontrolle dahin.


    Sogar für sich selbst unerwartet, verschloss Zarasshin sich der Blutgier; da war genug geschehen, auch wenn die Wildheit aus ihren Zügen warnte und sie einen gefährlichen Sturm in ihren Augen wüten fühlte; ihre Glieder blieben nachgiebig, geradezu weich. Uhre flachen Hände fuhren nicht über seine Haut, noch über die Kleidung, sondern folgten dem Fluss darunter … das Brustbein wieder hinauf, über die Rippenbögen zum Schlüsselbein zu der atmenden Brust, in der das Zentrum lag, das unter ihrer Handfläche schlug. Halte den Atem an, dass ich die Rippen nicht durchbreche, um es in der Faust zu halten …, glitt Zarasshin zurück, wandte sich ab von dem Mann, war schon gar nicht mehr hier.


    [OT Zarasshin verlässt hiermit die Szene]

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